DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

30-10-2023 11:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 30.10.2023 um 10.30 UTC



Unbeständig mit häufigen Niederschlägen, vor allem im Südwesten und Süden leicht
erhöhtes Potential für markanten Dauerregen. An der Nordsee, im Bergland und in
tiefen Lagen der Westhälfte zeitweise stürmischer Wind.
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Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 06.11.2023


Zu Beginn der Mittelfrist am Donnerstag liegt ein umfangreiches Höhentief bei
den Britischen Insel. Passend dazu befindet sich mittlerweile achsensenkrecht
ein ausgesprochen kräftiges Bodentief zur Mittagszeit mit seinem Zentrum über
England (Kerndruck: 953 hPa). Kurz zuvor hat das Orkantief Ciaran seinen
Höhepunkt mit etwa 950 hPa überschritten, einen warmen Kern ausgebildet und
beginnt sich langsam aufzufüllen. Der Kerndruck wird damit nur wenig über den
Rekordwerten für November in dieser Region vorhergesagt.
Während für England und Teile Frankreichs (insbesondere die Atlantikküste und
Ärmelkanal) teils schwere Orkanböen vorhergesagt werden, geht es in Deutschland
deutlich gesitteter zu. Die Okklusion/Kaltfront des Orkantiefs erreicht
Deutschland im Laufe des Vormittags und kommt mit mehrschichtiger Bewölkung
Regenfällen bis zum Abend über die Mitte langsam in Richtung Osten voran (Nacht
auf Freitag).
Am Alpenrand herrscht zuvor (tagsüber) noch Südföhn, mit schwerem Sturm und
orkanartige Böen auf den Gipfeln. Mit Föhnzusammenbruch stellt sich am Alpenrand
Dauerregen ein. Auch in der Westhälfte frischt der Wind mit Tiefannäherung
deutlich auf und es mit stürmischen Böen und einzelnen Sturmböen aus Süd
gerechnet werden.

Am Freitag verlagert sich das Höhentief samt Bodentiefzentrum schleppend zur
englischen Nordseeküste, wo es letztlich zum Liegen kommt und sich sukzessive
weiter auffüllt. An der Südflanke des Höhentiefs wandern kurzwellige Troganteile
nach Deutschland. Ein erster erreicht den Westen in den Frühstunden und wandert
bis zum Abend nach Nordostdeutschland. Ein zweiter kurzwelliger Troganteil
greift von Westen in der Nacht über.
Damit verläuft der Tag wechselhaft, mit vielen Wolken und zeitweiligen
Niederschlägen. Der Wind ist vor allem in Richtung Westen und Nordwesten lebhaft
unterwegs mit Windböen und stürmischen Böen. Auf den Bergen der west- und
südwestdeutschen Mittelgebirge gibt es (schwere) Sturmböen (Bft 9/10).

Am Samstag hat sich das einstige Orkantief über der Nordsee fast vollständig
aufgefüllt. Stromaufwärts hat sich das Höhentief regeneriert und eine neue
Austrogung an seiner Südflanke amplifiziert sich bis zum Abend über der Biskaya
und erreicht bis zum Abend schließlich Frankreich. Deutschland verbleibt damit
trogvorderseitig, sodass weiter verhältnismäßig milde Altantikluft
wetterbestimmend bleibt. Bis zum Abend intensiviert sich mit der Neuentwicklung
in der Höhe auch ein neues eindrückliches Orkantief bei den Britischen Inseln,
das in der Nacht auf Sonntag zu Nordsee zieht und sich dann bereits wieder
auffüllt.
In Deutschland findet trogvorderseitig zunächst kräftige WLA statt, sodass
mehrschichtige Bewölkung übergreift und nachfolgend von Westen auch Regen bringt
(ab dem Mittag). Die Niederschläge halten auch in der Nacht auf Sonntag weiter
an und haben dann auch das ganze Land erfasst. Im Westen/Südwesten kann der
Dauerregen in Staulagen auch markant ausfallen.
Zudem legt der Wind wieder zu, mit zum Teil starken bis stürmischen Böen. Im
höheren Bergland Sturmböen, Gipfel schwerer Sturm. An den Alpen wird es
vorübergehend wieder leicht föhnig.

Am Sonntag greift der Höhentrog von Frankreich über, flacht dabei aber zusehends
ab, sodass nachfolgend die Höhenströmung zu Beginn der neuen Woche zonalisiert.
SO liegt am Montag ein breites Tiefdruckgebiet über Nordeuropa mit mehreren
Zentren von der Nordsee bis zu den baltischen Staaten. Der Jetstrem verläuft
dann auf recht südliche Zugbahn über dem Mittelmeer. Damit setzt sich an beiden
Tagen das graue und unbeständige Wetter fort. Vor allem nach Südwesten fallen
die Dauerniederschläge anhaltender und intensiver aus, während nach Nordosten
weniger Regen zu erwarten ist. Der West- bis Südwestwind bleibt lebhaft und ist
gebietsweise teils stark bis stürmisch unterwegs.

In der erweiterten Mittelfrist bleibt das Wettergeschehen weiter
tiefdruckgeprägt, wobei die stramme westliche Strömung im Laufe der Woche
schwächer wird und ein Langwellentrog sich über Europa stärker amplifizieren
kann. Da Deutschland in dessen Einflussbereich gelangt, geht das
Temperaturniveau bei weiter sehr unbeständigem Wetter allmählich zurück.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Der aktuelle ECMWF Lauf weißt im Vergleich zu seinen Vorläufen zunächst eine
ausgesprochen gute Konsistenz auf, wenn man von kleineren zeitlichen und
räumlichen Unschärfen einmal absieht. Das gilt bis zum Wochenende. Erst am
Sonntag nehmen die Unterschiede langsam zu. Dies betrifft dann die Ausprägung
und Schärfe von kurzwelligen Anteilen und die genaue Positionierung des
Höhentiefsteuerzentrums. Daran gekoppelt sind dann auch die exakte zeitliche
Abfolge von Niederschlagsereignissen. Unbeständig mit viel Regen ist es aber in
allen Läufen.
Auch die stärkere Zonalisierung zu Beginn der nächsten Woche wird konsistent zu
den gestrigen Läufen vorhergesagt. Differenzen gibt es nur bezüglich der Frage,
wie glatt die Höhenströmung letztlich verläuft, und welche Kurzwellentröge sich
etwas stärker amplifizieren können sowie in welcher zeitlichen Abfolge sie
Deutschland beeinflussen.
Selbst die stärkere Amplifizierung eines neuen Haupttroges in der erweiterten
Mittelfrist wird von den Vorläufen angedeutet.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Auch beim Vergleich mit anderen Modellen (UKMO, GFS, ICON) zeigt sich eine hohe
Konsistenz bezüglich der Entwicklung der Großwetterlage.
Im Detail ergeben sich aber durchaus noch größere Unterschiede. Das gilt
beispielsweise mit dem Orkantief am Samstag. Rückseitig wird nochmal eine
Randtiefentwicklung gezeigt, mit erneutem Orkanpotential für Biskaya und
Anrainer. Bei GFS ist diese fast nicht zu sehen, bei ICON und UK sehr kräftig
und beim ECMWF etwas schwächer und ganz anders positioniert.
Diese Unterschiede ergeben sich dann auch wieder für den Samstagorkan, der sich
in seiner Erscheinungsform, der Positionierung des Zentrums und der
Starkwindgebiete bei den verschiedenen Globalmodellen aufgrund der Beteiligung
von Kurzwellentrögen noch unterscheidet. ICON und UKMO passen da besser zum
ECMWF, als das amerikanische GFS, was immer wieder seine eigenen Wege geht.

Alle Modelle zeigen (in unterschiedlicher Ausführung) die Zonalisierung der
Grundströmung zu Beginn der neuen Woche und auch die neuerliche Amplifizierung
eines Westeuropatroges zum Ende der Mittelfrist lässt sich beim GFS genauso wie
beim ECMWF finden.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahnen von Offenbach bestätigen das zuvor Gesagte. Der Hauptlauf des
ECMWF verläuft genau im Median des eng gebündelten Ensembles und das ist bis zu
Beginn der kommenden Woche der Fall und gilt sowohl für das Geopotential in 500
hPa und die Temperatur in 850 hPa. Erst in der erweiterten Mittelfrist nimmt der
Spread etwas zu und der Hauptlauf verläuft am Unterrand des Ensembles. Das
spricht dafür, dass ein neuer Langwellentrog mit kühleren Temperaturen derzeit
noch nicht sicher ist.

Das Clustering des ECWMF zeigt für den Zeitraum +120 h (Sa 00 UTC) bis +168 h
(Mo 00 UTC) drei Member. Allerdings lassen sich ehrlich gesagt keine
nennenswerten Unterschiede für Europa und Deutschland zwischen den drei Lösungen
ausmachen. Allenfalls gibt es kleinere Differenzen in der genauen Positionierung
von Höhentief- und Bodentiefzentrum.
Im Zeitraum +192 h (Di 00 UTC) bis +240 h (Do 00 UTC) gibt es ebenso drei
Member. Wieder wird die grundlegende Entwicklung ähnlich gezeigt. Allerdings ist
die Positionierung von Trog- und Keilachsen und deren Amplifizierung noch
unterschiedlich. Die grundsätzliche Richtung mit einer stärkeren Amplifizierung
über Westeuropa zum Ende der Mittelfrist, wird von allen Lösungen gezeigt.

Das Ensemble des GFS zeigt ebenfalls eine enge Bündelung seiner Member und das
bis in die erweiterte Mittelfrist. Erst im Laufe der kommenden Woche nimmt der
Spread etwas zu. Im Grunde kann aber auch das GFS als ausgesprochen konsistent
bewertet werden.

FAZIT: Die Vorhersage ist bis in die erweiterte Mittelfrist hinein ausgesprochen
konsistent. Dies gilt sowohl beim Vergleich des Ensembles der verschiedenen
ECMWF Läufe, als auch modellübergreifend.
Die Entwicklung der Großwetterlagen in den nächsten 7 bis 10 Tagen ist damit
recht sicher.
Zunächst wird Deutschland von den Ausläufern der westeuropäischen Orkantiefs (Do
und Sa) beeinflusst (Tief Britische Inseln). Der Wind ist aber deutlich
schwächer als über Teilen von Großbritannien oder Frankreich. Anschließend
beginnt die Höhenströmung zu Beginn der kommenden Woche zu zonalisieren (West
zyklonal) und erst zum Ende der erweiterten Mittelfrist findet über Westeuropa
wieder eine stärkere Amplifizierung statt.
Für Deutschland bedeutet dies sehr unbeständiges Wetter mit häufigen
Niederschlägen, Potential für markanten Dauerregen im Südwesten. Dazu ist es
mild ohne nennenswerte Kaltlufteinbrüche und in der Westhälfte zeitweise
stürmisch.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Vor allem im höheren Bergland, an der Nordsee und zeitweise in der Westhälfte
(ab Freitag vor allem RLP und freie Lagen) stürmische Böen, exponiert Sturmböen.


In der Nacht auf Freitag im Alpenstau markanter Dauerregen möglich. Im Südwesten
aber der Nacht auf Sonntag Potential für markanten Dauerregen in Staulagen.
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Basis für Mittelfristvorhersage
ECMWF(-EPS), MOS-Mix
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Marcus Beyer