DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

28-10-2023 07:01
SXEU31 DWAV 280800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 28.10.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
T B - wechselhaft und relativ mild. In den Nächten frostfrei.

WIND:
Zunächst nur in Kammlagen des Bayerischen Waldes und des Schwarzwaldes Sturmböen
(Bft 8/9) aus Südwest. Am Tage in den Hochlagen des Schwarzwaldes und des
Bayerischen Waldes weiterhin sowie zusätzlich auf dem Brocken weiterhin
Sturmböen.
In der Nacht zum Sonntag im höheren Bergland über der Mitte und nach Westen hin
stürmische Böen oder Sturmböen (Bft 8/9) aus Südwest, auf dem Brocken schwere
Sturm- oder orkanartige Böen. In den Alpen aufkommender Föhn mit teils schweren
Sturmböen (Bft 10) auf höheren Gipfeln. Auf den Nordseeinseln stürmische Böen
nicht ausgeschlossen.
Am Sonntag an und über der Nordsee und in höheren Lagen der nördlichen,
westlichen und zentralen Mittelgebirge Sturmböen Bft 8/9 aus Südwest. In
exponierten Gipfellagen sowie durch Föhn auf Alpengipfeln schwere Sturmböen, auf
dem Brockenplateau orkanartige Böen. In der Nacht zum Montag abflauend, dann und
auch am Montag nur noch auf höheren Gipfeln sowie zeitweise am Nordrand der
Eifel stürmische Böen.

GEWITTER:
Im Südwesten und Westen heute tagsüber einzelne Gewitter nicht ganz
ausgeschlossen. Am Sonntag im Nordwesten und in einem Streifen von der Pfalz bis
nach Oberfranken / Südthüringen einzelne Gewitter, teils auch in Niederschlag
eingelagert. Dabei Gefahr von Sturm- und schweren Sturmböen. Gewittertätigkeit
bis über den Abend hinaus und in Nordseenähe bis in die zweite Nachthälfte
hinein andauernd. Auch am Montag in Nordseenähe noch kurze Gewitter mit
stürmischen Böen.

DAUERREGEN:
In der zweiten Nachthälfte der Nacht zum Sonntag beginnend vom Saarland und von
der Pfalz bis in den Odenwald und Nordschwarzwald hinein länger andauernder
Regen, erst spät am Montag nachlassend. Dabei Niederschlagssummen zwischen 40
und 50 mm, in Staulagen auch darüber.

Synoptische Entwicklung bis Montag 24 UTC
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Samstag... liegt Deutschland an der Vorderseite eines breiten Troges über dem
mittleren Nordatlantik. Dieser wird durch Kaltluftvorstöße aus dem Raum
Neufundland wiederholt regeneriert. Das mit diesem Trog korrespondierende Tief,
das den Charakter eines Zentraltiefs aufweist, liegt unmittelbar westlich von
Irland. Hieraus ergibt sich eine südwestliche Strömung, mit welcher kurzwellige
Keil-Trog-Strukturen über Deutschland hinweg nordostwärts gesteuert werden.
So gelangt Mitteleuropa heute unter einen breiten, aber flachen Höhenrücken.
Vielmehr handelt es sich hierbei um ein stärkeres Auffächern der Frontalzone,
wobei sich weitere, nach Nordosten ablaufende kurzwellige Anteile abzeichnen.
Wenngleich es nicht für ein Zwischenhoch reicht, so zeichnen sich neben dem
Süden Deutschlands auch in den Leegebieten der Mittelgebirge, d.h. an deren
Nordostseiten, Auflockerungen ab. Aber es bleibt, abgesehen vom Südosten, nicht
niederschlagsfrei. Da mit einer südwestlichen Strömung weiterhin labile Luft
herangeführt wird, muss, wenn auch mit geringer Wahrscheinlichkeit, mit
einzelnen kurzen Gewittern gerechnet werden. Lediglich im Südosten sind längere
sonnige Abschnitte möglich. Allerdings bereitet im Tagesverlauf von Westen her
einsetzende und sich verstärkende Warmluftadvektion den Auflockerungen ein
baldiges Ende. Im späteren Tagesverlauf setzt von Westen her wahrscheinlich
neuer Regen ein.
Die Warmluftadvektion steht in Verbindung mit der Warmfront einer sich in die
Irische See verlagernden Welle. Diese liegt entwicklungsgünstig zu einem
nachfolgenden Trog und intensiviert sich nachfolgend zu einem Tief mit einem
Kerndruck von etwa 980 hPa. Vorderseitiger Druckfall bewirkt im Nordwesten und
Westen Deutschlands sowie auch in Teilen der Mitte eine erneute leichte
Gradientzunahme, wobei der Wind eher auf Südwest rückdreht. In exponierten
Gipfellagen der südwestdeutschen und nördlichen Mittelgebirge muss dann mit
Sturmböen Bft 8/9 und in den Leegebieten dieser Mittelgebirge sowie darüber
hinaus generell im westlichen Bergland mit Windböen Bft 7 gerechnet werden. Auf
dem Brockenplateau sind schwere Sturm- und orkanartige Böen möglich. Durch
einsetzenden leichten Föhn kommen auch auf Alpengipfeln Sturmböen auf. Mit der
Winddrehung auf Südwest wird oberhalb der Grundschicht wärmere Luft
herangeführt. In Bodennähe macht sich dies noch kaum bemerkbar, so dass
Höchsttemperaturen zwischen 12 und 18 Grad zu erwarten sind.

In der Nacht zum Sonntag wird ein Trog von Irland kommend in die Nordsee
gesteuert und streift dabei den Nordwesten Deutschlands. Vorderseitig wird ein
Schwall feuchtlabiler Luft nach Deutschland geführt. Der Flüssigwassergehalt
erreicht 20 bis 25 mm, die Schichtung ist vor allem im Nordwesten leicht labil.
Zwar wird kaum CAPE generiert, aber die Hebung, die durch den nach Nordosten
ablaufenden Kurzwellentrog induziert wird, sollte für konvektive Umlagerungen
hinreichend sein. Die Scherung liegt sowohl hochreichend als auch
niedertroposphärisch (dort mit 20 bis über 25 m/s) in einem mehr als
signifikanten Bereich. Zudem ist das Hebungskondensationsniveau mit 400 bis 800
m relativ niedrig. Darüber hinaus gelangen diese Gebiete unter den linken
Ausgang des Jets. Demzufolge können an der schleifend auf den Nordwesten und
Westen Deutschlands übergreifenden Kaltfront organisiertere konvektive
Umlagerungen auftreten. Staffelartige, möglicherweise sogar rotierende
Strukturen können nicht ausgeschlossen werden.
Ein Oberwind, der im 850 hPa-Niveau 50 kt erreicht, deutet in Verbindung mit
kräftigeren Schauern und kurzen Gewittern auf Sturm- und schwere Sturmböen hin.
Bedingt durch die Gradientzunahme in weiten Teilen Deutschlands frischt der Wind
im Nordwesten, Westen und in den mittleren Regionen erneut auf. Im dortigen
Bergland und in den Leegebieten dieser Mittelgebirge setzen Windböen ein, in
höheren Berglagen muss mit Sturmböen Bft 8/9 gerechnet werden, auf dem Brocken
können dann wieder schwere Sturm- und orkanartige Böen auftreten. Auch an der
Nordsee erfolgt eine Windzunahme. An der Küste gibt es Windböen Bft 7, auf den
Nordfriesischen Inseln stürmische Böen und über der offenen Nordsee Sturmböen
Bft 8/9 um Süd. An den Alpen dauert die Föhnsituation mit Sturmböen Bft 8/9 in
höheren Berglagen an.
Lediglich im Südosten bleibt die Gradientzunahme aus. Deutlich abseits der Alpen
ist es windschwach. Sollte es zuvor dort aufklaren, können sich Nebelfelder
bilden.
Die Kaltfront wird aufgrund ihrer annähernd strömungsparallelen Lage über dem
Südwesten schleifend zurückgehalten, wodurch ausgangs der Nacht im Saarland und
in der Pfalz länger andauernder Regen einsetzt.


Sonntag... folgt dem herausschwenkenden Trog ein weiterer, aber relativ breiter
und schwacher Kurzwellentrog, so dass die südwestliche Strömung bestehen bleibt.
Insgesamt gesehen flattert diese Strömung leicht, die hochfrequenten Strukturen
sind im Nordwesten und Norden Deutschlands am ausgeprägtesten. Auch an der
Beschaffenheit der Luftmasse ändert sich nicht allzu viel. Die Kaltfront greift
in ihrem nördlichen Teil unter Abschwächung rasch auf den Nordosten Deutschlands
über, wogegen nach Südwesten hin kaum Verlagerung auszumachen ist. Daher fällt
in einem Streifen von der Pfalz und vom Saarland über den Odenwald und
Nordschwarzwald hinweg bis in den zentralen Mittelgebirgsraum hinein länger
andauernder Regen. Für den westlichen Teil dieses Streifens, d.h. im Saarland
und in der Pfalz, sind sehr wahrscheinlich bis in den Montag hinein 35 bis 50 mm
Niederschlag zu erwarten, so dass eine Dauerregenwarnung erforderlich wird. Für
den Nordschwarzwald und Odenwald ist dies nur mit geringer Wahrscheinlichkeit
der Fall, in den zentralen Mittelgebirgen sollten die Niederschlagsmengen für
eine entsprechende Warnung nicht hinreichend sein.
Aufgrund der leicht labilen Schichtung im Frontbereich muss an deren warmen Rand
mit weiteren Gewittern gerechnet werden, die auch in den Niederschlag
eingelagert sein können. In Verbindung mit diesen Gewittern sind erneut teils
schwere Sturmböen vorstellbar. Die Scherung ist gegenüber der vorherigen Nacht
unverändert hoch, so dass von organisierteren Strukturen hochreichender
Konvektion auszugehen ist. Bedingt durch die kompakte Bewölkung wird nur wenig
CAPE generiert.
Präfrontal, d.h. im Süden und vor allem im Südosten Deutschlands, ist die
Schichtung labiler. Dank Sonneneinstrahlung wird dort etwas CAPE aufgebaut, das
aber gedeckelt ist. Bedingt durch leichten Föhn erfolgt von den Alpen her eine
Austrocknung der Luftmasse, so dass sich ein Hebungskondensationsniveau zwischen
1500 und 2500 m Höhe ergibt. Zudem ist in diesen Gebieten kaum Hebung erkennbar,
so dass Gewitter eher unwahrscheinlich sind.
Als weitere Region sind der Westen und Norden sowie Teile der Mitte zu
betrachten, was den postfrontalen Bereich darstellt. Hebung ist dort am
ausgeprägtesten, genauso auch Scherung, die vor allem bis in die mittlere
Troposphäre in diesen Gebieten am größten ist. Labilität ist ohnehin vorhanden.
Daher können sich in diesen Gebieten wiederholt kurze Gewitter entwickeln, die
mit Böen bis Sturmstärke einhergehen.
Aber auch abseits von Schauern oder Gewittern frischt der Wind tagsüber erneut
auf. Bis ins nördliche Binnenland hinein, an der Ostseeküste sowie in den
Leegebieten der Mittelgebirge sind Windböen Bft 7, an und über der Nordsee, in
den Hochlagen der westlichen, zentralen und nördlichen Mittelgebirge sowie durch
Föhn auf Alpengipfeln Sturmböen Bft 8/9 und auf exponierten Gipfeln (vor allem,
aber nicht nur Brocken) schwere Sturmböen Bft 10 und vereinzelt darüber zu
erwarten.
Mit Tageshöchsttemperaturen zwischen 13 und 18 Grad bleibt es mild. Ein echter
Luftmassenwechsel kommt durch die Kaltfront nicht zustande.

In der Nacht zum Montag stößt ein etwas kräftigerer Kurzwellentrog in die
Biskaya vor. Stromabwärts, d.h. über Mitteleuropa, wird die etwas aufsteilende
Strömung leicht antizyklonal, für einen Höhenrücken reicht es nicht. Dies lässt
die Kaltfront etwa über der Mitte Deutschlands stationär und in ihrem nördlichen
Teil sogar leicht rückläufig werden. Von der Pfalz und vom Saarland bis in den
zentralen Mittelgebirgsraum hinein dauern daher die Niederschläge an, so dass
die o.g. Niederschlagssummen zusammenkommen. Nach wie vor können, wenn auch mit
geringer werdender Wahrscheinlichkeit, am warmen Rand des frontalen
Niederschlagsbandes einzelne Gewitter auftreten. Am Charakter der beteiligten
Luftmasse ändert sich nur wenig. Da jedoch der Oberwind schwächer wird, sollten
in Verbindung mit diesen Gewittern kaum noch stürmische Böen auftreten.
Die labilste Luft hält sich nach dem Nordwesten und ganz im Norden, so dass
zumindest in der ersten Nachthälfte die Gewittertätigkeit in Nordseenähe noch
nicht so recht abklingen dürfte. Danach lässt aufgrund etwas sich verstärkender
Antizyklonalität die Hebung nach.
Der Wind wird schwächer, warnrelevante Böen sind dann auf exponierte Gipfellagen
der Mittelgebirge und der Alpen (dort Sturmböen Bft 8/9) und auf einige
Küstenabschnitte (mit Wind- und anfangs stürmischen Böen Bft 7/8) beschränkt.

Montag... greift der Kurzwellentrog von der Biskaya kommend auf Frankreich über.
Vorderseitig erfolgt ein leichtes Rückdrehen der südwestlichen Strömung. Daher
ändert sich die Lage der diagonal über Deutschland liegenden Kaltfront kaum;
vielmehr beginnt diese als Warmfront rückläufig zu werden. In einem breiten
Streifen vom Saarland und von der Pfalz sind daher weitere, teils länger
andauernde Niederschläge zu erwarten, bis Montagabend kommen noch einmal 10 bis
20, im Saarland und im Pfälzer Bergland in Staulagen bis knapp 30 mm hinzu, so
dass für die dann noch aktive Dauerregenwarnung 48-std. Summen anzusetzen sind.
Bis dahin erfolgt jedoch im Frontbereich eine Stabilisierung; auch ist die
Hebung schwächer, so dass es für Gewitter nicht mehr reichen sollte.
Der Nordwesten wird jedoch erneut von einem nordostwärts ablaufenden, aber
relativ schwachen Kurzwellentrog beeinflusst; einzelne kurze Gewitter sind daher
in Nordseenähe nicht auszuschließen. Da der Oberwind kaum noch mehr als 30 kt
erreicht, sind stürmische Böen selbst an der See eher unwahrscheinlich.
Der Südosten ist nach wie vor durch leichten Föhn begünstigt. Dort sind
Auflockerungen am wahrscheinlichsten. Föhnbedingt können auf Alpengipfeln
weiterhin Sturmböen Bft 8/9 und in exponierten Gipfellagen schwere Sturmböen
auftreten, wobei in hierfür anfälligen Tälern einzelne Windböen bft 7 ebenfalls
nicht auszuschließen sind. Ansonsten sind Sturmböen auf exponierte
Mittelgebirgsgipfel (Brocken, Feldberg im Schwarzwald) beschränkt. Der Gradient
weicht auf, so dass es selbst an der Nordseeküste kaum noch für Windböen Bft 7
reicht.
Die Tageshöchsttemperaturen erreichen 13 bis 18 Grad. Föhnbedingt sind am
Alpenrand noch einmal Maxima um 20 Grad möglich.

In der Nacht zum Dienstag erreicht der Kurzwellentrog von Frankreich kommend
Deutschland und wird wie seine Vorgänger nordostwärts gesteuert. Der Haupttrog
greift derweil unter Abschwächung auf Frankreich über. Über dem mittleren
Nordatlantik entwickelt sich, ausgehend von einem Kaltluftvorstoß aus dem Raum
Neufundland, ein neuer Trog. Nach wie vor bleibt eine südwestliche Strömung
bestehen, aber durch leichte Verlagerung des Zirkulationsmusters nach Osten wird
die weiterhin schleifende Kaltfront nebst ihrem frontalen Niederschlagsband
allmählich nach Osten gedrückt. Der Föhn bricht an den Alpen von Westen her
rasch zusammen, so dass der Wind dann selbst auf Gipfeln nicht mehr warnrelevant
ist.
Die meisten Niederschläge sind dann in einem breiten Streifen vom Hochrhein und
von der Bodenseeregion bis in den östlichen Mittelgebirgsraum hinein zu
erwarten. Da die Kaltfront von schwacher Kaltluftadvektion überlaufen wird,
schwächen sich die Niederschläge allmählich ab. Für warnrelevante Regenmengen
sollte es daher selbst in Staulagen nicht mehr reichen.
Im Norden und Westen wird der Gradient durch einen sich hereinschiebenden
zwischenhochkeil auseinandergezogen. Sollte es in diesen Gebieten aufklaren,
kann sich Nebel bilden. Ausgenommen hiervon ist die Nordseeküste, wo durch einen
weiteren, nach Nordosten ablaufenden Kurzwellentrog die Schauertätigkeit am
Leben gehalten wird. Gewitter sind dort jedoch eher unwahrscheinlich.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle stützen weitgehend die oben beschriebene Entwicklung.
Prognoserelevante Unterschiede lassen sich kaum finden. Lediglich das vom
Südwesten bis in den zentralen Mittelgebirgsraum reichende Niederschlagsband
wird von Modell zu Modell leicht unterschiedlich simuliert, wobei die o.g.
Niederschlagssummen eine Konsensschätzung darstellen, die durch probabilistische
Verfahren untermauert wird.
Bemerkenswert ist, dass UK10 wie bei weiter zurückliegenden (aber nicht allen)
Modellläufen nach wie vor ein kleinräumiges Sturmtief im Programm hat, das am
Sonntag von Belgien kommend entwicklungsgünstig zu einem markanten
Kurzwellentrog liegend über den Nordwesten Deutschlands hinweg in die Ostsee
gesteuert wird. Dabei wird eine Intensivierung bis zu einem Kerndruck unter 990
hPa simuliert. Entlang der Zugbahn dieses Tiefs werden dann schwere Sturm- und
orkanartige Böen gerechnet. Allerdings weist UK10 mit diesem Szenario ein
Alleinstellungsmerkmal auf.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann