DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

11-11-2023 09:30
SXEU31 DWAV 110800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 11.11.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Trog Mitteleuropa (TrM), Übergang zu südlicher Westlage (Ws)

Vorübergehende Wetterberuhigung, anfangs auf einigen Berggipfeln noch Sturmböen.

Am Sonntag im Schwarzwald und in den Alpen vorübergehend Schnee bis in tiefere
Lagen, nachfolgend Milderung und im Süden Beginn einer Dauerregenlage. Dabei im
Südschwarzwald und im Allgäu wahrscheinlich Unwetter mit Regenmengen über 60
l/qm in 48 Stunden bis Dienstagfrüh. Dabei im Süden, später auch in der Mitte
wieder stark windig bis stürmisch, auf den Bergen teils schwere Sturmböen,
exponiert Orkanböen.

Synoptische Entwicklung bis Montag 24 UTC
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Samstag... Ein Höhentiefkomplex hat mit seinen Kernen die äußere Deutsche Bucht
und Südnorwegen erreicht und verlagert sich kaum noch weiter nach Osten. Am
Boden korrespondiert das südliche Höhentief mit einem Bodentief über
Nordwestdeutschland und der Deutschen Bucht. Es lenkt in unteren Schichten von
Westen und Nordwesten Meeresluft subpolaren Ursprungs zu uns mit
850-hPa-Temperaturen zwischen 0 Grad an der Nordsee und -3 Grad örtlich in der
Mitte. Der Höhentrog des Tiefs schwenkt nur sehr langsam nach Nordostdeutschland
und sein Südteil von Kroatien zum nördlichen Balkan. Knapp östlich der Trogachse
entwickelt sich ein Wellentief, welches abends über Rumänien berechnet wird. So
entsteht eine Tiefdruckrinne, die von dort über das östliche Mitteleuropa bis
zur Nordsee reicht.
Durch das relativ warme Nordseewasser sind dort, aber auch in Südwestdeutschland
kurz Gewitter nicht ausgeschlossen. Sonst fallen vor allem im Norden bei
wechselnder Bewölkung Schauer, während im Osten und Südosten in der Nähe der
Trogachse es auch längere Zeit regnen kann. Vor allem im Bayerischen Wald kann
dabei die Schneefallgrenze auf rund 800 m sinken, während in den Alpen anfangs
die Schneefallgrenze bei 1100 m liegt und erst später etwas absinkt. Den meisten
Sonnenschein gibt es wohl heute im Südwesten und dort vor allem an der
Weinstraße.
Mit 6 Grad im Vogtland und rund 10 Grad am Rhein ist es etwas kühler als an den
Vortagen.
Der Wind weht heute vor allem im Süden anfangs noch mit steifen bis stürmischen
Böen, in der Mitte ist dies oberhalb von 600 m der Fall. Auf exponierten Bergen
in den Alpen und im Bayerischen Wald sind Sturmböen Wahrscheinlich, exponiert
schwere Sturmböen, ehe der Wind gegen Abend schwächer wird. Im Norden ist der
Gradient aufgeweicht und hier sind lediglich auf den Ostfriesischen Inseln
einzelne steife Böen möglich.

In der Nacht zum Sonntag verlagert sich der Südteil des Langwellentroges recht
rasch nach Osten, während das Höhentief über Südskandinavien verbleibt. Damit
wandelt sich die Großwetterlage in Richtung einer südlichen Westlage mit recht
weit südlich verlaufender Frontalzone. Ein neues kräftiges Tief weit draußen auf
dem Atlantik kommt ins Spiel, dessen langgestreckte Okklusion mit der kräftigen
Strömung im Süden weit nach Osten gesteuert wird und gegen Morgen Ostfrankreich
erreicht. An der Küste der Normandie soll sich an ihr auch ein Teiltief
entwickeln. Der zugehörige Randtrog langt über Holland und Frankreich an. In
unserem näheren Umfeld wird das Tief vor Südwestdänemark langsam schwächer und
da der Luftdruck ganz im Süden durch einen schwachen Keil etwas ansteigt,
verlagert sich die Tiefdruckrinne zum deutschen Küstengebiet.

Damit verbleiben wir zwar in der Nähe des Troges, aber Hebungsantriebe spielen
keine so große Rolle mehr, auch die Labilität nimmt von Südwesten her ab. Am
ehesten schauert es noch in einem Streifen von der Nordsee über das südwestliche
Niedersachsen bis nach Sachsen. Im Westen und Südwesten bleibt es weitgehend
niederschlagsfrei. Lediglich im Bayerischen Wald und in den Alpen gibt es noch
Schauer, oberhalb 800 m als Schnee. Teilweise lockern die Wolken auch auf, dann
muss aber bei den nunmehr schwachwindigen Verhältnissen mit Nebel gerechnet
werden. Später zieht dann im Vorfeld der Okklusion im Südwesten mehrschichtige
Bewölkung auf, aus der gegen Morgen auch ganz im Südwesten schon erste Tropfen
fallen können, oberhalb 700 m ist Schnee möglich!

Der Wind ist kein großes Thema mehr. Er weht schwach bis mäßig und kommt meist
aus Richtungen zwischen Süd und West. Lediglich anfangs kann es in den Alpen und
im Bayerischen Wald exponiert noch 8er Böen geben. Bei den ruhigen Verhältnissen
fällt die Nacht recht kalt aus mit Tiefstwerten zwischen rund 5 Grad an der
Nordsee und örtlich -2 Grad im südlichen Bergland. Der Frost sollte sich
weitgehend auf Süddeutschland und die südöstlichen und östlichen Mittelgebirge
beschränken. Bodenfrost ist freilich auch in den übrigen Mittelgebirgen möglich.
Vereinzelt kann es Glätte besonders auf Brücken geben.

Sonntag... zieht das oben erwähnte Teiltief aus dem Norden in den Osten
Frankreichs und erreicht dann als Bodentrog am Nachmittag und Abend den
Südwesten Deutschlands. Damit dringt auch die Okklusion in den Südwesten
Deutschlands vor, wo sich auf deren Rückseite wieder eine mildere Luftmasse mit
2 bis 3°C in 850 hPa durchsetzt. Im Bereich dieses Bodentroges frischt dann auch
der Wind am Nachmittag und Abend im Südwesten deutlich auf, wahrscheinlich aber
noch ohne Warnungen im Flachland. Die höheren Lagen geraten aber in den Bereich
eines Starkwindfeldes, so dass in den Kammlagen des Schwarzwaldes und auf den
Alpengipfeln der Westwind am Nachmittag und Abend bis hin zu schweren Sturmböen
auffrischen könnte. Noch etwas interessanter wird es bezüglich des
Niederschlages. Im Vorfeld und an der Okklusion soll es nämlich ganz im
Südwesten vom Südschwarzwald bis zu den Alpen zu recht kräftigen Niederschlägen
kommen. Dabei werden teilweise 15 bis 25 l/qm simuliert (12-stg.), Arome hat im
Südschwarzwald bis 45 mm im Programm. Dabei könnte es auf der Vorderseite der
Okklusion, wo noch die Kaltluft liegt, die zudem am Morgen und Vormittag stark
ausgekühlt ist, bei nahezu isothermer Schichtung bis in recht tiefe Lagen
schneien, zumal es anfangs auch noch windschwach ist. Je nach genauem Verlauf,
der aber aufgrund der Modellunsicherheiten noch sehr schwer zu erfassen ist,
könnte es durchaus in mittleren Berglagen (vielleicht ab 700 m vom Schwarzwald
bis zum Allgäu) 5 bis exponiert sogar 10 cm Neuschnee geben. Dies wird weiter zu
beobachten sein, genauso wie die eventuelle Ausgabe einer Dauerregenwarnung.

Abgesehen von der Entwicklung im Südwesten verläuft der Sonntag recht ruhig. Im
Norden und Nordosten macht sich noch das Höhentief mit etwas mehr Labilität und
einzelnen Schauern bemerkbar. Ansonsten können in der Mitte die Wolken auch mal
länger auflockern und es bleibt weitgehend trocken. Der Wind weht bei nur noch
schwachem Gradienten meist schwach oder mäßig aus Süd bis West. Die Temperaturen
liegen der Jahreszeit entsprechend bei 4 bis 9 Grad mit den tiefsten Werten im
Süden (Ausnahme: Südbaden gegen Abend, dort Temperaturanstieg). Lediglich an der
Nordsee und im Rheinland sind 10 Grad möglich.

In der Nacht zum Montag schwenkt der Trog endgültig zum nahen Osteuropa und von
Westen schwenkt ein Höhenkeil heran, dessen Achse Montagfrüh Benelux erreicht.
Damit verschiebt sich die gesamte Frontalzone wieder weiter nach Norden. Mit
einem Kurzwellentrog, der zu den Britischen Inseln schwenkt, wird eine weitere
Warmfront nach Frankreich geführt. Während sich also die Regenfälle der
Okklusion an den Alpen ostwärts verlagern, greifen ab der zweiten Nachthälfte
erneut Regenfälle von Westen auf die Südwesthälfte über, die sich gegen Morgen
verstärken. Insgesamt sollen bis Montagfrüh 24-stündig im Südwesten vielfach 10
bis 20 l/qm fallen, im Bergland oftmals 30 bis 40 l/qm. Dies ist aber erst der
Auftakt zu einer Dauerregenlage (der Schnee von Sonntagvormittag schmilzt ja
sofort wieder weg), deren genaues Ausmaß dann morgen genauer angesehen werden
muss. Mit der neuen Front bleibt es im Süden auch sehr windig mit steifen Böen
bis in Flachland und Sturmböen/schweren Sturmböen auf den hohen Bergen.

Im übrigen Land bleibt es abgesehen von letzten Schauern im Ostseeumfeld
weitgehend trocken, vorübergehend sind auch größere Auflockerungen zu erwarten.
Da der Wind allgemein von Süden wieder zunimmt, ist die Nebelneigung geringer
als in der Nacht zuvor. Zudem kommen in der zweiten Nachthälfte auch die Wolken
wieder deutlich nordwärts voran. Leichten Frost kann es vor allem im zentralen
und östlichen Bergland geben, meist liegen die Tiefstwerte zwischen 5 und 1
Grad. Etwas milder bleibt es ganz im Südwesten, wo sich die mildere Luft schon
stärker durchsetzt.

Montag... Der Regen gehört zum Frontensystem eines Tiefs bei den Hebriden. Es
überquert uns am Montag ostnordostwärts und sorgt auch im Norden und Osten für
teils intensiven Regen mit Mengen zwischen 5 und 15 l/qm, örtlich vor allem in
Staulagen zwischen 15 und 25 l/qm, bei IFS und UK10 im Westerwald und im
Spessart vereinzelt darüber (Dauerregen). Ab Mittag bildet sich über der äußeren
Deutschen Bucht ein Randtief und der Nordosten bleibt noch präfrontal auf der
kalten Seite des okkludierenden Frontensystems bodennah in einer Südostströmung.

Im Südwesten gibt es im Warmsektor zumindest in den Leelagen auch mal
Regenpausen und hier frischt der Wind kräftig auf mit steifen, vereinzelt auch
stürmischen Böen in den tieferen Lagen. Auf den Bergen gibt's teils schwere
Sturmböen, exponiert auch Orkanböen. Am Nachmittag und Abend erreichen die
Sturmböen auch die nördlichen und östlichen Mittelgebirge. An der Nordsee bleibt
es meist bei 7er Böen und nur weiter draußen kommt es zu 8er Böen aus Südost,
Ostfriesische Inseln später auf Südwest drehend.
Während es präfrontal im Nordosten recht kalt bleibt bei 6 bis 9 Grad, ist es in
der Südwesthälfte mit 10 bis 17 Grad teils sehr mild.

In der Nacht zum Dienstag geht im Süden die Kaltfront rasch durch, kommt aber am
Alpenrand ins schleifen vor einer flachen Frontalwelle, die Dienstagfrüh über
Westfrankreich anlangt. So dauern im Südwesten und ganz im Süden die Regenfälle
an mit Regenmengen zwischen 10 und 25 l/qm, in exponierten Staulagen des
Südschwarzwaldes und des Allgäus auch darüber (Dauerregen 12stg.) Bei ICON
ziehen sich allerdings die Hauptregenfälle in die Alpen zurück mit solch hohen
Mengen. Wie auch immer, die Frage nach einer 48stg. oder sogar länger laufenden
Dauerregenwarnung drängt sich auf! Sowohl die operationellen Modelle, aber auch
die 48stg. Medianwerte von CosmoLEPS, IFS und ICON-EU zeigen in exponierten
Staulagen des Südschwarzwaldes unwetterartigen Dauerregen über 60 l/qm. Im
Umfeld dieser Bereich muss mit Ocker-Warnungen gerechnet werden.
Im Norden zieht das kleinräumige Tief an der Okklusion nach Osten und erreicht
nach ICON Mecklenburg-Vorpommern. Die Gebiete vom nördlichen Vorpommern bis zum
nördlichen Schleswig-Holstein bleiben nördlich der Front in einer kühlen
Luftmasse bei Winden mit östlicher Komponente. Hier gibt es ebenfalls viel Regen
mit Mengen zwischen 5 und 15, örtlich bis 25 l/qm (Dauerregenschwelle für 12
Stunden). Hier liegen die Temperaturen nur bei nasskalten 3 oder 4 Grad, während
südwestlich der Elbe milde 6 bis 10 Grad angesagt sind.
Im Süden und Westen bleibt es stark windig bis stürmisch mit teils schweren
Sturmböen auf den Bergen, exponiert mit Orkanböen.

Modellvergleich und -einschätzung
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In der Nacht zum Dienstag gibt es einige Differenzen bei der Lage des
kleinräumigen Tiefs im Nordosten: IFS lässt ein Tief später entwickeln, das am
Dienstagfrüh über Nordpolen liegt und das Haupttief wird vor Dänemark berechnet,
so dass auch der Nordosten in die milde Luft und in die starken Südwestwinde
kommt.
Was den 48stg Dauerregen angeht so zeigen CosmoLEPS und EPS von IFS und ICON
deutlich erhöhte Wahrscheinlichkeiten für Regenmengen über 60 mm im
Südschwarzwald und im Allgäu, bedingt auch im Nordschwarzwald und weiter östlich
in den Alpen.
CosmoLEPS berechnet außerdem erhöhte Wahrscheinlichkeiten für Dauerregen über 40
mm im Saarländischen Hochwald, in Teilen des nördlichen Baden-Württembergs, im
Alpenvorland, im Frankenwald und im Bayerischen Wald.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Olaf Pels Leusden