DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

21-10-2023 09:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 21.10.2023 um 10.30 UTC



Unbeständig, teils recht nass. Weiterhin eher mild und frostfreie Nächte.
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Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 28.10.2023


Zu Beginn der Mittelfist am kommenden Dienstag befindet sich Deutschland auf der
Vorderseite eines Trogs, dessen Achse von Island über die Biskaya bis nach
Marokko reicht. In ihm ist ein Randtrog integriert, der sich am Morgen über
Südengland befindet und dort auch verbleibt, weil er rückseitig durch KLA
gestützt wird. Mit ihm korrespondiert ein kleinräumiges, aber recht kräftiges
Bodentief, das von Südengland über die westliche Nordsee bis zum Abend zur
Ostküste Schottlands zieht. Da der vorlaufende Rücken bereits am Morgen mit
seiner Achse das deutsche Bundesgebiet ostwärts verlässt, kann das Frontensystem
des angesprochenen Tiefs auf Deutschland übergreifen und sorgt daher für einen
unbeständigen Tag. Durch die südwestliche Höhenströmung kann sich am Alpenrand
eine leichte Föhnsituation einstellen, die aber bei Weitem nicht mit der
gestrigen Lage mithalten kann. Dennoch wird es dort mit knapp 20 Grad
(vielleicht auch etwas darüber) am wärmsten, bevor der Föhn am Abend wieder
zusammenbricht.

In der Nacht zum Mittwoch zieht der Randtrog zunächst ostwärts zur Deutschen
Bucht, biegt am Mittwoch dann aber nach Norden ab und liegt am Abend
nordwestlich von Schottland. Dies liegt daran, dass sich über dem Atlantik ein
neuer Langwellentrog formiert, in dem ein umfangreiches hochreichendes
Zentraltief integriert ist. Von diesem wird der Randtrog schließlich
eingefangen. Der hochreichende Tiefkomplex besteht somit aus mehreren
Tiefkernen. Das eine ist das ursprüngliche Tief östlich von Schottland, dass
sich im Tagesverlauf allmählich auffüllt, einem weiteren Kern weit draußen auf
dem Atlantik und einem dritten Kern, der entwicklungsgünstig auf der Vorderseite
des Haupttrogs liegt. Dieses Tief entwickelt sich rasch zu einem Sturmtief,
welches Irland im Tagesverlauf überquert und Südengland in der Nacht zum
Donnerstag erreicht. Über Deutschland zieht das Frontensystem des "alten Tiefs"
allmählich ostwärts ab und es setzt eine kurze Wetterberuhigung ein, bevor am
Abend und in der Nacht zum Donnerstag die Warmfront des Sturmtiefs mit neuem
Regen von Westen her übergreift.

Am Donnerstag bleibt der Langwellentrog über dem Atlantik bestehen. Das
Sturmtief zieht unter Abschwächung zunächst ostwärts zur Nordsee und biegt dort
wieder nordwärts ab. Nach der Warmfront überquert uns auch die Kaltfront,
weshalb uns ein recht nasser Donnerstag ins Haus steht. Teils kann es auch
kräftig regnen. Es bleibt aber landesweit recht mild mit Höchstwerten im
zweistelligen Bereich.

Am Freitag kommt der Trog ostwärts voran und das steuernde hochreichende Tief
befindet sich nun über Großbritannien. Deutschland liegt also weiterhin auf der
Vorderseite, sodass mit einer west- bis südwestlichen Strömung nach wie vor
milde und feuchte Meeresluft herangeführt wird. Dies hat zum einen zur Folge,
dass sich die milden Temperaturen fortsetzen und zum anderen, dass auch der
unbeständige und zeitweise nasse Wettercharakter in die Verlängerung geht.

Am Samstag ändert sich an der Großwetterlage wenig, nur dass der Trog ein klein
wenig nach Osten vorankommt und nun über der Nordsee liegt. Das milde und
unbeständige Wetter bleibt uns aber erhalten.

In der erweiterten Mittelfrist zieht der Trog voraussichtlich über uns hinweg.
Nach kurzem Zwischenhocheinfluss lauert über dem Atlantik aber schon der nächste
Trog. Eine ruhige Hochdrucklage ist also ebenso wenig in Sicht wie ein
Kaltlufteinbruch aus Norden.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Konsistenz bei den IFS-Läufen sah gestern noch besser aus als heute.
Signifikante Unterschiede entstehen bereits in der Nacht zum Mittwoch und am
Mittwoch. Sollte im gestrigen 00UTC-Lauf der Randtrog noch als abgeschlossenes
Höhentief über Mitteleuropa ostwärts ziehen, wird er im aktuellen Lauf vom sich
nähernden Trog über dem Atlantik eingefangen und zieht über der Nordsee ostwärts
ab. Damit hat IFS heute die Lösung auf der Agenda, die gestern schon GFS und
UK10 simuliert haben. Ob es tatsächlich zum Sturm- bzw. Orkantief am Donnerstag
über Irland und Südengland kommt, ist auch noch sehr unsicher. Die Position des
Tiefs und auch die Intensität wird in den einzelnen Läufen noch sehr
unterschiedlich simuliert, was bei solch kleinräumigen Tiefs in der Mittelfrist
aber keine wirkliche Überraschung ist. Im weiteren Verlauf sind sich die
einzelnen Läufe zumindest in der Hinsicht einig, dass wir uns auf der
Vorderseite eines umfangreichen Trogs in einer west- bis südwestliche Strömung
befinden.
Zusammenfassend kann man also sagen, dass es trotz der üblichen Modellunschärfen
an der unbeständigen und recht milden Wetterlage nichts zu rütteln gibt.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Auch die anderen Globalmodelle zeigen durch die Bank einen zyklonal geprägten
Witterungsabschnitt. Eine ruhige Hochdrucklage ist ebenso unwahrscheinlich wie
ein Kaltlufteinbruch aus Norden. Es bleibt also nach allen Modelllösungen recht
mild und unbeständig, teils sogar regnerisch. Ähnlich wie bei den einzelnen
IFS-Läufen zeigen sich auch bei den Globalmodellen Unterschiede in der Zugbahn
und den zeitlichen Abläufen der Randtröge, Bodentiefs und den dazugehörigen
Frontensystemen. An der generellen Großwetterlage gibt es aber kaum Zweifel.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahnen (heute am Beispiel Offenbach) stützen die beschriebene
Wetterlage. Die 850hPa-Temperaturen bleiben bis Freitag auf einem recht hohen
Niveau (2 bis 10 Grad). Erst ab dem Wochenende geht das Ensemblemittel mit
gleichzeitig sich vergrößertem Spread langsam nach unten. Nach einem richtigen
Kaltlufteinbruch sieht es aber nicht aus.
Beim Niederschlag gibt es zahlreiche Ausschläge, die den unbeständigen und
zyklonal geprägten Witterungsabschnitt untermauern.
Auch das Geopotential liegt recht niedrig, was auf die Vorderseite des
Langwellentrogs zurückzuführen ist. Erst zum Ende der kommenden bzw. zum Beginn
der übernächsten Woche steigt das Geopotential im Ensemblemittel wieder an.

Bei den Clusteranalysen werden im Zeitraum t_120h-168h ganze sechs Cluster
angeboten, die aber zu allen Zeiten dem Regime einer negativen NAO zugeordnet
werden. Unterschiede gibt es also zwar in der Lage und Ausprägung der Tröge,
nicht aber beim generellen Zirkulationsmuster.

In der erweiterten Mittelfrist (t_192h-240h) werden fünf Cluster angeboten,
wobei Cluster 1, 4 und 5 zum Ende den Übergang von einer negativen NAO zum
Blocking-Regime vollziehen. Nach einem richtigen Blocking sieht es aber nicht
aus, eher nach sich etwas verstärkenden Amplituden der Rossby-Wellen.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Trotz der zyklonal geprägten Wetterlage halten sich markante Wettererscheinungen
in Grenzen.
Zwar regnet es zeitweise auch mal kräftiger und möglicherweise werden in den
berüchtigten Staulagen (Schwarzwald, Allgäu, südliche Mittelgebirge) auch mal
Warnschwellen angekratzt oder leicht überschritten. Eine größere Dauerregenlage
ist aber eher unwahrscheinlich, da sich die einzelnen Frontensysteme recht
schnell verlagern und es daher für eine ausgeprägte Dauerregenlage an Ort und
Stelle jeweils nicht lange genug regnet.
Ähnlich sieht es auch beim Wind aus. Dieser kann durch Druckwellen im
Alpenvorland oder beim Durchgang von Fronten zwar zeitweise böig auffrischen, in
exponierten Lagen und im höheren Bergland sind auch mal kurzzeitig stürmische
Böen möglich. Eine größerflächige oder länger anhaltende Sturmlage haben di
Modelle aktuell aber nicht auf der Agenda.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, ICON, MOSMIX
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VBZ Offenbach / Dr. rer. nat. Markus Übel