DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

09-10-2023 10:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 09.10.2023 um 10.30 UTC



Zu Beginn noch sommerlich, zum Wochenende markante Luftmassenwechsel und
Übergang in herbstlich kühle Nordwestlage.
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Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 16.10.2023


Am Donnerstag liegt Deutschland in einer zonalen westlichen Grundströmung, wobei
sich zwei Haupttröge mit Zentrum über Nordfinnland und Island finden lassen.
Demgegenüber steht hohes Geopotential über dem Mittelmeerraum, mit Zentrum von
Spanien bis zum Ligurischen Meer.
Deutschland wird im Zuge dieser Konstellation geteilt von einer
Luftmassengrenze, die subtropische Luftmassen über dem Süden von Deutschland,
von subpolarer Meereskaltluft im Norden trennt. Entlang der Luftmassengrenze,
über der Mitte des Landes, kommt es zu länger andauernden Regenfällen. Im Norden
werden bei stürmischen Böen an der See nur 15 bis 17 Grad erwartet, während im
Süden mit sommerliche Maxima zwischen 24 und 29 Grad zu rechnen ist.

Am Freitag zieht an der Südflanke des steuernden Tiefs bei Island eine Randtief
von den Britischen Inseln zur Nordsee und nachts unter Abschwächung weiter nach
Südschweden. Damit wird die Luftmassengrenze vom Vortag als Warmfront wieder
nach Norden geschoben und ganz Deutschland gelangt noch ein letztes Mal in den
Einflussbereich subtropischer und für Jahreszeit außergewöhnlich warmer
Luftmassen mit 850 hPa Temperaturen zwischen 10 und 16 Grad.
Mit dem Warmluftvorstoß fällt schon aus der Nacht heraus im Nordwesten Regen.
Die Niederschläge verschieben sich nachfolgend bis in den Nordosten. Damit
bleibt es in diesen Regionen verhältnismäßig kühl mit 16 bis 22 Grad. Südlich
des Mains und entlang des Niederrheins wird nochmals ein Sommertag mit 25 bis 30
Grad erwartet. Warntechnisch relevant ist der Wind mit teils stürmischen Böen an
der See.
Nach einer sehr milden Nacht greift in den Morgenstunden die Kaltfront auf den
Nordwesten über und sorgt dort für ein teils stark böiges Aufleben des von
Südwest auf Nordwest drehenden Windes.

Am Samstag kommt die Kaltfront weiter nach Süden voran, seine
Verlagerungsgeschwindigkeit verlangsamt sich aber immer mehr. Das liegt
vornehmlich daran, dass der Trog über Westeuropa etwas stärker amplifiziert und
damit Deutschland in einer westlichen bis südwestlichen Höhenströmung liegt und
damit die Kaltfront zunehmend strömungsparallel wird. Erst in der Nacht auf
Sonntag, wenn der Trog sich nach Mitteleuropa und Deutschland verlagert, nimmt
die Kaltfront wieder Fahrt auf.
Damit ist es im Süden und Südosten noch länger freundlich, bei 22 bis 26 Grad.
Auch im Norden und Nordwesen wird es im Tagesverlauf wieder freundlicher. Sonst
kann es längere Zeit regnen.
Warntechnisch relevant ist der Wind im Bereich der Kaltfront (stark böig, in
höheren Lagen stürmisch) sowie an der See (Windböen und stürmische Böen).

Am Sonntag liegen die Reste der Kaltfront noch am Alpenrand und wandern
nachfolgend ab. Zum Montag gelangt Deutschland dann zunehmend auf die
Trogrückseite in eine kühle nordwestliche Strömung. Dabei gibt es vor allem im
Norden den ein oder anderen kurzen Schauer. Auch sonst sind neben sonnigen
Abschnitten auch viele Wolken unterwegs. Bevorzugt an der See bleibt es bei
starken bis stürmischen Böen.

In der erweiterten Mittelfrist kann sich ein blockierendes Hochdruckgebiet über
dem Nordmeer aufbauen. Daneben liegt weiterhin ein Höhentief über Nordosteuropa.
Damit befindet sich Deutschland weiter in einer kühlen nordwestlichen
Höhenströmung. In den eingeflossenen subpolaren Luftmassen gibt es vornehmlich
in den nördlichen Einzugsgebieten einzelne kurze Schauer. Viel wird es aber
nicht sein, da gleichzeitig das Bodenhoch stärker wird.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Umstellung der Großwetterlage zum Wochenende wird vom deterministischen
ECMWF über die letzten Läufe hinweg konsistent gerechnet. Der genaue zeitliche
Ablauf und die Orientierung der Kaltfront weist allerdings noch ein paar
Unschärfen auf.
Im gestrigen 00 UTC Lauf wurde der Trog weniger scharf konturiert, sodass die
Kaltfront zum Sonntag langsamer nach Süden vordringen konnte.
Der anschließende Übergang zu einer Trogrückseitenlage und nordwestlicher
Strömung, findet sich ebenfalls in allen Läufen wieder. Unsicherheit zeigen sich
aber in der genauen Positionierung der Haupttrogachse, der Nähe des steuernden
Höhentiefs und das Vorhandensein eingelagerter Kurzwellentröge.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Der grundlegende Fahrplan wird auch von externen Modellen bestätigt. Schaut man
mehr ins Detail, lassen sich einige Unterschiede finden. So wird beispielweise
der neuerliche Warmluftschub am Freitag von GFS und UKMO etwas, von ICON
deutlich antizyklonaler vorhergesagt.

Auch beim Vorstoßen der Kaltluft gibt es noch Unterschiede. So ist die
Isothermendrängung beim ECMWF deutlich schärfer, als bei GFS oder ICON, wodurch
die KF-Passage etwas ruppiger von Statten gehen können (siehe insbesondere auch
Wind). UKMO zeigt eine raschere KF-Passage (etwa 12 h eher). Bei ICON wird der
Kaltluftvorstoß stärker abgebremst, wodurch der Süden auch in der Nacht auf
Montag noch zweistellige 850hPa Temperaturen aufweist. Und auch zum Montag wird
der rasche Übergang in eine kühle Nordwestlage zunächst noch nicht gestützt. GFS
zeigt diesen hingegen vergleichbar mit dem ECMWF.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahnen des ECMWF sprechen eine ziemlich klare Sprache. So zeigt das
Ensemble einen letzten Vorstoß der subtropischen Warmluft, ehe alle Member einen
Absturz der 850er um 15 K im Laufe des Wochenendes prognostizieren. Freilich
lassen sich Einzelmember finden, die den Kaltluftvorstoße etwas langsamer und
verzögert zeigen, aber spätestens zum Montag ordnen auch diese sich in den
Median ein. Im weiteren Wochenverlauf werden die Unsicherheiten dann wieder
größer. So gibt es Member, die schon ab Dienstag wieder einen Anstieg der 850
hPa Temperatur zeigen und andere (zu denen auch der Hauptlauf gehört, die auf
dem Tiefpunkt verharren.
Der Median zeigt auf jeden Fall einen allmählichen Anstieg des Geopotentials und
deutlich abnehmende Niederschlagssignale.

Das Clustering zeigt im Zeitraum +120 h bis +168 h (Sa00 bis M00) nur ein
Cluster, was die zuvor schon angesprochene gute Konsistenz untermauert.
Für den Zeitraum +192 h bis +240 h (Di00 bis Do00) werden drei verschiedene
Cluster angeboten. Diese unterscheiden sich zunächst vor allem in der Schärfe
der Nordwestströmung. So zeigen Cluster 2 und 3 (ohne Haupt- und Kontrolllauf)
einen weniger stark amplifizierten Höhentrog, sodass z.B. bei Cluster 3 eher
eine westliche Strömung resultiert.
Während Cluster 1 einen blockierenden, stark amplifizierten Höhenrücken von
Spanien bis zum Nordmeer aufbaut (damit fast Nordströmung über DE), ist dieser
in Cluster 2 näher dran an Deutschland (Achse Ostfrankreich bis Norwegen) und in
Cluster 3 kaum zu sehen (dort eher Zonalisierung der Großwetterlage).

Auch beim Ensemble des GFS sind in Bezug auf die Umstellung der Großwetterlage
zunächst die Zeichen klar. Auch hier lassen sich einzelne Ausreiser für einen
weniger markanten Luftmassenwechsel finden. Beginnend ab Montag ergibt sich eine
gewisse Bifurkation (zwei Äste mit Bündelung der Einzelmember). Der eine bleibt
wie Haupt- und Kontrolllauf des ECMWF auf kühlem Herbstniveau. Der zweite Ast
zeigt eine allmähliche Erholung der 850er. Diesen Weg laufen sowohl Haupt-, als
auch Kontrolllauf des GFS. Interessant ist, dass der Hauptlauf einen Anstieg des
Geopotentials prognostiziert (Übergreifen des Höhenrückens), während der
Kontrolllauf bei ähnlichem T850 hPa Niveau einen Abfall des Geopotentials
aufweist (Trogvorderseitenlage). Wie auch beim ECMWF EPS nehmen die
Niederschlagssignale in der neuen Woche deutlich ab.

FAZIT: Nach einem letzten Aufbäumen des Herbstsommers zum Freitag, folgt ein
markanter Luftmassenwechsel am Wochenende (Absturz T850 hPa um rund 15 K). Die
Schärfe und Schnelligkeit des Luftmassenwechsels weist noch gewisse
Unsicherheiten auf. Das dieser aber bis zum Montag abgeschlossen ist, wird
konsistent über alle Modelle und Ensembles gezeigt. Ob anschließend die kühle
Nordwestlage persistent wird oder sich das Temperaturniveau und Geopotential im
Laufe der kommenden Woche erholt, ist noch sehr unsicher. Konsistent gerechnet
wird hingegen dann eine deutliche Abnahme der Niederschlagssignale.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Abgesehen von zeitweise stürmisch auflebendem Wind an der See und auf
exponierten Berggipfeln gestaltet sich die gesamte Mittelfrist ohne signifikante
Wettererscheinungen.
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Basis für Mittelfristvorhersage
ECMWF, ECMWF EPS, MOS-ECMWF
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Marcus Beyer