DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

23-11-2023 11:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 23.11.2023 um 10.30 UTC



Kalt und vor allem im Bergland winterlich mit kräftigen Schneefällen.
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Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 30.11.2023


Am Sonntag hat sich infolge eines starken Kaltluftvorstoßes ein großer
Langwellentrog gebildet, der von Nordwestrussland und Finnland über Osteuropa
bis ins östliche Mittelmeer reicht. An dessen Rand liegt Deutschland unter einer
nördlichen Strömung, mit der kalte Luftmassen nach Süden geführt werden. In 850
hPa liegt die Temperatur zwischen -3°C über dem Westen und -10°C im Osten. Im
Norden und Nordosten scheint in trockenkalter Luft zeitweise die Sonne bei
Werten knapp über dem Gefrierpunkt. Sonst ist die Luft stärker maritim geprägt
und etwas milder. Bei starker Bewölkung sind Niederschläge in Aussicht, die im
Westen und Südwesten oft als Regen, sonst teilweise, im Bergland durchweg als
Schnee fallen. In Staulagen sind kräftige Schneefälle möglich. Auf einigen
exponierten Berggipfeln weht stürmischer Nordwestwind, sonst spielt der Wind
keine große Rolle.
Am Montag weitet sich der Trog über Skandinavien nach Westen aus, was die
Strömung über Mitteleuropa nach Nordwest drehen lässt. Dabei wird ein Trog nebst
Tief eingefangen und über die Britischen Inseln und Frankreich nach Südosten
gesteuert. Damit kommen u.a. durch Warmluftadvektion in der Südwesthälfte erneut
Niederschläge auf. Da auf der Vorderseite des Tiefs vorübergehend mildere Luft
herangeführt wird, steigt die Schneefallgrenze im Südwesten kurzzeitig an, sonst
fällt weiterhin im Bergland Schnee, in tiefen Lagen wenigstens teilweise.
Der Nordosten liegt nach wie vor in trockenkalter Luft ohne nennenswerte
Niederschläge. Nur küstennah sind kräftige Schneeschauer nicht ausgeschlossen.
Durch das Tief verschärft sich der Gradient über dem Westen und Südwesten; über
der Nordsee und auch exponiert im Süden kann es in Böen stürmisch werden.
Am Dienstag zieht das Tief zum Mittelmeer ab. Zwischen einem weiteren, zum
Baltikum ziehenden Tief und einem Hoch über dem Nordmeer, das sich zu den
Britischen Inseln ausweitet, dreht die Strömung wieder nach Nord und der Zustrom
sehr kalter Luftmassen verstärkt sich erneut. Ob dabei Schneefälle ausgehend vom
Tief über dem Baltikum auf den Norden übergreifen, ist unsicher. Es kann aber
davon ausgegangen werden, dass die Temperaturen von Norden weiter zurückgegen,
da eine Luftmasse ansteht, die in 850 hPa bis -13°C bringt. Die Temperatur
steigt im Osten und Norden gebietsweise nicht über 0°C, im Westen und Südwesten
sind bis +4°C möglich. Vor allem im Bergland und im Süden treten weitere
Schneefälle auf, die aber von Norden her langsam nachlassen. Auch an den Küsten
sind Schneeschauer, teils auch kräftig, nicht unwahrscheinlich.
Am Mittwoch und Donnerstag ändert sich an der zyklonalen Nordlage nicht viel.
Das Drehzentrum des Troges nähert sich aber und wird vom IFS über Polen
erwartet. Auch an der Zufuhr sehr kalter Luftmassen wird nichts geändert,
allerdings scheint nun der Westen wettertechnisch begünstigt mit Auflockerungen,
während in den deren Regionen bei wolkenreichen Verhältnissen zeitweise
Schneefall auftritt. Im Bergland und dort bevorzugt in Staulagen sind weiterhin
auch kräftige Schneefälle möglich. Die Maxima liegen um 0°C, im Westen örtlich
bis +3°C, im Bergland bleibt es frostig.
In der erweiterten Mittelfrist setzt sich das zyklonal geprägte Wetter
wahrscheinlich fort. Die genaue Entwicklung wird aber unsicher. Es könnte sich
eine Grenzwetterlage mit kalter Luft im Norden und deutlich wärmerer Luft im
Süden einstellen.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Konsistenz des IFS Modells ist bis zur Mitte der nächsten Woche gut, auch
wenn sich bis dahin schon einige Unschärfen in Bezug auf die kurzen Wellen
zeigen. So ist die Zugbahn eines Tiefs unsicher, das mit Wochenwechsel von
Westeuropa ins Mittelmeer ziehen soll und dabei nach aktueller Lesart vor allem
den Westen und Südwesten mit Niederschlägen erfassen kann. Die Vorläufe sahen
eine ähnliche Entwicklung deutlich weiter nach Nordosten verschoben. Zum Ende
werden die Abweichungen größer. Die Vorläufe tendierten zu einer südlichen
Westlage, der aktuelle Luft hält die zyklonale Nordlage bis zum Ende durch. Sehr
kalt und vor allem im Bergland winterlich bleibt es aber allemal.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Der kalte und besonders im Bergland zutiefst winterliche Wetterabschnitte steht
auch aus Sicht anderer Globalmodelle außer Frage. Es ergeben sich schon eingangs
leichte Unschärfen, z.B. hinsichtlich des Tiefs am Montag. Fraglich sind
Verteilung und Intensität der Niederschläge, sowie deren Phase, da unsicher ist,
ob und in welchem Maße mildere Luft in den Südwesten geführt wird.
Ab Wochenmitte laufen die Modelle auseinander. Es bleibt zwar in allen Lösungen
kalt, UKMO und ICON deuten aber eine Wetterberuhigung an, während sich GFS auf
die Seite der Europäer schlägt und weitere Schneefälle anbietet.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahnen diverser deutscher Städte stützen die Aussagen des Hauptlaufs
bis zu Beginn der nächsten Woche. Ab Dienstag beginnen die Lösungen zu streuen,
wobei die meisten Ensemblemember, den Trog etwas nach Osten zurückweichen lassen
und infolge dessen einen leichten Temperatur- und Geopotentialanstieg
simulieren. Am Montag und Dienstag deuten etliche Lösungen auch einen stärkeren
Niederschlagspeak im Südwesten an, der auf die unsichere Zugbahn des Tiefs zu
Wochenbeginn zurückzuführen ist. Ein Grundrauschen seitens der Niederschläge
zeigt die anhaltende Zyklonalität der Wetterlage.
Die 4 Cluster für Sonntag und Montag unterscheiden sich nicht viel. Sie werden
in das Regime "atlantischer Rücken" einsortiert.
Die 3 Cluster bis +168h zeigen uns allesamt am Rand des Troges über Osteuropa,
bzw. dem östlichen Mitteleuropa, allerdings mit zunehmenden Abweichungen
hinsichtlich Geometrie und Stärke desselben. Dazu kommt steigender Druck und
Geopotential über Nordeuropa, was auf die Entwicklung einer
Blockingkonfiguration hindeutet.
In der erweiterten Mittelfrist deutet sich in den beiden gebildeten Clustern
eine westliche Strömung (wenigstens in 500 hPa) über Mitteleuropa an, aber mit
ziemlich weit südlich verlaufender Frontalzone. Das hohe Geopotential im Norden
zerfällt in einen atlantischen und einen osteuropäischen Anteil.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Mittelfristig stehen winterliche Wetter- und Warnelemente im Focus. Vor allem im
Süden und im Bergland (vor allem die Nordwest- oder Nordstaulagen) sind teils
kräftige Schneefälle zu erwarten. Diese können vor allem an den Alpen markante
Warnschwellen überschreiten und anfangs von Verwehungen begleitet sein. Auch an
den Küsten sind kräftige Schneeschauer möglich, eventuell kurze Gewitter, die
vereinzelt Starkschneefall bringen können.
In den Ensembles wirken sich die Schneefälle mit leichten Signalen aus. Im
Südwesten und an den Alpen liefert ECM EPS Hinweise (90% Perzentil, Prob 24h
Schneeanteil) für etwas größere Schneemengen von Sonntag bis Dienstag.
EFI liefert im Laufe der Mittelfrist ein stärkeres Signal auf sinkende
Temperaturen. Auch wenn es nicht für markante Warnungen reicht, bekommt das
Wetter auch in tiefen Lagen zumindest gebietsweise einen (leicht) winterlichen
Anstrich.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MosMIx, IFS und EPS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Bernd Zeuschner