DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

01-12-2023 12:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 01.12.2023 um 10.30 UTC



Im Westen und Südwesten zögernde Milderung. Niederschläge teils als gefrierender
Regen; Unwetter durch Glatteis nicht ausgeschlossen.
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Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 08.12.2023


Am Donnerstag liegt Deutschland an der kalten Seite einer mäandrierenden
Frontalzone, die von Neufundland über den mittleren Nordatlantik zum südlichen
Ural verläuft. Ein darin eingelagertes Tief greift auf die Bretagne über, dessen
Frontensystem lässt Niederschläge aufkommen, die als Schnee, im Westen und
Südwesten in Lagen bis 400 m bereits als Regen fallen. Wahrscheinlich bleibt es
nur im Südosten und Nordosten noch weitgehend niederschlagsfrei. Mit der
Verlagerung des Tiefs nach Nordfrankreich werden auch diese Gebiete von
Niederschlag erfasst, der auch im Südosten in Regen übergeht oder sofort als
Regen fällt. Hierdurch kann starkes Glatteis auftreten; Unwetter ist nicht
auszuschließen.
Am Dienstag verlagert sich dieses Tief in den Westen Deutschlands. Rückseitig
sinkt die Schneefallgrenze wieder bis in tiefere Lagen. Im Stau der
Mittelgebirge sind um 10 cm Neuschnee möglich. Im östlichen Mittelgebirgsraum
und im Süden liegt die Schneefallgrenze zunächst noch bei 800 bis 1000 m.
Unterhalb davon fällt Regen, der durchaus weiterhin mit der Bildung von Glatteis
bis hin zum Unwetter einhergehen kann. In der Nacht zum Mittwoch beginnt sich
dieses Tief über der Mitte Deutschlands aufzufüllen. Hochreichende Kaltluft im
Bereich des mit diesem Tief korrespondierenden Troges lässt die Schneefallgrenze
auch im Süden und später im Osten wieder auf 600 bis 400 m absinken. Unterhalb
davon fällt Regen, wodurch weiterhin Glatteisgefahr besteht. Rückseitig zeichnen
sich kräftigere Schneefälle ab, in den westlichen und südwestdeutschen
Mittelgebirgen können mehr als 10 cm Neuschnee innerhalb von 12 Stunden
zusammenkommen.
Am Mittwoch sind die Reste des Bodentiefs noch über Mitteldeutschland zu finden.
Im Norden und Westen setzt sich Zwischenhocheinfluss durch. Die Schauertätigkeit
(wobei die Niederschläge nahezu durchweg als Schnee fallen) beschränkt sich
weitgehend auf den Nordosten und die Mittelgebirge, wo einige Zentimeter
Neuschnee hinzukommen können. In der Nacht zum Donnerstag kommt die
eingeflossene polare Luftmasse vollends zur Ruhe. In Ostseenähe und im östlichen
Bergland können noch einzelne Schneeschauer auftreten. Bei Aufklaren stellt sich
verbreitet mäßiger und über schneebedeckten Gebieten strenger Frost ein.
Am Donnerstag verabschiedet sich das Zwischenhoch und es zieht wieder Ordnung in
die Troposphäre ein, d.h. im Raum Island etabliert sich ein Tief und bei den
Azoren ein Hoch. Da aber ein Hoch über Nordwestrussland, das einen Keil bis in
den Alpenraum aufweist, noch dagegenhält, kann sich über Mitteleuropa eine
südwestliche Strömung noch nicht so recht durchsetzen. Ein Temperaturanstieg
erfolgt zunächst oberhalb der Grundschicht. Ein über Mitteleuropa liegender Keil
unterbindet die Niederschlagstätigkeit weitgehend. In der Nacht zum Freitag
erreichen dann die Niederschläge des okkludierenden Frontensystems des Tiefs bei
Island den Westen. Dabei fällt durchweg Regen.
Am Freitag greift auf die Biskaya ein Trog über, an dessen Vorderseite stellt
sich eine aufsteilende südwestliche Strömung ein. Dies lässt das okkludierte
Frontensystem über dem Nordwesten und Westen Deutschlands schleifen, wodurch
sich dort zeitweise Niederschläge abzeichnen. Im Osten und Süden bleibt es noch
weitgehend trocken, bei geringen Luftdruckgegensätzen kommt dort ein
Luftmassenwechsel noch nicht so recht in Gang.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum tropft der Trog in Richtung
westliches Mittelmeer aus, das Residuum schwenkt nach Deutschland und wird dabei
zugeschüttet. Die Folge sind geringe Niederschläge, die durchweg als Regen
fallen und den Nordwesten und Westen Deutschlands erfassen. Mit Annäherung eines
weiteren Troges stellt sich am Wochenbeginn erneut eine aufsteilende
südwestliche Strömung ein. Während sich im Nordwesten und Westen Deutschlands
etwas mildere Luft durchgesetzt hat, erfolgt im Osten und Süden Deutschlands bei
weiterhin schwachgradientiger Lage nur ein zögernder und leichter
Temperaturanstieg.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Bereits in der Nacht zum Mittwoch ergeben sich Unterschiede zu den beiden
gestrigen Modellläufen. Diese ließen die Frontalzone nicht so ausgeprägt
mäandrieren, wodurch das dann auf Deutschland übergreifende Bodentief ein
Ergebnis des aktuellsten Modellaufes ist. Selbiges gilt für den sich am Mittwoch
einstellenden Zwischenhocheinfluss. Die Simulationen des Vortages zeigten
stattdessen einen über Benelux und dem Nordwesten Deutschlands liegenden
Tiefdruckkomplex. Im 850 hPa-Niveau ergeben sich anhand des aktuellsten
Modelllaufes bis in den Donnerstag hinein mehr als 5 K tiefere Temperaturen. Von
einem Übergreifen der Frontalzone und daher einer sich überall durchsetzenden
Milderung kann daher keine Rede mehr sein.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum kommt nach dem gestrigen 00
UTC-Lauf und der aktuellsten Simulation eine südliche bodennahe Strömung
zustande, wobei im Osten und Süden noch leichter Hochdruckeinfluss erkennbar
war. Der 12 UTC-Lauf zeigte eine sich von Frankreich in den Westen Deutschlands
ausweitende flache Tiefdruckrinne. Das über Nord- und Nordosteuropa liegende
Bodenhoch würde demnach weiter im Westen zu finden sein.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Bis in die Nacht zum Mittwoch hinein folgen die verfügbaren Modelle der oben
beschriebenen Entwicklung. Danach ergeben sich Unterschiede hinsichtlich der
Zugbahn des über Deutschland liegenden Tiefs, die in Bezug auf den Kern des
Tiefs durchaus 500 km betragen. Aber nach allen Modellen wird rückseitig wieder
kältere Luft herangeführt. Der danach einsetzende Zwischenhocheinfluss ist bei
EZMW und UK10 ausgeprägter als bei den anderen Modellen. Nach dem
Vorhersagemodell des kanadischen Wetterdienstes dauert dieser sogar noch bis in
die Nacht zum Freitag an, während sich dann bei den anderen Modellen bereits
eine süd-südwestliche bodennahe Strömung durchsetzt. Bei GFS ist dies bereits am
Donnerstag der Fall, gefolgt von UK10. ICON stützt dagegen die oben beschrieben
Variante, wonach der Luftmassenwechsel nicht so rasch in Gang kommt. Dieser wird
nach ICON auch am Freitag im Nordosten Deutschlands noch hinausgezögert, was
sich dort in einem Drehen der bodennahen Strömung auf Südost äußert. Hier
ergeben sich Parallelen zum kanadischen Modell, die nicht von der Hand zu weisen
sind.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum setzt sich bei zunehmendem
Gradienten auch GFS im Nordosten Deutschlands mildere Luft durch. Das kanadische
Modell lässt von der Nordsee her eine Tiefdruckrinne auf den Nordwesten
Deutschlands übergreifen, wobei im Nordosten Deutschlands eine östliche
bodennahe Windkomponente bestehen bliebe. Dieses Szenario ähnelt der gestrigen
12 UTC-Version des EZMW-Modells. Es ist daher durchaus vorstellbar, dass im
Nordosten Deutschlands eine durchgreifende Milderung ausbleibt.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Das EPS des GFS stützt eher die Variante des kanadischen Modells als des
hauseigenen deterministischen Laufes, wonach im Nordosten Deutschlands die
Milderung ausbleiben würde und sich ein ausgeprägtes Temperaturgefälle vom
Südwesten in den Nordosten einstellt. Etwa ein Drittel der Lösungen (und auch
der Kontrolllauf) tendieren im Nordosten Deutschlands eher noch zu weiter
zurückgehenden Temperaturen, wobei östliche Winde dominieren. Im Südwesten und
Süden wird dieses Szenario nur von Einzellösungen geboten. Die übergroße
Mehrzahl der Member setzen dort auf eine südliche bis leicht südöstliche
bodennahe Windkomponente. Die Folge wäre ein Temperaturanstieg, aber ohne das
einstellige Temperaturniveau zu verlassen.
Das EPS des EZMW will auch an die Milderung noch nicht so recht heran.
Betrachtet man das Clustering gemäß Großwetterlagen, zeigt sich bis über das
zweite Adventswochenende hinaus eine Dominanz von Hochdruckrandlagen mit hohem
Druck über Skandinavien. Und diese sind im Winter bekanntlich kalt. Erst ab dem
Dienstag danach zeichnen sich dann wieder Südwestlagen ab. Auch der EFI zeigt
bis in den erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum hinein im Nordosten
unternormale Temperaturen. Allenfalls im Südwesten und Westen Deutschlands wäre
eine Milderung vorstellbar, aber auch hier, ohne zweistellige Temperaturmaxima
zu erreichen.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Am Montag sind in den westlichen und nördlichen Mittelgebirgen teils kräftige
Schneefälle zu erwarten, teils fällt Nassschnee, der zu Schneebruch führen kann.
Wahrscheinlich kommen mehr als 10 cm innerhalb von 12 Stunden zusammen.
Nachfolgend gehen die Schneefälle im Westen und Südwesten bis in Lagen zwischen
600 und 800 m in Regen über. Unterhalb davon ist dabei vorübergehend Glatteis
nicht auszuschließen. In der Nacht zum Dienstag steigt die Schneefallgrenze auf
800, im Süden bis über 1000 m an. Darunter muss weiterhin gebietsweise mit
Glatteis gerechnet werden.

Am Dienstag sinkt in den westlichen und nördlichen Mittelgebirgen die
Schneefallgrenze wieder ab, oberhalb etwa 600 m sind in Staulagen um 10 cm
Neuschnee möglich. Im Süden und im östlichen Mittelgebirgsraum fallen die
Niederschläge unterhalb 800 bis 1000 m als Regen, wahrscheinlich weiterhin mit
Glatteis mit Unwettergefahr. In der Nacht zum Mittwoch sinkt dann auch im
westlichen und südwestdeutschen Bergland die schneefallgrenze auf Lagen um 400 m
ab, oberhalb davon können in Staulagen bis über 10 cm Neuschnee zusammenkommen.
Im Nordosten fällt weiterhin Niederschlag, teils als gefrierender Regen, dabei
ist örtlich noch Glatteis möglich.
Am Mittwoch kann es mit geringer Wahrscheinlichkeit im Schwarzwald in Staulagen
nochmals mehr als 10 cm Neuschnee innerhalb von 12 Stunden geben. Sonst fallen
die Niederschläge nahezu durchweg als Schnee, aber in geringeren Mengen. im
Nordosten fällt noch Regen oder Schneeregen, anfangs besteht dabei noch Gefahr
von Glatteis. In der Nacht zum Donnerstag klart es verbreitet auf, hierdurch
gibt es mäßigen, über schneebedeckten Gebieten strengen Frost.
Am Donnerstag sind wahrscheinlich keine markant zu bewarnenden Wettergefahren zu
erwarten. In der Nacht zum Freitag und auch am Freitag können im westlichen
Bergland stürmische Böen aufkommen. In den östlichen Mittelgebirgen und am
Alpenrand über Gebieten mit Schneedecke ist nochmals strenger Frost nicht
auszuschließen.

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Basis für Mittelfristvorhersage
EPS, anfangs MOS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Thomas Schumann