DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

08-11-2016 09:00
SXEU31 DWAV 080800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 08.11.2016 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Nz
Nasskalt. Im Bergland winterlich. Teils aber auch bis in tiefere Lagen
Schneefall. In einem breiten Streifen vom Raum Hannover bis zur Lübecker Bucht
bis in die Nacht zum Mittwoch hinein teils mäßiger Schneefall. Nachts und in den
Frühstunden jeweils Glättegefahr.


Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
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Dienstag... liegt Mitteleuropa unter einem Langwellentrog, der sich mittlerweile
weitgehend abgeschnürt hat. Labil geschichtete hochreichende Kaltluft (mit
Temperaturen, die im 500 hPa-Niveau zwischen -30 und -35 Grad liegen) sorgen für
konvektiv geprägte Niederschläge. Diese können bis in tiefere Lagen als Schnee
fallen oder zumindest mit Schnee vermischt sein. Im Bergland stellen sich
durchweg winterliche Verhältnisse ein.
Über Fennoskandien und Nordwestrussland hat sich bereits zuvor ein ausgedehntes
Hoch entwickelt, in dessen Bereich sich ein Kaltluftreservoir bilden konnte.
Unmittelbar an der Vorderseite des Troges hatte sich am Vortag eine zonal über
Deutschland liegende Tiefdruckrinne entwickelt. Diese Rinne wurde in ihrem
westlichen Teil durch den o.g. Trog reaktiviert, woraus sich ein flaches Tief
bilden konnte, das sich über der Mitte Deutschlands etabliert hat. Dieses Tief
wird durch positive Vorticityadvektion am Leben gehalten und bis heute Abend in
den Nordosten Deutschlands gesteuert. An dessen Nordflanke wird Kaltluft
einbezogen, die aus dem über Nord- und Nordosteuropa liegenden Hoch ausfließt,
was für eine weitere leichte Intensivierung dieses Tiefs nur förderlich ist.
Folglich treten an der Nord- und Westflanke dieses Tiefs bis in tiefe Lagen
teils mäßige Schneefälle auf. Hiervon ist ein Streifen betroffen, der vom
östlichen Hessen über das östliche Niedersachsen und das östliche
Schleswig-Holstein bis nach Mecklenburg reicht. In Ostseenähe kommt eine
Verstärkung der Schneefälle durch den Lake-Effekt hinzu. Von einigen Modellen
werden Neuschneemengen im Küstenbereich von mehr als 10 Zentimetern innerhalb
von 6 Stunden angenommen, was aber aufgrund des noch relativ warmen Erdbodens
unrealistisch erscheint. Dennoch können einige Zentimeter bis weit in den Tag
hinein liegenbleiben. Aufgrund der Vorgeschichte (noch nicht gefrorener Boden,
rasches Schmelzen) sollten größtenteils "gelbe" Schneefallwarnungen hinreichend
sein. Allenfalls für einen eng begrenzten Streifen etwa vom Wendland bis zur
Lübecker Bucht wäre vielleicht eine markante Warnung vor Schneefällen
vorstellbar.
Je nach Entwicklung dieses Tiefs sind an der Küste und vielleicht noch im
küstennahen Binnenland Windböen, exponiert vielleicht auch stürmische Böen
möglich. Aufgrund der aktuell flachen Druckverteilung drängt sich eine derartige
Warnung vorerst nicht auf.
Weiter nach Süden hin sollten aufgrund der geringfügig höheren Temperaturen in
der unteren Troposphäre die Schneefälle auf Lagen oberhalb von etwa 600 bis 800
Metern beschränkt bleiben (was aber nicht heißen soll, dass es bis in den
Vormittag hinein nicht auch bis in Lagen um 200 bis 400 Meter etwas schneien
kann). Allerdings wird dort der Schnee nicht liegen bleiben.
Die Tageshöchsttemperaturen erreichen 1 bis 6 Grad. Im Bergland herrscht
oberhalb von 600 bis 800 Metern auch tagsüber leichter Frost.
In der Nacht zum Mittwoch verabschiedet sich das Bodentief zu den Dänischen
Inseln, so dass die Schneefälle auch an der Ostseeküste allmählich aufhören und
der Wind abflaut. Zwar setzt sich vor allem nach Süden hin leicht antizyklonaler
Einfluss durch, aber von Westen her rasch einsetzende Warmluftadvektion und
hierdurch einsetzende Niederschläge sollten Auflockerungen nicht allzu viel Raum
geben. Dabei sollte die Schneefallgrenze von den nördlichen Mittelgebirgen nach
Süden hin gestaffelt zwischen 400 und 800 Metern liegen; nach Nordwesten hin
kann es auch bis in tiefere Lagen schneien, aber es sind wahrscheinlich nur
wenige Zentimeter Neuschnee zu erwarten.
Bei Tiefsttemperaturen, die abgesehen von den tieferen Lagen Südwest- und
Westdeutschlands durchweg im Bereich leichten Frostes liegen, sollte die
Glätteproblematik wieder eine größere Rolle spielen.

Mittwoch... verlagert sich zwar die Hauptachse des wetterbestimmenden Troges
nach Osteuropa, aber ein rasch über die Britischen Inseln hinweg zu den
Benelux-Staaten vorstoßender Kurzwellentrog regeneriert den Haupttrog. An der
Vorderseite dieses Kurzwellentroges konnte sich, ausgehend von einer
Okklusionspunktzyklogenese, ein Tief entwickeln, das bis zum Abend den äußersten
Westen Deutschlands, d.h. die westliche Eifel, erreicht. Dabei soll sich dieses
Tief bis etwas unter 1000 hPa intensivieren. Die Unterschiede bzgl. der Zugbahn
dieses Tiefs liegen in der Größenordnung um 100 km, was durchaus akzeptabel ist.
An der Vorderseite dieses Tiefs werden sich die Niederschläge erneut verstärken,
wobei neben Warmluftradvektion auch positive Vorticityadvektion (bedingt durch
den nahenden Kurzwellentrog) die tragende Rolle spielt. Zudem frischt an der
Südflanke dieses Tiefs der Wind auf, so dass (übereinstimmend nach allen
Modellen) bis in tiefe Lagen Windböen, im Bergland stürmische Böen und exponiert
auch Sturmböen auftreten können.
Da an der Vorderseite dieses Tiefs wärmere Luft einbezogen wird, steigt die
Schneefallgrenze in den westlichen Mittelgebirgen auf etwa 600 Meter und in den
südwestdeutschen Mittelgebirgen auf 800 bis 1000 Meter. Oberhalb davon sind
einige bis (exponiert) etwa 10 Zentimeter Schnee innerhalb von 12 Stunden
möglich.
Ansonsten sind nur wenige Schnee- oder Schneeregenschauer zu erwarten, wobei
dann der Schnee in tieferen Lagen nicht liegen bleibt.
Auflockerungen sind am ehesten zur Küste hin vorstellbar, was durch die Nähe des
o.g. Hochs bedingt ist. Im Osten und in Richtung Alpen macht sich der schwache
antizyklonale Einfluss, der aus der Nacht zuvor noch resultiert, mit ein paar
Wolkenlücken bemerkbar.
Die Tageshöchsttemperaturen ändern sich gegenüber heute nur unwesentlich.
In der Nacht zum Donnerstag übernimmt der dann auf Deutschland übergreifende
"neue" Kurzwellentrog die steuernde Rolle. Das Bodentief gelangt zwar noch bis
in den östlichen Mittelgebirgsraum, füllt sich aber alsbald auf. In dessen
Bereich kommt es zu weiteren Schneefällen. Genau genommen ist dieses Tief
Bestandteil einer Luftmassengrenze. An dessen Nordflanke gelangt Kaltluft bis in
den Mittelgebirgsbereich, was die Schneefallgrenze bis in tiefere Lagen absinken
lässt. In Staulagen können bis etwa 10 Zentimeter innerhalb von 12 Stunden
zusammenkommen. Südlich davon liegt die Schneefallgrenze bei etwa 800 Metern und
es dürfte nur für wenige Zentimeter Neuschnee reichen.
Je nachdem, wie rasch sich dieses Tief auffüllt, flaut auch der Wind im
südlichen Bergland mehr oder weniger rasch ab.
Im Bergland sowie im Norden und Osten besteht erneut die Gefahr von leichtem
Frost und somit von Glätte.

Donnerstag... greift ein weiterer Kurzwellentrog auf die Britischen Inseln über,
der den wetterbestimmenden Langwellentrog regeneriert. Vorderseitig entwickelt
sich erneut ein flaches Tief, wobei in Verbindung mit Warmluftadvektion von
Südwesten und Westen her wieder Niederschläge einsetzen. Dabei steigt die
Schneefallgrenze auf etwa 800 Meter, d.h. in den westlichen Mittelgebirgen gehen
selbst in den Gipfellagen die Niederschläge in Regen über.
Das bisherige Tief verlagert sich unter weiterer Auffüllung nach Südwestpolen,
sorgt aber im östlichen Mittelgebirgsraum noch für weitere Niederschläge, so
dass dort noch einmal einige bis (in exponierten Staulagen) bis 10 Zentimeter
Neuschnee zusammenkommen können. Aufgrund der dort noch vorhandenen kälteren
Luft fällt bis in die Täler Schnee.
Auflockerungen sind am ehesten im Norden und dort zur Küste hin möglich. Während
im Norden und Osten gegenüber den Vortagen kaum eine Temperaturänderung in Gang
kommt, wird es in den tieferen Lagen Südwest- und Westdeutschlands mit 6 bis 10
Grad ein wenig milder.
In der Nacht zum Freitag greift auch der "neue" Trog auf Deutschland über, so
dass dessen Hauptachse nunmehr über dem Vorhersagegebiet zu finden ist. Mit
diesem Trog verschiebt sich die Luftmassengrenze, die sich wiederum als flache
Tiefdruckrinne abbildet, etwas nach Südwesten und erstreckt sich dann vom
Niederrhein zum östlichen Alpenrand. Aufgrund der erneut einsetzenden
Labilisierung nehmen die Niederschläge wieder einen leicht konvektiven Charakter
an, wobei die Schneefallgrenze bei etwa 800 Metern liegen dürfte. Allerdings
sind nur wenige Zentimeter Neuschnee zu erwarten.
Nach Norden und Osten hin klart es gebietsweise auf, so dass dort erneut
leichter Frost und somit auch Glätte zu erwarten ist. Ansonsten sollten Frost
und Glätte auf Berglagen oberhalb von etwa 600 bis 800 Metern beschränkt
bleiben.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle zeigen eine weitgehend ähnliche Entwicklung. Anhand der
synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten Unterschiede
ableiten. Modelltypische Unterschiede ergeben sich hinsichtlich der Intensität
der flachen, auf Deutschland übergreifenden Tiefs und deren Auffüllung. Hier
zeigt COSMO-EU die kräftigsten Entwicklungen, die teils 5 hPa intensiver
ausfallen als es von den anderen Modellen gesehen wird. EZMW füllt diese Tiefs
am raschesten auf, was als das wahrscheinlichste Szenario zu sehen ist.
Bemerkenswert sind die von Niedersachsen (Raum Hannover) bis nach
Westmecklenburg simulierten Neuschneemengen. Hier werden bis heute Abend in
einem bis zur Lübecker Bucht reichenden Streifen 10 bis über 15 Zentimeter
Neuschnee simuliert. Derartige Mengen werden auch von probabilistischen
Verfahren gestützt. Nach COSMO-DE EPS wären sogar mehr als 20 Zentimeter Schnee
vorstellbar. Allerdings wird bei diesen Rechnungen nicht berücksichtigt, dass
der Schnee zum einen nass ist, zusammensackt und zum anderen aufgrund des noch
nicht gefrorenen Erdbodens von unten her schmilzt. Daher sollte eine markante
Schneefallwarnung - sofern überhaupt erforderlich - nur für einen eng begrenzten
Bereich erfolgen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann