DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

10-12-2023 18:30
SXEU31 DWAV 101800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 10.12.2023 um 18 UTC


SCHLAGZEILE:
Milde, windige und teils nasse Westlage
Sturmböen im Bergland; Tauwetter im Schwarzwald, an und in den Alpen sowie in
Südostbayern, im Oberallgäu Unwetter.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 06 UTC
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Aktuell ... nimmt die Westlage bei uns weiter Fahrt auf. Vom mittleren
Nordatlantik stößt der zunächst nur leicht mäandrierender Höhenjet mit
Windgeschwindigkeiten von teils über 140 Knoten auf 300 hPa bis nach
Mitteleuropa vor. In der Nacht greift dabei ein in die westliche Höhenströmung
eingelagerter Kurzwellentrog auf Deutschland über. Dieser korrespondiert mit
Tief WALTER (international: FERGUS), das sich zur Deutschen Bucht verlagert und
aufgrund seiner bereits senkrechten Vertikalachse einer langsamen Abschwächung
begriffen ist. An der Südflanke stellt sich auch niedertroposphärisch verbreitet
eine recht stramme West- bis Südwestströmung ein, mit der eine milde, nach Süden
zu gar sehr milde Meeresluft herangeführt wird. Nur im äußersten Norden und
Nordosten sowie im Südosten kann sich diese "Südwestdüse" nicht ganz so gut
durchsetzen, hier bleibt der Wind schwächer. Die Temperaturen liegen im
850-hPa-Niveau zwischen 0 Grad im Norden und 6 Grad im Süden.

Das okkludierte Frontensystem von WALTER schwenkt in der Nacht mit teils
schauerartig verstärkten Regenfällen ostwärts. Im Erzgebirge und in den
ostbayerischen Mittelgebirgen mischen sich oberhalb von 1000 m anfangs eventuell
noch ein paar Schneeflocken unter den Regen, bevor sich im Nachtverlauf auch
dort die mildere Luft und Tauwetter durchsetzt. Einer schmalen postfrontalen
Subsidenz mit Auflockerungen folgt im Nordwesten das nächste Regengebiet, das in
Verbindung mit einem recht markanten Bodentrog steht. Zwar labilisiert die
Luftmassen durch den hereinschwenkenden Trog und Abkühlung in der Höhe, die
Soundings zeigen aber keine hochreichende Labilitätsfläche, sodass Gewitter
unwahrscheinlich sind. Die Regenmengen liegen um oder knapp unter 10 mm. Nur im
Süden zeichnen sich ein leichtes Schleifen der Front und eine Staulage an den
Alpen ab. Dort sind 24-stündig bis weit in den Montag gebietsweise 10 bis 20,
örtlich um 30, im Allgäu bis 50 mm möglich. Dazu kommt der Abfluss der bis teils
über 2000 m Höhe schmelzenden Schneedecke, sodass für den Schwarzwald, den
Alpenraum sowie vom südlichen Alpenvorland bis nach Niederbayern eine
Tauwetterwarnung geschaltet wurde. Das darin bis Montagnachmittag/-abend
anvisierte Niederschlagsdargebot liegt zwischen 30 und 50 mm. Inneralpin dauert
die Tauwetterlage mit nur kurz nachlassenden Niederschlägen gar bis Mittwoch an
mit einem Dargebot von 50 bis 80 mm. Im Allgäu wird modellübergreifend der
meiste Niederschlag gerechnet, sodass von einem Dargebot von 90 bis 140 mm
ausgegangen wird. Bezüglich der Niederschlagsspitzen bestehen insbesondere am
Alpenrand noch Unsicherheiten, sodass eine Anpassung der bestehenden
(Unwetter-)Warnungen möglich ist.

Mit dem okkludierten Frontensystem und dem in Frühstunden von Nordwesten
hereinschwenkenden Trog zeichnen sich zwei niedertroposphärische Windmaxima ab
(50/60 Knoten auf 850 hPa), die die Mitte und den Süden des Landes erfassen. Bei
zunächst stabiler Schichtung macht sich das aber zunächst vornehmlich im oberen
Bergland bemerkbar, hier bleibt es stürmisch, auf Gipfeln gibt es schwere
Sturmböen und orkanartige Böen. Ansonsten treten vorübergehend nur noch einzelne
Windböen auf. Erst mit zunehmender Labilisierung nimmt die Wahrscheinlichkeit
für starke bis stürmische Böen im westdeutschen Tiefland in den Frühstunden
wieder zu.

Die Tiefsttemperaturen liegen meist zwischen 10 und 5 Grad, im Nordosten und
Südosten sowie im östlichen Bergland bei 5 bis 0 Grad.



Montag ... schwenkt der Höhentrog über Deutschland ostwärts. Vor dem nächsten
Trog westlich von Irland wölbt sich über den Britischen Inseln ein Höhenrücken
auf. Deutschland gelangt damit in eine nordwestliche Höhenströmung. Tief WALTER
zieht derweil über Jütland zur südlichen Ostsee. Der damit verbundene Bodentrog
verlagert sich über die Mitte ostwärts und erreicht abends die Neiße. Er bringt
vor allem dem mittleren Drittel des Landes (etwa zwischen Donau und
Mittellandkanal) im Zusammenspiel mit dem Tagesgang wieder häufiger steife,
teils stürmische Böen. Auf den Bergen bleibt es unvermindert stürmische mit Böen
9-11 Bft. Rückseitig des Troges kann die nicht ganz so milde Meeresluft aus dem
Norden wieder Boden nach Süden gut machen, sodass die 850-hPa-Temperaturen über
der Nordhälfte bei -2 bis 0 Grad liegen, im Süden bei 1 bis 4 Grad.

Der o. e. Bodentrog bringt nicht nur viel Wind, sondern vornehmlich der
Nordhälfte auch schauerartige Regenfälle, die nachmittags von Westen langsam
wieder nachlassend. Unmittelbar an bzw. in den Alpen sorgen die schleifende, nur
zögerlich nach Süden abziehende Front und Stauprozesse für weiteren Regen. Da
die 0-Grad-Grenze nur unwesentlich auf Lagen knapp unter 2000 m sinkt, setzt
sich das Tauwetter dort fast unvermindert fort. Ansonsten gibt es - von
Hochlagen abgesehen - nicht mehr viel, was tauen kann, sodass die Warnungen -
auch im Hinblick auf die nachlassenden Regenfälle - auslaufen können. Der
hydrologische Impact (ansteigende Flusspegel und Hochwasser) wird uns aber
weiter beschäftigen.
Zwischen den schauerartigen Regenfällen über der Nordhälfte und dem Regen in den
Alpen gibt es südlich des Mains eine Zone, wo es kaum Niederschlag gibt und sich
die Sonne auch zeitweise mal zwischen den Wolken zeigen kann.

Die Temperaturen steigen im Vergleich zum Vortag in gut durchmischter Luft noch
etwas an auf Maxima zwischen 9 und 14 Grad, ganz im Norden und Nordosten liegen
sie zwischen 5 und 9 Grad.

In der Nacht zum Dienstag schwenkt der Rücken unter Abflachung nach Benelux,
sodass sich bei uns von Westen her zunehmend leichtes Absinken durchsetzt. Das
macht sich auch im Bodenfeld bemerkbar, hier setzt sich ein flacher Keil durch
und sorgt für Zwischenhocheinfluss. Der Gradient wird auseinandergezogen und der
Wind nachlässt. Steife Böen gibt es anfangs noch im östlichen Mittelgebirgsraum,
auf den Gipfeln Sturm- und schwere Sturmböen.

Im Norden und Osten finden sich noch ein paar Feuchtschlieren, sodass es
strichweise leicht regnet, aber mit weiter nachlassender Intensität und
Verbreitung. Sonst ist es vorübergehend meist trocken, örtlich bildet sich
Nebel. Auch der Regen in den Alpen hört mal für eine gewisse Zeit (fast) auf.
Allerdings wird die südlich der Alpen schleifende Front wieder rückläufig und
geht über in die Warmfront des nächsten Tiefs bei den Britischen Inseln über,
sodass der Regen dort im Nachtverlauf wieder zunimmt und sich nach Norden bis
ins Vorland und in den äußersten Südwesten ausdehnt. Während sich das Tauwetter
in den Alpen damit fortsetzt bzw. nochmal verschärft, könnte im Schwarzwald
damit eine neue Dauerregenlage ins Haus stehen. Die Modelle reißen die
24-stündigen Warnschwellen zwar nur knapp (30-40 mm bis in die Nacht zum
Mittwoch hinein), im Hinblick auf die nasse Vorgeschichte und die durch das
Tauwetter bereits stark angestiegenen Flusspegel sollte man mit einer Warnung
aber nicht geizen.

Die Luft kühlt ab auf Tiefstwerte zwischen 7 und 1 Grad.


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Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 06 UTC

Dienstag ... und in der Nacht zum Mittwoch muss an dem in der Frühübersicht
skizzierten Szenario nicht gerüttelt werden. So muss greift der nächste Trog
nebst Tief von Westen auf Deutschland über und beendet den kurzen
Zwischenhocheinfluss. Mit teils länger anhaltendem Regen setzt sich das
Tauwetter in den Alpen fort, im Schwarzwald der etwaige Dauerregen. Die
Labilität nimmt vor allem in der Südwesthälfte zu, sodass einzelne Gewitter
möglich werden. Im südwestdeutschen Bergland und in den Alpen sind Sturmböen aus
Südwest zu erwarten, an Nord- und westlicher Ostsee steife bis stürmische Böen
aus Nordost. Die Temperaturgegensätze zwischen durchweg sehr mildem Südwesten
und wieder kälterem Nordosten nehmen zu, eventuell reicht es im Nordosten in der
Nacht wieder für Schneeflocken, Frost und Glätte.




Modellvergleich und -einschätzung
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Bezüglich der Niederschlagsspitzen am unmittelbaren Alpenrand bestehen immer
noch größere Unsicherheiten. Mit dem neusten ICON-Lauf (12Z), der nochmal
deutlich aufgesattelt hat mit bis zu 150 mm im Oberallgäu bis Mittwochabend,
haben die Modelldiskrepanzen sogar eher nochmal zugenommen. Da aber alle Modelle
den Schwerpunkt unisono im Oberallgäu sehen und ICON im Vergleich zu den anderen
Modellen mit Abstand am meisten Regen simuliert, ist zumindest eine Anpassung
oder Ausweitung der Unwetterwarnung erst einmal nicht notwendig.
Ansonsten gibt es keine gröberen Modelldiskrepanzen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Adrian Leyser