DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

01-11-2023 18:01
SXEU31 DWAV 011800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 01.11.2023 um 18 UTC


SCHLAGZEILE:
Zunächst nur auf exponierten Bergen Sturmböen.

Am Donnerstag im Westen teils bis in tiefe Lagen stürmische Böen, exponiert
Sturmböen. Auf exponierten Bergen teils schwere Sturmböen oder sogar Orkanböen
(Brocken). Im Alpenraum ab dem Nachmittag/Abend Dauerregen möglich,
Schneefallgrenze in der Nacht zum Freitag bis 1200 m sinkend.
Insgesamt unbeständig und meist mild, erst am Freitag etwas kühler.
Dann nur noch auf den Bergen Böen Bft 8 bis 9.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 06 UTC
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Aktuell ... In der Nacht zum Donnerstag zieht die Kaltfront des Tiefs westlich
von Schottland rasch über uns hinweg nach Osten und besitzt nur geringe
Wetterwirksamkeit, da sie von KLA überlaufen wird und da der zugehörige Trog
durch die Orkantiefneuentwicklung südwestlich von Großbritannien (EMIR, intern.
CIARAN) abgebaut wird. Sein tiefster Luftdruck mit 950 bis 952 hPa wird nunmehr
recht einheitlich gegen 06 UTC berechnet dicht westlich von London. Sein
teilokkludiertes Frontensystem erreicht Donnerstagfrüh den Westen und Südwesten
mit Regen.
Wichtiger ist aber der Wind, der präfrontal im Westen auffrischt und gegen
Morgen steife, exponiert stürmische Böen dort bringt. Auf exponierten Bergen
treten gegen Morgen bereits teils schwere Sturmböen auf (Brocken Bft 11).
Während es im Westen mit 10 Grad mild bleibt, sorgt ansonsten einsetzender
Zwischenhocheinfluss für Wolkenlücken mit Tiefstwerten zwischen 8 und 3 Grad mit
den tiefsten Werten im Südosten.


Donnerstag ... macht der Okklusionsprozess bei Orkan EMIR weitere Fortschritte
und auch die Achsenneigung zwischen Höhentief verschwindet zunehmend. Damit hat
das Tief seinen Höhepunkt überschritten und es erreicht bis zum Abend etwa das
Seegebiet vor der Humber-Mündung (westliche Nordsee) mit aber immer noch rund
955 hPa. Während der Bretagne 10 Meter Seegang und Orkanböen bis 150 km/h
drohen, kommen wir hierzulande weitestgehend glimpflich davon.

Die Okklusion mit Kaltfrontcharakter wird - da zunehmend strömungsparallel und
ohne nennenswerte Antriebe aus der Höhe - auf dem Weg nach Osten an
Wetterwirksamkeit verlieren. Im äußersten Osten stehen die Chancen ganz gut,
dass man gänzlich trocken über den Tag kommt. Problematischer sieht es da schon
in Süddeutschland aus, wo die Front durch eine Welle, die vom Löwengolf Richtung
Oberitalien läuft und dort dann angekommen voraussichtlich lokal für schwere
Überschwemmungen sorgt, zurückgehalten wird. Infolgedessen kommt es über
Süddeutschland zu länger anhaltenden Regenfällen. Vor allem im Alpenraum können
mehr als 30 l/m² binnen 24 Stunden zusammenkommen. COSMO-LEPS und ICON-EU-EPS
sehen vor allem im Oberallgäu eine Wahrscheinlichkeit über 50% dafür. Auf der
Vorderseite herrscht zuvor noch Föhnsturm mit Höchstwerten um 17 Grad im
Südosten an der Grenze zu Österreich. Mit Föhnzusammenbruch sinkt die
Schneefallgrenze auf unter 2000 Meter ab.

Nach verregnetem Start lockert es in der Westhälfte Deutschlands auf, später
entwickeln sich einzelne Schauer oder kurze Gewitter. Dabei ist nach fraglich,
wieviel Labilität tatsächlich generiert werden kann. Weniger fraglich ist die
Scherung, die exorbitant hoch ist angesichts der Nähe zum Jet. Immerhin schiebt
sich der Streak mit über 130 Knoten in 300 hPa in den Westen des Landes. Das
führt dann zu hochreinder Scherung zwischen 40 und 50 m/s und LLS von 15-20,
lokal 25 m/s. Die HKN's steigen aber in der Regenpause rasch auf über 1000 m an.

Dennoch muss das Tornadopotential bei kürzerer Regenpause oder aber vermehrten
Schauern speziell vom westlichen Niedersachsen über NRW bis ins Saarland im
Blick behalten werden.

Unstrittig sind die gradientbedingten stürmischen Böen und exponiert die
Sturmböen, die vom Bergland in der Westhälfte zunehmend auch bis in tiefe Lagen
ausgreifen. Auf den Nordseeinseln und in exponierten Gipfellagen treten teils
schwere Sturmböen aus südlichen Richtungen auf. Ein stärkerer ageostrophischer
Einschlag am Rande des Hochs über der Ukraine ist im Osten und Südosten des
Landes zu verzeichnen, wo der Wind eher aus Südost bis Ost kommt und deutlich
unterhalb der Warnschwellen verbleibt. Eventuell reicht es zeitweise für
Böhmischen Wind mit Böen Bft 7. Dazu bleibt es mild mit Höchstwerten vielfach
zwischen 12 und 17°C, im Dauerregen nur um 10 Grad.

In der Nacht zum Freitag überquert die Kaltfront des östlich von Nordengland
liegenden Zentraltiefs EMIR auch die östlichen Landesteile. Diese Front wird
durch die Wellenbildung an der Front immer noch zurückgehalten, was von
Vorpommern bis zum östlichen Alpenrand länger andauernde und kräftige Regenfälle
zur Folge hat. Während im Nordosten 5 bis 15 und in der Lausitz um 20 mm Regen
innerhalb von 12 Stunden fallen und somit wahrscheinlich keine Warnschwellen
erreicht werden, zeichnen sich im Alpenraum und dort vor allem nach Osten hin
höhere Regenmengen bis über 30 mm ab, so dass sich dort eher unter Ansatz der
12-std. Kriterien eine Dauerregenwarnung anbieten würde. Allerdings sinkt dort
die Schneefallgrenze auf 1200 bis 1500 m ab.
Sonst erfolgt postfrontal schwacher Zwischenhocheinfluss. Der Gradient wird
hierdurch weiter auseinandergezogen; Sturmböen Bft 8/9 sind daher auf exponierte
Gipfellagen (Feldberg im Schwarzwald, Brocken) und die offene Nordsee
beschränkt. Im Nordwesten, im westlichen Bergland und an der gesamten
Nordseeküste muss jedoch mit Windböen Bft 7 gerechnet werden.

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Synoptische Entwicklung bis Samstag 06 UTC

Freitag ... Bleiben die Aussagen vom Frühbericht erhalten.
So zieht die Front ostwärts ab und auch in Südostbayern lässt der Niederschlag
am frühen Nachmittag weitgehend nach.
Postfrontal überquert der Höhentrog von Zentraltief EMIR über der mittleren
Nordsee weite Teile Deutschland langsam ostwärts, ist aber schwachgradientig und
hebungsungünstig geformt. Außerdem wird er von KLA überlaufen und so schiebt
sich ein flacher Bodenkeil nach Deutschland. So treten lediglich exponiert im
Westen einzelne steife Windböen aus Südwest bis Süd auf. Exponierte Berge sowie
die freie Nordsee bekommen 8er und 9er Böen.
Sonst ist es bei wechselnder Bewölkung recht ereignisarm mit etwas niedrigeren
Temperaturen zwischen 8 Grad im Vogtland und 13 Grad am Mittelrhein..


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren recht ähnlich.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Olaf Pels Leusden