DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

14-12-2023 09:30
SXEU31 DWAV 140800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 14.12.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Übergang zu BM (Brücke Mitteleuropa), später Wa (West antizyklonal)

An den Alpen Stauniederschlag mit sehr solider Neuschneeauflage. Sonst meist nur
schwache Niederschläge. Zum Wochenende im Süden zunehmender Hochdruckeinfluss,
in den übrigen Regionen Hochrandlage.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
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Donnerstag... präsentiert sich über dem mittleren Nordatlantik eine hervorragend
ausgeprägte, glatte Frontalzone, die von hoher Baroklinität geprägt ist. Gute
Voraussetzungen für Vollwetter, insbesondere für Zyklogenesen und die Bildung
von Sturm- oder gar Orkantiefs. Und tatsächlich haben sich auf der kalten Seite,
konkret über der Irminger See und der Dänemarkstraße schon ein paar ordentliche
Kracher eingenistet, die für unsere Entwicklung heute tagsüber zunächst nur von
fern-peripherer Bedeutung sind und entsprechend von der FU Berlin/BWK keinen
Namen verliehen bekommen haben. Namentlich benannte Tiefs existieren aber auch
auf der Wetterkarte, von denen für uns ein alter Bekannter von Relevanz ist.
VANJA beschäftigt uns schon seit Tagen, hat nun aber die Blüte seines Lebens
überschritten und wird zwar noch nicht ganz von der Bildfläche verschwinden, für
uns aber zunehmend an Bedeutung verlieren. Bis es endgültig so weit ist, dauert
es aber noch ein kleines bisschen. Zwar befindet sich das Drehzentrum bereits
östlich von uns, gleichwohl hat der gute VANJA heute noch seine Finger im Spiel,
wenn´s um unser Wetter geht. So weist das Tief einen nach Westen gerichteten,
recht breit gefassten Trog auf, der genau über Deutschland verläuft. Permanenter
Druckanstieg sorgt dafür, dass der Trog immer mehr zugeschüttet wird. Trotzdem,
gemeinsam mit einem wuchtigen, von Nordeuropa bis hinunter zum westlichen
Mittelmeer reichenden Höhentrog werden schwache Hebungsprozesse generiert, die
wiederum leichte Niederschläge zur Folge haben.

Um deren Phase zu bestimmen, müssen wir uns kurz mit den Luftmassen
beschäftigen, die hier vor Ort, aber auch um uns herum lagern. Während in der
Mitte und im Süden eine feuchte erwärmte polare Meeresluft dominiert (mPs; T850
bei -1°C), wird der Norden aktuell schon mit frischer und etwas trockenerer
maritimer Polarluft versorgt (mP). Dort liegen die Taupunkte heute früh bei rund
0°C, auf 850 hPa betragen die Werte -4 bis -7°C. Mit der im Norden
nordöstlichen, sonst zunehmend auf Nordwest drehenden Strömung breitet sich die
kältere und trockenere Luftmasse peu a peu gen Süden aus, wobei dieser Prozess
aufgrund der relativ schwachen Winde eine Mischung aus Advektion und Einsickern
darstellt (=> teilweise Mischluft). Die Niederschläge, die durchweg schwacher
Natur sind und auch keinesfalls flächendeckend auftreten, verlagern sich in
Zeitlupe süd-südostwärts. Dabei regnet oder nieselt es zunächst, bevor die
Schneefallgrenze bis zum Abend von Norden her auf 800 bis 600 m, in den
nördlichen und östlichen Mittelgebirgen bis auf 400 m absinkt. In den Alpen, wo
der Niederschlag staubedingt verstärkt wird, schneit es stärker, wobei sich die
Schneefallgrenze über weite Strecken des Tages noch bei rund 1000 m aufhält.
Darüber sind heute durchaus 5 bis 15, ganz lokal bis 20 cm Neuschnee drin.
Ansonsten ist der Schneezuwachs in den Mittelgebirgen am Tage gering bis nicht
vorhanden, weil entweder die Niederschlagsrate zu gering ist oder die
Belagstemperaturen positiv sind oder beides. Im Norden trocknet es zusehends ab,
was sich aber nur im Niederschlaggeschehen (an den Küsten einzelne Schauer,
sonst meist trocken), nicht aber in der Bewölkung widerspiegelt. Die bleibt von
ganz wenigen Aufhellungen oder lokalen Auflockerungen sperrig und geschlossen.

Die Temperatur erreicht von Nordost nach Südwest Höchstwerte zwischen 2 und 9°C.


Am Abend und in der Nacht zum Freitag wird es allerhöchste Zeit, das Hoch
vorzustellen, das uns ab dem Wochenende zunehmend vereinnahmen wird. Name:
FIONA, Wohnort: naher Atlantik, Gewicht: etwas über 1035 hPa im Zentrum,
Vorlieben: noch nicht bekannt. Der weiter oben zitierte Druckanstieg kommt ja
nicht von ungefähr (okay, etwas KLA ist natürlich im Spiel). Und tatsächlich
arbeitet das Hoch mit Hochdruck dran (hübsches Wortspiel), ihre Füße in die
mitteleuropäische Tür zu bekommen. Zunächst wohl nur mit Teilerfolgen in Form
eines sich nach Osten ausweitenden Keils, der sich aber noch als brüchig
erweist. Womit wir wieder bei den eingangs schon mal erwähnten Krachertiefs hoch
im Nordwesten wären. Ausgehend vom östlichen der dort positionierten Exemplare
erstreckt sich eine schier unendlich anmutende Okklusion weit nach Süden, die
nun in der ersten Nachthälfte von der Nordsee und den Niederlanden her auf
Deutschland übergreift. Mangels Support aus der Höhe sowie der Tatsache
geschuldet, dass die Okklusion in ein stark antizyklonal gefärbtes Druckumfeld
hineinläuft (und dabei auch abgebremst wird), halten sich ihre Hebungsprozesse
sehr in Grenzen. Trotzdem wird etwas Niederschlag generiert, der sich im Laufe
der Nacht langsam von Nordwesten südostwärts vorarbeitet. Dabei fällt bei wieder
steigenden 850-hPa-Temperaturen (um -2°C) meist Regen, im Nordosten anfangs
vielleicht ein paar nasse Flocken. Leicht problematisch könnte es in den frühen
Morgenstunden in den nördlichen und westlichen Mittelgebirgen werden, wenn dort
der frontale Niederschlag aufschlägt. Advektiv und strahlungsbedingt (das aber
nur, wenn es tatsächlich auch mal aufreißt) sinkt die Temperatur in den leichten
Frostbereich. Normalerweise fällt dann etwas Schnee. Es ist aber nicht
auszuschließen, dass lokal auch mal gefrierender (Niesel)Regen mit Glatteis
auftritt, weil die Luft von oben her abtrocknet und keine Eiskeime mehr für die
Schneekristallbildung zur Verfügung stehen. Okay, sehr theoretisch das Ganze,
trotzdem nicht ganz zu vergessen. Warntechnisch kann nur in situ agiert werden
und für die ganz große Nummer wird es sowieso nicht reichen, weil die Böden
überhaupt nicht richtig durchgefrostet sind.

Ansonsten gilt es noch zu konstatieren, dass sich die von der Front abgesetzten
Niederschläge immer weiter nach Südosten zurückziehen. Im Erzgebirge sind
oberhalb 400 bis 600 m ein paar Zentimeter Neuschnee drin (kleine Warnung
oberhalb 600 m). In den übrigen Mittelgebirgen reicht es wohl nur für eine
Glättewarnung (geringer Neuschnee, gefrierende Nässe). Dagegen verstärkt sich an
den Alpen der Stau noch etwas bei gleichzeitig bis in die Täler absinkender
Schneefallgrenze. Dort können ganz unten um oder etwas über 5 cm, sonst 5 bis 15
cm, ganz oben bis zu 20 cm zusammenkommen, die in Lagen oberhalb 1000 m aber
schon in der laufenden Schneefallwarnung eingepreist sind. Zwischen dem neuen
und dem alten Niederschlag kann es von West nach Ost hier und da mal auflockern,
was aber sofort Nebelfelder auf den Plan ruft.

Thema Frost, den gibt es zwischen -1 und -5°C insbesondere in den
Mittelgebirgen, ist aber bei Aufklaren auch in Teilen des nord- und ostdeutschen
Tieflands nicht ausgeschlossen. Es besteht Glättegefahr durch etwas Schnee oder
gefrierende Nässe.

Freitag... schleppt sich die Okklusion, überlagert von kontinuierlichem
Druckanstieg, mühsam in den Osten und Südosten, wo sie tapfer gegen ihre
Auflösung ankämpft. Zunächst wahrscheinlich mit Erfolg, reicht es während der
Passage doch für etwas Regen, Nieselregen oder ein paar Flocken im höheren
Bergland. Derweil geht die Staulage an den Alpen allmählich zu Ende, zuletzt in
den Chiemgauer und Berchtesgadener Alpen. Akkumuliert über 6 bis 12 Stunden
werden wohl keine 10 cm mehr erreicht. Ansonsten weitet sich der Hochkeil über
Süddeutschland ostwärts aus, angetrieben durch einen mächtigen Höhenrücken, der
sich ausgehend vom Seegebiet westlich Iberiens ebenfalls ost-nordostwärts
ausdehnt. Mit der auf Südwest bis West rückdrehenden Grundströmung gelangt ein
frischer Schwall erwärmter maritimer Subpolarluft (mPs) in den Vorhersageraum,
in der T850 beginnt zu steigen. Ist unmittelbar hinter der Front noch ein kurzer
Rückgang auf bis zu
-4°C zu verzeichnen, sind es am frühen Samstagmorgen im gesamten Norden und
Westen bereits 0 bis +4°C.

Darüber hinaus gilt es nur noch zu berichten, dass die neue Luftmasse zwar nicht
hochreichend, wohl aber in der Grundschicht bis etwa 800 hPa sehr feucht ist, so
dass Auflockerungen eher sporadischer Natur sind und Grautöne (im Bergland teils
ganztägig neblig trüb) klar in der Vorhand sind. Thermisch bleibt es bei der
Spanne 2 bis 9°C, wobei der Alpenrand am kältesten, der Niederrhein am mildesten
abschneidet.

In der Nacht zum Samstag machen Druck- und Potenzialanstieg weitere
Fortschritte. Damit geht es auch den anfänglich noch auftretenden schwachen
Niederschlägen immer mehr an den Kragen. Am östlichen Alpenrand allerdings
deuten die meisten Modelle an, dass der Schneefall dort vielleicht doch nicht so
schnell verduftet, wie tagsüber noch angenommen. Gut möglich, dass noch mal um
5, lokal vielleicht 10 cm zusammenkommen. Wolkenauflockerungen bleiben zunächst
weiterhin die Ausnahme und wenn doch, dann bildet sich rasch Nebel. Da der
Luftdruck im Süden deutlich schneller steigt als im Norden (am Morgen rund 1043
hPa im Süden und rund 1033 hPa an der See), nimmt auch der Gradient von der
Mitte nordwärts zu. Vor allem an den Küsten frischt daraufhin der Südwestwind
soweit auf, dass er in Böen Stärke 6 bis 7 Bft erreicht. Mit Ausnahme des
Berglands bleibt es frostfrei.

Samstag... manifestiert sich das Hoch mit über 1040 hPa über Frankreich und
Süddeutschland und auch der korrespondierende Rücken kräftigt seinen Latissimus
immer weiter, was sich in kräftigem Absinken durch NVA widerspiegelt. Schaut man
sich die Prognosetemps für Samstagmittag an, lässt sich im Südwesten eine bis
auf rund 950 hPa runtergepresste Absinkinversion finden, der aber noch eine
zweite bei 800 hPa überlagert ist. Die tiefe Inversion erhöht die
Wahrscheinlichkeit, dass die zu erwartende Hochnebeldecke recht weit nach unten
gedrückt wird und neben den absoluten Hochlagen auch einige mittlere Höhenlagen
(600 bis 800 m) von sonnigem Wetter profitieren. Eine Sonnengarantie gibt es auf
alle Fälle im Hochschwarzwald sowie auf den frisch beschneiten Alpengipfeln, was
einen Ausflug dorthin durchaus überlegenswert macht. Zumal, wenn man aus den
tiefen Lagen Süddeutschlands kommt, wo eher unattraktives, leicht
depressionsförderndes Grau in Form von Nebel und Hochnebel die Szenerie
bestimmt.

Während es im Süden für partielle Hoffnung reicht, sieht es in puncto Sonne ab
der Mitte nordwärts ganz traurig aus. Grund ist die sogenannte Hochrandlage, wo
nördlich des Hochzentrums mit west-südwestlichen Winden eine feuchte erwärmte
Meereskaltluft (mPs) advehiert wird. Eingelagert ist zudem noch eine Warmfront,
die zu einem fetten 960iger-Sturmtief über der Norwegischen See gehört. Kurzum,
aus der weitgehend geschlossenen Wolkendecke können hier und da auch noch ein
paar Regentropfen fallen oder es nieselt einfach nur. Wobei, was heißt hier
"nur", pieselige Nordseeluft mit Nieselregen ist im Winter mit das schlimmste,
was einem passieren kann. Zumal, wenn auch noch Wind dazu geht. Der legt am
Samstag aus Südwest bis West kommend weiter zu und erreicht an der See in Böen
Stärke 7 Bft, exponiert und vereinzelt 8 Bft. Stürmisch wird es auf dem Brocken
und dem Fichtelberg.

Kurz noch die Temperaturen, die im zähen Nebel Süddeutschlands nicht über 3°C
hinauskommen. Im solide bis gut durchmischten Norden respektive in der Mitte
stehen 6 bis 10°C auf der Karte.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren die geschilderte Entwicklung sehr ähnlich. Die im Text
diskutierte Glätteproblematik für die kommende Nacht ist zugegeben sehr
akademisch und wird - so sie überhaupt auftritt - voraussichtlich ohne
nennenswerten Impact bleiben.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann