DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

04-12-2023 08:30
SXEU31 DWAV 040800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 04.12.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
W s, Übergang zu HF z. Wechselhaft mit Niederschlägen in allen Phasen. Heute im
Tagesverlauf im Westen örtlich eng begrenzt, in der Nacht zum Dienstag und am
Dienstagvormittag bis in die Mitte hinein gefrierender Regen mit Glatteis,
Unwetter nicht ausgeschlossen.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC
--------------------------------------------------------------
Montag... liegt Deutschland am kalten Rand der kräftig maändrierenden
Frontalzone, die sich vom Raum Neufundland über den mittleren Nordatlantik und
die Biskaya und von dort aus weiter über Osteuropa bis hin zum südlichen Ural
erstreckt. Ein darin eingelagertes Tief wird in den Ärmelkanal gesteuert. Dies
lässt deutschlandweit den Gradienten anziehen, so dass in den Hochlagen der
Mittelgebirge und auch in den Tälern des Osterzgebirges und der Oberlausitz
sowie über der offenen Nordsee Windböen Bft 7 aus Südost aufkommen. In Kamm- und
Gipfellagen sind erste Sturmböen Bft 8/9 vorstellbar. Zudem kommt in der
Oberlausitz und im östlichen Erzgebirgsraum der Böhmische Wind mit Böen Bft 7 in
Gang. Im östlichen Bergland besteht zudem Verwehungsgefahr.
Mit dem Übergreifen des weitgehend okkludierten Frontensystem des Tiefs setzen
im Laufe des Vormittags im Westen kräftigere Niederschläge ein, die bis zum
Abend auch die mittleren Regionen Deutschlands erfassen. Zunächst fällt meist
Schnee, der in tieferen Lagen Westdeutschlands alsbald in Regen übergeht. In den
westlichen Mittelgebirgen, vor allem im Hunsrück, können zum Teil mehr als 10 cm
Neuschnee zusammenkommen, der zusehends nasser wird. Hierdurch ist Schneebruch
nicht auszuschließen.
Im 850 hPa-Niveau erfolgt ein Temperaturanstieg, im Westen und Süden z.T. auf
Werte knapp über 0 Grad, unterhalb davon, aber oberhalb der Grundschicht wird es
z.T. noch deutlich wärmer. Somit können diese Niederschläge auch sofort als
Regen fallen. Bei noch gefrorenem Boden ist dann Glatteis die Folge; da doch
einige und im Bergland bis knapp 10 mm innerhalb von 12 Stunden zusammenkommen
können und der Boden größtenteils noch gefroren ist, besteht örtlich eng
begrenzt Unwettergefahr. Am gefährdetsten sind hierbei zunächst die
Mittelgebirgstäler im Westen Deutschlands bis über das Rhein, in welchen die
Gradientzunahme noch nicht so recht greifen kann.
Der Nordosten und Süden und dort die Gebiete östlich des Schwarzwaldes werden
von diesen Niederschlägen noch nicht erfasst. Dort sind noch Auflockerungen
möglich, bevor auch in diesen Gebieten mehrschichtige Bewölkung aufzieht. Zudem
hält sich leichter bis mäßiger Dauerfrost, wogegen im Nordwesten, Westen und in
tieferen Lagen Südwestdeutschlands ein Temperaturanstieg auf 0 bis 4 Grad
erfolgt.

In der Nacht zum Dienstag greifen mit der Verlagerung des Bodentiefs in den
Bereich des Niederrheins nahe der holländischen Grenze die Niederschläge weiter
ostwärts über, wahrscheinlich werden hiervon nur noch die Gebiete von Vorpommern
bis zur Lausitz und das östliche Niederbayern verschont. Die
niedertroposphärische Erwärmung erfasst dann auch diese Gebiete, wodurch die
dort einsetzenden Niederschläge zwar größtenteils zunächst als Schnee fallen (in
einigen Staulagen sind hierdurch erneut mehr als 10 cm zunehmend nasser Schnee
möglich), aber alsbald in Regen oder Mischphase übergehen oder sofort als Regen
fallen. Aufgrund des gefrorenen Bodens setzt dann Glatteis ein. Bedingt durch
die bodennahe südöstliche Windkomponente bleibt die Grundschicht kalt. Unwetter
infolge von Glatteis ist demnach wahrscheinlicher als tagsüber zuvor in den
westlichen Landesteilen. Am gefährdetsten sind die mittleren Regionen und weite
Teile von Bayern.
Abgesehen von tieferen Lagen Westdeutschlands und entlang vom Oberrhein ist
erneut leichter, im Südosten und im östlichen Mittelgebirgsraum mäßiger Frost zu
erwarten. In windschwachen Alpentälern ist noch einmal strenger Frost möglich.
Bedingt durch die leichte Ostverlagerung des wetterbestimmenden Bodentiefs bei
gleichzeitig beginnender Auffüllung bleibt der Gradient nahezu unverändert, so
dass im Bergland und über der offenen Nordsee sowie in der Oberlausitz weiterhin
Windböen Bft 7 und in den Kamm- und Gipfellagen Sturmböen Bft 8/9 auftreten
können.

Dienstag... erreicht das Tief unter weiterer leichter Auffüllung das südliche
Emsland, so dass sich am Gradienten und somit der Windsituation nicht allzu viel
ändert. Die Niederschläge erfassen dann auch den Nordosten und den äußersten
Südosten Deutschlands, wobei anfangs Schnee fällt, der aber in Schneeregen oder
Regen übergeht. Dabei ist nicht ganz auszuschließen, dass von Beginn an Regen
fällt, wodurch noch Glatteis auftreten kann. Da aber der vorderseitige
Warmlufteinschub in Form der für eine Glatteislage erforderlichen "warmen Nase"
zusehends aufgezehrt wird, dürfte die Wahrscheinlichkeit für die gefrierende
Phase im Tagesverlauf geringer werden.
Mit dem Übergreifen des mit dem Bodentief korrespondierenden Troges erfolgt
gesamttroposphärisch wieder eine leichte Abkühlung, die sich auch im 850
hPa-Niveau mit einem Temperaturrückgang auf -2 bis -4 Grad bemerkbar macht. Von
Westen her setzen dann, bedingt durch herumgeholte Warmluft, kräftigere
Niederschläge ein, die durchaus in Staulagen der westlichen Mittelgebirge 10 bis
im Schwarzwald über 15 mm innerhalb von 12 Stunden ergeben, aber aufgrund der
Durchmischung erst oberhalb 800 bis 600 m, aber mit absinkender Tendenz, als
Schnee fallen.
Leichter Dauerfrost bleibt dann nur noch ganz im Nordosten, im östlichen
Bergland und am Alpenrand bestehen. Ansonsten erfolgt ein Temperaturanstieg auf
1 bis 6, am Oberrhein bis 8 Grad.

In der Nacht zum Mittwoch verlagert sich das Tief unter weiterer Abschwächung
etwa in den Raum Hamburg. Dies zieht den Gradienten auseinander, so dass sich
der Wind abschwächt und in der zweiten Nachthälfte selbst in höheren Berglagen
keine warnrelevanten Böen mehr auftreten sollten. Bedingt durch den dann über
Deutschland liegenden Trog erfolgt gesamttroposphärisch eine weitere leichte
Abkühlung, was die Niederschläge oberhalb 600 bis 400 m als Schnee fallen lässt.
In den Hochlagen der zentralen Mittelgebirge können um 10 cm, im Schwarzwald
auch über 15 cm Neuschnee zusammenkommen.
In den östlichen Landesteilen zeichnen sich nur geringe Niederschläge ab, die
dort aufgrund der nach wie vor kalten Grundschicht meist als Schnee fallen.
Aufgrund der bodennahen südöstlichen Windkomponente bleibt ja vor allem im
Nordosten die kalte Grundschicht bestehen. Teils fällt auch Schneeregen, örtlich
ist auch noch gefrierender Niederschlag vorstellbar, da in diesen Gebieten der
Boden noch gefroren ist.
Während es im Westen und Südwesten weitgehend frostfrei bleibt und leichte
Minusgrade auf die Hochlagen der dortigen Mittelgebirge beschränkt sind, ist
ansonsten leichter und in höheren Berglagen auch mäßiger Frost zu erwarten.

Mittwoch... liegt Deutschland unter einem Trog, der in Richtung Ostalpen
austropft und geringe Geopotentialgegensätze aufweist. Folglich sind von diesem
Trog keine nennenswerten dynamischen Antriebe zu erwarten. Bedingt durch die
Labilität im Bereich dieses Troges sind die Niederschläge jedoch konvektiv
geprägt. Aufgrund des geringen Wassergehalts der polaren Luftmasse sind jedoch
die Niederschlagsmengen eher gering.
Vielmehr ist für das Wettergeschehen das o.g. Tief relevant, das sich in die
Lübecker Bucht verlagert. Zwischen diesem sich weiter abschwächenden Tief und
einem sich von Frankreich hereinschiebenden Zwischenhochkeil kommt etwas
Gradient in Gang. Dieser ist zwar für warnrelevante Böen und auch für einen
deutlichen Temperaturanstieg nicht hinreichend, aber er bewirkt, das sich eine
westliche bis südwestliche bodennahe Windkomponente über die Elbe hinweg bis in
den Berliner Raum durchsetzt. Nur nordöstlich davon bleibt die bodennahe
Windrichtung aus Südost bis Ost bestehen, so dass dort (wie auch in den
Hochlagen der Mittelgebirge) leichter Dauerfrost zu erwarten ist und die
Niederschläge als Schnee fallen. In den anderen Gebieten bewegen sich am
Nachmittag die Temperaturen bei meist mehrschichtiger Bewölkung zwischen 1 und 6
Grad.
Ansonsten liegt die Schneefallgrenze bei 400 bis 600 m, aber oberhalb davon
kommen nur noch wenige Zentimeter Neuschnee zusammen. Allenfalls an den Alpen
und dort staubedingt vor allem im Allgäu sind mehr als 10 cm Neuschnee möglich.


In der Nacht zum Donnerstag nähert sich von Westen her ein Höhenrücken, der bis
Donnerstagfrüh mit seiner Achse unter Verkürzung der Wellenlänge den Westen
Deutschlands erreicht. Durch diesen Rücken wird ein Zwischenhoch gestützt, in
dessen Bereich die eingeflossene polare Luftmasse vollends zur Ruhe kommt.
Schwache Schauer, die oberhalb 400 m als Schnee und sonst als Schneeregen und
vereinzelt auch als Schneegriesel fallen, zeichnen sich dann noch im Nordosten
und Osten Deutschlands ab. Bedingt durch die Drehung der Strömung an der
Vorderseite des sich annähernden Rückens steil auf Nordwest können im Stau des
Erzgebirges mehr als 5 und an den Alpen vor allem nach Osten hin mehr als 10 cm
Neuschnee zusammenkommen.
Im Westen und Südwesten kann es gebietsweise aufklaren, nachfolgend bildet sich
streckenweise dichter Nebel. Nahezu überall ist leichter, im höheren Bergland
und am Alpenrand auch mäßiger Frost zu erwarten.

Modellvergleich und -einschätzung
--------------------------------------------------------------
Größere Unterschiede ergeben sich hinsichtlich der zu erwartenden
Niederschlagsphase. Hier zeigt hinsichtlich des gefrierenden Regens jedes Modell
eine andere Verteilung, so dass sich keine Konsens-Vorhersage herausarbeiten
lässt. Somit bleibt nur, hinsichtlich der Warnstrategie vorerst großflächig zu
operieren und später mittels Nowcasting Details herauszuarbeiten. Der Höhepunkt
der Glatteislage dürfte in der Nacht zum Dienstag und bis in den
Dienstagvormittag hinein zu erwarten sein.
Aber auch hinsichtlich der Verlagerung des o.g. Tiefs sind die Prognosen noch
nicht in Stein gemeißelt. GFS und UK10 simulieren eine weiter südlich liegende
Zugbahn und lassen dieses Tief etwa über der Mitte Deutschlands verschwinden.
Hierdurch würde die kalte Grundschicht im gesamten Nordosten Deutschlands bei
geringen Luftdruckgegensätzen konserviert.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann