DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

08-11-2023 12:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 08.11.2023 um 10.30 UTC



Es geht zeitweise windig bis stürmisch weiter, dabei wird es vorübergehend
kühler, mit Schnee in den Alpen am Wochenende. In der neuen Woche setzt wieder
Milderung ein, dabei besteht im Westen und Süden im Stau der Berge
Dauerregengefahr.
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Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 15.11.2023


Die Mittelfrist startet am Samstag mit einem umfangreichen Tief zwischen der
Nordsee und dem Balkan. Das korrespondierende Höhentief liegt über
Norddeutschland und Dänemark. Über Russland sowie über dem Atlantik liegen
weitere Tiefdruckgebiete. Über Nordskandinavien und der Iberischen Halbinsel
herrscht hoher Luftdruck vor. In Deutschland fließt mit nordwestlicher Strömung
feuchte und kühle Luft ins Land. In 850 hPa sinkt die Temperatur verbreitet
unter 0, im Nordosten teils bis -4 Grad. Die Schneefallgrenze liegt um 1000 m
Höhe, in den höheren Lagen kann sich ein markanter Neuschneezuwachs ergeben. Am
Abend und in der Nacht zum Sonntag weitet sich von Südwesten her hoher Luftdruck
nach Deutschland aus und die feuchte Luft kann langsam abtrocknen. Das Tief wird
ost-nordostwärts abgedrängt. Allerdings verbleiben wir in der Höhe auf der
Vorderseite eines Keils über Westeuropa und somit in nordwestlicher und kühler
Strömung.

Am Sonntag herrscht vorübergehend schwacher Zwischenhocheinfluss in Deutschland.
Über dem Nordatlantik entwickelt sich bereits in der Nacht aus einem Tief ein
Randtief, das am Sonntag zu den Britischen Inseln zieht. Sein Frontensystem
erfasst uns in der Nacht zum Montag von West/Südwest her. Mit drehender
Strömungsrichtung wird allmählich wieder mildere, aber auch feuchte Luft ins
Land geführt.

Am Montagmorgen liegt die Frontalzone des Tiefs über Schottland quer vom
Nordwesten in den Südosten über Deutschland. Dabei fließen in 850 hPa +2 Grad in
den Südwesten und -2 Grad in den Nordosten. Im Tagesverlauf verlagert sich die
Front langsam nordostwärts und auch im Nordosten steigt die Temperatur langsam
an. Aus dem umfangreichen Tiefdruckgebiet über dem Nordatlantik formieren sich
derweil weitere Randtiefs. Die Front eines Randiefs über den Britischen Inseln
erfasst uns bereits in den späten Abendstunden von Südwesten her. Der Bodentrog
folgt auf dem Fuße. In der Höhe liegen wir auf der Vorderseite eines Keils, mit
der Achse von Gibraltar bis zur die Nordsee. Vom Atlantik rauscht in der Nacht
ein weiteres Randtief Richtung Westeuropa.

Am Dienstag zieht zunächst der Bodentrog samt Front nordostwärts durch. Das
zugehörige Tief liegt knapp östlich von Schottland. Über dem Norden Englands
vertieft sich derweil das zweite Randtief. Es lenkt gegen Mittag seine Warmfront
von Westen her zu uns. Im Süden erwärmt sich die Luft in 850 hPa auf bis zu 10
Grad, im Norden liegen immerhin +6 Grad. Am Abend folgt die Kaltfront des Tiefs,
das sich in die Nordsee und in der Nacht zum Mittwoch nach Dänemark und
Norddeutschland verlagert. Mit steigendem Druckgradienten frischt der Wind im
Tagesverlauf markant auf. Vor allem an der Nordsee und im Bergland sind
stürmische Böen, im höheren Bergland auch schwere Sturmböen möglich. Durch den
anhaltenden beziehungsweise wiederkehrenden Zustrom feuchter Luft ist auch die
Gefahr von Dauerregen in den Weststaulagen der westlichen und südlichen Gebirge
erhöht.

Mittwochmorgen liegt das Tief über Dänemark und Nordostdeutschland. Die Front
verläuft in einem Bogen von der Ostsee über Polen, die Slowakei und Ungarn bis
über die Alpen. Wir befinden uns auf der Rückseite des Tiefs in weiterhin
strammer westlicher Strömung. Der Jet liegt zonal über uns. Im Tagesverlauf
verlagert sich das Tief Richtung Polen, wir verbleiben rückseitig, der Jet
wandert nach Süden. Am Boden dehnt sich von Südwesten her langsam hoher
Luftdruck zu uns aus. Die Strömung dreht auf Nordwest und zapft wieder kühlere
Luft über der Nordsee an, damit geht die Temperatur in der Nacht zum Donnerstag
wieder auf 0 Grad oder leicht darunter zurück. Vor allem im Süden besteht in
Staulagen weiterhin die Gefahr von Dauerregen.

Am Donnerstag verlagert sich das Tief von Polen ostwärts und aus Südwesten macht
sich am Boden Hochdruckeinfluss in Deutschland breit. In der Höhe liegen wir
noch auf der Rückseite eines Troges. Über Westeuropa wölbt sich ein breiter Keil
auf, gestützt von einem umfangreichen Hoch über Südwesteuropa. Der Freitag ist
hochdruckbestimmt. In 500 hPa liegen wir auf der Vorderseite eines mächtigen
Keils, in 850 hPa zieht eine Keilachse über uns hinweg. Im Ergebnis ist es ein
ruhiger Herbsttag. Allerdings lässt ein sich knapp nördlich der Britischen
Inseln vertiefendes Tiefdruckgebiet nichts Gutes ahnen. Die Ausläufer des Tiefs
erreichen Deutschland voraussichtlich schon in der Nacht zum Samstag. Es ist
dann zwar wieder milder, aber auch wieder feuchter.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Der erste Tag der Mittelfrist im aktuellen IFS Lauf ist zu den Vorläufen noch
halbwegs konsistent. Anschließend werden die Unterschiede signifikant. In den
gestrigen Läufen sollte sich am Sonntag schwacher Hochdruckeinfluss mit
Milderung breit machen. Die Milderung kommt, allerdings heute auf einer
Trogvorderseite. Der Hochdruck ist bereits in der Nacht zum Montag passé.
Ebenfalls "gestrichen" ist eine Tiefdruckrinne im Norden Deutschlands am
Dienstag. Die kommt nun erst zum/am Mittwoch, was sich auch im gestrigen 12 UTC
Lauf finden lässt. Der gestrige 0 UTC Lauf simulierte da ein Tief über dem
Ärmelkanal und Deutschland auf dessen Vorderseite.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Auch im Vergleich mit anderen Modellen tun sich größere Unterschiede auf, vor
allem in der Lage der Tiefdruckgebiete über Westeuropa. Dabei sind Sonntag und
Montag IFS und UK10 auf einer Linie, wenn auch mit leichtem zeitlichem Versatz.
GFS und ICON hingegen sehen ein Tief über Frankreich mit Zug in den
Mittelmeerraum (ICON) bzw. über die Alpen und Süddeutschland (GFS). Ab Dienstag
schwenken auch ICON und GFS auf die Tief/Trog-Westeuropa-Schiene. Wobei ICON das
steuernde Tief weit im Nordatlantik hat und einen veritablen Keil über
Westeuropa und Deutschland, der am Mittwoch von einem Trog ostwärts verdrängt
wird. IFS simuliert ein Teiltief über den Britischen Inseln mit Zug über die
Nordsee nach Dänemark und schließlich am Mittwoch Norddeutschland. Der Keil wird
hier von Norden nach Süden verdrängt. GFS hingegen liefert ein Tief über dem
Atlantik westlich Großbritanniens, das sich nur langsam ostwärts verlagert.
Damit bleibt der Keil (der im Vergleich zu den anderen Modellen später nach
Deutschland zieht) länger liegen und wird von Nordwesten verdrängt. UK10 hat das
steuernde Tief nördlich der Britischen Inseln und auch keine weitere
Tiefentwicklung im Programm, die Lage ist hier zur Wochenmitte eher zonal.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Clusteranalyse liefert heute im ersten Zeitschritt drei Lösungen mit
durchweg NAO negativ und wenig Unterschieden für Mitteleuropa. Haupt- und
Kontrolllauf liegen in Cluster zwei. Die Member sind fast gleichmäßig verteilt:
21 - 15 - 15.
Zeitschritt zwei (Montag bis Mittwoch) liefert fünf Cluster, meist mit positiver
NAO. Auch hier ist die Verteilung der Einzelläufe recht homogen, zumindest unter
den ersten 4 Clustern (12-12-11-10). Haupt- und Kontrolllauf liegen in Cluster
eins. Cluster zwei sieht Cluster eins für Mitteleuropa sehr ähnlich, allerdings
ist das Tief im Nordosten am Mittwoch in Cluster zwei deutlich weniger
ausgeprägt. Cluster drei will die Erwärmung am Montag nicht so recht sehen, hat
für Dienstag und Mittwoch aber die gleiche Idee wie Cluster zwei. Cluster vier
ist für Mitteleuropa an allen Tagen Cluster eins ähnlich. Unterschiede ergeben
sich hier hauptsächlich für Südosteuropa.

Die Ensembles sind bis zum Sonntag recht eng mit Abwärtstrend bei der Temperatur
und im Geopotential. Ab Montag geht der Spread auseinander, dafür ist insgesamt
wieder eine Erwärmung sichtbar mit steigendem Geopotential. Voraussichtlich zum
Mittwoch ist der Trend aber wieder "negativ". Der Hauptlauf fügt sich recht gut
mittig in die Ensembles, es ist also kein Ausreißer, die Lage lediglich
insgesamt unsicher. Bei den Niederschlagsensembles sind die Ausschläge den
ganzen Vorhersagezeitraum deutlich sichtbar - zu trocken wird es wahrscheinlich
nicht.
Ähnlich ist der Trend bei den Ensembles des GFS und GEM. Auffällig ist hier der
deutlich positive Ausschlag des Kontrolllaufs bei den Temperaturensembles zur
Wochenmitte.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Am Wochenende kann es in den Alpen oberhalb von 1000 m etwas Neuschnee geben.
Wobei bei zu erwartenden 10, lokal 15 cm oberhalb von 1400 m in 12 Stunden die
Signifikanz Mitte November fraglich ist.
Die Probabilistik deutet zum Ende der Mittelfrist auf eine Dauerregenlage
vornehmlich in Staulagen der südlichen, mit geringer Wahrscheinlichkeit auch der
westlichen Gebirge hin.
Abgesehen davon bleibt nur der Wind, der zeit- und gebietsweise bevorzugt im
Bergland stürmische Böen (Bft 8) hervorbringt. Gelegentlich ist auch eine
Sturmböe (Bft 9), auf den Gipfeln mitunter auch schwere Sturmböe (Bft 10)
möglich.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-Mix, IFS-EPS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jacqueline Kernn