DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

13-12-2023 09:01
SXEU31 DWAV 130800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 13.12.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Südliche (und dafür ungewöhnliche milde) Westlage (Ws), Übergang zu Brücke
Mitteleuropa BM

Nachlassende Niederschläge und von Norden vorübergehend etwas kälter, an den
Alpen Beendigung des Tauwetters und oberhalb 1000 m wieder zunehmend Schnee, bis
Freitag teils markante Neuschneesummen über 20 cm. Ab Freitag von Westen wieder
deutliche Milderung.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
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Mittwoch... umspannt zwar ein umfangreicher Höhentrog das Vorhersagegebiet,
dieser ist über Mitteleuropa für die Jahreszeit aber mit recht milder Luft
angereichert. Am Südrand des recht kalten Kerns über Skandinavien mit unter
-30°C in 500 hPa hat sich über Benelux ein eigenständiges Drehzentrum
abgespalten, das gerade noch -24 bis -28°C in gleicher Höhe aufweist. Dessen
positiv geneigte Achse reicht bis zur Iberischen Halbinsel und schwenkt im
Tagesverlauf weiter ostwärts. Großskalige, hebungsfördernde Prozesse haben sich
mittlerweile aus Deutschland südostwärts verabschiedet.

Gleichwohl kommt es im Einflussbereich des achsensenkrechten Bodentiefs VANJA
mit Kerndruck knapp unter 1000 hPa, das sich bis zum Abend kaum verlagert und
irgendwo im Aachener Raum zu verorten sein dürfte, zu weiteren meist
schauerartigen Niederschlägen. In der feucht-milden und labil geschichteten
Meeresluft (T850 um oder knapp über dem Gefrierpunkt) wird vor allem über der
Südwesthälfte im Tagesverlauf etwas an ML CAPE generiert. Im 0z Temp von
Idar-Oberstein sind oberhalb von 800 hPa noch kleinere Sperrschichten zu finden,
die laut Progtemps im Tagesverlauf durchaus gute Chancen haben
abgebaut/überwunden zu werden. Bei Cloud Tops bis an die -15°C kann man dann
auch ein vereinzeltes Gewitter nicht ganz ausschließen. Durch die schauerartigen
Niederschläge und allmähliche Alterung der Luftmasse sinkt die Schneefallgrenze
bis zum Abend im Süden auf 1000 bis 1200 m ab.

Nicht nur die allmählich absinkende Schneefallgrenze sollte helfen die
Hochwasserlage im Süden zu entspannen, auch das gröbste in Sachen
Niederschlagsmengen sollte überstanden sein. Immerhin kamen in den vergangenen
24 Stunden vom Oberrhein bis zum Alpenvorland verbreitet 20-30 l/m², im
Südschwarzwald stellenweise über 50 l/m² zusammen. Entlang der Donau, aber auch
an Aller und Leine mitsamt kleinerer Nebenflüsse haben zahlreiche Pegel bereits
die Meldestufen 2, vereinzelt 3 erreicht. Bis heute Abend kommen aber meist
"nur" noch 2 bis 5, stellenweise um 10 l/m² hinzu.

Der Oberwind ist im Süden anfangs noch kräftig mit 30 bis 40 Knoten in 850 hPa,
was sich in Sturmböen auf den Gipfeln des Schwarzwalds, Bayerischen Waldes und
der Alpen niederschlägt. Mit Annäherung und langsamer Abschwächung des Tiefs
lassen diese aber nach.
Etwas anders verhält es sich von Schleswig-Holstein über Mecklenburg-Vorpommern
bis nach Brandenburg, wo noch schwache Okklusionsreste wetterwirksam sind, die
in der ersten Tageshälfte auch noch durch etwas WLA genährt werden. In diesem
Streifen kommt es zu skaligen Regenfällen mit Summen zwischen 10 und 15 l/m²,
wobei sich am Nordrand des Niederschlagsbandes vereinzelt auch nasse Flocken
daruntermischen können. Aktuell liegt die Schneefallgrenze keine 100 km von der
Grenze zu Dänemark entfernt weiter nördlich. Zwischen dem Russlandhochkeil, der
mit bis zu 1015 hPa über Südnorwegen liegt und Tief VANJA hat sich der Gradient
mittlerweile gut verschärft mit steifen, exponierten auch stürmischen Böen an
etlichen Küstenabschnitten aus Ost. Bodennah dreht der Wind im Tagesverlauf noch
etwas rück auf Nordost, so dass die niedertroposphärische Kaltluftzufuhr aus
Skandinavien sich etwas effektiver gestaltet. Durch die begrenzte Qualität der
Luftmasse und das lange Überstreichen der Ostsee verbleiben die Taupunkte bis
zum Abend hierzulande aber noch weitgehend im positiven Bereich,
Glätteerscheinungen sind eher nicht zu erwarten (gute Durchmischung, auch wenn
es mal nass schneit). Dort liegen die Temperaturen bei 3 bis 5°C und gehen im
Tagesverlauf eher leicht zurück. Sonst werden wieder milde Höchstwerte um die
10°C erreicht.


In der Nacht zum Donnerstag verlagert sich das Trogzentrum zum Alpenraum und das
Bodentief füllt sich rückseitig unter NVA langsam auf. Ein nachfolgender
schwacher Keil sorgt von Westen kurzzeitig für Wetterberuhigung, wird aber rasch
von WLA überlaufen, die ein neues okkludierendes Frontensystem über den
Britischen Inseln ankündigt. Die vorübergehend auf Nord drehende Strömung
mitsamt leichter niedertroposphärischer Kaltluftadvektion setzt sich bis etwa zu
Main und Mosel durch. Südlich davon bleibt der Wind auf West.

Die Zufuhr feuchter Luft bleibt gewährleistet, so dass Auflockerungen generell
selten sind. Am ehesten sind diese in größerer Ausdehnung in den küstennahen
Gebieten vorstellbar, sollte sich doch mal etwas trockenere Luft aus
Skandinavien kurzzeitig durchsetzen können. So ist vor allem in Schleswig auch
die Frost-/Glättegefahr am größten, wohingegen sich weiter südlich derartige
Erscheinungen auf das höhere Bergland kaprizieren. Die Schneefallgrenze sinkt in
den zentralen Mittelgebirgen auf 600 bis 800, an den Alpen kaum unter 1000 m ab.
Oberhalb davon ist mit Neuschneesummen von 1 bis 5, an den Alpen um 10 cm zu
rechnen. Die Ausgabe von Glättewarnungen für das zentrale und östliche Bergland
obliegt ob der Exponiertheit der Einzelfallentscheidung, Schneefallwarnungen für
die Alpen werden bis zum Nachmittag ausgegeben. ICON-D2 simuliert im 03z Lauf
ein komisch anmutendes Maximum von bis zu 29 l/m² südlich von Leipzig, was wenig
plausibel erscheint und durch einen modellinternen Konsistenzvergleich und
Einordnung im EPS als unrealistisch entlarvt wird. Die Tiefstwerte liegen
allgemein meist zwischen +6 und +1 Grad.


Donnerstag... stößt das noch immer eingelagerte Drehzentrum des Troges weiter
südwärts zum Tyrrhenischen Meer vor, wo er bei versiegender KLA auf der
Rückseite seine vorerst südlichste Ausweitung erfährt. Weiter stromauf formiert
sich zwischen einem kräftigen Zentraltief über der Irminger See und einem
kräftigen Hoch westlich von Portugal eine stramme und hochbarokline zonale
Strömung. Deutschland liegt im Übergangsbereich in einer nördlichen Strömung,
die später schon zunehmend auf Nordwest kippt. Der schwache Rücken ist zwar noch
existent, wird aber vor allem im Nordwesten von etwas Warmluftadvektion und auch
kleineren wenigen wetterwirksamen Randtrögen überlaufen.

Am Boden weicht das Druckfeld am Rande des umfangreichen Hochs dicht westlich
von Kap Finisterre mit über 1035 hPa im Zentrum derart auf, dass die sich von
Nordwesten annähernde Okklusion zunehmend ausgebremst wird und im antizyklonalen
Umfeld immer mehr an Aktivität einbüßt. So kann sich das Wetter im Bereich einer
sich kurzzeitig aufbauenden Brücke zum Russlandhoch über Mitteleuropa und
Skandinavien weiter beruhigen. Das Absinken ist insgesamt aber mehrheitlich zu
schwach, um nennenswerte Wolkenauflösung mit sich zu bringen, zumal unterhalb
der Inversion bodennahe nordwestliche Winde die weitere Feuchtezufuhr von der
Nordsee begünstigen. Zu leichten Regen- oder Spühregenfällen kommt es aber nur
noch gelegentlich, vielerorts bleibt es auch längere Zeit mal trocken.
Staubedingt stechen als Niederschlagsschwerpunkte vor allem die Nordränder der
süddeutschen Gebirgsketten sowie Thüringer Wald und Erzgebirge hervor, wo
weitere 5 bis 10 l/m², in Staulagen der Alpen bis 20 l/m² zusammenkommen -
oberhalb von 400 bis 600, im Süden eher 1000 m als Schnee. Gerade bei den
leichten Intensitäten und der Abtrocknung in mittleren Troposphärenschichten ist
zeitweise im höheren Bergland auch gefrierender Regen möglich. Mit
Frontannäherung fällt am Abend auch an der Nordsee wieder häufiger etwas Regen
und der Wind dreht rück auf Südwest.

Die Höchstwerte liegen in der Nordosthälfte und an den Alpen bei 2 bis 5°C,
sonst bei 5 bis 8°C.


In der Nacht zum Freitag schwenkt in der nordwestlichen Strömung die schwache
Okklusion über Deutschland hinweg. Bis zum Morgen erreichen die leichten
Niederschläge in etwa eine Linie Vorpommern-Harz-Rheinland. Je nach vorherigen
Auflockerungen kann es kleinräumig und kurzzeitig Glätte geben. Sonderlich
wahrscheinlich ist dies aus jetziger Sicht aber nicht - zumal die Böden kaum
nennenswert durchfrosten werden im Vorfeld. Nach Osten zu kann anfangs auch noch
kurzzeitig die Schneephase dabei sein, lagert doch dort die kurzzeitig
eingesickerte Kaltluft mit -8°C in 850 hPa.

Unterdessen gehen die staubedingten Schneefälle an den Alpen weiter, wobei sich
die Schneephase zunehmend bis in die Täler durchsetzt. In diesem Zusammenhang
sind weitere 5 bis 10, in exponierten Staulagen bis 20 cm Neuschnee binnen 12
Stunden zu erwarten. Die Tiefstwerte liegen zwischen 4 und 0°C, im Osten bei
Auflockerungen sowie im Bergland bis -2°C.


Freitag... rollt mit der Zonalisierung über dem Atlantik bei zeitgleich weit
nördlicher Frontalzone zwischen 55 und 60N ein riesiger Warmluftberg auf West-
und Mitteleuropa sowie weite Teile Skandinaviens zu. Es markiert wohl die
Fortsetzung einer ausgesprochen milden Witterung bis mindestens zu den
Weihnachtsfeiertagen (siehe Mittelfristübersicht vom geschätzten Kollegen Jens
Hoffmann später). Am Rande des Hochs FIONA über der Biskaya, das sich auf über
1040 hPa aufplustert bekommen wir es mit einer antizyklonal geprägten Westlage
zu tun.

Dabei wird sukzessive wieder mildere Atlantikluft zu uns transportiert (zunächst
noch moderater Anstieg der 850er Temps auf rund -2°C, in der Nacht zum Samstag
von Westen auf positive Werte ansteigend). Unter Druckanstieg und Westdrehung
der Winde endet die Staulage an den Alpen allmählich. Bis zum Mittag sollten in
den vergangenen 48 Stunden oberhalb 1000 m dennoch verbreitet 10 bis 20, in
Staulagen oberhalb 1500 m 30 bis 40 cm Neuschnee gefallen sein.

Auch sonst fällt nur vereinzelt noch Regen in Verbindung der sich unter
Auflösung befindlichen Okklusion. Im Südwesten und Nordwesten stehen die Chancen
gut für einzelne Auflockerungen. Mehrheitlich wird es aber stark bewölkt und
trüb bleiben. Später macht sich die beginnende Zonalisierung mit ersten
stürmischen Böen in exponierten Gipfellagen bemerkbar. Die Milderung schlägt mit
maximal 4 bis 9°C zunächst noch moderat zu Buche. An den Folgetagen treten
wieder vermehrt zweistellig Höchstwerte auf.

Modellvergleich und -einschätzung
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Synoptisch-skalig ergeben sich keine wesentlichen Modellunterschiede.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Robert Hausen