DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

05-12-2023 09:01
SXEU31 DWAV 050800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 05.12.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL Ws Übergang zu HFz
Heute bis in die Nacht weiter Glatteisgefahr, bevorzugt im Südosten und einem
Streifen über nordöstlichen Mitte. Im Norden anhaltende Schneefälle. Ab der
Nacht auf Mittwoch im West- und Südwestdeutschen Bergland Schneefälle, später
auch Osten. Schwarzwald, später Alpenstau markante Mengen. In der Nacht auf
Freitag nach Zwischenhocheinfluss neue Glatteislage im Westen.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
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Dienstag... liegt Deutschland im Einflussbereich eines stark amplifizierten
Troges, der seine Hauptaktivität über dem westlichen Mittelmeer hat, während die
Isohypsen weiter nördlich deutlich auffächern. Das korrespondierende Bodentief
wird zur Mittagszeit im Dreiländereck zwischen den Niederlanden, Belgien und
Deutschland vorhergesagt. Es soll sich im Tagesverlauf nur schleppend bis in den
Nordwesten Deutschlands verlagern und dabei langsam auffüllen. Der Grund für die
zunehmende Stationarität und Abschwächung ist in dem fehlenden Antrieb aus der
Höhe zu sehen.

Mit dem Tief werden auch etwas mildere Luftmassen herangeführt, die auf das
vorgelagerte bodennahe Kaltluftbollwerk treffen. Im Westen und Südwesten ist der
Widerstand bereits gebrochen. Dort fällt bei südwestlichen Winden bis in höhere
Berglagen Regen bei positiven Werten. Am Oberrhein liegen die Morgenwerte
bereits bei +7 Grad. Ganz anders die Situation im Norden und Osten. Mit
östlichen bis südöstlichen Winden hält dort die Kaltluft weiter dagegen.

Mit den Aufgleitprozesse der Warmluft auf die vorgelagerte Kaltluft sind skalige
Niederschläge verbunden. So schneit es bereits über Teilen des Nordens. Die
Schneefälle breiten sich im Tagesverlauf noch bis zur Grenze zu Dänemark und
nach Vorpommern aus. Die Modelle simulieren recht einheitlich bis zum Abend
Neuschneemengen zwischen 1 und 4 cm. Je nach Modell lassen sich auch ein paar
Hotspots finden, wo etwas mehr Schnee prognostiziert wird. Leider ist das aber
nicht sehr einheitlich. Zwei Regionen stechen heraus. Einmal der Bereich, wo der
Tiefkern am Nachmittag ortsfest zum Liegen kommt (über Niedersachsen) - rundum
Bremen und zum zweiten der Bereich um die Lübecker Bucht. Dort können durchaus
auch mal mehr als 5 cm in 12 h fallen. Bei der Lübecker Bucht helfen mit den
östlichen bis nordöstlichen Winden neben der Ostsee auch gewisse
Küstenkonvergenzeffekt für ein Maximum mit.

Bleibt noch Phase drei, der gefrierende Niederschlag. In der Höhe kommt ein
Schwall Warmluft nordostwärts voran, der sich schön als warme Nase in den
Vertikalprofilen zeigt, mit dem Maximum der Erwärmung bei 900 hPa. Dies ist das
Niveau, was sich bei der aktuellen Glatteislage als hilfreich erweist. Nicht wie
üblich die 850 hPa. Der Phasenübergang, der sich im polarimetrischen Radar und
bei den Messungen zeigt, passt ziemlich gut zum Übergang der 900 hPa Temperatur
in positive Werte. So fällt im Südosten noch weiterhin gefrierender Regen, wobei
die Niederschlagsraten deutlich abgenommen haben. Die leichten Niederschläge
halten aber den ganzen Tag an und es ist eher nicht davon auszugehen, dass die
Temperaturen in Südostbayern (gerade in Richtung Bayerwald) groß aus dem Frost
herauskommen. Dort sind auch die Böden gefroren. Es ist also recht
wahrscheinlich, dass dort die Glatteiswarnung länger Bestand hat. Durch die eher
geringen Mengen aber im markanten Bereich.
Der zweite Bereich mit Glatteis, ist der Übergangsbereich zum Schnee weiter
nord-/nordöstlich. Die Zone soll sich (der 900 hPa Temperatur folgend) im Laufe
des Tages noch etwas nach Nordosten verschieben und etwa die Linie knapp
südwestlich von Hamburg und Berlin bis zu zur Lausitz erreichen. Es ist etwas
diffizil zu sagen inwieweit die Beläge dort auch tagsüber im negativen Bereich
bleiben. Die Maxima verharren um den Gefrierpunkt. Eine Vorhersage ist nur im
Nowcasting zu bewerkstelligen.

Im Laufe des Tages sinkt im Westen und Südwesten die Schneefallgrenze langsam
wieder. Eine warme positive Nase ist dann dort nicht mehr zu finden. Damit fällt
in den höchsten Lagen auch wieder Schnee. In den Gipfellagen der westlichen
Mittelgebirge kann es eine dünne Neuschneeauflage geben. Im Hochschwarzwald ist
es je nach Höhenlage und Staukomponente mit 5 bis 10 cm, örtlich bis 15 cm etwas
mehr.

Bleibt noch der Wind, der im Küstenumfeld und höheren Bergland zeitweise stark,
exponiert auch in Böen stürmisch daherkommt. Von der Mitte bis in den Süden aus
Südwest, im Norden aus östlichen Richtungen.

In der Nacht auf Mittwoch liegt das Bodentief weiter nahezu ortsfest über dem
Nordwesten und füllt sich auf. Damit bleibt es bei östlichen Winden im Norden
und Nordosten bei leichten Schneefällen. Diese ziehen sich aber im Verlauf in
das nördliche Schleswig- Holstein und nach Vorpommern zurück.
Es gibt weiterhin den Übergangsbereich mit leicht positiven 900 hPa
Temperaturen, der sich ebenfalls noch etwas nach Nordosten schiebt. Beim ICON
wird die warme Nase aber immer dünner und es ist fraglich, ob es die Regenphase
(mit Gefrieren) dann überhaupt noch gibt. Etwas anders sieht es beim ECMWF aus,
wo die 900 hPa Temperatur klar höher liegt. Nicht überraschend simuliert das EZ
auch einen Streifen von Hamburg über Mecklenburg bis zur Oder (knapp nördlich
von Berlin) mit gefrierenden Niederschlägen. Das wird auch in Ansätzen gestützt
vom SuperHD. Von den Mengen her dürfte es in aller Regel im markanten Bereich
ablaufen. Unwetter kann man aber nicht vollends ausschließen.

Auch im Südosten Bayerns dürfte die gefrierende Regenphase noch länger Bestand
haben. Im Westen und Südwesten sinkt die Schneefallgrenze bis zum Morgen auf
etwa 400 m. Dort kommen neue kräftigere Niederschläge an. Im Bergland fällt dann
häufig Schnee von 1 bis 5 cm, in höheren Lagen der zentralen und westlichen
Mittelgebirge können auch bis 10 cm fallen. Im Hochschwarzwald dürfte deutlich
mehr fallen mit 10 bis 20 cm in 12 h, im Stau vereinzelt darüber.

Der Wind lässt allgemein nach. In den Gipfellage sind aber weiterhin stürmische
Böen, im Hochschwarzwald auch Sturmböen zu erwarten. Dort gibt es entsprechend
Schneeverwehungen.


Mittwoch... gelangt Deutschland zunehmend auf die Trogrückseite, sodass
zunehmend kälter Luftmassen polaren Ursprung mit 850 hPa Temperaturen um und
unter -5 Grad einfließen. Das Bodentief hat sich deutlich aufgefüllt und liegt
nun über dem Nordosten Deutschlands. Von Südwesten setzt sich allmählich
Zwischenhocheinfluss durch.
Damit verschiebt sich der Schwerpunkt der Niederschläge im Tagesverlauf
allmählich von der Mitte ostwärts. Ganz im Westen fällt nur noch wenig
Niederschlag und vielleicht schaut am Nachmittag vereinzelt mal die Sonne
vorbei. Die Schneefallgrenze liegt meist zwischen 200 und 400 m. Damit kommt vor
allem im Bergland noch etwas Schnee hinzu (wenige Zentimeter). Im Nordosten
schneit es anhaltend. Von Vorpommern bis zur Uckermark können 1 bis 4 cm fallen,
mit Unterstützung der Ostsee in Richtung Greifswald vielleicht auch noch etwas
mehr.

Auch an den Alpen schneit es längere Zeit. Mit der Drehung der Höhenströmung auf
Nordwest kommt dort auch etwas Stau hinzu. Bis zum Abend sind 12stündig 5 bis 10
cm, im direkten Stau auch bis 20 cm Neuschnee möglich.

Die gefrierende Regenphase sollte angesichts der Vertikalprofile im Tagesverlauf
kein Thema mehr sein. Auch der Wind lässt deutlich nach. Nur in einzelnen
süddeutschen Hochlagen und auflandig in Nordostvorpommern können noch Windböen
auftreten.

Nordöstlich von Berlin in im höheren Bergland bleibt es dauerfrostig. Entlang
des Rhein werden bis 7 Grad erreicht.

In der Nacht auf Donnerstag verbleibt Deutschland in einer nordwestlichen
Höhenströmung. Am Boden kann sich in Süddeutschland ein Bodenhoch ausbilden.
Von Westen lassen die Niederschläge im Nachtverlauf weiter nach. Am längsten
halten dies aufgrund der Anströmung noch im Stau von Erzgebirge, Bayerischer
Wald und Alpen an. Dort können nochmal 1 bis 5 cm Neuschnee fallen. Im Alpenstau
auch bis 10 cm.

Auch wenn sich die Auflockerungen in Grenzen halten, geht die Temperatur
vielerorts in den Frostbereich zurück, im höheren Bergland sind mäßige Fröste zu
erwarten. Streckenweise gibt es damit Glätte durch überfrierende Nässe. Da es
recht langsam abkühlt, sollte diese aber im gelben Bereich verortet sein.

Donnerstag... greift ein Höhenrücken von Westen auf Deutschland über. Dieser
wird im weiteren Verlauf von WLA überlaufen. Damit lassen auch die letzten
Niederschläge im Stau von Erzgebirge und Alpen nach und die Sonne kann
gebietsweise zum Vorschein kommen. Teils halten sich aber auch noch tiefe
Wolkenfelder. Dies gilt insbesondere für große Teile des Nordens und nordöstlich
der Elbe.
Im Laufe des Nachmittags zieht mit dem WLA Feld hohe, bis zum Abend auch
mittelhohe Bewölkung auf. Zudem zieht der Südostwind etwas an. Warnwürdige Böen
sind aber zunächst nicht zu erwarten.

Auch sonst sind keine Wettergefahren zu erwarten. Die Maxima schaffen es im
Nordosten kaum über Null Grad. Sonst 1 bis 5 Grad.

In der Nacht auf Freitag verstärkt sich der Warmluftschub auf der Vorderseite
des mittlerweile sehr stattlichen Bodentief bei Irland. Damit breitet sich die
Aufgleitbewölkung im Laufe der Nacht weiter ostwärts aus und in der zweiten
Nachthälfte kommen im Westen und Südwesten Niederschläge auf.

Wieder einmal stellt sich die Phasenfrage. Bodennah kann es nachts nochmal
häufig bis in den Frostbereich kalt werden. Ausnahme wohl nur der Niederrhein.
Die Vertikalprofile zeigen eine klare warme Nase zwischen 900 und 850 hPa. Es
muss also wieder mit eine Glatteislage gerechnet werden. Es wird zwar von
einzelnen Modellen auch mal die Schneephase gezeigt. Dies erscheint aus heutiger
Sicht basierend auf den Vertikalprofilen eher fraglich. Am wahrscheinlichsten
ist eine vorübergehend Schneephase noch in Richtung Emsland.

Je nachdem wie schnell die bodennahe Erwärmung von Statten geht kann aufgrund
der Niederschlagsintensitäten aus heutiger Sicht unwetterartige Erscheinungen
nicht komplett ausgeschlossen werden (bevorzugt Bergland).

Zudem frischt der Süd bis Südostwind etwas auf und weht an der Nordsee und im
höheren Bergland mit Bft 7.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle zeigen die kurzfristige Entwicklung der Großwetterlage recht
einheitlich. Unsicher bleiben wir immer die Grenzschichtfragen, die im Haupttext
aber ausführlich diskutiert wurden.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Marcus Beyer