DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

07-11-2023 16:01
SXEU31 DWAV 071800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 07.11.2023 um 18 UTC


SCHLAGZEILE:
Überwiegend zyklonal geprägte Kurzfrist mit etwas Niederschlag. Nacht zum
Donnerstag im Süden frostig. Berge und Küsten zeitweise markante Böen aus
Südwest.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 06 UTC
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Aktuell ... greift ein umfangreicher Höhentrog immer weiter auf unseren
Vorhersageraum über, verbleibt mit seiner Achse jedoch bis zum Abend noch
westlich von uns (Deutsche Bucht - Vogesen - Balearische Inseln - Marokko -
Mauretanien). Keine Frage, so ein meridional gestreckter und positiv geneigter
"Geselle" ist kein Sprinter und anfällig für Abtropfprozesse, die auch in diesem
Fall stattfinden, jedoch allesamt weit abseits von unserem Vorhersagegebiet und
somit von untergeordnetem Interesse für diese Kurzfrist. Somit verläuft der
Nachmittag/Abend deutschlandweit mit einem zyklonalen "touch" in einer mäßig
ausgeprägten Südwestströmung.

Mögliche Niederschlagsschwerpunkte entlang einer breiten, jedoch nur schwach
konturierten Trogvorderseite fallen diffus aus. Im WV6.2 zeigt sich über
Rheinland-Pfalz eine stärkere Abtrocknung mit sinkenden Wolken-Top
Temperaturwerten stromab, was auf eine rege nachmittägliche/abendliche
Schauertätigkeit über dem Südwesten / der Mitte hindeutet, die sich unter
Abschwächung zum Abend auch in den bis dahin noch freundlichen Nordosten
ausdehnt.
Doch selbst an solch einem Tag kann man noch etwas Spannendes ausmachen. Im
Süden zieht (Stand 14Z) eine schwache Druckwelle durch, die in eine recht
sonnige Zone zieht, wo ID2 immerhin 100-300 J/kg MUCAPE aufbaut. Die labile Zone
erstreckt sich (vertikal) in Vorhersageprofilen bis in den Bereich der
Ladungstrennung. Somit sollte man sich bei Passage der sich allmählich
abschwächenden Druckwelle (deren reale Böen grob 1 Bft unter der Numerik
verlaufen) nicht über ein kurzes Grummeln (Gewitter) wundern. Erste Blitze gibt
es aktuell (15Z) kurz vor Oberstdorf.

In Richtung Niederbayern erstreckt sich noch für wenige Stunden ein stratiform
geprägtes Niederschlagsgebiet (ebenfalls an eine Abtrocknung im WV6.2 gekoppelt
und zudem mit etwas mehr Hebung ausgestattet, dank einer progressiv von
Norditalien nordostwärts ziehenden Welle), wobei mit 850 hPa Temperaturwerte von
+1 oder +2 Grad oberhalb von 1200 m etwas Schnee fällt, was auch durch die
Platzierung des bright bands im ISN Radar gestützt wird.

Zuletzt noch ein Blick auf die Deutsche Bucht, wo in der Nähe zu einem kompakten
IPV Maximum stärker Konvektion auftritt mit Wolkentop- Temperaturwerten von -45
bis -54 Grad und transienten Meso-Signaturen z.B. im ASB Radar. Vielleicht
entdeckt ja der eine oder andere Kapitän auf hoher See eine Wasserhose. Diese
Konvektion bringt vor allem den Nordfriesen etwas mehr Niederschlag, bei
wiederholten Treffern auch im Bereich von rund 10 bis 20 l/qm innerhalb von 6h.
Warntechnisch ist das kaum zu erfassen, zumal es zwischen den Schauern auch
längere Niederschlagspausen gibt und keine numerischen Schwerpunkte auszumachen
sind (bzw. diese tendenziell eher auf dänischer Seite liegen).

Die abendlichen Werte liegen bei rund 10 Grad im Osten, sonst zwischen 9 und 6
Grad, im Bergland auch bereits etwas unter 5 Grad.

Der frische bis starke Südwestwind verbleibt meist unter jeglicher Warnschwelle,
einzig im Hochschwarzwald und auf dem Brocken weht er stürmisch und auf dem Kamm
des Thüringer Waldes/Küstenumfeld stark böig (siehe entsprechende Warnungen).

In der Nacht zum Mittwoch breitet sich die Basis des Troges schwerfällig über
ganz Deutschland aus. Weder in thermischen noch in Advektionsfeldern fällt einem
etwas Nennenswertes ins Auge, oder anders ausgedrückt: die Nacht verläuft meist
wolkenverhangen trüb mit einzelnen Schauern sowie ausgedehnten trockenen Phasen.
Südlich der Donau steigt der Bodendruck etwas an und bei gleichzeitigem Absinken
ergeben sich längere klare Momente mit einer entsprechend effektiven
Abkühlungsrate auf Minima von unter 5 Grad - in Richtung Alpenrand gar mit
leichten Luftfrostoptionen (Deterministik/EPS). Daher auch die frühzeitige
Ausgabe einer leichten Frostwarnung für die entsprechende Region. Ausgedehnter
als die bewarnte Region fällt das Potenzial für leichten Frost in Bodennähe aus,
das für den gesamten Süden vorhanden ist.

Etwas aktiver fällt das Wetter über der Deutschen Bucht und in deren Umfeld aus.
Dank eines von Westen durchschwenkenden Bodentroges in einer insgesamt labilen
Schichtung dauert die rege Schauertätigkeit weiter an, gekoppelt mit
wiederholten Gewittern, die unter Abschwächung auf den gesamten Nordwesten
übergreifen. In der Fläche fällt hier der meiste Niederschlag. Allerdings bleibt
es mit nur wenig unter 10 Grad deutlich milder und dazu trägt auch die
niedertrop. Strömung bei, die mit 25-35 kn im Tiefland weiterhin für einen
frischen Südwestwind gut ist, der im Bergland mit Böen Bft 7/8, über der
Deutschen Bucht mit Bft 8 und auf dem Brocken mit Bft 10 daherkommt.



Mittwoch ... baut sich das nächste steuernde Tiefdruckgebiet zwischen Island und
Irland auf, sodass die Strömung über Mitteleuropa sukzessive aufsteilt. Ja, man
mag es kaum glauben, aber man kann sogar von einem schwachen
Zwischenhocheinfluss sprechen - weniger im Bodendruckfeld mit einer dort eher
zyklonal geprägten südwestlichen Strömung, sondern eher im 500 hPa
Geopotenzialfeld, wo sich eine stärkere antizyklonale Aufwölbung abzeichnet.

Die anfänglich dichte Bewölkung bricht im Tagesverlauf recht großflächig auf,
besonders im gesamten Süden und Osten steht gar ein freundlicher bis sonniger
Nachmittag bevor. Genießen Sie die freundlichen Stunden, denn die nächste
Okklusion schickt zum Abend dem Nordwesten bereits dichte Bewölkung und etwas
Regen. Mit einer einströmenden höhenmilden Luftmasse fallen die letzten Schauer
im Tagesverlauf von Südwest nach Nordost in sich zusammen, sodass man zum Abend
wirklich von Pech sprechen muss, wenn man einen Tropfen von oben abbekommt
(abgesehen vom äußersten Nordwesten).

Die Höchstwerte liegen zwischen 10 und 14 Grad, im Bergland etwas darunter. Beim
Südwestwind gibt es nichts Neues zu vermerken: ein frischer bis starker
Südwestwind im Tiefland - Böen Bft 7/8 im Bergland sowie im Küstenumfeld und Bft
10 Böen auf dem Brocken. In bei Südwest prädestinierten Lagen wie dem
Erzgebirgsvorland, dem Harzumfeld sowie entlang der Eifel können hin und wieder
ebenfalls Böen Bft 7 aus Südwest auftreten (auch abhängig von der
Einstrahlung/Durchmischung).

In der Nacht zum Donnerstag greift die Okklusion mit stratiformen Regenfällen
auf den gesamten Westen und Norden über. Der präfrontale low-level jet verliert
im Verlauf der Nacht an Intensität, sodass auch die Anknüpfung an eine
subtropische Luftmasse nicht ausreicht, um warnwürdige Niederschlagsmengen zu
erzeugen. Selbst der EFI Wasserdampftransport schlägt nur über Frankreich leicht
aus. Dennoch sind es Mengen, die man nicht komplett unter den Teppich kehren
sollte, denn mit einer fortwährenden Amplifizierung des Troges in Richtung
westliches Mittelmeer kommt die Front über dem Westen ins Schleifen und bringt
immerhin 12std. Mengen von 10 bis 15 l/qm, in Staulagen z.B. des Bergischen
Landes auch von 15 bis 25 l/qm in 12 Stunden. Die Streuung innerhalb der Numerik
bezüglich der Lage der Front ist jedoch noch spürbar (UK/ICON östlicher als GFS)
und entsprechend variabel fallen die Niederschlagsspitzen aus. Summa summarum
ergibt sich jedoch ein Niederschlagsschwerpunk im Südweststau des Bergischen
Landes - ob warnwürdig (markant) wie bei UK10 bleibt abzuwarten.

Im Südosten bleibt der Himmel klar und Niederschlag fällt keiner mit regionaler
Nebelbildung.

Die nächtlichen Werte liegen zwischen +9 Grad im Nordwesten und -3 Grad im
Südosten von Bayern. Beim Südwestwind gibt es nichts Neues zu berichten.

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Synoptische Entwicklung bis Freitag 06 UTC

Donnerstag ... hat sich nichts Gröberes im Vergleich zur Frühübersicht geändert,
sodass man einen wechselhaften und südwest-zyklonal geprägten Donnerstag
erwarten sollte. Niederschläge verbleiben unter jeglichen Warnschwellen und der
Südwestwind bleibt nur im exponierten Bergland (Süden/Mitte) warnwürdig. Alles
Weitere kann der Frühübersicht entnommen werden.


Modellvergleich und -einschätzung
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GFS zeigt den Trog zum Donnerstag im aktuellen Lauf etwas westlicher, während
ICON die Strömung immer mehr auf "glatt Südwest" kippen lässt. Die größten
Veränderungen ergeben sich bei der Lage/Intensität von zahlreichen Kurzwellen,
die um den Höhentrog zirkeln. Was alle Modelle immer stärker betonen ist ein
deutlicher Abfall des Geopotenzials über dem Löwengolf mit der Ausbildung einer
Zyklogenese südlich der Alpen. Entsprechende Auswirkungen wären jedoch erst
außerhalb der Kurzfrist im Umfeld der Alpen zu erwarten.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Helge Tuschy