DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

27-10-2023 12:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 27.10.2023 um 10.30 UTC



Unbeständiger, teils zu Gewittern und regionalem Dauerregen neigender
Wettercharakter, im Bergland zeitweise stürmisch.
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Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 03.11.2023


Im IFS-EPS dominieren im gesamten mittelfristigen Zeitraum die Wetterlagen Tief
Britische Inseln und Südwest zyklonal. Am Dienstag und Mittwoch mischt dann
vorübergehend noch die südliche Westlage mit. Dabei haben alle aufgeführten
Wetterlagen etwas gemeinsam: Der unbeständige Wettercharakter bleibt bestehen!

Im Detail startet die Mittelfrist am kommenden Montag mit einem Höhentief über
Irland, dessen Trog sich südwärts bis nach Nordwestafrika amplifiziert.
Mitteleuropa und somit auch Deutschland liegen demnach in einer südwestlichen
Grundströmung, die hierzulande vor allem nach Südosten zu leicht antizyklonal
geprägt ist. Bodennah korreliert das Höhentief mit einem Tief etwa an gleicher
Stelle. Gleichzeitig induziert PVA auf der Vorderseite des Troges zwei Randtiefs
über Südwestfrankreich und Andalusien. Dabei legt sich ein Frontenzug
quasiparallel in die Höhenströmung, welche alle Tiefs miteinander verbindet und
sich quer über Deutschland erstreckt. Entsprechend sind vom Südwesten in den
Nordosten sowie nordwestlich davon schauerartig verstärkte Regenfälle zu
erwarten. Der Frontenzug fungiert auch als Luftmassengrenze und trennt warme
Luft (9-13 Grad in 850 hPa) im Südosten von kühlerer Luft (3-9 Grad in 850 hPa)
im Nordwesten. Auf der kalten Seite der Front frischt auch der Wind auf und
erreicht vor allem im Nordseeumfeld sowie auf exponierten Gipfeln wohl
Sturmstärke.

Am Dienstag greift der Trog auf Deutschland über und schiebt bodennah das
Randtief von Südfrankreich über Norditalien und die Grenzregion von Deutschland
und Tschechien hinweg nach Polen. Rückseitig kann sich in Süddeutschland und dem
Alpenraum, ausgehend von einem schwachen Rücken über der Iberischen Halbinsel
und Westfrankreichs, Zwischenhocheinfluss durchsetzen. Mit Verlagerung des
Randtiefs wird auch die Luftmassengrenze im Verlauf ostwärts aus dem Land
transportiert. Vorher werden aber in der Südosthälfte Deutschlands durch
Interaktion von Aufgleiten und PVA kräftige Niederschläge simuliert. Mit
Übergreifen des Troges stehen zudem im Nordwesten und Westen Schauer und auch
einzelne Gewitter auf der Agenda. Von der Ostsee bis nach Rheinland-Pfalz zeigen
die aktuellen IFS-Berechnungen ein Niederschlagsminimum. Bei den Temperaturen
sind schließlich landesweit Werte von 1 bis 4 Grad in 850 hPa zu verzeichnen.
Der Wind ist bevorzugt in den Hochlagen sowie an der Nordsee zu spüren (Bft 7-9)


Am Mittwoch startet in weiten Teilen Deutschlands unter Einfluss eines Rückens
geringer Wellenlänge, der sich vom zentralen Mittelmeerraum über Deutschland
hinweg bis in die nördliche Nordsee aufbäumt. Resultierend ist auch bodennah
zunähst vielerorts schwacher Hochdruckeinfluss wirksam. Lediglich im Nordwesten
und Norden sorgen schwache frontale Prozesse im Umfeld einer Warmfront für
Hebung und entsprechend für signifikante Niederschläge. Im Tagesverlauf
verlagert sich jedoch die Achse des Rückens schon nach Ostdeutschland, sodass
der Westen wieder auf die Vorderseite eines neuen, markanten Kurzwellentroges
gelangt. Dieser korreliert mit einem ebenfalls markanten Bodentrog, in dem ein
Frontenzug eingebettet ist. Dieser greift schließlich am Abend auf den Westen
mit Regenfällen über. Von Mitteldeutschland bis in den Süden werden diese, zur
zunehmend okkludierten Front gehörenden Niederschläge erst in der Nacht zum
Donnerstag erwartet. Das Temperaturniveau ändert sich kaum und liegt weiter
zwischen 1 und 5 Grad in 850 hPa. Mit Überqueren des Frontenzuges kann der Wind
etwas aufleben und regional starke bis einzelne steife Böen hervorbringen.

Am Donnerstag schwenkt der sich abgeschwächte Kurzwellentrog raus, sodass auch
bodennah die frontalen Hebungsprozesse samt resultierenden Regenfällen langsam
das Land Richtung Polen und Ostsee verlassen. Aber der nachfolgende Rücken kann
den bodennahen Zwischenhocheinfluss nur kurzzeitig aufrecht halten. Denn von den
Britischen Inseln schiebt rasch ein neues Höhentief nach und amplifiziert sich
dabei zunehmend südwärts. Schon ab dem Mittag gelangt der Westen Deutschlands
auf die Vorderseite des Troges. Bodennah korreliert das Höhentief mit einem Tief
an gleicher Stelle. Ausgehend von diesem zieht sich ein teils okkludierter
Frontenzug nach Süden und greift ab dem Mittag mit erneuten Regenfällen von
Benelux über. Im Verlauf kann sich am Okklusionspunkt ein eigenständiges
Randtief ausbilden, welches dann von der südlichen Nordsee nach Südnorwegen
schwenkt. PVA und frontogenetische Prozesse sorgen vor allem im Nordseeumfeld,
im Südwesten und an den Alpen für längere anhaltende, kräftige Regenfälle. Mit
Übergreifen des Frontenzuges sind nach aktuellen Berechnungen des IFS vor allem
im Westen und der Mitte starke bis steife, in Hochlagen der Berge auch
stürmische Böen oder Sturmböen möglich. Bei den Temperaturen kann vorderseitig
des Frontenzuges bei Werten von 2 bis 12 Grad in 850 hPa vorübergehend etwas
mildere Luft das Land fluten. Rückseitig strömt schließlich erwärmte Polarluft
ein, sodass die Werte in 850 hPa auf -1 bis 4 Grad sinken.

Am Freitag liegt Deutschland komplett im Einflussbereich des hochreichenden
Tiefs über den Britischen Inseln. Mit der Strömung werden dabei wiederholt
kurzwellige Anteils um das Tief herumgeführt, wobei sich der Haupttrog zunehmend
südwärts bis zur Iberischen Halbinsel bzw. dem westlichen Mittelmeerraum
amplifizieren kann. Der Frontenzug mit seinen Hebungsprozessen verlässt
Deutschland rasch südostwärts und verläuft etwa von Norditalien über Österreich
und die Slowakei hinweg bis nach Polen. Durch kompensierendes Absinken kann sich
nachfolgend über Süddeutschland und dem Alpenraum höherer Luftdruck durchsetzen.
Dennoch bleibt es in der Südhälfte sowie im Nordwesten bei durchziehenden
Schauer unbeständig. Den Wind kann man weiter vor allem im Bergland spüren. Dort
sind erneut stürmische Böen oder Sturmböen möglich. In tiefen Lagen
Süddeutschlands sind allenfalls starke und nur vereinzelte steife Böen zu
erwarten. Die Temperaturen in 850 hPa pendeln dabei zwischen 0 und +6 Grad.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die großskaligen Geopotential- und Luftdruckstrukturen werden von den
vergangenen Läufen konsistent abgebildet. Auch im Detail startet der
mittelfristige Zeitraum am Montag und Dienstag mit vergleichbaren Verteilungen,
sodass auch die Temperatur- und Niederschlagsfelder recht konsistent abgebildet
werden. Ab Mittwoch nehmen die Unterschiede bei der Phasenverschiebung und
Amplitude der Trog-Rücken-Konstrukte signifikant zu. Demnach weisen die beiden
neusten Läufe des IFS zunächst eine stärkere Amplifizierung sowie resultierend
eine langsamere Verlagerung auf. Entsprechend greift die Kaltfront entgegen der
gestrigen 00 UTC-Berechnung (Nacht zum Mittwoch) erst am Mittwochnachmittag auf
den Westen des Landes über. Dafür bleibt die Frontalzone auch in der Nacht
bestimmend, während der gestrige 00 UTC-Lauf auf Basis eines schwachen Rückens
schon wieder Zwischenhocheinfluss zeigte. Ab Donnerstag gehen die neusten beiden
Läufe im Vergleich zum gestrigen 00 UTC-Lauf weiter getrennte Wege. Während der
gestrige 00 UTC-Lauf ausgehend von den Britischen Inseln eine kräftige
Amplifizierung des Troges nach Südwesten bis zu den Kanaren zeigte und somit
eine starke südwestliche Grundströmung induzierte, soll sich der Langwellentrog
bei den neusten Simulationen ostwärts verschieben und nachfolgend über West-
sowie Mitteleuropa bis nach Nordafrika erstrecken. Die Folge wäre ein
regnerischer Donnerstag und Freitag, wobei sich der Schwerpunkt am Freitag in
den Osten des Landes verlagert.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Auch weitere Globalmodelle (ICON, GFS, UK10, GEM) stützen das IFS und weisen bis
Donnerstag eine vergleichbare Geopotential- und Luftdruckverteilung auf. ICON
und IFS sind sogar über den gesamten Zeitraum ähnlich, während GFS ab Donnerstag
in Teilen Europas stärker abweicht. Im Detail zeigen aber auch ICON und IFS bei
der Phase und der Amplitude einzelner Strukturen geringe Unterschiede. Vor allem
zu Beginn des mittelfristigen Zeitraum tendiert ICON zu einer etwas schnelleren
Verlagerung im Vergleich zu IFS und GFS. Zudem wird die Lage des steuernden
hochreichenden Tiefs leicht abweichend abgebildet. Das GEM ähnelt anfangs den
GFS-Verteilungen und zum Ende zunehmend den ICON-Strukturen. UK10 beginnt als
Zwischenlösung von ICON und IFS, nähert sich dann zunehmend dem ICON an, um am
Ende doch dem GFS Konkurrenz zu machen. Insgesamt führt das UK10 also ein
Eigenleben im Multimodellraum.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahnen der Temperatur verschiedener Städte in Deutschland werden über
den gesamten mittelfristigen Zeitraum immer wieder durch Ausreißer aufgespannt.
Zudem ist im Verlauf ein stetiger Anstieg des Spread zu verzeichnen. Insgesamt
spiegeln die Rauchfahnen der Temperatur ein Auf und Ab wieder, was analog zu den
zahlreichen Frontenzügen zu sehen ist. In diesem Sinne kann die Vorhersagegüte
der Temperatur, wenngleich die Mehrzahl der EPS-Member eine signifikante
Drängungszone beschreibt, nur als mäßig bis gut bezeichnet werden. Die
Rauchfahnen des Geopotentials in 500 hPa zeigen dagegen bis einschließlich
Dienstag bei einem geringen Spread eine hohe Vorhersagegüte. Ab Mittwoch spannt
sich aber auch beim Geopotential der EPS-Raum signifikant auf. Ab Donnerstag
wird bei Abweichungen von 40 hPa und einer aufgeweichten Drängungszone die
Vorhersage schwer. Beim Niederschlag zeigen die Mehrzahl der Member durchgehend
eine unbeständige Witterungsperiode.

Bei der Klassifikation des EPS in Grundmuster werden im Zeitraum von +72 bis
+96h insgesamt drei Lösungen benötigt um alle Unsicherheiten zu beschreiben.
Alle Cluster gehören dabei dem Schema einer negativen NAO an. Die Unterschiede
zwischen den Clustern ist gering und betrifft vor allem den Rücken über Ost- und
Südosteuropa, dessen Lage und Intensität etwas abweichend gezeigt wird.
Im Zeitraum von +120 bis +168h erklären sechs Cluster die Unsicherheiten im
EPS-Raum. Dabei sind weiter alle Lösungen dem Schema einer negativen NAO
zugeordnet. Haupt- und Kontrolllauf sind im dritten Cluster zu finden. Das erste
Cluster neigt in weiten Teilen Europas zu tieferem Geopotential und tendiert zum
Ende des Zeitraums zur GFS-Lösung. Cluster 2 zeigt dagegen einen stärken Rücken
über dem östlichen Mitteleuropa und somit einem Aufsteilen der Strömung. Das
dritte Cluster ist zwischen den beiden Erstgenannten anzusiedeln. Das vierte
Cluster beschreibt vergleichbare Strukturen zur ersten Lösung. Das fünfte
Cluster ist ebenfalls dem ersten Cluster ähnlich, dabei aber deutlich intensiver
unterwegs. Die sechste Lösung ist dann aber wieder dem zweiten Cluster
zuzuordnen.
In der erweiterten Mittelfrist sind vier Lösungen notwendig um alle Unterschiede
im EPS-Raum einzufangen. Dabei ist die Grundausrichtung ähnlich, was sich auch
darin bemerkbar macht, dass alle Lösungen weiter der negativen NAO zugeordnet
sind. Signifikante Unterschiede weist allenfalls Cluster 4 im Verlauf auf.

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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Am Montag sind vom Westen in den Norden vereinzelte Gewitter mit Sturmböen
möglich. Zudem kann es im Südwesten durch die quasi strömungsparallele Front
regional zu markantem Dauerregen kommen, Wahrscheinlichkeiten derzeit bis 10%.
Im Nordseeumfeld sowie in Hochlagen sind stürmische Böen bei Werten von 15 bis
35% gering wahrscheinlich, in Gipfellagen bei Werten bis 90% wahrscheinlich.

Am Dienstag sind in der Westhälfte sowie dem Südosten erneut vereinzelte
Gewitter mit stürmischen Böen oder Sturmböen möglich. An den Alpen ist bei
vergleichbaren Wahrscheinlichkeiten wie am Vortag im Südwesten markanter
Dauerregen gering wahrscheinlich. In den süddeutschen Mittelgebirgen und den
Alpen werden bei Wahrscheinlichkeiten von 10 bis 90% je nach Höhenlage teils
stürmische Böen oder Sturmböen erwartet.

Am Mittwoch gibt es allenfalls in einzelnen Gipfellagen geringe Hinweise für
markante Böen, in der Nacht zum Donnerstag sind auch an exponierten auflandigen
Küstenabschnitten der Ostsee stürmische Böen nicht ausgeschlossen.

Am Donnerstag gibt es von der Probabilistik im Südwesten vor allem im Bergland
sowie in Nordfriesland geringe Hinweise bis 10% für Dauerregen. Zudem zeigt auch
MosMix entsprechende Mengen. Neben dem Niederschlag lebt auch der Wind auf und
erreicht im Bergland und an Teilen der Nordsee steife bis stürmische Böen, in
Gipfellagen auch Sturmböen.

Der EFI des IFS zeigt am Montag im Südwesten sowie am Dienstag im Süden im
Vergleich zum Modellklima leicht überdurchschnittliche Regenmengen. Zudem weist
der EFI für Donnerstag im Westen und Südwesten etwas windigere und regenreichere
Bedingungen auf.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS-EPS, ICON-EPS, bei TT auch MosMix
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Lars Kirchhübel