DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

27-11-2023 09:31
SXEU31 DWAV 270800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 27.11.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Ws (südliche Westlage), am Dienstag mit Touch Nz (Nord zyklonal)

Heute von Westen fette Niederschläge, teils bis ganz runter als Schnee. Im Süden
vorübergehend mildere Luft. Ab Dienstag Kaltluft bis zu den Alpen.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC
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Montag... beginnt die neue Woche gleich mal mit einem Paukenschlag. Ein kurzer
Blick auf die Warnkarte reicht aus um zu erfahren, in welche Richtung der Hase
heute läuft. Ein echter Winterhase, der da unterwegs ist und den Namen OLIVER
trägt (eher selten für einen Hasen, aber nun). Gemeint ist natürlich das
verantwortliche Tief, das uns heute schwer beschäftigt, obwohl es noch gar nicht
richtig da ist. Heute Morgen jedenfalls befindet sich das Tief noch im Bereich
Südengland/südwestliche Nordsee, wo es mit rund 1000 hPa noch vergleichsweise
schlaff aufgestellt ist. Allerdings überzeugt besagter OLIVER auch nicht
unbedingt durch übermäßigen Wind und Sturm, die Stärken liegen eher auf dem
Niederschlagssektor. Außerdem ist es ja nicht so, dass nicht noch
Entwicklungspotenzial vorhanden wäre. So wird er sich aufgrund seiner
fruchtbaren Interaktion mit einem scharf geschnittenen Randtrog auf dem Weg gen
Benelux in den nächsten Stunden vertiefen. Um 18 UTC wird er modellübergreifend
mit etwa 992 hPa im Kern im Grenzbereich zwischen Belgien und den Niederlanden
simuliert. Kurz noch eine Bemerkung zum erwähnten Randtrog, der den westlichen
Abschluss eines umfangreichen, mit reichlich Kaltluft angefüllten
Höhentrogkomplexes bildet, welcher weite Teile Skandinaviens sowie das nahe Ost-
und Südosteuropa überdeckt. Der Randtrog wird im Tagesverlauf gen Frankreich
schwenken und weiterhin gemeinsame Sache mit OLIVER machen. Heißt, auf seiner
Vorderseite wird überwiegend durch kräftige WLA, zum Abend hin im Westen auch
durch PVA reichlich synoptisch-skalige Hebung generiert, die wiederum ordentlich
Niederschlag zur Folge hat.

Widmen wir uns also dem heutigen Werdegang atmosphärischer Erscheinungen, die
zumindest in einigen Regionen die Herzen von Vollwetterfans und Winterfreaks
höherschlagen lassen, während man aus verkehrsinfrastruktureller Perspektive
sicherlich eine andere Sicht auf die Dinge hat. Fakt ist, dass die skaligen
Niederschläge im Westen bereits eingesetzt haben und sich nun Schritt für
Schritt ostwärts ausbreiten. Während es im west-nordwestdeutschen Tiefland
regnet (gerade am Niederrhein nicht zu knapp mit 30-35 l/m² bis kommende Nacht),
fällt im Bergland Schnee. Im weiteren Verlauf, wenn der Niederschlag die
mittleren Landesteile erreicht, kann es nicht zuletzt aufgrund der hohen
Intensität (Stichwort Niederschlagsabkühlung => Isothermie) bis in tiefe Lagen
runterschneien. 1 bis 5 cm Nassschnee sind da schon mal drin, und wenn´s dafür
nicht reicht, dann wenigstens für Schneematsch. Weiter oben, etwa oberhalb 200
bis 400 m kommt eine ordentliche Hucke Neuschnee runter. 5 bis 10 cm innert 12
Stunden sind die Regel, 10 bis 15 cm keine Überraschung, vor allem in Staulagen.
Gerade im Westerwald und im Taunus sind sogar noch ein paar Zentimeter mehr
nicht ausgeschlossen, so dass man weniger wegen der Gesamtakkumulation als
vielmehr wegen der Intensität (cm/h) über Unwetter nachdenken könnte und das
mittlerweile auch schon getan hat. Was die Dicke der zunächst vielfach feuchten
Schneedecke angeht (Achtung, Schneebruchgefahr), sind wir mit den laufenden
Warnungen, die teilweise bis Dienstag laufen, erstmal gut aufgestellt. Ganz im
Westen, insbesondere in der Eifel steigt die Schneefallgrenze später auf 600 bis
800 m, weil mit Annäherung des Tiefs mildere Luft eingesteuert wird (T850 um
0°C). Auch im Südwesten, wo die Niederschlagsraten deutlich geringer ausfallen
als weiter nördlich, liegt die Schneefallgrenze mit etwa 700 bis 1000 m relativ
hoch. Bis zum Abend fallen vor allem im Hochschwarzwald 2 bis 5, in Staulagen
bis zu 10 cm Schnee.
Trocken oder zumindest weitgehend niederschlagsfrei bleibt es im Nordosten sowie
im äußersten Südosten, wo sogar die Sonne anfänglich ein paar Auftritte bekommt.
Die Temperatur erreicht Höchstwerte zwischen 1°C im Nordosten und bis zu 7°C im
südlichen Oberrheingraben.

Kurz noch zum Wind, der im Tagesverlauf im Südwesten aus Südwesten etwas
auffrischt. Böen 7 Bft beschränken sich aber auf das Bergland und chronisch
anfällige freie Lagen. In exponierten Hochlagen stehen inkl. der Alpen Böen 8-9
Bft auf der Karte, auf dem Feldberg sowie einigen Alpengipfeln sind sogar
schwere Sturmböen 10 Bft drin. Windig wird es später auch auf sowie an der
Nordsee sowie an der schleswig-holsteinischen Ostseeküste, wo der Wind
allerdings aus Osten kommt. Meist sind es steife Böen 7 Bft, auf der offenen
Nordsee aber 8-9 Bft.

In der Nacht zum Dienstag zieht das Tief nebst Randtrog genau Deutschland
hinweg. Mit etwas unter 995 hPa dürfte gegen Mitternacht das Deutsche Eck und am
Morgen Mittelfranken angepeilt werden, wobei über Tschechien zu diesem Zeitpunkt
noch ein zweiter Kern auszumachen ist. Wichtiger als der zweite Kern ist aber
die Tatsache, dass mit Passage des Tiefs der Wind in weiten Landesteilen auf
nördliche Richtungen dreht und sich damit die nordeuropäische Kaltluft (die ja
im Nordosten unseres Landes bereits angekommen ist) nach Süden ausbreitet. Nur
im Süden Bayerns und BaWüs weht der Wind am Morgen noch aus Südwesten, was sich
auch an der Temperatur widerspiegelt (T850 nahe 0°C). Ansonsten geht es
niedertroposphärisch nach unten auf -5°C in der Mitte und bis zu -11°C ganz weit
oben im Norden.

Mit der KLA sinkt von Norden her freilich auch die Schneefallgrenze wieder ab
bis ganz runter. Nur im Süden bleibt sie mit 600 bis 1000 m noch ziemlich hoch.
Vom südlichen Norddeutschland (Referenz Südniedersachsen und rechts/links) bis
in die Mitte fallen 2 bis 7 cm, lokal bis 10 cm Neuschnee, in höheren Lagen
(Stau) stellenweise noch etwas mehr. Im Süden trifft es vor allem den
Hochschwarzwald sowie das Allgäu mit 10 bis 15 cm, lokal darüber. Über der
Ostsee könnte die Temperaturdifferenz zwischen Wasseroberfläche und 850 hPa
ausreichen, ein paar Schauerstraßen in Gang zu setzen, die von Nordosten
landeinwärts driften (eng begrenzt 2-7 cm Neuschnee). Mit Ausnahme tiefer Lagen
Süd- und Westdeutschlands stellt sich leichter Frost ein. Dabei kann es glatt
werden, wenn nicht durch Schnee, so durch gefrierende Nässe (progressives
Warnen).

Während der auf Nordost drehende Wind an der Nordsee eher absteigend ist, nimmt
er an der Ostsee vorübergehend zu (7-8 Bft). Im Süden und Südwesten bleiben auf
der Südflanke des Tiefs vor allem die höheren und freien Lagen vom Südwestwind
betroffen (7-8 Bft, exponiert 9 Bft, Alpengipfel Feldberg 10, vielleicht 11 Bft.


Dienstag... stellt sich nach Abzug von Tief und Randtrog eine landesweit
hochreichende nördliche Strömung ein, mit der die Polarluft arktischen Ursprungs
(m/xA) bis zu den Alpen vorstößt. In den Nordosten strömt gar richtig fette
Kaltluft ein, in der T850 bis zum Abend auf bis zu -15°C in Vorpommern
zurückgeht (zur gleichen Zeit -6°C an den Alpen sowie am Hochrhein). Da
verwundert es nicht, dass sich in Teilen Nord- und Ostdeutschlands teils
mehrtägiger Dauerfrost einstellt.

Ansonsten ziehen sich die Niederschläge unter allmählicher Abschwächung mehr und
mehr in den Süden und Südosten zurück. Anfangs ist ganz im Süden in tieferen
Lagen noch die flüssige Phase dabei, was sich aber bis spätestens Nachmittag
erledigt hat. 2 bis 7, lokal 10 cm Neuschnee sind im Süden durchaus drin, im
Hochschwarzwald, im Bayerischen Wald sowie an den Alpen auch etwas mehr (Allgäu
sogar 20-30 cm). Nördlich der Mittelgebirgsschwelle stehen lediglich ein paar
Schneeschauer auf der Karte und ganz im Norden zeigt sich sogar zeitweise die
Sonne. Während der Wind an den Küsten immer weiter nachlässt, bleibt er in den
Hochlagen Mittel- und Süddeutschlands stark bis stürmisch unterwegs.

Die Temperatur erreicht Höchstwerte zwischen -1°C im Nordosten und +6°C an Hoch-
und Oberrhein.

Die Nacht zum Mittwoch bringt ein neues Schneetief zu Tage, das recht
unscheinbar und flach (um 1000 hPa) von der Nordsee in den Nordwesten zieht.
Zwar divergieren die Modellausagen noch etwas hinsichtlich Intensität und
genauer räumlicher Ausdehnung. Die Wahrscheinlichkeit ist aber hoch, dass sich
leichte bis mäßige Schneefälle auf weite Teile der Norddeutschen Tiefebene,
vielleicht sogar runter bis nach Nordhessen und Thüringen ausbreiten und für
eine weiße Landschaft sorgen. Wie dick die Schneedecke letztlich ausfällt, ist
noch unsicher. Im Süden und Südosten ziehen sich die Schneefälle vom Tage in die
Alpen sowie nach Tschechien zurück. Es tritt verbreitet leichter, im Nordosten
sowie im Bergland auch mäßiger Frost auf.

Mittwoch... zieht das Tief über Norddeutschland ostwärts. Auf seiner Südflanke
kommt es bis in die Mitte hinein zu weiteren, meist leichten, in Staulagen auch
mal mäßigen Schneefällen. Gleichzeitig frisch in den genannten Gebieten der
Südwestwind vorübergehend auf mit Böen 7 Bft, in höheren Lagen 8 bis 9 Bft.
Hinter dem Tief lockert die Wolkendecke im Nordwesten etwas auf, es entwickeln
sich aber noch einzelne Schneeschauer. Die treten auch südlich der
Mittelgebirgsschwelle auf, Richtung Alpen aber mit abnehmender Häufigkeit. Im
Alpenvorland lässt sich sogar die Sonne blicken. Im Nordosten sowie im Bergland
herrscht Dauerfrost, sonst meist 0 bis +5°C.

Modellvergleich und -einschätzung
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Es ist im Grunde alles gesagt und geschrieben. Die Unsicherheiten nach hinten
raus wurden erwähnt. Am Fortbestand der winterlich geprägten Witterung besteht
kein Zweifel.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann