DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

22-10-2023 07:01
SXEU31 DWAV 220800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 22.10.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
T B - weiterhin wechselhaft und mild, in den Nächten frostfrei.

WIND: Heute zunächst noch an der Nordseeküste stürmische, auf dem Brockenplateau
Sturmböen Bft 9, zum Abend hin abflauend. Montag zum Abend hin an und in den
Alpen einsetzender Föhn mit Sturmböen Bft 8/9 in höheren Berglagen. Ab
Dienstagmittag nachlassend. Darüber hinaus nur auf exponierten
Mittelgebirgsgipfeln einzelne Sturmböen. In der Nacht zum Dienstag an der Küste
auffrischender Wind, in exponierten Küstenlagen und über der offenen See mit
stürmischen Böen.


Synoptische Entwicklung bis Dienstag 24 UTC
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Sonntag... liegt Deutschland an der Vorderseite eines Langwellentroges, der von
Südgrönland über den nahen Ostatlantik hinweg bis unmittelbar vor die Iberischen
Halbinsel reicht. Aus diesem Trog laufen wiederholt kurzwellige Anteile nach
Nordosten ab. Einer dieser Kurzwellentröge schwenkt vom Westen Deutschlands über
den Norden hinweg nordostwärts. Das korrespondierende Randtief wird über die
Nordsee hinweg in Richtung Jütland gesteuert, dabei jedoch durch diesen Trog
überlaufen und beginnt sich ab Mittag aufzufüllen. Dennoch reicht der Gradient
im Nordwesten für Windböen und an der Nordfriesischen Küste für stürmische Böen.
Über der offenen See sind Sturmböen Bft 9 nicht ganz auszuschließen. Selbiges
gilt für exponierte Gipfel (Brocken, Feldberg im Schwarzwald). Bereits ab Mittag
flaut der Wind wieder ab, letzte warnrelevante Böen treten an der Nordseeküste
gegen Abend auf.
Mit diesem Trog erfassen Niederschläge den Nordwesten und Westen Deutschlands.
Durch einen weiter östlich ablaufenden Kurzwellentrog wird zunächst auch noch
der äußerste Osten von Niederschlägen gestreift. Im Süden und größtenteils auch
über der Mitte sowie später am Tag im Osten macht sich zusehends antizyklonaler
Einfluss, der von einem Bodenhoch über dem Alpenraum ausgeht, bemerkbar.
Absinken lässt größere Auflockerungen zustande kommen. Mit
Tageshöchsttemperaturen zwischen 14 und 19 Grad und um 12 Grad im höheren
Bergland bleibt es relativ mild.

In der Nacht zum Montag wird das vom Alpenraum ausgehende Bodenhoch durch einen
sich zusehends aufwölbenden Höhenrücken, der sich von den Benelux-Staaten nach
Schottland erstreckt, gestützt. Hierdurch weitet sich das Hoch noch etwas nach
Norden aus. Ein aus dem o.g. Trog nach Nordosten ablaufender kurzwelliger Anteil
generiert im Lee der Pyrenäen (und somit weiter östlich, als es weiter
zurückliegende Modellläufe gezeigt hatten) eine schwache Zyklogenese.
Vorderseitiger Druckfall, induziert durch kräftige Warmluftadvektion, erfasst
Frankreich. Von dieser Entwicklung bleibt Deutschland zunächst noch verschont.
Vielmehr stellen sich geringe Luftdruckgegensätze ein, so dass sich in der
feuchtmilden Luft im Süden und in Teilen der Mitte gebietsweise dichter Nebel
bilden kann.

Montag... wird das Tief vom Nordrand der Pyrenäen über die Bretagne hinweg zum
Ostausgang des Ärmelkanals gesteuert. Allerdings wird auch dieses Tief durch den
nach Nordosten schwenkenden Kurzwellentrog überlaufen und intensiviert sich
daher nicht mehr. Da aber der stromabwärts liegende Höhenkeil nur sehr zögernd
nach Osten vorankommt und nach wie vor über Deutschland liegt, bleibt der
antizyklonale Einfluss und somit auch die geringen Luftdruckgegensätze bestehen.
In den Gebieten, in welchen sich in der Nacht zuvor dichter Nebel bilden konnte,
wird sich dieser nur sehr zögernd oder nicht mehr auflösen. Eine leichte
Gradientzunahme im Westen Deutschlands lässt kaum Durchmischung aufkommen, da
der Aufzug mehrschichtiger Bewölkung, der aus trogvorderseitiger
Warmluftadvektion resultiert, die Auflösung von Nebel und Hochnebel zusätzlich
unterbindet. Im Tagesverlauf setzt in den westlichen Landesteilen Regen ein.
Erst zum Abend hin dürfte der Wind im westlichen Bergland etwas auffrischen,
wahrscheinlich aber, ohne Warnschwellen zu erreichen. Bedingt durch die steile
und zunehmende südwestliche Strömung kann an und in den Alpen leichter Föhn mit
Sturmböen Bft 8/9 in exponierten Berglagen und Windböen Bft 7 in den hierfür
anfälligen Tälern aufkommen.
Aufgrund der leichten Verlagerung des Bodenhochs nach Osten kommt eine schwache
südöstliche bodennahe Windkomponente zustande. Somit sind Auflockerungen im Lee
der östlichen Mittelgebirge und im Südosten am wahrscheinlichsten. Folglich ist
die Temperaturentwicklung in Abhängigkeit von der Auflösung von Nebel und
Hochnebel zu betrachten. Ist dies der Fall, werden noch einmal milde 12 bis 17
Grad erreicht. In Gebieten mit sehr zähem Nebel dürfte die 10 Grad-Marke kaum
überschritten werden.

In der Nacht zum Dienstag verlagert sich das gesamte Zirkulationsmuster etwas
nach Osten. Der Kurzwellentrog gelangt unter Abflachung in die Nordsee, der
flankierende Keil mit seiner breiten Achse nach Westpolen. Der Haupttrog
arbeitet sich währenddessen bis nach Westfrankreich vor. Das mit dem
Kurzwellentrog korrespondierende Bodentief wird über die Doggerbank in die
westliche Nordsee gesteuert und verlagert sich somit etwa 200 km weiter östlich
nach Norden als das dies weiter zurückliegende Modellrechnungen simuliert
hatten. Vorderseitiger Druckfall lässt an der Nordseeküste und auch in
exponierten Mittelgebirgslagen westlich des Rheins Windböen und über der offenen
See stürmische Böen bis Bft 8 aus Südost aufkommen. Das Frontensystem dieses
Tiefs greift zwar mit geringen Niederschlägen auf Deutschland über, wird aber
durch eine über Südfrankreich ansetzende Welle zurückgehalten. Bedingt durch die
Gradientzunahme und meist mehrschichtige Bewölkung ist die Nebelneigung nur
gering.

Dienstag... verbleibt das Bodentief über der westlichen Nordsee und verlagert
sich dort noch etwas nach Norden. Dieses Tief profitiert von dem Haupttrog, der
weiter nordostwärts schwenkt und auf den Nordwesten Deutschlands übergreift.
Warmluftadvektion an dessen Nordflanke generiert Hebung, so dass das Tief über
der Nordsee keine Intensitätsänderung erfährt. Durch diese Warmluftadvektion
induzierter Druckfall erfasst mit einer flachen Tiefdruckrinne auch den Norden
Deutschlands.
Nach wie vor hält sich ein Hoch über Fennoskandien. Zu diesem Hoch hin erfolgt
eine leichte Gradientverschärfung, wodurch der Wind an der Ostseeküste bis hin
zu Böen Bft 7, in exponierten Küstenlagen und über der offenen See mit
stürmischen Böen aus Ost bis Südost, auffrischt. Auch an der Nordsee erfolgt
eine Windzunahme, was durch das o.g. Bodentief bedingt ist. An einigen
Küstenabschnitten sind ebenfalls Windböen, über der offenen Nordsee stürmische
Böen, hier aber aus Südwest bis Süd vorstellbar.
Das Frontensystem dieses Tiefs, das in o.g. Tiefdruckrinne eingelagert ist, wird
zunächst durch Kaltluftadvektion überlaufen und ist daher nur wenig
wetterwirksam. Allerdings intensivieren sich ab den Frühstunden bereits von
Südwesten her und im Tagesverlauf auch in den anderen Gebieten an der durch eine
Welle über Südfrankreich rückläufig werdenden Front die Niederschläge.
Warnschwellen werden voraussichtlich nicht erreicht, aber immerhin kommen
verbreitet 5 bis 10, strichweise um 15 und in einigen Staulagen um 20 mm
innerhalb von 12 Stunden zusammen. Allerdings wird die Welle durch einen über
die Westalpen hinweg ostwärts ablaufenden Kurzwellentrog, der faktisch die
Verlängerung des Haupttroges ist, überlaufen, so dass sich hier keine
Zyklogenese anbahnt. Vielmehr verlagert sich das gesamte Niederschlagsfeld nach
Osten, so dass im Tagesverlauf im Westen, gestützt durch einen Zwischenhochkeil,
ein paar Auflockerungen zustande kommen. Die Tageshöchsttemperaturen ändern sich
dabei nur unwesentlich.

In der Nacht zum Mittwoch gelangt Deutschland zusehends in den Bereich des
hereinschwenkenden Haupttroges, wobei dessen Achse Ostfrankreich erreicht. Somit
bleibt eine südwestliche zyklonale Strömung bestehen. Über dem Nordatlantik
zeichnet sich derweil eine Zonalisierung ab.
Gestützt durch Kaltluftadvektion setzt sich über Deutschland
Zwischenhocheinfluss durch. Die Niederschläge werden daher nach Osten und zu den
Alpen abgedrängt. Absinken im Bereich des Zwischenhochs lässt den Himmel
aufklaren, so dass sich verbreitet teils dichter Nebel bilden kann. Nahezu
deutschlandweit stellen sich einstellige Temperaturminima ein. Wie in den
Nächten zuvor bleibt es jedoch durchweg frostfrei.
Das Bodentief über der westlichen Nordsee verlagert sich noch etwas nach Norden
und beginnt sich nebst der über den Norden Deutschlands hinweg ostwärts
reichenden flachen Tiefdruckrinne aufzufüllen. Daher lässt zunächst an der
Nordsee und in der zweiten Nachthälfte auch an der Ostseeküste der Wind nach. An
einigen Küstenabschnitten können dann zwar noch Windböen Bft 7 auftreten. Für
stürmische Böen sollte es jedoch nicht mehr reichen.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle stützen weitgehend die oben beschriebene Entwicklung.
Modellunterschiede liegen im Bereich der Prognoseunschärfe. Bemerkenswert ist,
dass die etwas weiter östlich liegende Zugbahn des Nordsee-Tiefs von allen
Modellen prognostiziert wird.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann