DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

21-11-2023 09:27
SXEU31 DWAV 210800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 21.11.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Vorübergehend mal B M, bald schon wieder das übliche NW z.

Daher vorerst ruhiges Spätherbstwetter, aber bereits im Laufe des Mittwochs an
der Nordsee und bis zum Abend auch an der Ostsee auffrischender Wind mit
stürmischen, über der offenen See, an der gesamten Nordseeküste sowie an
exponierten Abschnitten der Ostseeküste mit Sturmböen. In der Nacht zum
Donnerstag zusätzlich in Kamm- und Gipfellagen der nördlichen und östlichen
Mittelgebirge Sturmböen Bft 8/9.
Am Donnerstag im Norden und Nordosten weitere Windzunahme, stürmische Böen bis
weit ins Binnenland hinein sowie in den Leelagen der nördlichen und östlichen
Mittelgebirge. Im dortigen Bergland und an der See generell Sturmböen Bft 8/9,
in exponierten Gipfellagen sowie an einigen Küstenabschnitten Gefahr schwerer
Sturm- und orkanartiger Böen. In der Nacht zum Freitag im nordöstlichen
Binnenland abflauender Wind, an der Ostsee und im östlichen Bergland jedoch
weiterhin Sturmböen Bft 8/9, an und über der Nordsee sowie auf exponierten
Berggipfeln Gefahr schwerer Sturmböen und darüber. Im Süden dann etwas
auffrischender Wind, dort in freien Lagen und vor allem im Alpenvorland mit
stürmischen Böen.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
--------------------------------------------------------------
Dienstag... liegt Deutschland im Bereich eines Troges, der von der Barents-See
bis zu den Pyrenäen reicht. Dieser Trog wird durch einen Höhenrücken flankiert,
der von einem blockierenden Hoch über dem nahen Ostatlantik ausgehend bis ins
Nordmeer gerichtet ist. An der Nordflanke dieses Hochs setzt die Frontalzone
südlich von Island neu an und setzt sich nach Osten durch.
Das mit dem Trog korrespondierende Bodentief, vielmehr eine Tiefdruckrinne,
füllt sich infolge Kaltluftadvektion allmählich auf. Die Reste davon werden in
den Karpatenraum gesteuert. An dessen Nordflanke können durch den dort noch
vorhandenen Gradienten an exponierten Abschnitten der Ostseeküste Windböen Bft 7
zustande kommen. Weiter landeinwärts ist der Nord- bis Nordostwind nicht
warnrelevant.
Durch den Höhenkeil wird eine Hochbrücke gestützt, die eine Verbindung zwischen
dem Hoch über dem nahen Ostatlantik und einem kalten Hoch über Fennoskandien
darstellt. An deren Südflanke sickert allmählich kühlere und etwas trockenere
Luft ein. Die Folge ist ein Absinken der Schneefallgrenze in den östlichen und
nördlichen Mittelgebirgen auf etwa 600 m. Allerdings reicht es dort nur für ein
paar Schneeflocken. An den Alpen liegt die Schneefallgrenze bei etwa 1000 m,
aber dort können staubedingt einige Zentimeter Schnee zusammenkommen.
Ein paar Wolkenlücken gibt es nur im Nordosten und ganz im Norden. Ansonsten
hält sich in der hochreichend feuchten Luft noch mehrschichtige Bewölkung. Die
Tageshöchsttemperaturen erreichen 4 bis 9, in Rheinnähe Werte um 10 Grad.

In der Nacht zum Mittwoch kommt im Bereich der Hochbrücke, deren Achse
Mittwochfrüh über dem Nordwesten und Norden Deutschlands liegt, die Luftmasse
weitgehend zur Ruhe. Im Norden, Westen und größtenteils auch über der Mitte
klart es auf, nachfolgend bildet sich teils dichter Nebel. Im Süden und über dem
östlichen Mittelgebirgsraum hält sich noch Bewölkung. Im östlichen Bergland kann
es bei einer auf etwa 400 m absinkenden Schneefallgrenze ein paar Zentimeter
Schnee geben, an und in den Alpen fällt dann oberhalb 800 m Schnee. Dort können
in Staulagen um 10 cm Neuschnee innerhalb 12 Stunden hinzukommen.
Bei klarem Himmel ist leichter, in ungünstigen Lagen Norddeutschlands sowie in
Erdbodennähe mäßiger Frost zu erwarten. Sollte zuvor keine Abtrocknung erfolgt
sein, besteht Glättegefahr. Aufgrund der Bewölkung und des dort noch
vorhandenen, wenn auch schwachen Gradienten bleiben zumindest die tieferen Lagen
Südwest- und Süddeutschlands noch von Frösten verschont.

Mittwoch... schwenkt der Höhenkeil unter Abflachung vom Nordmeer zu den
Baltischen Staaten. Nachfolgend setzt sich über Südskandinavien hinweg die
Frontalzone nach Ost-Südost durch. Hierdurch wird die Achse der Hochbrücke nach
Süden gedrückt und ist am Abend über Süddeutschland, etwa von der Pfalz bis zum
Bayerischen Wald, zu finden. Hierdurch lassen dann die (ohnehin nur leichten)
Schneefälle an den Alpen allmählich nach.
Von Nordwesten und Norden greift bis auf die mittleren Regionen Deutschlands
bereits wieder Warmluftadvektion über. Dies lässt in diesen Gebieten
mehrschichtige Bewölkung aufziehen, bis zum Abend beginnt es im Nordseenähe zu
regnen. Die Warmluftadvektion steht in Verbindung mit der Warmfront eines
Randtiefs. Dieses entwickelte sich aus einer Okklusionspunktzyklogenese heraus
und wird bis zum Abend in den mittleren Bottnischen Meerbusen gesteuert. An der
Südflanke dieses Tiefs legt der Gradient zu, wodurch an der See Wind- und
stürmische Böen auf Südwest und an den hierfür anfälligen Küstenabschnitten
sowie über der Offenen See Sturmböen Bft 9 aufkommen. Weiter im Binnenland ist
der Wind wahrscheinlich noch nicht warnrelevant.
In einem breiten Streifen vom Westen Deutschlands bis zur Oder und Neiße sind
größere Auflockerungen, im Lee der Mittelgebirge auch längere sonnige Abschnitte
vorstellbar. Im Süden und über dem östlichen Mittelgebirgsraum hält sich noch
teils kompakte, aber zumeist tiefe Bewölkung. Mit Tageshöchsttemperaturen
zwischen 2 und 7 Grad ist es merklich kühler als an den Vortagen. Im östlichen
Bergland kann sich zum Teil auch tagsüber leichter Frost halten.

In der Nacht zum Donnerstag greift die Warmfront des o.g. Randtiefs mit meist
geringen Niederschlägen, die den Norden und Nordosten erfassen, auf Deutschland
über. Bereits zuvor setzt sich in Bodennähe bei weiter zunehmendem Gradienten
eine südwestliche Strömung durch, so dass eine Milderung erfolgt und nicht
zuletzt auch aufgrund der rasch aufziehenden mehrschichtigen Bewölkung keine
hinreichend mächtige Kaltlufthaut mit negativen Temperaturen zustande kommen
sollte. Eine Ausnahme sind vielleicht einige Täler im Erzgebirge und in der
Oberlausitz, wo mit den einsetzenden Niederschlägen vorübergehend Glättegefahr
bestehen kann.
Der Wind legt weiter zu; Windböen Bft 7 kann es dann auch im nördlichen und
nordöstlichen Binnenland sowie in den Leegebieten der nördlichen Mittelgebirge
geben. An der See und in den Kamm- und Gipfellagen der nördlichen und östlichen
Mittelgebirge muss dann mit Sturmböen Bft 8/9, auf exponierten Gipfeln (Brocken)
mit schweren Sturmböen gerechnet werden.
Abgesehen vom Nordwesten und Norden und von tieferen Lagen Westdeutschlands ist
erneut leichter Frost zu erwarten.

Donnerstag... setzt sich auch über dem Süden Deutschlands am Rande eines über
Skandinavien liegenden Tiefdruckkomplexes eine west-nordwestliche bodennahe
Strömung durch. In diese wird die Kaltfront des über dem Bottnischen Meerbusen
liegenden Randtiefs eingesteuert, die sich aufgrund ihrer annähernd
strömungsparallelen Lage nur zögernd nach Südosten vorarbeitet. Demzufolge
gelangt nahezu das gesamte Vorhersagegebiet unter einen breiten Warmsektor.
Niederschläge, die dann durchweg als Regen fallen, erfassen nur den Norden und
Teile der Mitte. Nach Süden hin halten sich Reste der zuvor wetterbestimmenden
Hochbrücke. Dort sind auch noch Auflockerungen, an und in den Alpen auch längere
sonnige Abschnitte vorstellbar.
Der sich noch etwas verschärfende Gradient lässt im Norden und in der Mitte
Deutschlands Wind- und verbreitet stürmische Böen aus West bis Südwest
aufkommen. In Küstennähe und in den Leelagen der nördlichen und östlichen
Mittelgebirge muss mit Sturmböen Bft 9 gerechnet werden, an den hierfür
anfälligen Küstenabschnitten sowie in Kamm- und Gipfellagen besteht die Gefahr
schwerer Sturmböen (Brocken, Fichtelberg orkanartige Böen).
Eine Milderung zeichnet sich nur im Norden und in der Mitte Deutschlands ab, was
dort die Temperatur auf 9 bis 13 Grad steigen lässt. Der Süden wird von dieser
Gradientzunahme noch nicht erfasst, so dass dort die Temperaturen deutlich im
einstelligen Bereich verbleiben.

In der Nacht zum Freitag weitet sich der von dem Tiefdruckkomplex über
Skandinavien ausgehende breite Trog nach Süden aus, was die Kaltfront schleifend
bis in den Mittelgebirgsraum hinein drückt. Im Bereich dieser Front zeichnen
sich zeitweise Niederschläge ab; innerhalb 12 Stunden sind in einem breiten
Streifen von NRW bis in den Mittelgebirgsraum hinein 10 bis über 20 mm
Niederschlag innerhalb von 12 Stunden zu erwarten. Im dortigen Bergland dürften
diese oberhalb 800 m wieder in Schnee übergehen.
Postfrontal wird dann im Binnenland der Wind etwas schwächer. Windböen Bft 7
sind dann auf das nordwestliche Binnenland und auf die Leelagen der
Mittelgebirge beschränkt. An der Ostsee sowie in höheren Berglagen reicht es
jedoch weiterhin für Sturmböen Bft 8/9, an und über der Nordsee sowie auf
exponierten Berggipfeln der nördlichen und östlichen Mittelgebirge für schwere
Sturmböen steil aus Nordwest.
Der Süden verbleibt noch unter dem Warmsektor, so dass dann dort der Wind mit
Böen Bft 7 auffrischt. In freien Lagen und vor allem im Alpenvorland muss mit
stürmischen Böen gerechnet werden, auf höheren Berggipfeln und auch auf den
Alpengipfeln besteht die Gefahr von teils schweren Sturmböen. Im gesamten
Vorhersagegebiet bleibt es dann frostfrei.


Modellvergleich und -einschätzung
--------------------------------------------------------------
Die vorliegenden Modelle stützen weitgehend die oben beschriebene Entwicklung.
Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten
Unterschiede ableiten.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann