DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

11-11-2023 18:01
SXEU31 DWAV 111800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 11.11.2023 um 18 UTC


SCHLAGZEILE:
Kommende Nacht vor allem im Bergland und im Süden Frost und Glättegefahr.
Stellenweise Nebel. Morgen im Südwesten aufkommender Dauerregen, teils Unwetter
und wieder zunehmend stürmisch.

Synoptische Entwicklung bis Montag 06 UTC
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Aktuell ... erstreckt sich ein Langwellentrog mit seiner Achse von Skandinavien
südostwärts bis zum Balkan. Er weist mehrere kleine Höhentiefkerne im Bereich
zwischen Norddeutschland und Südskandinavien auf. Zudem ist in der Höhe recht
kalte Luft eingeflossen, die Radiosonden konnten heute Mittag über Deutschland
in 500 hPa zwischen -29 und -32°C messen, wobei die niedrigsten Werte über
Süddeutschland auftraten. Bei Temperaturen zwischen -1 und -3°C in 850 hPa und
guter Durchmischung bis zum Boden hin bestand recht große Labilität, was sich in
reger Schaueraktivität gezeigt hat. Dabei fiel insbesondere im östlichen
Bergland teils bis in Höhenlagen um 600 m etwas Schnee.

Westlich unseres Langwellentroges befindet sich derzeit noch ein schmaler Keil
über den Britischen Inseln, der aber durch einen Trogvorstoß von weiter
nordwestlich allmählich abgebaut wird. Dort auf dem Nordatlantik setzt sich ein
Zentraltief in Szene, dessen Frontensystem vor allem nach Süden hin in einer
sehr kräftigen Strömung recht flott nach Osten vorankommt, so dass der
Okklusionspunkt schon nahe Irlands liegt und die Warmfront schon über
Frankreich.

Bodennah gesellt sich zu dem namenlosen Zentraltief auch der unter unserem
Langwellentrog liegende Tiefdruckkomplex Helmoe mit seinem stärksten Kern über
der Ukraine (Helmoe III) und einem kleinen Tiefdruckkernchen nahe der
Elbmündung. Im Süden Deutschlands macht sich dagegen ein von einem
Azorenhochkeil abgespaltenes Zwischenhoch bemerkbar. Zwischen diesen Systemen
weht der Wind in Deutschland noch mäßig aus Südwest, ist aber nicht mehr
warnwürdig.

In der Nacht zum Sonntag dreht unser Tiefdruckkernchen von Helmoe nach wie vor
in der Deutschen Bucht seine Kreise und stellt zunehmend eine rinnenartige
Verbindung zwischen Helmoe III und dem atlantischen Zentraltief dar. An dessen
Okklusionspunkt entsteht in der Nacht über der Keltischen See ein Teiltief
(Ibrahim), das bis zum Morgen bis in die Normandie vorankommt. Die Warmfront
erreicht dann schon Ostfrankreich.

Über Deutschland dehnt sich dagegen in der Nacht das Zwischenhoch noch etwas
nordwärts aus, verlagert sich aber später zunehmend ostwärts. Während im Norden
dabei der Südwestwind weiter schwach bis mäßig weht, schwächt sich der Wind im
Süden deutlich ab und dreht von Südwest über Süd bis teilweise auf Ost zurück.

Mit Annäherung der Warmfront von Südwesten steigt zwar das Geopotential nur
wenig an, allerdings steigt die Temperatur der mittleren Troposphäre von
Südwesten her deutlich, so dass von dort her die Schauertätigkeit alsbald
unterdrückt wird. So kommt es vom Südwesten bis zur Mitte auch mal zu größeren
Wolkenauflockerungen, nachfolgend setzt sich dort aber von Südwesten schon
wieder hohe und mittelhohe Bewölkung im Vorfeld der Warmfront durch. Zudem kann
sich stellenweise Nebel bilden.

Richtung Norden und Osten hält dagegen die Schauertätigkeit in der Nacht noch
an, schwächt sich aber allmählich ab. Im östlichen Bergland in höheren Lagen
kann es dabei weiter Schneefall geben und damit verbunden Glätte, sowie in Lagen
ab etwa 800 m auch weitere geringe Schneeakkumulation. Über der Nordsee, wo die
Schichtung noch am längsten labil ist, sind auch noch einzelne kurze Gewitter
möglich.

Die Temperatur geht im Süden bei vorübergehendem Aufklaren sowie im höheren
südlichen und zentralen Bergland in den leichten Frostbereich zurück. Damit
verbunden kann es nicht nur durch den oben erwähnten Schnee, sondern auch teils
durch überfrierende Nässe Glätte geben. Gefährdet dürften vor allem
Straßenabschnitte mit schwachem Bodenwärmestrom, wie z.B. Brücken sein.
Ansonsten liegen die Tiefstwerte abseits der etwas milderen See meist bei 5 bis
1°C.

Am Sonntag ... schwenkt der Langwellentrog mit seinem Südteil recht flott nach
Osten, während das Höhentiefzentrum weiter über Südskandinavien verbleibt. Es
bildet sich aber ein zweites Zentrum über Nordwestrussland. Insgesamt
zonalisiert die Strömung damit aber stark und Deutschland gelangt von Südwesten
her in eine recht flotte westnordwestliche Höhenströmung, wobei unser Land noch
komplett auf der kalten Seite verbleibt.

Bodennah zieht das Zwischenhoch nach Osten ab und über Nordwestrussland plustert
sich Helmoe III immer weiter auf. Westlich unseres Landes zieht das Teiltief
Ibrahim über den Nordosten Frankreichs hinweg und erreicht am Abend die
Nordvogesen. Mit ihm gelangt die Warmfront in den Südwesten Deutschlands.
Kräftige WLA und auch etwas PVA sorgen für Aufgleitniederschläge, die am frühen
Vormittag den Hochrhein und Südschwarzwald erreichen und sich bis zum Abend bis
zu einer Linie Eifel-Niederbayern ausbreiten. Dabei fällt ganz zu Beginn in der
kalten Luftmasse noch Schnee, so dass es in höheren Lagen des Schwarzwaldes am
späten Vormittag und kurz darauf in höheren Lagen des Allgäus mal vorübergehend
weiß werden könnte. Vielleicht kommt es aber auch nur zu Nassschneefällen, ohne
dass Schnee akkumuliert. Weiter nach Norden und Osten hin ist dann der Tagesgang
der Temperatur schon so weit fortgeschritten, dass gleich Regen einsetzt, aber
auch in den anderen genannten Regionen währt die Schneephase nicht lange, weil
sich doch recht zügig die mildere Luft durchsetzt. Bis zum Abend ist dann im
Allgäu die Schneefallgrenze schon auf 1500 m angestiegen. Insbesondere ganz im
Süden vom Hochrhein bis zum Allgäu können bis zum Abend schon 10 bis 20 l/qm
fallen, in den Staulagen des Südschwarzwaldes auch mehr. Zum Thema Dauerregen an
späterer Stelle mehr.

Während sich im Süden die Warmfront durchsetzt, verbleibt der Norden und
Nordosten noch unter der Höhenkaltluft, die dort weiterhin für Schauer sorgt,
über der See soll auch ein kurzes Gewitter nicht ausgeschlossen werden. Über dem
Land sollen aber die Niederschlagssummen recht gering ausfallen.

In einem breiten Streifen vom Nordwesten über die Mitte bis in den Südosten soll
es dagegen nach anfänglich noch starker Bewölkung und teils Nebelfeldern
durchaus einige Auflockerungen geben, so dass auch mal etwas die Sonne scheint.

Zwischen der flachen Tiefdruckrinne im Norden und dem Zwischenhoch im Südosten
weht der Wind meist nur schwach aus Süd bis Südwest. Erst zum Spätnachmittag,
wenn sich das Teiltief Ibrahim dem Südwesten annähert, verstärkt sich ganz im
Süden der Gradient, so dass vom Schwarzwald bis zum Allgäu der Südwestwind
auflebt. Wahrscheinlich braucht es im Flachland noch keine Warnungen, in den
Alpen kommt es aber am Abend zunehmend zu ersten Sturmböen in den Höhenlagen, im
Schwarzwald dann schon zu ersten schweren Sturmböen.

Die Höchstwerte liegen meist zwischen 6 und 10°C mit den höchsten Werten im
Westen und Südwesten, etwas kälter bleibt es bei Schneeregen und Regen von der
Alb bis an den Alpenrand mit Werten nur um 5°C.
In der Nacht zum Montag zieht der Südteil des Langwellentroges weiter ostwärts,
von Westen greift allmählich der noch übrig gebliebene flache Rücken über, was
über Deutschland einen deutlichen Geopotentialanstieg zur Folge hat.

Das Teiltief Ibrahim ist in den Nachtstunden nicht mehr als solches
identifizierbar und zieht als Bodentrog zusammen mit einer wellenden Okklusion
über den Süden Deutschlands hinweg. In diesem Zusammenhang weht nicht nur der
Sturm in den südlichen Hochlagen weiter, ganz im Süden muss auch mit einzelnen
steifen Böen (aus Südwest) bis ins Flachland gerechnet werden, in etwas
exponierteren Lagen auch mit stürmischen Böen.

Zudem entwickelt sich am Südrand des Zentraltiefs eine Welle, die als
abgeschlossenes Tief (namens Jasper) in den Morgenstunden in der Irischen See zu
finden ist. Damit fällt auch über ganz Westeuropa der Druck deutlich, was bei
uns zu einem verstärkten Gradienten und auffrischendem Südostwind in der
Nordwesthälfte führt. Allerdings reicht es in der Nacht noch nicht zu Warnungen.


Die Regenfälle an der Warmfront/Okklusion Ibrahims weiten sich vor allem südlich
der Donau ostwärts aus. In der zweiten Nachthälfte greift aber dann kräftige
Warmluftadvektion auf der Vorderseite Jaspers auf den Südwesten über, so dass
neue Regenfälle aufziehen. Bis zum Morgen erreicht der Regen eine Linie vom
Niederrhein bis zum Bayerischen Wald. Vor allem ganz im Süden in den Staulagen
des Schwarzwaldes und im Alpenvorland fallen dabei wieder 10 bis 20 l/qm, wobei
die Schneefallgrenze weiter ansteigt bis etwa 2000 m.

Von der Mitte bis in den Nordosten verläuft die Nacht dagegen zunächst oftmals
sogar mit aufgelockerter Bewölkung, auch im Nordosten fallen die letzten Schauer
zusammen. Lediglich über der See kann es noch weiter schauern. Später zieht aber
dann von Südwesten her hohe und mittelhohe Bewölkung auf, so dass am Morgen vor
allem noch die Gebiete nordöstlich der Elbe teilweise wolkenfrei sind.

Die niedrigsten Tiefstwerte gibt es dann im zentralen Bergland und in der
nördlichen Mitte, wo örtlich leichter Frost auftritt. Glätte sollte kaum eine
Rolle spielen, weil es dort auch kaum noch nass sein dürfte. Meist liegen die
Tiefstwerte aber zwischen 5 und 2°C, ganz im Südwesten geht die Temperatur kaum
noch zurück. Hier setzt sich immer mildere Luft durch und die Temperaturen
liegen teils um 8°C.

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Synoptische Entwicklung bis Dienstag 06 UTC

Am Montag ... zieht Tief Jasper über Nordengland hinweg in die Nordsee. Damit
nimmt der Gradient über Deutschland erheblich zu und der von Südost auf Südwest
drehende Wind frischt vor allem in der Westhälfte deutlich auf. Vor allem dort,
teils aber auch im Süden und Osten muss mit steifen Böen bis ins Flachland
gerechnet werden, in etwas exponierteren Lagen auch mit stürmischen Böen. Den
stärksten Sturm bekommen die Höhenlagen Süddeutschlands ab, wo sich der Wind auf
schwere Sturmböen bis einzelne orkanartige Böen steigert.

Das Regengebiet an der Warmfront und Okklusion Jaspers erreicht bis zum Abend
fast den Nordosten ab dem Nachmittag zieht die Kaltfront in den Westen herein.
Dort labilisiert die Schichtung wieder und es kann auch einzelne Gewitter geben,
dann bei entsprechendem Höhenwind und guter Scherung auch durchaus mit
Sturmböen. In vielen Regionen Deutschlands muss wieder mit 5 bis 10 l/qm Regen
gerechnet werden. Allerdings werden die Prognosen am Montag zunehmend unsicher,
so dass insbesondere noch nicht klar ist, wie viel Regen in de Staulagen der
süddeutschen Berge weiterhin fällt.

In der Nacht zum Dienstag soll Tief Jasper in die Deutsche Bucht ziehen und nach
ICON vor allem im Bereich der Ostfriesischen Inseln für Sturmböen aus West
sorgen. Die Okklusion soll den Norden langsam nordostwärts überqueren, während
die Kaltfront südlich davon Deutschlands rasch ostwärts überquert, allerdings an
den Alpen ins Schleifen gerät und dort wieder für eine Verstärkung der
Regenfälle sorgt. Die Schneefallgrenze, die tagsüber bis 2500 m ansteigt, geht
dabei nur geringfügig wieder zurück.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die synoptische Entwicklung wird von den vorliegenden Modellen ähnlich gesehen,
allerdings gibt es am Montag und in der Nacht zum Dienstag bei der Zugbahn und
Stärke des Tiefs Jasper noch größere Unterschiede, die erhebliche Auswirkungen
auf die Windprognose haben. Die prognostizierten Regenfälle ähneln sich in der
räumlichen Ausdehnung noch bis Montagfrüh, wobei auch in diesem Zeitraum schon
zu Erkennen ist, dass UKMO und GFS etwas progressiver sind. Am Montag werden die
Unterschiede dann erheblich, wobei insbesondere tagsüber ICON im Bergland
Süddeutschland am meisten Regen simuliert. Blickt man auf die Ensembles dann
muss aber festgestellt werden, dass sowohl nach Cosmo-LEPS als auch ICON-EPS das
Überschreiten von Unwetterschwellen im Südschwarzwald und Allgäu sehr
wahrscheinlich ist. Das IFS-EPS ist etwas zurückhaltender. Auch die
Dauerregenschwelle wird nach allen Ensembles sehr wahrscheinlich auch im
Nordschwarzwald und am gesamten Alpenrand überschritten. Bezüglich weiterer
Mittelgebirge liefern die Ensembles noch ein sehr unsicheres Bild und spiegeln
so auch die Unterschiede der deterministischen Modellläufe wider.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl.-Met. Peter Hartmann