DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

25-10-2023 10:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 25.10.2023 um 10.30 UTC



Wechselhaft mit wiederholten Regenfällen, vor allem an den Küsten und im
Bergland auch zeitweise Sturm. Mild bis sehr mild.
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Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 01.11.2023


Zu Beginn des Mittelfristzeitraumes lässt sich die Großwetterlage dem Muster
"Südliche Westlage" zuordnen, also einer Westwetterlage mit recht weit südlich
verlaufender Frontalzone. Im Verlauf dreht die Höhenströmung Richtung Südwest,
damit wird man die Lage zunehmend dem Muster "Südwest zyklonal" zuordnen müssen,
wobei das Geopotential bei uns recht niedrig bleibt. Dies liegt nicht etwa an
einem niedrigen Temperaturniveau, nein, vielmehr ist es der bereits niedrige
Luftdruck am Boden, der sich auch in der mittleren Troposphäre widerspiegelt.
Das Temperaturniveau ist dabei insbesondere in der Grenzschicht für die
Jahreszeit recht hoch, zumal die bodennahen Schichten meist recht gut
durchmischt werden.

Doch nun zu den Details: Zu Beginn des Mittelfristzeitraumes am Samstag verläuft
nach IFS die westsüdwestliche Höhenströmung recht weit südlich und ist über
unserem Land leicht antizyklonal geprägt. Das spiegelt sich auch bodennah in
einem flachen, von Süden her zu uns gerichteten Hochkeil, wider. Gleichzeitig
herrscht auch im hohen Norden, also von Grönland über das nördliche Nordmeer bis
nach Nordrussland hoher Druck, während die Tiefs in etwa zwischen 55 und 60°N
entlang ostwärts ziehen. Diese Konstellation hat auch schon recht kalte Luft in
Skandinavien einfließen lassen, während ein kräftiges Tief nordwestlich Irlands
milde Luft nach Deutschland lenkt. Dies geschieht aufgrund eines recht kräftigen
Gradienten mittels recht kräftigen, im Nordwesten stark böigen Südwestwindes.
Zudem ist die Luftmasse feucht und produziert zeitweilige Regenfälle. Ein
Randtief, welches in der Nacht zum Sonntag durch den Ärmelkanal zieht, lässt den
Wind im Nordwesten stürmisch auffrischen und die Regenfälle sich intensivieren.

Dieses Randtief zieht am Sonntag nach Südskandinavien und sorgt im Nordwesten
Deutschlands für Sturm. Die Kaltfront des Tiefdrucksystems wird nach Deutschland
hereingeführt und gerät auf einer Linie Saarland-Sachsen ins Schleifen. Sie legt
sich parallel in die Höhenströmung, die sich etwas Richtung Südwest dreht und
sich im Vergleich zum Vortag deutlich verstärkt. An und rückseitig der Kaltfront
kommt es in der Nordwesthälfte zu Regenfällen und Schauern. Dort fließt eine
erwärmte Polarluft mit etwa 4 bis 8°C in 850 hPa ein, in der es aufgrund guter
Durchmischung sehr mild mit Höchstwerten über 15°C wird. In den Süden fließt
eine Luftmasse subtropischen Ursprungs mit 10 bis 12°C in 850 hPa. Dort wird es
von hohen Wolken abgesehen recht freundlich und ebenso sehr mild, an den Alpen
kann leichter Föhn die Temperatur auf über 20°C treiben.

Am Montag drückt zum einen ein Trog Kaltluft nach Südskandinavien, zum anderen
sorgt eine Austrogung über Westeuropa für eine aufsteilende Strömung westlich
unseres Landes, was bei uns einen Höhenkeil zur Folge hat. Dieser macht sich mit
leichtem Hochdruckeinfluss von Südosten her bemerkbar. Auf der Rückseite des
ehemaligen Randtiefs, das mittlerweile ein steuerndes Tief geworden ist, ist es
immer noch windig und die skandinavische Kaltluft drückt mit dort auf Nord
drehendem Wind in den Norden Schleswig-Holsteins. Dort wird es deutlich kälter
und es regnet. Die andere Kaltfront wird hingegen von einem Tief über dem
Ärmelkanal nach Norden gedrückt, bringt aber tagsüber vor allem nur den
westlichen Landesteilen etwas Regen. Im Süden bleibt es freundlich und es wird
sogar noch etwas wärmer, vor allem in Alpennähe, wo sich der Föhn verstärken
soll. In der Nacht zum Dienstag verstärkt sich das Tief im Ärmelkanal mit
Trogannäherung. Damit wird die Luftmassengrenze im Norden mit recht kräftigen
Regenfällen als Warmfront wieder nach Norden geführt. Gleichzeitig lässt eine
von Westen ins Land eindringende Kaltfront den Föhn zusammenbrechen und bringt
auch den übrigen Landesteilen etwas Regen. Vor allem im Nordwesten kann es dabei
wieder sehr windig sein.

Am Dienstag zieht diese Kaltfront nach Osten ab und bringt vor allem dem
Südosten kräftigen Regen. Das Tief soll in der Nähe der niederländischen Küste
verbleiben. Es lenkt erwärmte Polarluft ins ganze Land, was mit einem
Geopotentialverlust und damit einem Höhentrog einhergeht. Vor allem im
Nordwesten kommt es zu schauerartigen Regenfällen und es bleibt sehr windig.
Daran ändert sich auch in der Nacht zum Mittwoch nichts, wenn das Tief in die
Deutsche Bucht ziehen soll.

Am Mittwoch schwenkt der Höhentrog nach Osten und mit ihm zieht das sich
abschwächende Tief nach Polen. Damit schwächt sich der Wind ab. Ein neuer
Höhentrog schwenkt in die Biskaya, so dass sich über uns ein Rücken bildet, der
für abklingenden Regen sorgt. Gebietsweise könnte es sogar recht sonnig werden.

Im weiteren Verlauf bleibt es bei milden und zyklonalen westlichen und
südwestlichen Wetterlagen. Dabei soll sich nach IFS auf dem Atlantik westlich
Irlands ein monumentales Zentraltief einnisten, ein Hoch dagegen über
Skandinavien. Dabei käme der Wind aus überwiegend südlichen Richtungen, es
könnte aber durchaus etwas Kaltluft aus dem Hoch ausfließen und vielleicht bis
in den Nordosten unseres Landes gelangen. Die hauptsächliche zyklonale Aktivität
und damit die fortwährende Bewässerung bliebe dann auf die Westhälfte des Landes
beschränkt.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Konsistenz des aktuellen Laufs mit den beiden Vorgängerläufen kann
allenfalls am Samstag noch als gut bezeichnet werden. Bereits am Sonntag tun
sich größere Unterschiede auf: Die Abspaltung des Randtiefs hatte der gestrige
00-UTC-Lauf noch gar nicht auf dem Plan, der 12-UTC-Lauf hat dann Zentral- und
Randtief weiter westlich simuliert. Danach gehen die Entwicklungen zwar ähnlich
weiter, allerdings tauchte das zweite kräftige Tief aus dem Ärmelkanal am
Dienstag auch erst im gestrigen 12-UTC-Lauf auf. Diese Entwicklung hängt wohl
auch damit zusammen, dass die jüngeren beiden Läufe die skandinavische Kaltluft
näher zu uns heranrücken lassen. Dafür ließ der gestrige 00-UTC-Lauf dann am
Mittwoch die kalte Luftmasse mit einem kräftigen Trog weit nach Süden bis in den
Süden Deutschlands ausgreifen. Das zum Ende der nächsten Woche erwartete sehr
starke Tief, simulieren alle drei Läufe, allerdings soll es nach dem gestrigen
12-UTC-Lauf nicht auf dem Atlantik blieben, sondern mit unter 955 hPa (!) über
den Süden Englands ziehen.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Der Vergleich der deterministischen 00-UTC-Läufe der verschiedenen
Vorhersagemodelle (untersucht wurden: IFS, ICON, GFS, UK10 und GEM) offenbart
eine Einigkeit ähnlich der Ampelregierung: Lediglich am Samstag sind die Modelle
noch im Gleichklang. Bereits am Sonntag ist die Behandlung des Randtiefs, das in
leicht unterschiedlicher Stärke, auf leicht unterschiedlicher Zugbahn und in
unterschiedlichen Zuggeschwindigkeiten simuliert wird, sehr verschieden. Dies
hat insbesondere eine unterschiedliche Wind-/Sturmprognose für den Norden zur
Folge. Im weiteren Verlauf zeigen alle Modelle weiterhin zyklonal geprägtes
Wetter, allerdings mit zum Teil sehr unterschiedlichen Zugbahnen der einzelnen
Tiefs und zur Mitte der nächsten Woche auch mit größerer Unsicherheit bezüglich
der Luftmassen, da z.B. bei GFS auch mal Meereskaltluft bis in den Süden
Deutschlands vordringt.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Das IFS-Ensemble verteilt sich im Zeitraum von Montag bis Mittwoch auf drei
Cluster. Diese sind sich insgesamt doch sehr ähnlich und zeigen allesamt die
südwestliche Wetterlage mit recht niedrigem Geopotential (Regime "negative NAO",
da das tiefe Potential weit in den Süden reicht, dagegen hohes Potential über
dem hohen Norden Europas liegt). Die Unsicherheiten der Prognose für die
kommende Woche liegen eher in der Zugbahn von mitunter recht kleinen
Einzeltiefs, bezüglich derer die Clusteranalyse kaum differenzieren kann.
Interessanter sind die Cluster für den Zeitraum von nächstem Donnerstag bis
Samstag. Dazu gibt es vier Cluster, wobei zwei davon (C1 und C3, zusammen 28
Mitglieder) einen sehr starken Trog (der zu dem oben beschriebenen kräftigen
Tief gehört) bis nach Mitteleuropa vorankommen lassen (zum Samstag). C2 (13
Mitglieder) ist mit diesem Trog weniger progressiv. C4 (10 Mitglieder, Haupt-
und Kontrolllauf) lässt den Trog nur bis Westeuropa vorankommen, so dass wir in
einer südlichen Strömung verbleiben. Das heißt aber auch, dass der
deterministische 00-UTC-Lauf eher ein Außenseiter ist, wohingegen der gestrige
12-UTC-Lauf besser vom heutigen Ensemble gestützt wird.

Die Rauchfahnen für verschiedene Städte Deutschlands verlaufen insbesondere nach
Norden hin bei Temperatur und Geopotential vergleichsweise glatt, also mit nur
geringen Schwankungen und langsam ansteigender Streuung. Richtung Süden zeigt
sich ein Maximum der Temperatur am Montag, bedingt durch die Drehung der
Strömung auf Südwest und den Föhn. Der Temperaturrückgang wird dabei sehr
übereinstimmend simuliert. Was bei allen Rauchfahnen auffällt: Gegen Ende,
nächsten Freitag, geht das Ensemblemittel des Geopotentials deutlich zurück,
während der Hauptlauf auf hohem Niveau verharrt. Ansonsten verbleibt noch zu
konstatieren, dass alle Regionen im Mittelfristzeitraum mit wiederholten und
teils recht ergiebigen Regenfällen gesegnet werden.

Die Rauchfahnen des GFS verlaufen noch konstanter. Die Warmluft zu Beginn der
Woche kommt dabei im gesamten Ensemble deutlich weniger weit nach Norden voran
als beim IFS. Zum Ende zeigt auch das GFS-Ensemble einen deutlichen Rückgang des
Geopotentials, was vom Hauptlauf nur mit Verzögerung und nur im Norden
nachvollzogen wird. Bezüglich des Niederschlages hat auch GFS reichlich Signale
im Angebot.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


EFI:
Für Sonntag zeigt der EFI ein deutliches Sturmsignal für die Nordwesthälfte
Deutschlands. In den darauffolgenden Tagen gibt es Signale in den Alpen, die
wohl den Föhn andeuten.
Auch Regensignale gibt es, am Sonntag im Nordwesten, am Montag im Südwesten, am
Dienstag im Südosten (schwächer).
Hydrologisch interessant ist vielleicht der Niederschlags-EFI für 10 Tage, der
mit hohen Signalen in der gesamten Westhälfte Deutschlands aufwartet.

Dauerregen:
Für Sonntag bringt Cosmo-LEPS ein leichtes Signal für Dauerregen über 30 l/qm
innert 24 Stunden in der Eifel.

Sturm:
Am Sonntag zeigen Cosmo-LEPS und IFS-EPS erhöhte Wahrscheinlichkeiten für
stürmische Böen/Sturmböen sowohl über der Nordsee als auch im höheren Bergland.
Am Montag gibt es dann Signale sowohl über der Nordsee als auch über der Ostsee
sowie im nördlichen Bergland. Für Dienstag und Mittwoch deuten sich derzeit beim
IFS-EPS nur recht geringe Wahrscheinlichkeiten für Sturmböen an der See an.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-MIX, IFS-EPS
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VBZ Offenbach / Dipl.-Met. Peter Hartmann