DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

12-11-2023 18:30
SXEU31 DWAV 121800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 12.11.2023 um 18 UTC


SCHLAGZEILE:
Im Schwarzwald und Allgäu bis Dienstagmittag bzw. Mittwochmittag Dauerregenlage,
teils Unwettermengen zwischen 90 und 140 l/qm.

WIND/STURM:
In den südwestdeutschen Mittelgebirgen und den Alpen Sturmböen Bft 8/9, auf
exponierten Gipfeln schwere Sturmböen (Bft 10). Bis morgen Abend Ausdehnung der
steifen bis stürmischen Böen in den Westen, Nordwesten, Süden und in die Mitte.
Auf exponierten Bergen teils schwere Sturmböen, Hochschwarzwald und Alpen
Orkanböen.
In der Nacht zum Dienstag auch an der Nordsee schwere Sturmböen möglich.
Am Dienstag im Norden und in der Mitte örtlich stürmische Böen, auf den Bergen
Böen Bft 9 bis 11.

GEWITTER:
Im Westen und Nordwesten morgen Nachmittag und Abend einzelne kurze Gewitter mit
Böen Bft 9 bis 10 nicht ausgeschlossen.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 06 UTC
----------------------------------------------------------------
Aktuell ... Nachts zieht der anfangs im Norden noch wetterwirksame Trog zum
Baltikum und zum Balkan ab und von Frankreich nähert sich ein Höhenrücken unter
Abflachung. Der nachfolgende Trog greift bereits auf Irland über, weiter
stromaufwärts zeigt sich eine kaum mäandrierende Zonalströmung. Eine Welle, die
in entwicklungsgünstige Lage zu diesem Trog gelangt, intensiviert sich rasch zu
einem Tief, welches praktisch ein Randtief des Tiefdruckkomplexes südwestlich
von Island ist. Die Warmfront dieses nach Nordirland ziehenden Randtiefs greift
rasch auf Ostfrankreich über, mit dieser Warmfront greifen Regenfälle mit Mengen
zwischen 10 und 20 mm innerhalb von 12 Stunden von Südwesten her auch auf den
Westen, den gesamten Süden und Teile der Mitte über. In den Staulagen des
Südschwarzwaldes und der Alpen zeichnen sich 20 bis über 30 mm ab. Anfangs fällt
im Alpenraum oberhalb 800 bis 1000 m noch Schnee. Hinter der Warmfront bleibt es
im Schwarzwald und in den Alpen oberhalb 1000 m stürmisch mit teils schweren
Sturmböen.
Im Norden und Nordosten kann es noch einmal aufklaren. Im östlichen Bergland und
in ungünstigen lagen des Tieflandes ist mit leichtem Frost zu rechnen.

Montag ... überquert der Rücken unter weiterer Abflachung Deutschland ostwärts.
Das o.g. Randtief löst sich vom Haupttief ab und zieht unter Vertiefung auf 981
hPa zur westlichen Nordsee (Seegebiet vor Nordengland). Daher zieht
deutschlandweit der Gradient an, so dass von Südwesten her sich dann auf den
gesamten Westen, Süden und Teile der Mitte Windböen Bft 7 ausweiten. Vor allem
in den Leelagen der Mittelgebirge sowie zum Teil auch im Alpenvorland
(Leitplankeneffekt) kommen stürmische Böen auf, in höheren Berglagen (und bis
zum Abend auch der östlichen Mittelgebirge) muss mit Sturmböen Bft 8/9 und auf
höheren Berggipfeln (auch der Alpen) mit schweren Sturmböen Bft 10 und auf dem
Brocken mit orkanartigen Böen gerechnet werden. Auch an und über der Nordsee
setzen Sturmböen Bft 8/9 ein. Dies ist hauptsächlich in Ostfriesland der Fall,
wogegen in Nordfriesland der Wind ablandig ist. Mit und nach Passage der
okkludierenden Kaltfront dieses Tiefs, die den Norden Deutschlands rasch
überquert, können im Nordwesten und Westen einzelne kurze Gewitter einhergehen,
bei denen bis ins Binnenland hinein Sturm- und schwere Sturmböen nicht
auszuschließen sind. Selbst ein Tornado ist bei der vorhandenen extremer
Scherung nicht ganz ausgeschlossen!
Das Frontensystem des Tiefs bringt praktisch ganz Deutschland Regen mit Mengen
zwischen 5 bis 15, im Bergland bis über 20 mm innerhalb von 12 Stunden. Erneut
werden exponiert Regenmengen zwischen 25 und 45 mm in den Staulagen des
Schwarzwaldes und im Allgäu berechnet.
Mit dem Einströmen der gut durchmischten Atlantikluft werden südwestlich einer
Linie Helgoland-Vogtland milde 10 bis 16 Grad erreicht. Nordöstlich der Elbe
hält sich mit 6 bis 9 Grad kühlere Luft.

In der Nacht zum Dienstag wird das Tief von der Nordsee zur Insel Alsen
gesteuert. Dabei wird das Tief von dem Trog, der zuvor diese Zyklogenese
getriggert hatte, überlaufen, so dass der Auffüllungsprozess einsetzt. Dennoch
kommt es im Norden zur Gradientzunahme durch die Annäherung des Tiefs. So reicht
es für Windböen Bft 7 bis weit ins nordwestliche und nördliche Binnenland hinein
sowie in den Leegebieten der Mittelgebirge. In Kamm- und Gipfellagen der
Mittelgebirge sowie der Alpen treten weiterhin Sturmböen Bft 8 bis 10 auf,
selbiges gilt auch für die südliche Nordseeküste. Orkanartige Böen können von
Borkum bis Juist nicht ausgeschlossen werden. In Nordwestdeutschland bleibt der
Wind kräftig mit steifen, exponiert mit stürmischen Böen. Sonst wird der Wind in
den tiefen Lagen vorübergehend schwächer.
Im Bereich der Zugbahn dieses Tiefs, d.h. im Norden und Nordosten, sind 5 bis 15
mm Regen, an einigen Küstenabschnitten um 20 mm innerhalb von 12 Stunden zu
erwarten, was ggf. mittels Starkregenwarnungen abzufangen wäre. Die Kaltfront
des Tiefs liegt dann schleifend und leicht wellend über dem Süden Deutschlands,
was dort 10 bis über 20, in den Staulagen des Schwarzwaldes und der Alpen 35 bis
über 50 mm Regen innerhalb von 12 Stunden zur Folge haben dürfte.

----------------------------------------------------------------

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 06 UTC

Dienstag ... Das Tief zieht nach dem neuen Modelllauf zwar etwas langsamer zur
Nordwestküste Polens, was aber keinen wesentlichen Einfluss auf die Vorhersage
hat. Die Kaltfront ganz im Süden schleift bis Dienstag ähnlich wie in den
Vorläufen. Insofern können die Aussagen vom Frühbericht bestehen bleiben.
Mit Entfernung des Tiefs lassen die steifen bis stürmischen Böen im Norden und
in der Mitte abends langsam nach. Auf den Bergen bleibt es aber auch in der
Nacht zum Mittwoch noch stürmisch mit teils schweren Sturmböen auf exponierten
Bergen.


Modellvergleich und -einschätzung
----------------------------------------------------------------
Der aktuellste Lauf von ICON-D2 berechnet in West-Staulagen des Allgäus über 300
l/qm, so dass die extreme Unwetterwarnung gezogen werden könnte. Da die anderen
Modelle teils weniger als die Hälfte an Regen berechnen, können noch die
nächsten Modellläufe gemonitort werden, um gegebenenfalls morgen früh zu
reagieren.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Olaf Pels Leusden