DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

09-10-2023 07:30
SXEU31 DWAV 090800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 09.10.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
NW Übergang zu W a

Im Bergland heute Sturmböen. Mittwoch an den Küsten und im Bergland erneut
stürmische Böen oder Sturmböen.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC
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Montag... liegt ein breiter Höhenrücken über Südwest- und Südeuropa, der
zusammen mit niedrigem Geopotential über Nord- und Osteuropa eine von Grönland
Richtung Schwarzes Meer orientierte Frontalzone ergibt. Ein darin eingelagerter
Kurzwellentrog läuft zum Balkan ab und aktiviert eine flache Tiefdruckrinne und
die darin eingelagerte Luftmassengrenze über dem Nordosten Deutschlands. Sie
trennt sehr unterschiedliche Luftmassen mit großen Temperaturgegensätzen. Zum
einen die im Nordosten liegende kalte Festlandsluft, die 0°C in 850 hPa
aufweist, zum anderen warme subtropische Luft im großen Rest mit 17°C über dem
Südwesten. An dem Tiefausläufer bilden sich zudem flache Wellen, die die Hebung
am Leben erhalten und verstärken, sodass in der Nordosthälfte verbreitet Regen
fällt, stellenweise 10 bis 20 l/qm in 12h, vereinzelt im Stau von Harz und
Erzgebirge auch mehr, aber ohne dass Warnungen nötig werden.

Auch der Gradient an der Südwestflanke der Rinne bleibt erhalten. Daher muss auf
exponierten Gipfeln der nördlichen und östlichen Mittelgebirge sowie in den
Hochlagen am östlichen Alpenrand mit stürmischen Böen, eventuell mit Sturmböen
Bft 8/9 gerechnet werden. Auch in tieferen, windexponierten Lagen lebt der
Westwind stärker auf, aber wahrscheinlich ohne Warnrelevanz.
Im Tagesverlauf lassen auf der Rückseite des Troges und bei nachlassender
Warmluftadvektion die Regenfälle von der Nordsee her wieder nach. Die
Tiefdruckrinne füllt sich auf, so dass der Wind in tiefen Lagen abflaut. Die
Wahrscheinlichkeit für stärkere Böen auf exponierten Gipfeln wird aber erst im
Laufe der Nacht deutlich geringer.

Aufgrund der schleifenden Front sind größere Auflockerungen auf die
südwestlichen Landesteile sowie auf den äußersten Nordosten Deutschlands
beschränkt. Die markanten Luftmassenunterschiede spiegeln sich in den
Temperaturen wider. Während an der unteren Oder 12°C zu erwarten sind, wird es
im Breisgau mit 27°C spätsommerlich warm.

In der Nacht zum Dienstag greift von Südgrönland ein markanter Trog auf Island
über, der dort eine starke Zyklogenese zur Folge hat. Stromab entsteht über dem
Nordmeer ein Keil, der in Richtung Norwegen schwenkt.
In Bodennähe setzt jedoch über den Britischen Inseln und der Nordsee Druckfall
ein, so dass sich an der Südflanke des Sturmtiefs bei Island allmählich eine
westliche Strömung durchsetzt. Damit kommt die über Deutschland liegende
Luftmassengrenze im Norden als Warmfront ostwärts in Bewegung. Mangels Dynamik
unter der Vorderseite des Rückens lassen die frontalen Niederschläge aber weiter
nach. Vor allem im Osten und Südosten fallen noch ein paar mm, meist unter 5, im
Norden regnet es dagegen kaum. Erst mit aufkommender Warmluftadvektion kann es
über der Nordsee zum Morgen wieder mehr regnen.
Im Südwesten und im Süden klart der Himmel teilweise auf, nachfolgend muss mit
Nebel gerechnet werden. Ansonsten hält sich starke Bewölkung, die milde
Temperaturen ohne Nebel bringt. Der Wind lässt bodennah und in der Höhe weiter
nach, auch auf den Gipfeln sind im Laufe der Nacht keine Warnungen mehr nötig.


Dienstag... weiten sich der Trog und das Sturmtief bei Island nur langsam nach
Südosten aus, allerdings sorgt der Druckfall über der Nordsee und Skandinavien
dafür, dass sich die west- bis südwestliche Strömung auch über Deutschland
durchsetzt. Die Warmfront zieht zur Ostsee und nach Polen ab; dahinter erfasst
die Warmluft auch den Nordosten. Warmluftadvektion bringt im Norden leichte
Hebung, die 1 bis 5 l/qm Regen zur Folge hat. Ansonsten bleibt es
niederschlagsfrei.
Fast landesweit steigt die Temperatur im 850 hPa-Niveau auf mehr als 10°C.
Während im Norden und Nordosten starke Bewölkung dominiert, was die Temperatur
zwischen 14 und 19°C hält, setzt sich in der Südwesthälfte nach Auflösung von
Nebelfeldern mehr und mehr die Sonne durch. Die Folge ist eine Erwärmung auf 20
bis 25, im Südwesten örtlich bis 27°C.

Der Gradient legt nach Norden hin etwas zu und an der Nordsee sind damit
einzelne Windböen aus Südwest möglich. Sonst ist der Wind nicht, auch nicht die
Böen 7-8 auf den Gipfeln, warnrelevant.

In der Nacht zum Mittwoch entwickelt sich an der Ostflanke des vom Raum Island
langsam südostwärts ziehenden Sturmtiefs ein Randtief, das sich zum Bottnischen
Meerbusen verlagert. An dessen Südflanke erfolgt eine weitere Gradientzunahme im
Norden, was an der See Windböen und an der Nordfriesischen Küste stürmische Böen
aufkommen lässt.

Zwar klart es im Westen und Süden Deutschlands auf, aber der zunehmende Gradient
macht sich auch dort bemerkbar. Nebelfelder sind somit auf den südlichen
Oberrhein, den Hochrhein und die Bodenseeregion beschränkt. Unter den dichten
Wolken im Norden bleibt es sehr mild, im Nordwesten mit ca. 15°C.


Mittwoch... verlagert sich der Trogschwerpunkt nach Mittelskandinavien. Die
Strömung über Mitteleuropa nimmt damit von Norden her an Fahrt auf. Das
steuernde Tief zieht bis vor die norwegische Küste, während sich das Tief weiter
östlich langsam nach Finnland orientiert.
Dessen schleifende, stabile Kaltfront greift mit teils länger andauernden
Regenfällen auf Norddeutschland über. In der feuchten Luftmasse werden auch
recht intensive Niederschläge ausgelöst, die vor allem nachmittags und in der
ersten Nachthälfte Mengen um die Dauerregenschwelle bringen können.

Dazu legt der Gradient im Bodendruckfeld weiter zu und an den Küsten sind
vermehrt stürmische Böen oder Sturmböen aus Südwest, nach Passage der Front auf
West bis Nordwest drehend, zu erwarten. Landeinwärts kommt es im Binnenland noch
zu Windböen.

Auch weiter südlich macht sich der abschwächende Hochdruckeinfluss mit
auffrischendem Süd- bis Südwestwind bemerkbar. Im Bergland sind häufiger
Sturmböen zu erwarten und in windexponierten (Lee)lagen sind wie im Norden
steife Böen möglich. Ansonsten scheint im Süden und über der Mitte meist die
Sonne, was die Temperaturen gebietsweise auf sommerliche 25 bis 28°C steigen
lässt. Unter der dauerhaft starken Bewölkung im Norden sind es teilweise weniger
als 20°C.

In der Nacht zum Donnerstag schleift die Kaltfront des nach Finnland ziehenden
Tiefs Richtung mittleres Deutschland herein. Die weiter teils länger anhaltenden
Regenfälle rangieren regional in der Nähe von Warnschwellen, die Hinweise auf
ein Überschreiten sind aktuell aber nicht sehr robust. Auch präfrontal zieht
hohe und mittelhohe Bewölkung durch, die zusammen mit dem etwas zunehmenden
Gradienten Nebel weitgehend unterdrücken dürfte. Im Norden lockert die Bewölkung
wieder auf. Vor allem an der See und im Bergland bleibt es sehr windig,
teilweise mit Sturmböen.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren im synoptischen Scale ähnlich. Unterschiede beschränken
sich auf Details. Heute können im Erzgebirge vereinzelt Dauerregenmengen
erreicht werden, Warnungen sind dafür aber nicht zwingend nötig. Das Mos
überschätzt die Böen in den Alpen aktuell wieder stark. Statt der im Mos
gedachten Bft 10 liegen wir dort derzeit bei 7-8 Bft. Allerdings nimmt der Wind
noch etwas zu, sodass die Warnungen erstmal weiterlaufen sollten.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner