DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

31-10-2023 10:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 31.10.2023 um 10.30 UTC



Wechselhaft, zeitweise windig mit Sturmböen im Bergland und vorerst wenig
geänderte Temperaturen.
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Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 07.11.2023


Am Freitag gelangt Deutschland in den Bereich eines breiten Troges. Dessen
Hauptachse greift auf den Westen über, was dort und im Nordwesten Schauer
aufkommen lässt. Der Osten wird anfangs noch von Niederschlägen eines über Polen
liegenden Frontensystems beeinflusst. Von der Ostsee bis zu den Alpen sind
größere Auflockerungen möglich. Sturmböen sind auf einige höhere Berglagen und
auf die Nordfriesische Küste und einige Nordseeinseln beschränkt.
Am Samstag gelangt ein weiterer Trog in den nahen Ostatlantik. Ein aus diesem
Trog herauslaufender kurzwelliger Anteil überquert die Britischen Inseln und
induziert vorderseitig eine Zyklogenese. Das resultierende Tief wird nach
Ostengland gesteuert, aber von diesem Trog überlaufen, so dass eine weitere
Intensivierung unterbunden wird. Dennoch erfolgt eine Gradientverschärfung, was
im westlichen Bergland und in den nördlichen Mittelgebirgen vermehrt Sturmböen
aufkommen lässt. Exponiert können schwere Sturmböen auftreten. Mit stürmischen
Böen muss aber auch in tieferen Lagen Südwest- und Westdeutschlands sowie in den
Leegebieten der westlichen und nördlichen Mittelgebirge gerechnet werden. Mit
der Warmfront dieses Tiefs setzen von Westen her bis in die Mitte hinein teils
kräftige Niederschläge ein. In den Staulagen der westlichen und südwestdeutschen
Mittelgebirge können die Warnschwellen für Dauerregen überschritten werden. Da
mit dem Schwenken des Kurzwellentroges die südwestliche Strömung etwas
aufsteilt, kommt an und in den Alpen Föhn in Gang, was Sturm- und schwere
Sturmböen auf höheren Berggipfeln zur Folge haben dürfte.
Am Sonntag gelangt Deutschland in den Bereich des Haupttroges, der westlich der
Britischen Inseln regeneriert wird. Die Folge sind im Nordosten und Südosten
einzelne und sonst wiederholt Regenschauer. Gegenüber Samstag fächert der
Gradient im Norden und in der Mitte Deutschlands auf, selbst auf exponierten
Berggipfeln sind dann Sturmböen nur wenig wahrscheinlich. Im Süden kommt eine
Gradientabnahme noch nicht so recht in Gang, so dass in den südwestdeutschen und
südlichen Mittelgebirgen sowie in den Kamm- und Gipfellagen des Erzgebirges
erneut Böen bis Sturmstärke auftreten können. Am Alpenvorland muss bedingt durch
den Leitplankeneffekt mit stürmischen Böen gerechnet werden muss. Aufgrund der
relativ weit südlich liegenden Frontalzone können im Schwarzwald durch
wiederholte schauerartige Regenfälle, wenn auch mit geringerer
Wahrscheinlichkeit als am Samstag, noch einmal warnrelevante Niederschlagssummen
zusammenkommen.
Am Montag wird vor Annäherung des nächsten Troges die südwestliche Strömung
vorübergehend etwas antizyklonaler. Für ein Zwischenhoch reicht es nicht, aber
die Schauertätigkeit wird gedämpft und beschränkt sich weitgehend auf die
Mittelgebirge. Im Nordosten und Südosten bleibt es weitgehend trocken. Der Wind
wird deutlich schwächer. Somit sind allenfalls auf höheren Berggipfeln Böen bis
Sturmstärke vorstellbar.
Am Dienstag läuft von Westeuropa kommend ein kräftigerer Kurzwellentrog in den
über Deutschland liegenden Trog hinein. Durch diesen Kurzwellentrog wird eine
Welle induziert, die von Südwesten her erneut Niederschläge aufkommen lässt.
Ansonsten beschränkt sich die Niederschlagstätigkeit auf wiederholte Schauer in
Nordseenähe.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum bleibt zunächst die Troglage
bestehen. Niedertroposphärisch erfolgt hierdurch ein leichter
Temperaturrückgang, der sich vorerst in Bodennähe noch nicht bemerkbar macht.
Die Schauertätigkeit ist zunächst ausgebremst. Am Donnerstag erfolgt, ausgehend
von einem Kaltluftvorstoß aus dem Raum Grönland, ein Austropfen. Der
Tiefdruckkomplex verlagert sich zu den Britischen Inseln, kompensierendes
Absinken lässt über Mitteleuropa einen schwachen Keil entstehen, der die
Schauertätigkeit zum Erliegen bringt. Nachfolgend greifen von Westen her die
Niederschläge dieses Tiefdruckkomplexes auf das Vorhersagegebiet über.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Bis einschließlich Dienstag ist der aktuelle Modelllauf im Vergleich zu den
gestrigen Modellrechnungen weitgehend konsistent. Prognoserelevante Unterschiede
lassen sich bis dahin nicht finden. Erst im erweiterten mittelfristigen
Vorhersagezeitraum divergieren die einzelnen Modellläufe. Der am Donnerstag über
Mitteleuropa liegende Trog wurde vom gestrigen 00 UTC-Lauf ähnlich der aktuellen
Simulation weiter nach Süden reichend gezeigt, wogegen der gestrige 12 UTC-Lauf
eine annähernd zonale Strömung zu bieten hatte. Darüber hinaus setzt von
Modelllauf zu Modelllauf die von Grönland ausgehende Trogbildung weiter östlich
an und erfolgt zudem rascher.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Wie bei der Konsistenzbetrachtung ergeben sich bis einschließlich Dienstag im
Vergleich mit externen Modellen über Mitteleuropa keine signifikanten
Unterschiede. Erst ab Mittwoch divergieren di Vorhersagen deutlicher. So lässt
GFS den Trog, der nach EZMW über Mitteleuropa liegt, über der Nordsee
austropfen. Bis Freitag wird daraus ein dipolartiges Höhentief mit Kernen über
der Nordsee und den Westalpen. Ausgehend vom Azorenhoch kommt dann ein ins
Nordmeer gerichteter Keil zustande. Die von Grönland ausgehende Trogbildung hat
zwar auch GFS im Programm. Allerdings wird dieser Trog dann in der sich relativ
weit nördlich ausbildenden Frontalzone nach Osten weggesteuert.
Das Modell des kanadischen Wetterdienstes stützt hingegen weitgehend die
EZMW-Version.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Das EPS des GFS zeigt bei Betrachtung der Anomalien des EPS-Mittels im
erweiterten mittelfristigen vorhersagezeitraum eher ein Geopotentialminimum über
den Britischen Inseln, was der EZMW-Version entsprechen würde. Der Spread des
EPS ist relativ gering, erst ab Mitte kommender Woche divergieren die
Einzellösungen etwas, wobei sich dann Ausreißer eher zur warmen als zur kalten
Seite der Verteilung zeigen. Sehr wahrscheinlich kommt ein beständiges Hoch über
dem Azorenraum zustande, wogegen das Wettergeschehen über Nord- und Westeuropa
eher zyklonal geprägt ist. Ein Kaltlufteinbruch ist nicht in Sicht.
Das EPS des EZMW stützt die Version mit der im erweiterten mittelfristigen
Vorhersagezeitraum von Grönland ausgehenden Trogbildung. Bemerkenswert ist, dass
sich der deterministische Lauf in keines der Cluster einordnen lässt. Diese
setzen nahezu durchweg auf eine Troglage über Mitteleuropa, wobei dieser Trog
eine Doppelstruktur aufweisen kann. Nur 9 Member favorisieren eine relativ
glatte Zonalströmung. Eine Blockierung oder ein Kälteeinbruch sind auch nach dem
EPS des EZMW unwahrscheinlich. Wie beim EPS des GFS ist auch hier der Spread
relativ gering. Der Trend zu einem etwas tieferen Temperaturniveau ab Anfang der
kommenden Woche ist hier jedoch etwas ausgeprägter als beim EPS des GFS.
Das Clustering gemäß Großwetterlagen zeigt den allmählichen Übergang von der
Großwetterlage "Tief Britische Inseln" über zyklonal West hinweg zu einem Trog
über Mitteleuropa und demzufolge ein etwas zurückgehendes Temperaturniveau.
Antizyklonale Lagen werden nur von Einzellösungen prognostiziert.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Wind und Niederschlag sind hier die dominierenden Parameter. Am Freitag muss auf
den Nordseeinseln sowie an der Nordfriesischen Küste mit einzelnen Sturmböen
gerechnet werden. Zudem frischt im westlichen Bergland der Wind in Böen
stürmisch auf, in den zentralen und nördlichen Mittelgebirgen sind Sturmböen auf
höhere Berggipfel beschränkt.
Am Samstag wird der Höhepunkt der Windentwicklung erwartet. In den westlichen
und nördlichen Mittelgebirge, an der Nordsee und mit geringerer
Wahrscheinlichkeit auch an der Ostsee, in den Hochlagen der zentralen und
östlichen Mittelgebirge muss mit Sturmböen gerechnet werden; in exponierten
Lagen (Nordrand der Eifel, Brocken, Feldberg im Schwarzwald) besteht die Gefahr
schwerer Sturmböen. Zudem kommt an und in den Alpen Föhn mit teils schweren
Sturmböen auf Berggipfeln auf.
Am Sonntag zeichnen sich erneut im südwestdeutschen Bergland Sturmböen ab. Mit
geringerer Wahrscheinlichkeit ist dies auch in den östlichen und zentralen
Mittelgebirgen der Fall. Im Alpenvorland sind durch den Leitplankeneffekt
stürmische Böen vorstellbar; mit stürmischen Böen muss aber auch in einigen
freien Lagen Süddeutschlands gerechnet werden.
Danach flaut der Wind ab, so dass Sturmböen auf einige Küstenabschnitte und
exponierte Berggipfel beschränkt sind.
Im westlichen und südwestdeutschen Bergland und dort vor allem im Schwarzwald
und Allgäu fällt am Samstag länger andauernder Regen, so dass dort die
Warnschwellen für Dauerregen überschritten werden können. Im Schwarzwald ist
dies, wenn mit geringerer Wahrscheinlichkeit, auch am Sonntag noch der Fall.

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Basis für Mittelfristvorhersage
EPS + MOS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Thomas Schumann