DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

20-10-2023 17:30
SXEU31 DWAV 201800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 20.10.2023 um 18 UTC


SCHLAGZEILE:
Abnahme des Oststurms im Norden. Morgen und übermorgen noch teilweise regnerisch
und etwas windig. Weiterhin, bzw. im Norden wieder mild.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 06 UTC
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Aktuell ... liegt ein Langwellentrog über dem Westen Europas, wobei ein Randtrog
desselben sich der Westgrenze Deutschlands nähert. Vor diesem Randtrog liegt
unser Land noch in einer kräftigen Südströmung. Bodennah befindet sich westlich
unseres Landes ein umfangreicher Tiefdruckkomplex, welches zwei Zentren mit etwa
975 hPa Kerndruck (namens Wolfgang, international Aline) über dem südlichen
England bzw. dem angrenzenden Ärmelkanal aufweist. Zudem schwenkt noch ein
Bodenrandtrog (mit vielleicht kleinräumiger Zirkulation) über die Pariser Region
hinweg. Hinzu kommt noch ein kleines Randtief, welches sich am Nachmittag aus
einem Leetief an den Alpen entwickelt hat und jetzt recht rasch über Tschechien
nordwärts geführt wird. Diesem Tiefdruckkomplex gegenüber steht ein kräftiges
Hoch über Fennoskandien (Wibke), so dass sich ein sehr starker Druckgradient
über dem Nord- und Ostseeraum sowie Südskandinavien eingestellt hat.

Dieser führt zu starkem Oststurm vor allem über den Seegebieten, was vor allem
an ostexponierten Küstenabschnitten schwere Sturmböen und teils orkanartige Böen
zur Folge hat. Ein entsprechend ungewöhnlich starkes Sturmhochwasser an der
Ostseeküste Schleswig-Holsteins ist die Folge. Ansonsten kommt es an den Küsten
und im Norden Schleswig-Holsteins zu Sturmböen. Im nördlichen Binnenland werden
steife bzw. stürmische Böen erwartet, wobei der Wind nach Süden deutlich
abnimmt.

Im Süden ist mit dem Durchzug einer schwachen Kaltfront der Föhn
zusammengebrochen, an dieser Front sorgte eine Druckanstiegswelle für steife
Böen. Im Schwarzwald hat der Wind ebenso bereits auf West gedreht, dort gibt es
in den Hochlagen Sturmböen.

Die südlichen Winde über dem Süden Deutschlands und den starken Ostwind trennt
eine Luftmassengrenze, die als Warmfront zunächst nur ganz langsam nach Norden
vorankommt und am Abend etwa auf einer Linie Münster-Dresden zu finden ist. Sie
trennt Kaltluft arktischen Ursprungs im Norden und Nordosten (wo heute die
Temperatur teils nur um 5°C lag) von subtropischer Warmluft im Süden, wo
vielfach zwischen 15 und 20°C erreicht wurden. Mit Föhn stieg das Quecksilber in
Reit im Winkl sogar auf 27°C. Auf der kalten Seite dieser Warmfront kommt es
derzeit zu recht intensiven Regenfällen, vor allem auf einem Streifen von
Ostfriesland bis Mecklenburg. Deswegen wurden auch teilweise Dauerregenwarnungen
ausgegeben. Im Süden und der Mitte des Landes ist es ebenso meist stark bewölkt,
aber vielfach auch niederschlagsfrei, wobei rückseitig der Kaltfront aus den
Alpen heraus einige Regenfälle nach Norden ziehen.

In der Nacht zum Freitag schwenkt der oben erwähnte Randtrog recht flott über
der Westhälfte Deutschlands nach Norden und sorgt über dem Westen durch PVA für
kräftige Hebung. Die Tiefdruckzentren von Wolfgang/Aline tanzen über England und
der westlichen Nordsee um den gemeinsamen "Schwerpunkt". Da dabei das östliche
Zentrum nach Norden vorankommt, fällt über dem nördlichen Deutschland der Druck
und der stärkste Gradient verschiebt sich allmählich nach Südskandinavien. Dies
führt dazu, dass der Wind, der leicht Richtung Südost dreht, sehr schnell
nachlässt und der Sturm von Süd nach Nord ein rasches Ende findet. Gegen Morgen
gibt es dann nur noch an den nördlichsten Küstenabschnitten einzelne starke bis
stürmische Böen.

Im Süden schwenkt dagegen das kleine Randtief aus Frankreich herein und zieht
dann als Bodentrog über die Westhälfte nordwärts. Das beschert dem südwestlichen
und westlichen Bergland einzelne steife Böen, den Hochlagen des Schwarzwaldes
weiterhin Sturmböen. Die Winddrehung, die weiterhin die bodennahe Warmfront
markiert, kommt nur wenig nach Norden voran, vielleicht bis zum Morgen auf eine
Linie Emsland-Lausitz. Dagegen wird die Kaltluft in höheren Schichten weiter
nach Norden geschoben und mit ihr ziehen die Regenfälle, die anfangs ganz im
Norden noch kräftig fallen, gegen Morgen nach Dänemark und auf die Meere ab.
Insgesamt kommen in gut 12 Stunden seit heute Nachmittag im Norden
flächendeckend über 10 l/qm zusammen, vor allem entlang der Küsten und in
Schleswig-Holstein sind es vielfach um 20 und teils um 30 l/qm, so dass die
Warnschwellen nur knapp erreicht werden. Auch über dem Süden und Westen bringt
der Randtrog etwas Regen, dort aber meistens unter 5 l/qm, höchstens vereinzelt
mal um 10 l/qm. Vom Südosten bis zur Mitte bleibt es teils auch ganz trocken.

Auch ein paar Wolkenlücken kann es geben, insgesamt dominiert aber die starke
Bewölkung. Die Temperatur ändert sich im Norden in der Nacht kaum und liegt
meist zwischen 10 und 5°C, im Süden geht die Temperatur auf 13 bis 8°C zurück.

Am Samstag ... verbleiben wir auf der Vorderseite des westeuropäischen
Langwellentroges, wobei dieser noch etwas näher heranrückt, was insgesamt zu
weiterem leichten Geopotentialabbau führt. Am Rande dieses Langwellentroges
schwenkt in der bei uns liegenden Süd- bis Südwestströmung ein neuer
Kurzwellentrog über die westlichen Landesteile nordwärts, der auf seiner
Vorderseite zwar mächtig PVA zu bieten hat, in Summe aber gar nicht so viel
Hebung produziert, wohl weil gleichzeitig Kaltluftadvektion im Spiel ist. Von
Südwesten gelangt eine stark erwärmte Meeresluft polaren Ursprungs ins Land, mit
etwa 4 bis 6°C in 850 hPa. Im Südosten bleibt es auf gleichen Druckniveau mit 8
bis 10°C noch etwas milder.

Die bodennahe Luftmassengrenze zur im Norden liegenden Luftmasse arktischen
Ursprungs wird dagegen nur sehr langsam nach Norden geschoben, so dass erst im
Laufe des Nachmittages ganz im Norden der Wind auf Süd bis Südwest dreht, so wie
im übrigen Land. Dann kommt auch endlich die mildere Luftmasse im Norden an.

Der Wind weht vor der Front nur noch mäßig, über der See frisch aus Ost und
bedarf keiner weiteren Warnungen mehr. Im übrigen Land weht der Südwestwind
ebenso meist mäßig, aber vor allem über dem westlichen und zentralen Bergland
teils frisch mit steifen Böen. In den Kammlagen des Schwarzwaldes weht er in der
ersten Tageshälfte auch mit Sturmböen, in exponierten Lagen schweren Sturmböen.
Auf dem Brocken wird ähnliche Windstärke dann in der zweiten Tageshälfte
erreicht.

Das Wetter ist von reichlich Wolken geprägt, etwas Sonne gibt es am ehesten ganz
im Osten. Regen gibt es vor allem im Westen und Nordwesten mit dem in der ersten
Tageshälfte durchschwenkenden Kurzwellentrog sowie in der zweiten Tageshälfte im
Süden, wenn aus den Alpen heraus einige Regenfälle aufkommen. ICON-EU hat sogar
einige Gewittersymbole beim "Mickey-Mouse-Wetter" im Angebot, steht damit aber
ziemlich alleine da. Die Prognose-Temps sehen zumindest nicht außerordentlich
labil aus. Insgesamt werden in den meisten Regionen nur wenige Millimeter
erwartet, nur in einem schmalen Streifen über Schwaben sollen es nach mehreren
Modellen kleinräumig auch 10 bis 20 l/qm sein. Vom Südwesten bis in den
Nordosten bleibt es vielfach auch trocken.

Die Temperaturen sollen zwischen 11°C in Flensburg und 20°C in Freiburg
erreichen, in der Lausitz können es sogar über 20°C werden. Damit ist in einigen
Regionen Ostdeutschlands ein Temperaturanstieg von über 10 K im Vergleich zu
heute zu verzeichnen.

In der Nacht zum Sonntag schwenkt von Westen aus dem umfangreichen Trogsystem
wieder ein Kurzwellentrog heraus in den Westen des Landes und sorgt für etwas
Hebung durch PVA. Damit ist auch ein Bodentrog verbunden, der in der zweiten
Nachthälfte über den Nordwesten des Landes hinwegschwenkt. Dieser sorgt vor
allem im westlichen Bergland, in NRW und im westlichen Niedersachsen für eine
spürbare Windzunahme, so dass es dort auch einzelne steife Böen aus Süd bis
Südwest geben kann. Auf dem Brocken bleibt es bei Sturmböen. Im übrigen Land
weht der Wind schwach bis mäßig aus Süd bis Südwest.

Im Westen sorgt der Kurzwellentrog für einige Niederschläge, regional können
dort bis zu 5 l/qm fallen. Ein weiterer Niederschlagsstreifen breitet sich von
Bayern über Tschechien hinweg nach Ostsachsen aus und bringt dort auch teilweise
bis zu 5 l/qm Regen. Dazwischen kann es vom Südwesten bis in den Nordosten
größere Auflockerungsgebiete geben.

Dort geht die Temperatur dann vielfach auf 8 bis 5°C zurück, ganz im Osten sind
es unter Wolken meist 10 bis 7°C. Im Westen bleibt es mit mehr Wind und
ebenfalls unter Wolken mit 12 bis 8°C noch etwas milder.

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Synoptische Entwicklung bis Montag 06 UTC

Am Sonntag ... weitet sich der bereits mehrfach erwähnte Langwellentrog in
seinem Westteil westlich der Iberischen Halbinsel stark nach Süden aus. Dort
zieht ein kräftiges kleines Tief vom Atlantik über die Algarve hinweg. Im
Gegenzug steigt im östlichen Teil des Langwellentroges (und damit bei uns) nach
Durchzug des letzten Kurzwellentroges das Geopotential etwas an und zeigt
vorübergehend sogar mal antizyklonale Konturen. Dies sorgt für etwas Absinken
und aus dem Alpenraum heraus entwickelt sich eine kleine Hochdruckzelle, die
sich nach Norden ausweitet. Dort schwenkt in der ersten Tageshälfte noch der
Bodentrog über die Deutsche Bucht hinweg uns sorgt in Niedersachsen und
Schleswig-Holstein für steife Böen aus Süd bis Südwest, über der Nordsee und
westlichen Ostsee muss mit stürmischen Böen gerechnet werden. Direkt an der
Bodentrogspitze simuliert ICON-EU im Bereich der Ostfriesischen Inseln sogar
vorübergehend Sturmböen. Zum Nachmittag dreht der Wind dann überall auf
Westsüdwest und lässt im Norden langsam nach, im Süden und in der Mitte weht er
sowieso nur noch schwach bis mäßig.

An den Bodentrog sind auch weitere Regenfälle gekoppelt, die über den Nordwesten
und Norden hinweg ziehen, nachfolgend sollen auch noch einmal leichte Regenfälle
in den Westen ziehen. Insgesamt sprechen wir von maximal wenigen Millimetern
Regen. Abseits der Regengebiete kommt etwas mehr die Sonne heraus als am Vortag,
vor allem im Süden und Osten. Mit 12°C im regnerischen westlichen Bergland und
bis zu 18°C in einigen Regionen Süddeutschlands liegen wir in einem für die
Jahreszeit immer noch recht hohem Temperaturniveau.

In der Nacht zum Montag verstärkt sich der Hochdruckeinfluss noch etwas. Während
über die Nordhälfte noch dichtere Wolken mit geringfügigem Regen hinwegziehen,
klart es im Süden auf. Später lockern auch im Norden die Wolken auf. Bei teils
sehr schwachem Wind und in einer durchaus feuchten Luftmasse, dürften sich aber
Nebelfelder ausbreiten, so dass insbesondere vom Süden bis in die Mitte der
Beginn der neuen Woche recht trüb ausfallen dürfte. Die Temperaturen gehen dabei
wieder etwas stärker zurück und liegen am Morgen meist zwischen 9°C im Norden
und 2°C im südlichen Bergland. Zweistellige Tiefstwerte gibt es nur noch über
der Nordsee.



Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle unterscheiden sich auf synoptischer Skala kaum. Auch
die Niederschlagsprognosen sowie die Prognosen des Windes sind recht
einheitlich.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl.-Met. Peter Hartmann