DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

10-10-2023 10:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 10.10.2023 um 10.30 UTC



Anfangs wechselhaft und ungewöhnlich warm, teils stürmisch, ab Samstag
zurückgehende Temperaturen, im Verlauf zunehmende Wetterberuhigung.
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Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 17.10.2023


Zu Beginn der Mittelfrist am Freitag wird die n Luftmassengrenze über
Deutschland nordwärts geführt und gelangt unter leicht antizyklonalen Einfluss.
Dies ist dem nach Osten abziehenden Troganteils und der zunehmenden Austrogung
über Westeuropa und dem nahen Ostatlantik geschuldet. Zwischen diesen
Troganteilen wölbt sich im Tagesverlauf ein flacher Hochkeil auf und die
Strömung dreht mehr auf Südwest. Deutschland gelangt in den breiten Warmsektor
des sich zunehmend entwickelnden Tiefdruckzone, die sich vom Nordmeer über die
Britischen Inseln und noch etwas weiter südwestwärts erstreckt. Mit der
Südwestströmung wird nochmals Warmluft angezapft und weit nach Norden geführt.
Die 850 hPa-Isotherme von 10 Grad liegt über Norddeutschland, die
15-Grad-Isotherme erstreckt sich etwa von der Eifel bis ins Berchtesgadener
Land. Im Bereich der Luftmassegrenze bzw. des Frontensystems des Nordmeertiefs
überwiegt in den nördlichen Landesteilen dichte Bewölkung und es regnet
zeitweise, teils auch mal etwas länger oder etwas stärker (ohne Warnwürdigkeit).
Mit Annäherung bzw. abends auch dem Übergreifen der Kaltfront des Nordmeertiefs
nimmt der Gradient im Nordwesten und Norden im Tagesverlauf zu, so dass
gebietsweise starke bis stürmische Böen auftreten, im Küstenumfeld (insbesondere
Nordseeküste und -inseln) muss zeitweise mit schweren Sturmböen gerechnet
werden. In der Südhälfte bleibt es trocken bei deutlich größeren Sonnenanteilen
und ungewöhnlich warm. Es werden dort überwiegend sommerliche Höchstwerte
zwischen 25 und 29 Grad erwartet. Selbst im Norden unter dichter Bewölkung und
bei zeitweiligem Regen werden Höchstwerte zwischen 17 und 23 Grad erwartet.

Am Samstag liegt unser Vorhersagebereich dann unter dem Trog, der flacht etwas
ab. Am Boden überquert uns die Kaltfront des zum Finnischen Meerbusen ziehenden
Tiefs, sie erreicht im Laufe der Nacht auch den Alpenrand. Rückseitig steigt der
Luftdruck mit Annäherung eines Keils des Hochdruckgebietes mit Schwerpunkt
zwischen Island und den Britischen Inseln. Vor allem dreht rückseitig d Strömung
aber auf Nordwest, so dass di Warmluft durch deutlich kühlere Luftmassen ersetzt
wird. Die Temperaturen in 850 hPa fallen um gut 10 Kelvin, die 0-Grad-Isotherme
erreicht abends den Nordwesten. Entlang der Kaltfront regnet es verbreitet und
auch mal etwas verstärkt, rückseitig klingt der Regen meist ab, im Umfeld der
Nordsee (evtl. später auch Ostsee) entwickeln sich in recht höhenkalter Luft und
über warmem Wasser Schauer und evtl. einzelne Gewitter, eventuell können auch
kurzwellige Hebungsantriebe, die den Haupttrog umlaufen für zusätzliche Hebung
sorgen. Im Bereich der Kaltfront lebt der Wind zeitweise stark bis stürmisch auf
und auch im Küstenumfeld weht der Wind stürmisch.

Am Sonntag gelangen wir zunehmend auf die Rückseite des sich ostwärts
verlagernden Langwellentroges, über den Norden schwenkt ein Kurzwellenanteil mit
Höhenkaltluft teils unter -30 Grad. Insgesamt steigt der Luftdruck leicht an.
Demnach regnet es ganz im Süden an den Resten der Kaltfront am Alpenrand noch
etwas, abends, spätestens in der Nacht zum Montag abklingend. Im Norden lebt die
Schauertätigkeit wieder auf. Der Wind dreht auf West bis Nordwest und weht vor
allem im Küstenumfeld weiterhin stark bis stürmisch. Das Temperaturniveau geht
deutschlandweit zurück, es werden Höchstwerte zwischen 12 Grad im Norden und
etwa 16 Grad im Süden erwartet.

Am Montag liegt Deutschland unter einer Hochdruckbrücke, die sich vom Hoch über
den Britischen Inseln nach Südosteuropa erstreckt. In der Höhe ist die
Potenzialverteilung leicht diffus. Der Langwellentrog ist ostwärts abgezogen und
liegt mit seiner Achse über Osteuropa, an seiner Westflanke ergibt sich aber
eine flache Austrogung von Südskandinavien Richtung Iberische Halbinsel. Die
Höhenströmung dreht von Nordwest auf West, am Boden überwiegend schwache bis
mäßiger Wind aus West im Norden und aus östlichen Richtungen im Süden. Das
Temperaturniveau in 850 hPa liegt verbreitet um 0 Grad, nach Süden bei +3 Grad.
Die Höchstwerte liegen meist zwischen 10 und 14 Grad. Im Bereich des flachen
Troges und mit Unterstützung/Labilisierung durch das warme Nord- und
Ostseewasser, kann es im Küstenumfeld hier und da zu einem Schauer kommen.
Zumindest ist die Bewölkung im Norden etwas stärker als im Süden, dort scheint
häufig die Sonne. Insgesamt bleibt es überwiegend trocken.

Am Dienstag liegt hoher Luftdruck über der Nordhälfte, der flache Trog über
Westeuropa schwächt sich noch etwas ab, der Südteil schwenkt ostwärts Richtung
westliches Mittelmeer. Am Boden etabliert sich über dem Mittelmeerraum tiefer
Luftdruck, die Frontalzone wird dadurch etwas nordwärts gedrückt. Ganz im Süden
dürfte daher mehr Bewölkung aufkommen, Niederschläge bleiben aber
voraussichtlich über dem Alpenraum "hängen". Auch ganz im Norden sind ein paar
mehr Wolken unterwegs, nennenswerter Niederschlag wird aber nicht erwartet.
Insgesamt überwiegt daher freundliches und trockenes Wetter. Es ist meist
schwach windig.

In der erweiterten Mittelfrist ab Mittwoch verschiebt sich die Hochdruckzone
weiter gen Skandinavien und Mitteleuropa. In wie weit eine Austrogung über dem
Atlantik dann in Richtung Mitteleuropa vorankommt bleibt abzuwarten und wird
noch recht unterschiedlich simuliert. Zumindest nach Norden deutet viel auf
einen Fortbestand der antizyklonal geprägten Witterung. Der Süden gerät
wahrscheinlich eher in den Bereich der Frontalzone und in wechselhafteres
Wettergeschehen im Randbereich einer Tiefdruckzone über der Mittelmeerregion
(High-over-Low). Aber auch das muss noch beobachtet werden.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Konsistenz der vorliegenden IFS-Modellläufe ist bis über das Wochenende
hinaus gut. Es ergeben sich lediglich einige Abweichungen hinsichtlich des
Timings und der genauen Ausgestaltung der Grundstrukturen, die am groben
Fahrplan aber wenig ändern. Zu Beginn der kommenden Woche nehmen die
Modellunterschiede in Ausprägung der Hochdruckzone über der Nordsee und
Nordwesteuropa und der Lage der Frontalzone dann auch zu. Diese könnte mit mehr
Bewölkung und eventuell etwas Regen ggf. den Süden beeinflussen, hier gibt es
aber noch Klärungsbedarf.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Bis einschließlich des Wochenendes simulieren andere Globalmodelle wie ICON und
GFS sehr ähnliche Strukturen, abgesehen von leichten Timing- und
Amplitudenunterschieden und der Tatsache, dass GFS die konvektiven Niederschläge
im Bereich der Höhenkaltluft am Sonntag im Norden mal wieder stärker betont. Zu
Beginn der kommenden Woche ähneln sich IFS und GFS weiter gut, mit leicht
zunehmenden Amplituden- und Timingunterschieden. ICON zeigt hingegen eine
markantere Austrogung über Skandinavien samt der Entwicklung eines Tiefs über
der Ostsee, dessen Frontensystem zum Dienstag auf den Norden Deutschlands
übergreifen würde. Also eine deutlich zyklonalere Variante.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Clusteranalyse des IFS-Ensemlbes zeigt im ersten Zeitraum von Freitag 00 UTc
bis Samstag 00 UTC (+72 bis +96h) vier Cluster mit 19, 11, 11 und 10 Membern,
die allem dem Regime "NAO positiv" zugeordnet werden. Haupt- und Kontrolllauf
befinden sich in Cluster 1. Die Unterschiede sind für unser Vorhersagegebiet
marginal. Es gibt leichte Unterschiede in der Ausprägung der Trogstruktur, aber
eher über Westeuropa. Mit anderen Worten: es lassen sich keine
prognoserelevanten Erkenntnisse gewinnen. Im Folgezeitraum von Sonntag 00 UTC
bis Dienstag 00 UTC (+120 bis +168h) wird ein Cluster im Regime "Atlantic ridge"
gezeigt, so dass die recht gute Prognosesicherheit unterstrichen werden kann.
Für die erweiterte Mittelfrist ab nächsten Mittwoch (+192 bis +240h) werden drei
Cluster angeboten mit 23,19 und 9 Membern, der Hauptlauf wird in Cluster 3
eingruppiert, der Kontrolllauf in Cluster 2. Alle drei Cluster entwickeln sich
zum Regime "Blocking" mit unterschiedlicher Ausprägung und Position: Cluster 1
zeigt das Blocking recht weit nördlich, Cluster 2 über Mitteleuropa, Cluster 3
ebenfalls über Mitteleuropa, aber im Vergleich zu Cluster 2 deutlich schwächer.
Es bleibt also abzuwarten, ob bzw. wie stark unser Vorhersagegebiet von dem
Blocking profitiert.
Die Rauchfahnen einiger Städte in Deutschland sind sowohl hinsichtlich der
Temperatur in 850 hPa als auch des Geopotenzials in 500 hPa über weite Teile der
Mittelfrist recht gut gebündelt. Eine deutlichere Auffächerung findet erst ab
Di/Mi kommender Woche statt. Tendenziell zeigt sich klar der Temperaturhöhepunkt
am Freitag und der anschließende markante Temperaturrückgang, wie nachhaltig
dieser in die erweiterte Mittelfrist ist, bleibt allerdings abzuwarten, da eben
dann der Spread deutlich größer und die Kurvenschar diffus wird (ohne
Schwerpunkt). Die Niederschlagssignale zeigen in der Mittelfrist den Peak der
Kaltfrontpassage am Samstag, nach Süden hin bis in den Sonntag hinein.
Nachfolgende gehen die Niederschlagssignale deutlich zurück und sind im Norden
und der Mitte dann zum Übergang in die erweiterte Mittelfrist quasi nicht mehr
vorhanden. Im Süden gibt es ein paar mehr Niederschlagssignale, aber auch dort
nur von wenigen Membern.

Fazit: Insgesamt scheinen die Aussagen zur mittelfristigen Wetterentwicklung
relativ robust zu sein.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Das wesentliche Warnkriterium im Mittelfristzeitraum ist der Wind, der bis
einschließlich Sonntag zeit- und gebietsweise stark bis stürmisch (Bft 8) weht,
am Freitag eher im Norden, am Samstag tendenziell in den mittleren Landesteilen,
allgemein an den Küsten. Vor allem in höheren Mittelgebirgslagen und an den
Küsten muss mit Sturmböen (Bft 9) gerechnet werden. In exponierten Lagen des
Berglandes (Brocken) und an exponierten Küstenabschnitten vor allem auch der
Nordsee und auf den Inseln muss Freitag und Samstag auch teils mit schweren
Sturmböen gerechnet werden.

Abgesehen von einem geringen Gewitterrisiko am Samstag im Nordseeumfeld werden
sonst keine markanten Wetterereignisse erwartet.

Bemerkenswert, aber nicht warnwürdigen, ist natürlich die ungewöhnliche Wärme am
Freitag: im Süden Höchstwerte zwischen 25 und 29 Grad.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, MOS-Mix
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Sabine Krüger