DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

11-12-2023 17:01
SXEU31 DWAV 111800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 11.12.2023 um 18 UTC


SCHLAGZEILE:
Unbeständige, milde Westlage. Zur Wochenmitte von Norden kälter.
Entlang der Alpen und im Schwarzwald anhaltender Dauerregen und Tauwetter, teils
Unwetter. Im Bergland mitunter stürmisch.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 06 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland unter einer strammen, leicht
mäandrierenden Westströmung nebst eingelagerter, aktiver Frontalzone, die vom
mittleren Nordatlantik über Westeuropa bis ins östliche Mitteleuropa reicht.
Dort wird sie dann aber abrupt blockiert durch das riesige, kalte Hoch mit einem
Luftdruck von über 1060 hPa über Russland und spaltet sich in zwei nach Norden
bzw. Südosten gerichtete Äste. Deutschland gelangt im Laufe der Nacht auf die
Vorderseite eines flachen, nach Benelux schwenkenden Rückens, der zwischen zwei
Trögen bei den Britischen Inseln und über dem östlichen Mitteleuropa aufgespannt
wird. Er wird allerdings von WLA überlaufen, sodass sich die Wetterwirksamkeit
in Grenzen hält.

Dennoch kann sich im Bodenfeld zwischen dem zum Baltikum abziehenden Tief WALTER
und dem nächsten Tief VANJA mit Kern bei Irland ein Hochkeil von Westen zu uns
schieben. Dadurch wird der Gradient auseinandergezogen, sodass sich der
anfänglich noch im Bereich der östlichen Mittelgebirge stark böige (7 Bft), im
Bergland stürmische (Bft 8-9, exponiert Bft 10) Westwind deutlich abschwächt.
Durch den vorübergehenden nordwestlichen Einschlag der Strömung wird eine etwas
kühlere, aber immer noch maritim erwärmte Supolarluft "mPs" zu uns geführt. Die
850-hPa-Temperaturen liegen zwischen -3 Grad im Norden und +4 Grad im Süden.

Die Niederschläge über der Nordosthälfte lassen nach, klingen - auch bedingt
durch die erneut einsetzende WLA - aber nicht gänzlich ab. Auch der inneralpine
Dauerregen schwächt sich vorübergehend ab. Allerdings greift im Nachtverlauf die
Warmfront von VANJA von Südwesten her über, sodass sich die Regenfälle wieder
intensivieren und sich langsam wieder aus den Alpen heraus auf das südliche
Vorland und Südwestdeutschland ausweiten. Bis zum Morgen sind die Mengen aber
noch verhalten (12-stündig teils 5 bis 10 mm), das Tauwetter in den Alpen setzt
sich bei weiterhin sehr hoher Nullgradgrenze bei knapp 2000 m aber dennoch fort.


Größere Auflockerungen gibt es am ehesten in einem breiten Korridor vom
Niederrhein bis nach Südostbayern, dort kann sich dann auch gebietsweise Nebel
bilden, aber auch im Norden können die Sichten durch Mischungsnebel und sehr
geringe mitunter recht schlecht sein.

Die Tiefsttemperaturen liegen zwischen 7 und 2 Grad, winterliche Warnereignisse
stehen also erst mal nicht auf der Agenda.



Dienstag ... schwenkt der Rücken unter weiter Abflachung nach Deutschland. Der
Trog über Westeuropa erreicht Großbritannien und Frankreich, das
korrespondierende Tief VANJA Südengland. Die Warmfront zieht langsam
nordostwärts und erreicht abends die Mitte. Die Kaltfront greift nachmittags auf
den Westen über, im Nordwesten vollzieht sich der Okklusionsprozess. Der Süden
und Südwesten gelangt somit vorübergehend in einen Warmsektor, in dem die
850-hPa Temperaturen auf 4 bis 7 Grad ansteigen. Der Südwestwind frischt dabei
vor allem im südwestdeutschen Bergland und in den Alpen auf mit stürmischen Böen
und Sturmböen, exponiert (Feldberg, Alpengipfel) schweren Sturmböen. Präfrontal
weht im Norden und Osten ein Südost- bis Ostwind, der im Nordseeumfeld ebenfalls
stark böig auffrischt. Dabei bleibt eine gemäßigte Subpolarluft wetterwirksam
(T850 zwischen -5 und +3 Grad).

Mit dem teilokkludierten Frontensystem breiten sich Regenfälle nordostwärts aus
und erreichen spätabends etwa die Elbe. Am meisten Regen fällt dabei im Süden
und Südwesten, wo die stärkste WLA wirksam ist. Gebietsweise fallen 10 bis 20,
im Allgäu bis 30, im Schwarzwald 30 bis 50 mm, lokal mehr. Da zudem die
0-Grad-Grenze nochmal auf deutlich über 2000 m ansteigt, wird das Tauwetter in
den Alpen nochmal forciert. Die Tauwetterwarnungen laufen bereits und wurden
durch Dauerregenwarnungen im Allgäu und Schwarzwald (dort auch Unwetter)
ergänzt. Auch im Nordwesten nahe des Okklusionspunktes werden gebietsweise 10
bis 15 mm erreicht, ansonsten liegen die Mengen zumeist unter 10 mm.

Am Nachmittag beginnt die Luftmasse im Westen und Südwesten zu labilisieren,
sodass die Niederschläge schauerartigen Charakter annehmen. Die Labilitätsfläche
oberhalb der eher stabilen Grenzschicht reicht bis nahe an die 500 hPa bzw. -20
Grad heran (100-200 J/kg CAPE), sodass vereinzelte Gewitter möglich sind.
Aufgrund des eher abgehobenen Charakters dürfte die Konvektion aber allenfalls
mit etwas stärkerem Regen oder mal einer Windböe einhergehen.

Östlich der Elbe fällt aus recht dichtem Stratus gebietsweise Nieselregen, ein
paar sonnige Momente gibt es am ehesten im Lee der östlichen Mittelgebirge vor
Ankunft des frontalen Regens.

Bei den Temperaturen stellt sich ein recht steiles Südwest-Nordost-Gefälle ein.
Am Oberrhein werden knapp 15 Grad, in Vorpommern nur knapp 5 Grad erreicht.

In der Nacht zum Mittwoch beginnt der Trog von Westen auf Deutschland
überzugreifen, das korrespondierende Tief liegt morgens mit Kern über der
südwestlichen Nordsee. Die okkludierende Front schwenkt weiter nordostwärts,
wird aber durch einen sich intensivierenden Hochkeil über Skandinavien zunehmend
eingebremst. Morgens erreicht sie, eingebettet in eine Tiefdruckrinne, mit Mühe
die Elbe. Die Kaltfront schwenkt dagegen zügig über den Süden südostwärts.
Dahinter wird mit südwestlicher Strömung weiterhin eine maritim erwärmte
Polarluft herangeführt (T850 um +2 Grad), während der präfrontal weiter
zunehmende Ostwind (steife Böen an der See, stürmische Böen über der Nordsee)
kältere Polarluft in den Norden und Nordosten führt (T850 zwischen -1 und -4
Grad). Die Okklusion nimmt dadurch immer mehr den Charakter einer
Luftmassengrenze an.

Entlang dieser regnet es vom Nordwesten über die nördliche Mitte bis in den
Osten länger anhaltend, meist werden aber nur 5 bis 10 mm erreicht. Im äußersten
Norden könnte der Regen auf der kalten Seite der Luftmassengrenze in Schneeregen
oder Schnee übergehen, wahrscheinlich aber ohne Glätte- oder Neuschneebildung.
Auch im Süden und Südosten regnet es noch zeitweise mit ähnlichen Mengen, an den
Alpen sind durch Staueffekte stellenweise nochmal 10 bis 20, im Allgäu bis 30 mm
möglich. Allerdings sinkt die Schneefallgrenze postfrontal wieder auf unter 1500
m, sodass das Tauwetter zu Ende geht (in tieferen Lagen liegt fast nichts mehr).
Ansonsten gibt es im Trogbereich in weiter labilisierender Luft Schauer und
vereinzelte, kurze Gewitter. Im südwestdeutschen Bergland und in den Alpen
bleibt es stürmisch.

Die Luft kühlt im Norden und Nordosten auf Werte nur knapp über dem Gefrierpunkt
ab, ansonsten liegen sie bei weiterhin milden 8 bis 4 Grad.


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Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 06 UTC

Mittwoch ... muss an dem in der Frühübersicht skizzierten Szenario nicht
gerüttelt werden, die Modelle bleiben ihrer Linie treu. So muss unter Trog- und
Tiefdruckeinfluss mit weiteren Niederschlägen gerechnet werden, die in der von
Norden südwärts ausbrechenden Kaltluft in den höheren Lagen sowie im Norden und
Osten in Schnee übergehen. In der Nacht zum Mittwoch ziehen sich die
Niederschläge nach Süden und Südosten zurück, vor allem im Norden und in den
Mittelgebirgen ist mit Glätte zu rechnen. Der starke, teils stürmische Wind an
der See und im südwestdeutschen Bergland lässt langsam nach.


Modellvergleich und -einschätzung
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Keine gröberen Modelldiskrepanzen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Adrian Leyser