DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

26-10-2023 07:01
SXEU31 DWAV 260800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 26.10.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
SW z. Wechselhaft, zeitweise windig und mild.

WIND:
Heute in den Kamm- und Gipfellagen der süddeutschen Mittelgebirge und der Alpen
erneut auffrischender Südwestwind mit Sturmböen, exponiert auch mit schweren
Sturmböen (Bft 9 bis 10). Am Abend und in der Nacht zum Freitag abflauender
Wind, am Freitag im süddeutschen Bergland erneut auflebend mit Sturmböen Bft 8/9
in höheren Berglagen und exponiert einzelnen schweren Sturmböen. In der Nacht
zum Samstag abflauend.
Am Samstag in den Hochlagen der südwestdeutschen, westlichen und nördlichen
Mittelgebirge erneut einzelne Sturmböen Bft 8/9. In der Nacht zum Sonntag weiter
zunehmend, exponiert dann einzelne schwere Sturmböen (Bft 10). Darüber hinaus an
der Nordsee auffrischender Wind um Süd mit Sturmböen Bft 8/9.

DAUERREGEN:
Im Schwarzwald teils kräftiger Regen. Mit den bisher gefallenen Mengen bis
Freitagmittag 30 bis 50 l/qm, in Staulagen bis 70 l/qm.
Auch im Oberallgäu zumindest in Staulagen bis Freitagnachmittag Dauerregen mit
Mengen um 50 l/qm möglich.

GEWITTER:
In der Nacht zum Sonntag und Sonntagfrüh im Nordwesten kurze Gewitter, dabei
Gefahr schwerer Sturmböen (Bft 10).


Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
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Donnerstag... liegt Deutschland an der Vorderseite eines breiten Troges über dem
nahen Ostatlantik, der wiederholt regeneriert wird. Mit einer südwestlichen
Strömung werden in rascher Folge Frontensysteme über Mitteleuropa hinweg
ost-nordostwärts gesteuert, wodurch milde Luft wetterbestimmend ist. In den
Nächten bleibt es daher durchweg frostfrei. Die Frontalzone liegt relativ weit
südlich und erstreckt sich von Galizien über den Alpenraum und die Ukraine
hinweg zum südlichen Ural.
Aktuell überquert ein Trog den Nordosten Deutschlands, was die dort noch
vorhandenen Niederschläge nach Polen abziehen lässt. Vorübergehend ist die
Frontalzone leicht antizyklonal konturiert. Für ein Zwischenhoch und somit
größere Auflockerungen reicht es nicht, da nach wie vor leichte
Warmluftadvektion erfolgt. Zumindest haben in weiten Teilen Deutschlands die
Niederschläge erst mal nachgelassen. Ein weiterer Kurzwellentrog greift bis
heute Abend auf Westfrankreich über. Vorderseitig sich etwas verstärkende
Warmluftadvektion, die in Verbindung mit einem okkludierenden Frontensystem
steht, lässt von Südwesten her rasch wieder Niederschläge aufkommen, die bis zum
Abend bis auf die Mitte übergreifen.
Bedingt durch die südliche Lage der Frontalzone frischt im süddeutschen Bergland
der Wind mit Sturmböen Bft 8/9 in höheren Gipfellagen auf. Exponiert sind
schwere Sturmböen nicht auszuschließen. Zudem konzentriert sich auch auf diese
Gebiete das Niederschlagsgeschehen. In Staulagen der südwestdeutschen
Mittelgebirge und im Oberallgäu kommen bis in den Freitag hinein 30 bis 50,
exponiert um 70 mm Niederschlag zusammen. Daher ist für diese Gebiete eine
Dauerregenwarnung aktiv bzw. vorgesehen. Die Tageshöchsttemperaturen erreichen
10 bis 14, im Süden bis 16 Grad.

In der Nacht zum Freitag rückt der Trog von Westfrankreich kommend bis in den
Westen Deutschlands vor. Vorderseitiger Druckfall erfasst den Westen
Deutschlands, wodurch der Gradient im Westen und Südwesten leicht anzieht. Nach
einem vorübergehenden Abflauen des Windes in höheren Lagen frischt dieser
ausgangs der Nacht mit Windböen in den Hochlagen der Mittelgebirge westlich des
Rheins und Sturmböen Bft 8/9 im Schwarzwald und in den Hochlagen des Allgäus
erneut auf. Ansonsten ist der Wind nicht warnrelevant.
Das Niederschlagsgeschehen konzentriert sich dann auf das westliche Bergland und
den Südosten Deutschlands und dort vor allem den Alpenrand. Warnrelevante Mengen
sind jedoch nur im Schwarzwald und im Allgäu zu erwarten. Aufgrund des
vorhandenen Gradienten und der weitgehend geschlossenen Bewölkung sollte kaum
Nebel zustande kommen.

Freitag... überquert der Kurzwellentrog das Vorhersagegebiet, gefolgt von einem
flachen Rücken und einem weiteren kurzwelligen Trog, der bis zum Abend bereits
über Ostfrankreich zu finden ist. Hebung, die im Wesentlichen aus positiver
Vorticityadvektion resultiert, lässt die Niederschläge nordostwärts bis etwa zur
Elbe ausgreifen. Lediglich im Nordosten bleibt es, abgesehen von ein paar
Schauern in Ostseenähe, weitgehend niederschlagsfrei.
Bedingt durch den nachfolgenden flachen Rücken lassen die Niederschläge im Süden
vorübergehend nach. Im Westen und im Süden sind vor allem in den leegebieten der
Mittelgebirge ein paar Auflockerungen vorstellbar, aber es bleibt im
Tagesverlauf auch in diesen Gebieten nicht ganz niederschlagsfrei. Zudem frischt
der Wind im Süden erneut auf. In höheren Lagen der südwest- und süddeutschen
Mittelgebirge sowie der Alpen sind Sturmböen Bft 8/9 zu erwarten; exponiert
können einzelne schwere Sturmböen nicht ganz ausgeschlossen werden. Bedingt
durch den Leitplankeneffekt kommen im Alpenvorland auch in tieferen Lagen
Windböen Bft 7 auf. Mit Böen Bft 7 muss aber auch in einigen freien Lagen
Süddeutschlands gerechnet werden.
Die Tageshöchsttemperaturen erreichen 9 bis 14, in tieferen Lagen
Südwestdeutschlands bis 16 Grad.

In der Nacht zum Samstag überquert ein weiterer Kurzwellentrog das
Vorhersagegebiet. Mit diesem erfasst das nächste Niederschlagsgebiet den
Südwesten und greift bis auf den zentralen und östlichen Mittelgebirgsraum über.
Das vorheringe Niederschlagsband erfasst dann den Norden Deutschlands. Dabei
bleibt der Gradient nahezu unverändert, so dass in den Hochlagen der südwest-
und süddeutschen Mittelgebirge sowie im Allgäu weiterhin mit Sturmböen Bft 8/9
zu rechnen ist. Ansonsten ist der Wind nicht warnrelevant. Bedingt durch den
Gradienten und weitgehend geschlossene Bewölkung ist Nebel eher
unwahrscheinlich.


Samstag... gelangt Mitteleuropa unter einen breiten, aber flachen Höhenrücken.
Vielmehr handelt es sich hierbei um ein stärkeres Auffächern der Frontalzone.
Daher werden die Niederschläge nach Norden abgedrängt. Wenngleich es nicht für
ein Zwischenhoch reicht, so zeichnen sich neben dem Süden Deutschlands auch in
den Leegebieten der Mittelgebirge, d.h. an deren Nordostseiten, Auflockerungen
ab. Im Südosten sind längere sonnige Abschnitte möglich. Allerdings bereitet im
Tagesverlauf von Westen her einsetzende und sich verstärkende Warmluftadvektion
den Auflockerungen ein baldiges Ende. Im Tagesverlauf setzt von Westen her neuer
Regen ein.
Die Warmluftadvektion steht in Verbindung mit der Warmfront eines sich Irland
nähernden Randtiefs. Dieses liegt zunächst entwicklungsgünstig zu einem
nachfolgenden Trog und intensiviert sich bis zu einem Kerndruck knapp unter 975
hPa. Vorderseitiger Druckfall bewirkt im Nordwesten und Westen Deutschlands
sowie auch in Teilen der Mitte eine erneute Gradientzunahme, wobei der Wind eher
auf Südwest rückdreht. Im westlichen Bergland muss dann mit Windböen, in
exponierten Gipfellagen der südwestdeutschen und nördlichen Mittelgebirge mit
Sturmböen Bft 8/9 gerechnet werden. Durch einsetzenden leichten Föhn kommen auch
auf Alpengipfeln Sturmböen auf. Mit der Winddrehung auf Südwest wird oberhalb
der Grundschicht wärmere Luft herangeführt. In Bodennähe macht sich dies noch
kaum bemerkbar, so dass sich gegenüber den Vortagen keine wesentliche
Temperaturänderung ergibt.

In der Nacht zum Sonntag wird ein Trog vom Seegebiet unmittelbar westlich von
Irland in die Nordsee gesteuert und streift dabei den Nordwesten Deutschlands.
Vorderseitig wird ein Schwall feuchtlabiler Luft nach Deutschland geführt. Der
Gehalt an niederschlagbarem Wasser erreicht 20 bis 25 mm, die Schichtung ist vor
allem im Nordwesten einigermaßen labil. Zwar wird kaum CAPE generiert, aber die
Hebung, die durch den nach Nordosten ablaufenden Kurzwellentrog generiert wird,
kann durchaus für konvektive Umlagerungen hinreichend sein. Die Scherung lieg
sowohl hochreichend als auch niedertroposphärisch (dort mit 20 bis über 25 m/s)
in einem mehr als signifikanten Bereich. Zudem ist das
Hebungskondensationsniveau mit 400 bis 800 m relativ niedrig. Demzufolge können
an der schleifend auf den Nordwesten und Westen Deutschlands übergreifenden
Kaltfront organisiertere konvektive Umlagerungen auftreten. Staffelartige,
möglicherweise sogar rotierende Strukturen können nicht ausgeschlossen werden.
Ein Oberwind, der im 850 hPa-Niveau 50 bis 60 kt erreicht, deutet in Verbindung
mir kräftigeren Schauern und kurzen Gewittern auf Sturm- und schwere Sturmböen
hin. Aber bedingt durch die Gradientzunahme in weiten Teilen Deutschlands
frischt der Wind im Nordwesten, Westen und in den mittleren Regionen erneut auf.
Im Bergland und in den Leegebieten der dortigen Mittelgebirge setzen Windböen
ein, in höheren Berglagen muss mit Sturmböen Bft 8/9 gerechnet werden, auf dem
Brocken können dann wieder schwere Sturmböen auftreten. Aber auch an der Nordsee
erfolgt eine Windzunahme. An der Küste sind Windböen Bft 7, auf den
Nordfriesischen Inseln stürmische Böen und über der offenen Nordsee Sturmböen
Bft 9 um Süd zu erwarten. An den Alpen dauert die Föhnsituation mit Sturmböen
Bft 8/9 in höheren Berglagen an.
Lediglich im Südosten bleibt die Gradientzunahme aus. Deutlich abseits der Alpen
ist es windschwach. Sollte es zuvor dort aufklaren, können sich Nebelfelder
bilden.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle stützen weitgehend die oben beschriebene Entwicklung.
Prognoserelevante Unterschiede lassen sich bis Samstagmittag kaum finden. Erst
danach wird das Randtief bei Irland leicht unterschiedlich simuliert. EZMW und
UK10 verlagern dieses Tief nach Cornwall, GFS in die mittlere Nordsee.
Bemerkenswert ist zudem der markante und auch scharfe Trog, den UK10 in der
Nacht zum Sonntag auf den Nordwesten Deutschlands übergreifen lässt. Für Details
gilt es aber, noch weitere Modellläufe abzuwarten.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann