DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

17-10-2023 10:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 17.10.2023 um 10.30 UTC



Wechselhaft mit zeitweiligen Niederschlägen, zeitweise windig bis stürmisch, an
den Küsten teils schwere Sturmböen, exponiert eventuell mehr. Anfangs im Norden
sehr kühl.
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Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 24.10.2023


Zu Beginn der Mittelfrist am Freitag befindet sich Deutschland auf der
Vorderseite des westeuropäischen Langwellentroges, dabei beeinflussen zum einen
kurzwellige Anteile unser Wettergeschehen und im Tagesverlauf rückt auch der
Haupttrog noch etwas weiter ostwärts. Dieser wird durch kurzwellige Anteile auf
der Rückseite regeneriert und damit weniger markant, sondern relativ breit. Am
Boden korrespondiert eine umfangreiche Tiefdruckzone über West- und
Mitteleuropa. Ein Drehzentrum liegt dabei über Ostfrankreich und greift im
Tagesverlauf auf West-/Südwestdeutschland über, die vorderseitige Südströmung
sorgt an den Alpen für föhnige Verhältnisse. Außerdem verschärfen sich durch das
sich kräftigende Skandinavienhoch über Deutschland die Luftdruck- und
Luftmassengegensätze. Es etabliert sich zunehmend einen Luftmassengrenze über
dem nördlichen Deutschland, die kühle Polarluft mit 850 hPa-Temperaturen
zwischen 0 und -3 Grad von sehr milder Luft im Süden trennt. Dort liegen die 850
hPa-Temperaturen bei 10 bis 15 Grad. Im Westen im Bereich des sich von
Ostfrankreich nähernden Tiefs und vor allem an der Luftmassengrenze regnet es
teils länger andauernd, warnwürdig werden die Mengen zumindest nach aktuellem
Stand der Vorhersagen nicht. Im Südosten/am Alpenrand ist es zumindest anfangs
föhnig und trocken. Der Gradient zwischen Skandinavienhoch und Tiefdruckzone ist
kräftig, so dass an den Küsten mit Sturmböen, teils mit schweren Sturmböen aus
Ost gerechnet werden, insgesamt weht der Ostwind im Norden sowie in den
zentralen Mittelgebirgen stark bis stürmisch, exponiert muss im Bergland mit
Sturmböen, an den Küsten eventuell mit orkanartigen Böen gerechnet werden. Auch
auf der Südflanke des von Ostfrankreich nordwärts ziehenden Tiefs lebt der
Südwest- bis Westwind stark bis stürmisch auf, dies betrifft voraussichtlich die
südwestlichen Landesteile, auf

Am Samstag verbleibt der breite Langwellentrog über West- und Mitteleuropa,
kurzwellige Anteile laufen nordostwärts ab, die umfangreiche Bodentiefzone über
West- und Mitteleuropa weit unterschiedliche Drehzentren auf, deren Position
durchaus noch Unsicherheiten aufweist. Damit ist auch die Lage der
Luftmassengrenze unsicher. Im aktuellen Modelllauf des IFS wird sie durch die
mehr südliche Strömung nordwärts gedrückt und damit würden sich auch die
Hauptniederschläge allmählich über den Norden hinweg verlagern. Im gestrigen
IFS-Lauf lag sie weiterhin über dem Norden und es wurden daran Schneefälle
simuliert...(nach Lesart der aktuellen Vorhersage reicht es wohl nicht mal mehr
für Schnee in höheren Lagen der zentralen/nördlichen Mittelgebirge, wenn man von
der GFS-Variante absieht) Insgesamt bleiben wir vor der Trogachse bzw. greifen
kurzwellige Randtröge von Westen über und es kommt auch in anderen Landesteilen
zu schauerartigen Niederschlägen. Auch im Südosten bricht der Föhn
wahrscheinlich zusammen und es kann zeitweise regnen. Insgesamt sickert mit
Umstellung der Höhenströmung auf mehr zonale Richtungen eine maritime, gemäßigte
Luftmasse ein, die 850 hPa-Temperaturen liegen im Tagesverlauf meist zwischen 4
und 8 Grad, die milde Luftmasse von über 10 Grad in 850 hPa wird ostwärts
abgedrängt. Anfangs herrscht sowohl im Norden auf der Südflanke des
Skandinavienhochs als auch über der Südhälfte auf der Südseite der Tiefdruckzone
ein nennenswerter Luftdruckgradient, der erst im Tagesverlauf auffächert. Daher
muss zunächst an den Küsten noch mit Sturmböen, exponiert schweren Sturmböen
oder orkanartigen Böen gerechnet werden. Von den zentralen Mittelgebirgen bis in
den Süden werden starke bis stürmische Böen erwartet, im höheren Bergland teils
Sturmböen.

Am Sonntag verlagert sich über uns hinweg voraussichtlich ein kurzwelliger
Troganteil nordostwärts, nachfolgend deutet sich von Süden kurzer
Zwischenhocheinfluss an. Dabei treten gebietsweise schauerartige Regenfälle auf,
nach Osten hin bleibt es häufig trocken. Die Temperaturen in 850 hPa liegen etwa
zwischen 3 und 6 Grad. Am Boden wird im aktuellen Modelllauf ein Tief über der
Nordsee simuliert, auf dessen Südflanke der Gradient vorübergehend zunimmt und
vom Südwesten über die Mitte nordostwärts zeitweise starke bis stürmische Böen
um Südwest auftreten können. Unter Zwischenhocheinfluss kann sich das Wetter
voraussichtlich vorübergehend beruhigen.

Am Montag kann sich voraussichtlich von Westen die nächste Tiefdruckzone nähern,
der Trog über dem nahen Ostatlantik bzw. Westeuropa verlagert sich etwas
ostwärts und wir gelangen zunehmend auf dessen Vorderseite. Das Frontensystem
des Tiefs bei den Britischen Inseln greift im Tagesverlauf oder in der Nacht zum
Dienstag voraussichtlich auf den Westen über. Der Gradient nimmt dabei über dem
Nordwesten wieder zu, abends und in der Nacht lebt daher der Wind teils stark
bis stürmisch auf.

Am Dienstag werden die Differenzen sehr groß, so dass sich eine detaillierte
Beschreibung nicht wirklich lohnt. Klar ist, dass über Westeuropa ein
umfangreicher Tiefkomplex liegt, der gegebenenfalls seine Fühler in Richtung
Mitteleuropa und damit Deutschland ausstreckt. Ob dies durch ein veritables
Höhentief samt Bodentief und mit zeitweiligen Niederschlägen geschieht
(aktueller IFS-Lauf), oder doch der Einfluss der osteuropäischen Hochdruckzone
überwiegt (Vorläufe), die die Ostverlagerung des Frontensystems verzögert,
bleibt abzuwarten. Die Strömung jedenfalls steilt zumindest vorübergehend auf
südliche Richtungen auf, so dass vor allem in den Südwesten wieder relativ milde
Luft mit 850 hPa-Werten um 10 Grad einsickert.

In der erweiterten Mittelfrist bis Freitag sind die Unsicherheiten groß.
Insgesamt stehen die Zeichen aber auf weiter zyklonal dominierter, wechselhafter
Witterung.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Konsistenz der vorliegenden IFS-Modellläufe kann eigentlich nur zu Beginn
der Mittelfrist am Freitag noch als gut bezeichnet werden. Nachfolgend wird zwar
recht einheitlich simuliert, dass eine zyklonal geprägte und damit wechselhafte
Witterung überwiegt, wie diese aber genau aussieht, muss abgewartet werden.
Bereits ab Samstag werden in der west- und mitteleuropäischen Tiefdruckzone
deutlich abweichende Drehzentren und in der Höhe unterschiedliche Randtröge
simuliert, die sich zum einen auf die Niederschlagsschwerpunkte, zum anderen
aber auch auf das Temperaturniveau bzw. den zeitlichen Ablauf auswirken. Der
deutliche Temperaturgradient mit Polarluft auf dessen Nordseite auch noch am
Samstag mit der Frage, ob über den nördlichen Landesteilen erste Schneefälle
anstehen, ist in den neueren Modelllaufen des IFS vom Tisch. Im Bergland reicht
es vielleicht noch für ein paar Schneeflocken.

Die Unsicherheiten setzten sich auch in der erweiterten Mittelfrist fort.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Ein Blick auf die weitere Modellwelt bringt auch wenig Klarheit. Während ICON
die aktuelle IFS-Variante (ohne Schnee am Samstag) stützt, ist GFS nach wie vor
von Norden her sehr kalt aufgestellt und simuliert am Samstag weiterhin Schnee
entlang der Luftmassengrenze, die im Gegensatz zur IFS- (und ICON-) Lösung sogar
noch bis in die mittleren Landesteile verlagert wird.
Im weiteren Verlauf der Mittelfrist zeigen sich im Vergleich der Globalmodelle
viele Unsicherheiten, auch wenn der Grundtenor einer zyklonal geprägten,
überwiegend westlichen Strömung übereinstimmend gezeigt wird.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Unsicherheiten der Mittelfrist zeigen sich auch im ersten Zeitraum der
Clusteranalyse des IFS-EPS. Von Freitag 00 UTC bis Samstag 00 UTC (+72 bis +96
h) werden fünf Cluster simuliert mit 18, 10, 8, 8 und 7 Membern, Haupt- und
Kontrolllauf werden in Cluster 1 einsortiert. Es wird ausnahmslos das Regime NAO
negativ gezeigt (High-over-low). Dabei sind kleinere Unterschiede in der
Trogstruktur und der Bodendruckverteilung über Mitteleuropa zu erahnen, eine
Diskussion, was das im Detail für die Prognose bedeutet, ist müßig bis
unmöglich. Auch im Folgezeitraum von Sonntag 00 UTC bis Dienstag 00 UTC (+120
bis +168 h) sind es fünf Cluster, vereinzelt mal mit dem Regime Blocking oder
auch NAO positiv, meist aber NAO negativ. Insgesamt wird der
atlantische/westeuropäische Langwellentrog sehr unterschiedlich simuliert, Der
Hauptlauf findet sich in Cluster 1 mit insgesamt 15 Membern, der Kontrolllauf in
Cluster 2 mit 13 Membern. Deutschland liegt in dem Zeitraum mal mehr mal weniger
auf der Vorderseite des Westeuropatroges und kurzwellige Anteile können
übergreifen. Cluster 4 mit 7 Membern hält zum Dienstag allerdings mit
zunehmendem Blocking über dem östlichen Mitteleuropa dagegen. Grundtenor ab
Sonntag wechselhaft/zyklonal dominiert, zum Ende der Mittelfrist am Dienstag mit
Chancen auf Wetterberuhigung. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist momentan
allerdings nicht sehr groß.

Die Rauchfahnen weisen bereits zu Beginn der Mittelfrist am Freitag und Samstag
vor allem nach Norden hin einen großen Unsicherheitsbereich hinsichtlich der
Temperaturentwicklung in 850 hPa auf. In der Mitte und im Süden des Landes ist
dies weniger der Fall, dort nimmt der Spread dann ab Beginn der kommenden Woche
deutlich zu. Dies zeigt die Unsicherheiten hinsichtlich der Lage und Ausprägung
der Luftmassengrenze irgendwo über den nördlichen Landesteilen. Die
Niederschlagskurven zeigen einen deutlich zyklonal, also wechselhaften,
Witterungscharakter über den gesamten Mittelfristzeitraum mit einem gewissen
Minimum in Richtung Sonntag/Montag. Bezüglich des Geopotenzials in 500 hPa zeigt
sich ein Minimum zum Samstag, nachfolgend steigt das Geopotenzial. Deutlich
zunehmende Unsicherheiten (Spread) ab Beginn der kommenden Woche.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Die markanteste Wettererscheinung über den Mittelfristzeitraum ist der Wind: Am
Freitag und Samstag zeigt der EFI deutliche Signale für ein markantes
Windereignis im Norden und insbesondere im Küstenumfeld. Am Sonntag liefert der
EFI leichte Signale über dem Südwesten. Daher muss am Freitag und anfangs auch
am Samstag an und auf der Nord- und Ostsee weiterhin mit Sturmböen bis schwere
Sturmböen aus Ost gerechnet werden, zeitweise auch orkanartige Böen gering
wahrscheinlich. Am Freitag auch im angrenzenden Binnenland sowie in höheren
Lagen der Mittelgebirge starke bis stürmische Böen (Bft 7 bis 8), exponiert
Sturmböen (Bft 9) nicht ausgeschlossen. Samstag im Norden im Tagesverlauf
nachlassend, dafür über den südlichen bis mittleren Landesteilen im Tagesverlauf
starker bis stürmischer Wind (Bft 7 bis 8) um Südwest bis West wahrscheinlich,
im höheren Bergland Sturmböen (Bft 9). Am Sonntag von Südwesten bis in die Mitte
in exponierten Berglagen, am Montag im Nordwesten, vor allem an der
Nordseeküste, Sturmböen (Bft 9) gering wahrscheinlich. Sonst voraussichtlich
keine markanten Wetterereignisse.

Nicht warnrelevant, aber bemerkenswert ist der Temperaturgradient über
Deutschland am Freitag: im Norden werden Höchstwerte häufig im einstelligen
Bereich um 6 bis 9 Grad erwartet, im Süden 15 bis 17, mit Föhnunterstützung am
Alpenrand eventuell knapp 20 Grad.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS-EPS, MOS-Mix
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Sabine Krüger