DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

09-12-2023 09:01
SXEU31 DWAV 090800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 09.12.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Ww
Unbeständige Westwetterlage mit wiederholten (Dauer-) Niederschlägen und
einsetzendem Tauwetter. Zudem windig, im Bergland stürmisch.

Synoptische Entwicklung bis Montag 24 UTC
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Samstag... macht die Milderung mit weiterem Durchbrechen von Tiefausläufern aus
dem Westen weitere Fortschritte. Dabei wird die aktuell noch vorherrschende
Blockierung im östlichen und nordöstlichen Europa von den Tiefdruckgebieten
immer weiter nach Russland zurückgedrängt und die Großwetterlage Winkel-West
("Ww") in eine südliche Westlage ("Ws") überführt.
In Konsequenz machen winterliche Wettererscheinungen nun erst einmal die Biege,
dafür dürfen wir uns mit den für westliche Wetterlagen üblichen Gesellen wie
Regen und Wind herumschlagen. Kommt einen bekannt vor? Ja, war ja schließlich
von Mitte Oktober bis Ende November quasi der Normalzustand unseren Wetters.
Im Detail finden wir uns am heutigen Samstagmorgen unter einem Trog wieder,
dessen Achse auf einer Linie Süd-Norwegen- Norddeutschland - Alpen liegt. Dieser
zieht bis zum Abend nach Osten ab, womit die Okklusion des sich auflösenden
zugehörigen Bodentiefs UDO mit Zentrum bei Schottland nach Osten bis Südosten
abgeführt wird.
Damit lässt die Niederschlagstätigkeit im Osten und Südosten nach, wobei bis zum
Mittag zum Teil noch die feste Phase bzw. gefrierender Regen dabei sind, was mit
entsprechenden Warnungen bis in den Unwetterbereich gewürdigt wurde.
Mit der Abtrocknung durch kurzen Zwischenhocheinfluss bedarf es dann keiner
weiteren Warnungen mehr, vielmehr muss der Blick schon wieder gen Westen
gerichtet werden.
Vom Atlantik kommend macht sich nämlich ein neuer Trog in Richtung Britische
Inseln auf den Weg, was nicht nur den flachen Rücken schon wieder nach Osten
schiebt, sondern auch mit kräftiger WLA einhergeht. Das mit diesem Trog
gekoppelte Bodentief VANJA II, das abends über dem Süden Schottland ankommt und
daher nicht verwechselt werden sollte mit Tief UDO, kann somit sein
okkludierendes Frontensystem von Westen her nach Deutschland schicken.
Folglich kommen bereits ab dem Mittag von Westen Regenfälle auf, die sich bis
zum Abend bis auf eine Linie ostfriesische Inseln - Ostwestfalen - Franken -
Allgäu ausbreiten. Im Zuge dessen steigt die T850 hPa im Westen auf 2 bis 4
Grad, was die Schneefallgrenze rasch bis über die Kammlagen hinaus steigen
lässt. So fällt nur im Bergland anfangs Schnee mit geringen Mengen oder
punktuell gefrierender Regen.
Die Regenmengen betragen bis zum Abend 1 bis 10, im Westen 5 bis 15 bzw. im Stau
bis 20 l/qm in 12 Stunden.
Neben den aufkommenden Niederschlägen erhöht sich der Gradient und der Wind in
der Westhälfte lebt auf. Damit gibt es zum Teil bis ins Tiefland steife Böen Bft
7, im Bergland stürmische Böen Bft 8 oder Sturmböen Bft 9 aus Süd bis Südwest.
Ab dem späten Nachmittag muss im Hochschwarzwald mit schweren Sturmböen Bft 10
gerechnet werden.
Im Rest des Landes herrscht noch "Ruhe vor dem Sturm", was sich in nur schwachem
bis mäßigem Wind aus Südost äußert.

In der Nacht zum Sonntag schwenkt der neue Trog über die Nordsee nach
Deutschland und mit ihm Bodentief VANJA II in die Nordsee. Das okkludierende
Frontensystem gelangt daher in den Nordosten bzw. schleift in seinem südlichen
Teil an den Alpen.
Die Niederschläge verlagern ihren Schwerpunkt ebenfalls in den Nordosten bzw. an
die Alpen, zudem wird durch den Trog mithilfe von PVA und WLA ein weiteres
Niederschlagsgebiet induziert, das morgens den Westen von Deutschland erreicht.
Durch die Milderung steigt die Schneefallgrenze überall auf 800 bis 1000 m,
weshalb die Niederschläge weiterhin nur in höheren Lagen als Schnee bzw.
gefrierender Regen fallen und es zu keinen größeren Schneeakkumulationen kommt.
Die 12- stündigen Regenmengen liegen zwischen 1 und 10, über der Mitte meist
zwischen 5 bis 15, und in Staulagen lokal um 20 l/qm. Am meisten Regen wird im
Allgäu simuliert, beispielsweise hat ICON-D2 bis zu 45 l/qm in 12 Stunden im
Programm.
24-stündig gesehen kommen häufig also 5 bis 20, in Staulagen bis knapp 30 l/qm
bis Sonntagfrüh zusammen. Signale für warnwürdigen Dauerregen gibt es im
Schwarzwald und im Allgäu, nach COSMO-LEPS auch im Bergischen Land/Sauerland
bzw. im Harz. Für die beiden letztgenannten Regionen rudern aber quasi alle
neuen Modellläufe bezüglich der Regenmengen zurück, was sich auch in COSMO-LEPS
mit einem neuen Lauf niederschlagen sollte. Hinsichtlich der steigenden
Schneefallgrenze stellt sich aber die Frage nach Tauwetter. Das
Niederschlagsdargebot erreicht SNOW4 zufolge vom Bergischen Land bis zum
Westerwald 30 bis 40 l/qm in 24 Stunden bis Sonntagmittag, was eine Warnung
gerechtfertigt. Ähnliche Mengen werden im Schwarzwald und im Allgäu erwartet,
wobei die Summen vor allem durch den fallenden Regen zusammenkommen und sich
eher eine Dauerregenwarnung anbietet.
Neben dem Regen muss die Aufmerksamkeit weiterhin auf den Wind gerichtet werden.
Das Windfeld dehnt sich in weite Teile Deutschlands aus, nur der äußerste
Nordosten ist präfrontal noch nicht betroffen. Es treten steife Böen Bft 7 bis
in tiefe Lagen und stürmische Böen oder Sturmböen Bft 8 bis 9 im Bergland auf,
auf den höchsten Gipfeln (Brocken, Hornisgrinde, Feldberg/Schwarzwald und auf
höheren Alpengipfeln) schwere Sturmböen Bft 10 bzw. vereinzelt orkanartige Böen
Bft 11. Während der Wind präfrontal noch aus Südost weht, dreht er mit
Frontdurchgang auf Südwest.
Die Temperaturen sinken auf 7 bis 0 Grad, vereinzelt ist präfrontal im
südöstlichen Bayern bzw. im äußersten Nordosten noch leichter Frost bis -1 Grad
möglich.

Sonntag... überquert der neue Trog bereits Deutschland, woraufhin ihm erneut ein
flacher Rücken mit kurzem Zwischenhocheinfluss folgt. Die Okklusion des Tiefs
VANJA II, das in die Ostsee zieht, legt sich damit über den Nordosten
Deutschlands mit zeitweiligen Regenfällen mit Mengen von 0,5 bis 5 l/qm in 12
Stunden. Das troginduzierte Niederschlagsgebiet im Westen verlagert sich in
einem Streifen Deutsche Bucht - östliche Mitte mit Mengen von 1 bis 10, in
Staulagen lokal bis 15 l/qm in 12 Stunden. Weiter südwestlich sorgt der Rücken
für eine Niederschlagspause, weshalb länger andauernde Dauerregen- oder
Tauwetterwarnungen dort nicht so ratsam sind. Vereinzelt können die Wolken auch
mal auflockern.
Der Wind bleibt außer im Nordosten weiterhin lebhaft mit ähnlicher Böigkeit wie
in der Nacht zuvor, also mit steifen Böen Bft 7 in tiefen Lagen (in NRW teils
auch mit stürmischen Böen Bft 8), stürmische Böen Bft 8 oder Sturmböen Bft 9 im
Bergland bzw. exponiert vereinzelt mit schweren Sturmböen Bft 10 oder
orkanartigen Böen Bft 11 "ganz oben".
Obwohl die T8750 hPa wieder auf etwa 0 Grad sinken, steigen die Temperaturen in
2 Meter bei einer Schneefallgrenze von 1000 bis 1800 m bei guter Durchmischung
auf 4 bis 8 Grad im Nordosten, sonst auf 6 bis 11 Grad.

In der Nacht zum Montag setzt sich die rasche Abfolge von Trog-Keil-Mustern
fort, was nichts anderes bedeutet, dass ein neuer Trog bei den Britischen Inseln
aufschlägt, der sich rasch bis nach Deutschland ausdehnt. Mit im Gepäck
natürlich WLA und ein drittes Tief, das über das südliche Schottland in die
Nordsee zieht und die Frontalzone in den Südwesten Deutschlands schiebt. Das
zugehörige Frontensystem lässt dann auch nicht lange auf sich warten, sodass in
der ersten Nachthälfte im Westen neue Regenfälle aufkommen. Das Frontensytem
schwenkt rasch nach Osten und Südosten durch und das Regengebiet kommt als Folge
davon bis zum Morgen im Nordosten und Südosten an. Im Süden gerät die Front
allerdings in Schleifen, was eine mehrtägige Dauerregen-/Tauwetterlage
begründet.
Mengenmäßig sind bis Montagmorgen 0,5 bis 10, in Staulagen bis 15 l/qm in 12
Stunden zu erwarten. Mehr Regen (auf den allerhöchsten Alpengipfeln Schnee)
fällt im Schwarzwald sowie am Alpenrand, dort gibt es 10 bis 20, lokal bis 30
l/qm in 12 Stunden.
Im Westen trocknet es postfrontal in der zweiten Nachthälfte dagegen schon
wieder ab, erst zum Morgen hin macht sich noch eine weitere Kurzwelle über der
Nordsee durch neue schauerartige Niederschläge an der Nordsee bemerkbar.
Bei Tiefstwerten von 9 bis 2 Grad bleibt es landesweit frostfrei.

Montag... zieht der neue Randtrog von der Nordsee nach Deutschland und
regeneriert den bereits vorhandenen Trog. In der Nordhälfte kommt es daher zu
schauerartigen Regenfällen mit Mengen von 1 bis 10 l/qm in 12 Stunden, lokal
fällt vielleicht mal etwas mehr. Bei geringem CAPE scheint ein vereinzeltes
Gewitter nicht völlig ausgeschlossen zu sein. Weiter südlich werden die
Niederschläge immer seltener, sodass es zwischen Main und Donau zum Teil trocken
bleibt. Ganz im Süden lassen die Niederschläge dagegen nicht nach. Zwischen dem
südlichen Schwarzwald und dem Alpenrand fallen bis zum Abend 5 bis 10, lokal bis
15 l/qm. Die Schneefallgrenze steigt auf 1500 bis 1800 m, womit es dem
vorhandenen Schnee an den Kragen geht. SNOW4 beitet ein Niederschlagsdargebot um
30, im Allgäu bis 50 l/qm in 24 Stunden bis Montagabend an. Da die Niederschläge
voraussichtlich ohne längere Pausen bis Mittwoch anhalten, bieten sich eher
längere Warnungen an. Rein von den Regenmengen her werden in 72 Stunden bis
Mittwochmittag 40 bis 80, in Staulagen bis 120 /qm angeboten. Addiert man den
Wassereintrag durch schmelzenden Schnee hinzu, sind Mengen im Unwetterbereich zu
erwarten. SNOW4 liegt für diesen Zeitraum zwar noch nicht vor, die vorhandene,
wassereiche Schneedecke könnte aber zum Zünglein an der Waage werden.
Der Südwestwind bleibt ebenfalls ein Thema. Außer im Nordosten sind weiterhin
steife Böen Bft 7 bis in tiefe Lagen dabei, im Bergland stürmische Böen Bft 8
oder Sturmböen Bft 9 und auf den Gipfeln schwere Sturmböen Bft 10 bzw.
vereinzelt orkanartige Böen Bft 11.
Bei Höchsttemperaturen von 5 bis 14 Grad sind winterliche Wettererscheinungen
vorerst kein Thema mehr.

In der Nacht zum Dienstag verlässt uns der Trog nach Osten und macht Platz für
einen weiteren flachen Rücken. Die Niederschläge im Norden ziehen sich also mehr
und mehr in den Osten zurück, während es zur Mitte hin eh schon häufig trocken
ist. Auch ganz im Süden schwächen sich die Niederschläge vorübergehend etwas ab,
ohne gänzlich nachzulassen. Zum Morgen hin verstärken sie sich dann schon
wieder, weil sich von Westen her ein neuer Ausläufer eines Tiefs mit Zentrum bei
Irland hereinschiebt. Beim GFS wird der Regen stärker und weiter nördlich
ausgreifend erwartet, beim EZMW dagegen gibt es sogar eine längere Regenpause am
östlichen Alpenrand.
Der Wind lässt bei sich abwächendem Gradienten nach, sodass nur noch die Berge
von stürmischen Böen Bft 8 oder exponiert Sturmböen Bft 9 betroffen sind.
Die Tiefsttemperaturen liegen zwischen 9 und 3 Grad.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren bis Sonntag recht einheitlich. Am Montag bzw. in der
Nacht zum Dienstag gibt es vor allem im äußersten Süden Unterschiede, die das
Warnmanagement erschweren. Wahrscheinlich ist aber eine mehrtägige Tauwetterlage
bis in den Unwetterbereich, beginnend ab Sonntagabend und endet am
Mittwochmittag.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Simon Trippler