DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

05-11-2023 09:01
SXEU31 DWAV 050800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 05.11.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL Übergang zu Wz
Unbeständig und heute über der Südhälfte stürmisch, gebietsweise schwere
Sturmböen, Gipfel Orkan. Auch Montag und Dienstag windig, Küsten und Bergland
stürmisch, aber langsam nachlassend. Mild.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 24 UTC
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Sonntag... zieht das Orkantief Fred von Südengland zur Nordsee und bleibt dort
tagsüber nahezu ortsfest liegen. Viel von den frontalen Strukturen des Vortages
ist nicht mehr übriggeblieben und das Tief schwächt sich immer weiter ab. Die
Reste seiner mehrfach herumgeholten Okklusion haben nun Deutschland erreicht. In
der Höhe kommt zudem ein sich abflachender Höhentrog von Frankreich nach
Deutschland voran.

Für das Wettergeschehen am heutigen Sonntag bedeutet dies viel grau in grau und
wiederholt schauerartig verstärkte Niederschläge. Bezüglich möglicher Gewitter
sind die Signale nur äußerst schwach. Oft zeigen die Profile nicht ausreichend
steile Lapse Rates um CAPE aufzubauen. Besser schaut es in Südostbayern aus.
Dort ist aber auch der Föhn aktiv. Zwar gibt es bessere Lapse Rates, dafür aber
eine zu trockene Grundschicht, sodass oft ein Deckel auf der geringen CAPE
Fläche liegt. Dennoch lassen sie einzelne kurze Gewitter etwas abgesetzt vom
Alpenrand nicht ganz ausschließen.

Die weitaus größere Baustelle für den heutigen Tag ist der Wind. Dieser hat
bereits ausgangs der Nacht im Südwesten stürmisch aufgefrischt und wird auch
weiter östlich über der Südhälfte im Laufe des Vormittags deutlich zulegen. Um
eine Aussage über die zu erwartenden Windgeschwindigkeiten machen zu können,
muss man verschiedene Dinge betrachten:
Da sind zum einen die Höhenwinde. Man erkennt in 850 hPa ein Windmaximum über
der Südhälfte des Landes mit Windgeschwindigkeiten zwischen 45 und 55 kn. Weiter
nach Norden sind die Höhenwinde deutlich schwächer. Da durch die vorhandene
Labilität der Hauptantrieb für Böen aus den Höhenwinden und nicht aus dem
Gradienten kommt, kann man davon ausgehen, dass sich die Böigkeit im Norden in
Grenzen hält. In Richtung Nordosten ist der Wind geradezu schwach.
Von den Höhenwinden her muss also vor allem über der Südhälfte mit Windböen und
stürmischen Böen gerechnet werden. Wobei die Stärke zunimmt, je weiter man nach
Süden kommt.
Im Süden kommen dann auch noch andere Effekte hinzu. Zum einen ist an den Alpen
zunächst noch der Föhn aktiv. Mit Übergreifen des Druckanstiegswelle von Westen,
wird dieser im Laufe des Vormittags und mittags von Westen her allmählich
zusammenbrechen. Diese Druckanstiegswelle wird die Böenstärke zusätzlich
befeuern.
Schließlich kommen die Winde in der unteren Troposphäre aus westsüdwestlicher
Richtung, sodass sich zwischen Alpen und Alb ein gewisser Kanalisierungseffekt
einstellen wird.
Zählt man alles zusammen, so kann man festhalten, dass nach Süden vielfach
stürmische Böen und einzelnen Sturmböen zu erwarten sind. Zwischen Alb und
Alpen, ausgehend von der Bodenseeregion bis in den Großraum München muss
häufiger mit Sturmböen und einzelnen schweren Sturmböen gerechnet werden. Diesen
Bereich zeigen nahezu alles Modelle, insbesondere die hochaufgelösten. Der
neueste ICON 00 UTC Lauf hat die Böenstärke sogar nochmal aufgestockt und für
den angesprochenen Bereich auch einzelne orkanartige Böen im Gepäck. Auffallend
ist, das ICON-D2 bei der Böenstärke deutlich verhaltener ist, als ICON6.
Mit stärkeren Schauern, oder falls doch mal ein Gewitter auftritt, sind auch
außerhalb des Kanalisierungsbereichs einzelne Böen Bft 10 möglich. Das ergibt
sich schon rein aus den Höhenwinden.
Im Bergland muss allgemein mit Sturmböen, in Gipfellagen schweren Sturmböen und
orkanartigen Böen gerechnet werden. Feldberg im Schwarzwald liegt direkt auf der
Höhe der stärksten Höhenwinde. Dort werden von MOS Windgeschwindigkeiten bis
knapp an die 150 km/h vorhergesagt.

Kurz noch ein Wort zum zeitlichen Ablauf. Da die Druckwelle von Westen bereits
übergreift, wird der Wind auch recht rasch an Stärke zunehmen, sodass bereits am
späten Vormittag in Teilen Baden-Württembergs der Höhepunkt der Windentwicklung
überschritten sein wird. Weiter nach Osten verschiebt sich dies natürlich etwas
nach hinten, aber auch über Bayern lässt der Wind im Laufe des Nachmittags
bereits etwas nach. Schaut man die Modellwelt durch, dann fällt auf, dass Arome
den Höhepunkt zeitlich nach hinten verschoben sieht. Angesicht der zuvor
diskutierten Einflussfaktoren, erscheint dies aber nicht sehr realistisch.

Mit der guten Durchmischung wird es nochmal ein recht milder Tag mit 11 bis 15
Grad.

In der Nacht auf Montag beginnt die gesamte Höhenströmung deutlich zu
zonalisieren. Tief Fred reiht sich zonal orientierte Tiefdruckreihe ausgehend
von Schottland bis zum Baltikum ein. Damit liegt Deutschland nun in einer
westlichen Strömung. Das Maximum der Höhenwinde verlagert sich allmählich in die
nördlichen und östlichen Landesteile. Dort muss auch noch am längsten mit Böen
Bft 7 bis 8 gerechnet werden. Hauptsächlich betrifft dies einen Streifen von
Südniedersachsen und Westfalen bis nach Thüringen, Sachsen und Nordostbayern.
Sonst lässt der Wind in tiefen Lagen bereits eingangs der Nacht spürbar nach.
Auffrischen wird der Wind hingegen entlang von Nord- und Ostsee und wird dann
dort in Böen stark bis stürmisch unterwegs sein.
Auf den Bergen bleibt es allgemein bei stürmischen Böen und Sturmböen,
exponierte Gipfel mit orkanartigen Böen.

Im Norden und Nordosten halten die schauerartigen Niederschläge auch noch am
längsten an. Im Rest des Landes gibt es nur einzelne Schauer, die sich vor allem
auf die Bergländer und Anstaulagen konzentrieren. Die Minima liegen zwischen 10
und 3 Grad.


Montag... liegt Deutschland in einer westlichen Höhenströmung und auch am Boden
ist die Strömung recht glatt. Damit lässt sich auch kein klarer Antrieb für
Schauer finden. Auf jeden Fall gibt es entlang der Küsten durch das warme Wasser
in Kombination mit der höhenkalten Luft (T500: -25 Grad) eine rege
Schaueraktivität. Über der Nordsee wird zudem CAPE vorhergesagt, sodass auch mit
einzelnen Gewittern gerechnet werden muss. Im großen Rest des Landes gibt es mit
der Höhenkaltluft sporadisch ein paar meist schwache Schauer.
Am freundlichsten wird es in den Leelagen der Mittelgebirge (z.B. nördlich
Eifel, Thüringer Wald, Erzgebirge) und in Südostbayern. In letzterer Region kann
es im Tagesverlauf auch mal leicht föhnig werden.

Im Laufe des Nachmittags greift von Westen ein kurzwelliger Trog auf den
Südwesten Deutschlands über. Damit kann vorderseitig ausgehend von Frankreich
ein kompakteres Gebiet mit Schauern auf den Südwesten übergreifen und sich
langsam ostwärts ausbreiten. Nach Norden kommen die Schauer etwa bis in die
mittleren Landesteile voran.

Die stärksten Höhenwinde in 925 hPa und 850 hPa liegen über der Nordhälfte des
Landes. Dort kann es entsprechend häufiger Windböen, mit Schauern auch
stürmische Böen geben. In den Küstenregionen gibt es verbreitet stürmische Böen,
exponiert auch einzelne Sturmböen.
Mit dem Kurzwellentrog erreicht auch den Südwesten nochmal ein Maximum der Winde
in 850 hPa (rund 40 kn). Dementsprechend sind auch dort Windböen und bei
stärkeren Entwicklungen einzelne stürmische Böen möglich.
Die Hochlagen des Schwarzwaldes müssen mit Bft 9/10 rechnen, Brocken bis Bft 11.


In den Regionen mit Sonne und am Oberrhein werden bis 15 Grad erwartet, sonst
sind es 10 bis 14 Grad.

In der Nacht auf Dienstag bleibt die zonale Höhenströmung bestehen und der
kurzwellige Trog überquert Deutschland. ostwärts. Damit verlagert sich die
Schauaktivität auch über in die östliche Mitte und nach Südostbayern, ehe sie in
der zweiten Nachhälfte nach Osteuropa abzieht.

Rückseitig bleibt es wechselnd, bis stark bewölkt, aber es gibt nur wenige
Schauer. Südlich der Donau kann es auch mal stärker auflockern. Dort sinken die
Werte auf 6 bis 3 Grad, sonst 9 bis 5 Grad.
In Nordseenähe gibt es einzelne, über dem Wasser wiederholt Schauer, vereinzelt
dort auch kurze Gewitter.

Entlang der Küsten muss mit Windböen, vereinzelt auch stürmische Böen gerechnet
werden. Windig bis stürmisch bleibt es auch im Bergland, während sonst der Wind
nachlässt und keine warnwürdigen Böen mehr erwartet werden.

Dienstag... bleibt die Höhenströmung zonalisiert, bekommt aber einen leicht
südwestlichen Touch. Das liegt daran, dass sich über Biskaya und Westfrankreich
ein flacher Trog einnistet. In diesen sind mehrere kurzwellige Anteile
integriert. Diese laufen vorderseitig auch bis nach Deutschland. So erreicht ein
Kurzwellentrog den Westen Deutschlands im Laufe des Vormittags und kommt bis zum
Abend in die östlichen Landesteile voran. Dies hat auch ein Aufleben der
Schauertätigkeit zur Folge. Die Schauerstaffel breitet sich im Tagesverlauf über
der Mitte und dem Süden ostwärts aus.

Auch direkt am Alpenrand werden für den Nachmittag ein paar Schauer
vorhergesagt. Zwischen Donau und direktem Alpenrand kann es auch häufiger
trocken bleiben und die Sonne zeigt sich vermehrt. Auch über dem Norden gibt es
ein gewisses Minimum an Schaueraktivät und die auftretenden Schauer fallen meist
nur schwach aus. Nur in Küstennähe, insbesondere der Nordsee gibt es häufige
Schauer und wie auch am Vortag mit Hilfe des warmen Wassers einzelne kurze
Gewitter über der Nordsee.
Die Höhenwinde sind etwa 10 kn schwächer, als noch am Vortag (850hPa). Abgesehen
von vereinzelten Bft 7 Böen mit stärkeren Schauern, dürfte die Böigkeit vielfach
unterhalb der Warnschwellen verlaufen.

Entlang der Küsten kommt es häufiger zu Windböen, bei auflandigem Wind kann es
stürmische Böen geben (z.B. Nordfriesen). Auch im höheren Bergland bleibt es bei
Windböen, Gipfel Sturmböen.

Die Maxima verbleiben im milden Bereich zwischen 10 und 14 Grad.

In der Nacht auf Mittwoch kommt der Haupttrog von Frankreich nach Deutschland
voran, wobei der Isohypsengradient deutlich auseinandergezogen wird. Mit dem
Haupttrog steht auch ein Feuchteband in Verbindung, das neben dichten Wolken
auch ein paar meist schwache Schauer in der zweiten Nachthälfte in den Südwesten
führt.
Schauer und einzelne Gewitter gibt es auch weiterhin über der Nordsee, wobei
Schauer auch bis ins schleswig-holsteinische Binnenland ausgreifen können.

Größere Auflockerungen gibt es vor allem im Voralpenland sowie nördlich von
Thüringer Wald und Erzgebirge. Dort wird es mit 5 bis 1 Grad auch am kältesten.
In höheren Mittelgebirgstälern ist leichter Frost möglich. Unter dichten Wolken
werden 9 bis 5 Grad erwartet.

Der Wind an Küsten und im höheren Bergland bleibt erhalten.

Modellvergleich und -einschätzung
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Grundlegend gibt es keine Unterschiede in der Vorhersage in der Kurzfrist.
Kleinere Differenzen, wie die Stärke und zeitliche Verteilung der Windmaxima am
heutigen Sonntag wurden im Haupttext diskutiert.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Marcus Beyer