DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

14-12-2023 18:01
SXEU31 DWAV 141800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 14.12.2023 um 18 UTC


SCHLAGZEILE:
An den Alpen bis in den Freitag hinein noch kräftige Schneefälle, sonst von
Westen her Hochdruckrandlage ohne markante Wettererscheinungen.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 06 UTC
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Aktuell ... hat sich über dem mittleren Nordatlantik eine stramme und glatte,
hochbarokline Frontalzone etabliert, die im Laufe der kommenden Nacht zur
Norwegischen See und zur nördlichen Nordsee vorstößt. Erfahrungsgemäß finden an
der Nordflanke solcher Frontalzonen, in der Nähe der Left Exit Regionen der
Jetstreams auch im Bodenfeld starke Zyklogenesen statt und auch aktuell hat sich
im Bereich der Irmingersee ein Sturmtief mit einem Kerndruck von unter 960 hPa
entwickelt, das sich so langsam auf seinen Weg nach Osten macht. Genaugenommen
handelt es sich um einen Dipol, da sich schon am gestrigen Mittwoch in der
Region eine intensive Zyklogenese abgespielt hat und das entsprechende Sturmtief
inzwischen den Ostausgang der Dänemarkstraße erreicht hat.
Das Frontensystem dieses Tiefs überquert bei fortschreitendem, eigentlich fast
schon abgeschlossenen Okklusionsprozess aktuell die Nordsee und hat inzwischen
den Westteil der Deutschen Bucht erreicht. Im Laufe der Nacht überquert es dann
zumindest den Norden und Westen des Vorhersagegebietes südostwärts. Allerdings
läuft es in den Randbereich eines durch die kräftige WLA an der Südostflanke der
Frontalzone gestützten Höhenrückens, der sich über Südwesteuropa bis zu den
Britischen Inseln bzw. zur südwestlichen Nordsee erstreckt, so dass ihm keine
allzu große Wetterwirksamkeit mehr beschert ist.
Im Bodenfeld korrespondiert der sich annähernde Rücken nämlich mit deutlichem
Druckanstieg und im Laufe der Nacht weitet sich ein Keil des sich über der
Biskaya weiter aufplusternden Hochs "FIONA" über Frankreich hinweg nach
Südwestdeutschland aus. Morgens reicht die 1030 hPa-Isobare schon bis in die
mittleren Landesteile und die 1035 hPa klopft im äußersten Südwesten an.
Allzu wetterwirksam erweist sich der Hochkeil allerdings nicht, zumal er einer
Tiefdruckrinne folgt, innerhalb derer sich hierzulande überwiegend maritim
erwärmte Polarluft breit gemacht hat, Lediglich in den Norden gelangt anfangs
noch etwas kältere Luft, die ihren Ursprung über Skandinavien hat. Mit der
nordnordwestlichen niedertroposphärischen Strömung kommt diese noch etwas nach
Süden voran und kann sich vor allem nach Osten zu noch etwas besser durchsetzen,
während in den Westen/Nordwesten mit der Okklusion bereits wieder etwas mildere
Luft vordringt. Summa summarum ergeben sich um 06 UTC 850 hPa-Temperaturen
zwischen etwa -2 Grad im Westen und -6 bis -7 Grad im Osten Bayerns.
Mit der gegen die Alpen gerichteten Anströmung und der dort noch bis über 700
hPa feuchtegesättigten Luftmasse hat sich dort eine passable Staulage
eingestellt mit teils kräftigen Schneefällen, wobei die Schneefallgrenze im
Laufe der Nacht bis in die meisten Täler sinkt. Da es auch am Freitag, zum Teil
sogar bis in die Nacht zum Samstag mit dann allerdings deutlich abnehmender
Intensität weiterschneit, sind dort zumindest in Lagen oberhalb von 1000 m,
aufsummiert seit heute Früh, markante Neuschneemengen von 15 bis 30 cm, in
exponierten Staulagen bis an die 50 cm zu erwarten. Auch darunter bis ins höhere
südliche Alpenvorland können 5 bis 15 cm fallen.
Im übrigen Land bleibt es zwar überwiegend stark bewölkt bis bedeckt, vor allem
in den Kammlagen auch neblig trüb, allerdings hält sich die
Niederschlagsaktivität in Grenzen. In den Mittelgebirgen oberhalb von etwa 400
bis 600 m fällt etwas Schnee, für nennenswerten Neuschnee bis 5 cm reicht es
aber wohl lediglich am Erzgebirge.
Während sich die leichten Niederschläge in der Mitte und im Süden allmählich
südwärts zurückziehen und - außer an den Alpen - weiter an Intensität einbüßen
bzw. komplett aufhören, breiten sich mit der Okklusion von der Nordsee her neue,
ebenfalls nur wenig ergiebige Niederschläge (weniger als 1 l/qm) bis Freitagfrüh
auf die gesamte Nordwesthälfte (etwa bis zu einer Linie Saarland-Vorpommern)
aus. Dabei fällt zunächst meist Regen bzw. eher Nieselregen, weiter landeinwärts
wird's ausgangs der Nacht dann schwieriger mit der Phase. Einerseits könnte es
vor allem Richtung Vorpommern sowie in den Mittelgebirgen etwas schneien,
andererseits kann aber auch die gefrierende Phase (am ehesten wohl im Bergland,
wo es vorher noch in den Frostbereich runtergeht) ins Spiel kommen. Durch
beständiges Absinken im Höhenrücken trocknet die mittlere Troposphäre nämlich ab
und in der Mitte und im Norden kann sich in etwa 700 hPa eine recht markante
Absinkinversion etablieren. Somit könnten auch nicht mehr genug Eiskeime für die
feste Phase zur Verfügung stehen.
Warntechnisch ist das jedoch nur in Situ zu behandeln, allerdings ist die
Wahrscheinlichkeit für Glätte/Glatteis durch gefrierendes Nieseln nur sehr
gering und beschränkt sich eher auf einige kleinräumige Mittelgebirgsregionen.
Auch die Modelle haben kaum Signale dafür auf der Agenda.
Neben den höheren Mittelgebirgslagen könnte die Temperatur - kurze
Auflockerungen vorausgesetzt - auch im Nordosten gebietsweise in den leichten
Frostbereich sinken. Dort muss dann örtlich mit Glätte gerechnet werden. Dort,
wo es Wolkenlücken gibt, was auch im Südwesten der Fall sein kann, bildet sich
rasch dichter Nebel.

Freitag ... greift die Frontalzone auf Skandinavien über, an ihrer Südflanke
weitet sich der durch die massive WLA gestützte Höhenrücken allmählich Richtung
Britische Inseln und Nordsee aus, was auch hierzulande zu weiterem
Geopotenzialgewinn führt.
Dadurch gewinnt auch unser Hoch "FIONA", die ihren Schwerpunkt bis zum Abend
etwa in den Westen Kranreichs verlagert, weiter an Umfang und weist um 18 UTC
eine stattliche 1040 hPa-Isobare auf, die dann bis nach Südwestdeutschland bzw.
zu den Nordalpen reicht, während die 1030 hPa-Isobare über Nordschleswig und
Rügen verläuft.
Wettertechnisch macht sich dieser Umstand aber noch nicht wirklich bemerkbar.
Einerseits gelangt unterhalb der Absinkinversion, die sich im Nordwesten
inzwischen auf etwa 800 hPa und im Südosten noch knapp über 700 hPa befindet,
weiterhin feuchte Nordseeluft ins Vorhersagegebiet, andererseits löst sich die
nur langsam südostwärts ziehende Okklusion trotz des frontolytisch wirkenden
Druckanstiegs noch nicht vollständig auf und liefert niedertroposphärisch noch
einen geringen Hebungsantrieb. Somit lassen zwar an den Alpen die Schneefälle
nach, kommen aber noch nicht zum Erliegen - im Gegenteil, mit Annäherung der
Okklusion bei fortwährender Staukomponente deutet sich am Nachmittag, Abend und
in der ersten Nachthälfte östlich des Inns sogar eine leichte Intensivierung der
Niederschläge an. Von Freitag, 06 UTC bis Samstag, 06 UTC werden an den Alpen
meist 3 bis 7 l/qm simuliert, in den Staulagen östlich des Inns vom ICON-EU und
I-D2 teilweise auch nochmals über 10 l/qm. Das würde in etwa Neuschneehöhen von
3 bis 10 cm, in Staulagen bis 15 cm entsprechen.
Während es postfrontal im Nordwesten überwiegend trocken bleibt und vielleicht
auch Chancen auf ein paar Auflockerungen bestehen, fällt präfrontal und mit
Frontpassage hier und da weiterhin etwas Regen oder Nieselregen, in höheren
Lagen teils auch Schnee bzw. gefrierender Nieselregen. Die Mengen bleiben
abseits der Alpen aber mit meist weniger als 1 l/qm gering.
Unterhalb der Absinkinversion findet noch kein nennenswerter Luftmassenwechsel
statt, die 850 hPa-Temperatur schwankt landesweit abends zwischen -1 und -4, im
Südosten vielleicht -5 Grad. Mit dem durch die Gradientverschärfung vor allem im
Nordwesten und Norden auffrischenden, aber noch nicht warnrelevanten West- bis
Südwestwind ist vor allem dort etwas bessere Durchmischung gewährleistet. Die
Höchstwerte liegen somit zwischen 2 Grad in tiefer gelegenen Alpentälern sowie
in den östlichen Mittelgebirgen und 9 Grad im Rhein- und Emsland.

In der Nacht zum Samstag marschiert unser Sturmtief von der Dänemarkstraße
allmählich weiter Richtung Nordmeer und am Südrand der inzwischen eher nach
Mittel- und Nordskandinavien gerichteten Frontalzone nimmt auch die Achse des
Höhenrückens eine mehr zonale Ausrichtung an. Grob erstreckt sie sich morgens
über den Südteil der Deutschen Bucht bzw. über Nordwestdeutschland hinweg
ostnordostwärts. Nach wie vor wird der Rücken von kräftiger WLA überlaufen.
Hoch "FIONA" verlagert ihren Schwerpunkt (etwa 1044 hPa) derweil zögerlich nach
Nordostfrankreich bzw. zum Hochrhein, die 1040 hPa-Isobare erreicht die
mittleren Landesteile, während ganz im Norden der Druckanstieg mit Übergreifen
der Warmfront des Nordmeersturmtiefs zum Erliegen kommt. Somit verschärft sich
der Gradient weiter und an den Küsten gibt es ausgangs der Nacht erste Böen Bft
6 bis 7 aus Südwest, auf dem Brocken eventuell auch Sturmböen Bft 9.
Die Schneefälle an den Alpen klingen vor allem im Laufe der zweiten Nachthälfte
auch nach osten zu mehr und mehr ab, auch sonst fällt höchstens im Südosten und
nach osten zu noch etwas Niederschlag, meist in Form von Nieselregen, der im
höheren Bergland gefrieren kann. Auch ganz im Norden, eigentlich eher im
Ostseeumfeld, kommt mit Annäherung der Warmfront etwas Nieselregen auf, der mit
deren Passage meist wieder nachlässt.
Auflockerungen gibt es nur selten, am ehesten noch in der Nähe der
Hochdruckachse im Südwesten. Dort kann es dann auch in tiefen Lagen neben
dichtem Nebel leichten Frost geben, ansonsten beschränkt sich letzterer eher auf
die Kammlagen der Mittelgebirge.
Niedertroposphärisch macht die Erwärmung vor allem im Norden und Westen mit
Passage der Warmfront erste Fortschritte, bis zum Morgen steigt die 850
hPa-Temperatur dort bereits auf 2 bis 5 Grad, während sie im Osten noch bei -4
bis -5 Grad verharrt.

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Synoptische Entwicklung bis Sonntag 06 UTC

Samstag ... hat sich gegenüber den Ausführungen in der Frühübersicht nichts
Wesentliches geändert. Die inzwischen ebenfalls zonal ausgerichtete "FIONA"
manifestiert sich über Frankreich und Süddeutschland mit einem Kerndruck um 1045
hPa. An deren Nordflanke zieht die Warmfront über Nordost- und Ostdeutschland
hinweg ostwärts. Präfrontal fällt in der Osthälfte hier und da etwas
Nieselregen, sonst bleibt es landesweit mehr oder weniger trocken (gebietsweise
kann es aus dem Hochnebel etwas nieseln).
Im Norden verschärft sich der Gradient noch etwas, so dass der westliche Wind
nun zumindest an den Küsten und in Schleswig-Holstein (Böen Bft 7, über der
offenen See vielleicht Bft 8) und auf dem Brocken (Bft 9 bis 10) warnrelevant
wird, eventuell noch auf dem Fichtelberg.
Während es im Norden und in der Mitte überwiegend stark bewölkt bis bedeckt
bleibt, wird die Absinkinversion in der Südhälfte so weit nach unten gedrückt,
dass sich wohl zumindest bis auf etwa 800 m, teilweise darunter, die Sonne
durchsetzt. In tiefen Lagen hält sich dagegen auch dort mancherorts ganztägig
Nebel bzw. Hochnebel, gebietsweise löst sich dieser aber auch auf.
Die 850 hPa-Temperatur steigt auf Werte zwischen 2 Grad im Südosten und 8 Grad
im Westen, die mildere Luft kann aber nicht nach unten gemischt werden, so dass
es meist bei Höchstwerten zwischen 2 und 9 Grad (die höheren Werte im Norden und
Westen) bleibt.

In der Nacht zum Sonntag klart der Himmel dann im Süden außerhalb teils
beständiger Nebelfelder vielerorts auf, so dass es dort verbreitet Frost gibt,
während es in der Mitte und im Norden unter den dichten Wolken (und bei
gebietsweise auftretendem Nieselregen) frostfrei bleibt. Der Wind an den Küsten
und in den nördlichen bzw. östlichen Mittelgebirgen legt vielleicht noch etwas
zu.


Modellvergleich und -einschätzung
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Alle vorliegenden Modelle zeigen eine nicht wesentlich abweichende
Wetterentwicklung, prognose- und warnrelevante Unterschiede sind nicht
auszumachen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff