DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

07-10-2023 07:01
SXEU31 DWAV 070800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 07.10.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
NW a

WIND/STURM:
An den Küsten abnehmender Nordwestwind, anfangs an der Ostsee stürmische Böen.
Heute und wahrscheinlich auch am Montag In einem Streifen vom Emsland bis in den
östlichen Mittelgebirgsraum hinein und ab Nachmittag auch auf östlichen
Alpengipfeln auffrischender Westwind. Auf Berggipfeln der nördlichen, zentralen
und östlichen Mittelgebirge sowie später auf Alpengipfeln Sturmböen Bft 8/9, auf
dem Brocken schwere Sturmböen Bft 10 aus West.
In der Nacht zu Sonntag in den östlichen Mittelgebirgen und auf östlichen
Alpengipfeln stürmischer Wind Bft 8 (bis 70 km/h) aus West, später auf Nordwest
bis Nord drehend. Allgemein nachlassender Wind. Danach bis Montagfrüh allenfalls
auf exponierten Mittelgebirgsgipfeln (Brocken) einzelne Sturmböen Bft 8/9.
Wahrscheinlich auch am Montag In einem Streifen von der Nordsee bis in den
östlichen Mittelgebirgsraum hinein und später auch auf östlichen Alpengipfeln
auffrischender Westwind. Auf Berggipfeln der nördlichen, zentralen und östlichen
Mittelgebirge sowie auf Alpengipfeln Sturmböen Bft 8/9, auf dem Brocken schwere
Sturmböen Bft 10 aus West.



Synoptische Entwicklung bis Montag 24 UTC
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Samstag... liegt Deutschland am warmen Rand der Frontalzone unter einer
nordwestlichen und zunächst noch leicht zyklonalen Strömung. Stromaufwärts wölbt
sich, ausgehend vom westlichen Mittelmeer, ein Höhenkeil in Richtung Südgrönland
auf. In die Frontalzone wurde zuvor ein Tief eingesteuert, das sich,
entwicklungsgünstig zu einem nachfolgenden Trog, zu einem Sturmtief entwickeln
konnte. Dieses erreicht als Sturmtief unter Verlagerung zum östlichen Ende des
Finnischen Meerbusens mit 975 hPa den Höhepunkt seiner Entwicklung. Dabei bildet
sich dieses Tief allmählich auch in mittleren und höheren Troposphärenschichten
ab ("bohrt sich in die Höhe") und wird von dem Kurzwellentrog, der die
Entwicklung dieses Tiefs getriggert hatte, überlaufen.
Daher beginnt dieses Tief sich aufzufüllen. Hierdurch weicht der Gradient im
Norden Deutschlands auf. An der Nordsee reicht es dann für warnrelevante Böen
wahrscheinlich nicht mehr. An der Ostseeküste muss anfangs noch mit Wind- und an
der Vorpommerschen Küste mit stürmischen Böen gerechnet werden, bevor auch dort
der Wind abflaut.
Die Kaltfront des o.g. Tiefs erstreckt sich dann schleifend etwa von der
Elbmündung bis in den Berliner Raum hinein. In deren Bereich kommt es zu länger
andauernden, aber nicht allzu intensiven Niederschlägen, wobei maximal 10 mm
innerhalb von 6 Stunden zu erwarten sind. Eine Überschreitung warnrelevanter
Schwellenwerte zeichnet sich nicht ab.
Präfrontal, d.h. in der Warmluft, frischt der Wind auf, wodurch etwa vom Ems bis
in den Erzgebirgsraum hinein verbreitet Windböen Bft 7 auftreten können. Bedingt
durch die stabile Schichtung und eine leichte Ageostrophie sowie durch die
Unterstützung, die durch den noch vorhandenen Tagesgang bedingt ist, ist das
Windmaximum am frühen Nachmittag zu erwarten, bevor zum Abend hin in tieferen
Lagen der Wind schwächer wird. Auf höheren Berggipfeln der nördlichen, östlichen
und zentralen Mittelgebirge muss dann mit Sturmböen Bft 8/9 (Brocken schwere
Sturmböen, Bft 10) gerechnet werden. Eine Windabnahme zeichnet sich auf
Berggipfeln auch zum Abend hin nicht ab. Allerdings muss dann vor allem auf
einigen östlichen Alpengipfeln mit Sturmböen Bft 8/9 und exponiert auch schweren
Sturmböen gerechnet werden.
Längere sonnige Abschnitte sind, gestützt durch andauernden antizyklonalen
Einfluss, auf die westlichen und südlichen Landesteile beschränkt, was dort die
Temperatur auf 19 bis 23 Grad steigen lässt. Im Norden und Osten sind 16 bis 20,
in Küstennähe kaum mehr als 15 Grad zu erwarten.

In der Nacht zum Sonntag arbeitet sich die Kaltfront, weiterhin leicht
schleifend, bis in den Mittelgebirgsraum vor. Zwar wird die Front von
Kaltluftadvektion überlaufen, aber durch Stau bleibt die Wetterwirksamkeit der
Front einigermaßen erhalten, so dass in Staulagen nochmals um 10 mm innerhalb
von 6 Stunden zusammenkommen können. Präfrontal dauern die Sturmböen Bft 8/9 auf
höheren Berggipfeln der östlichen Mittelgebirge und auf östlichen Alpengipfeln
noch an. Erst mit Passage der Front erfolgt dort ein Abflauen des Windes.
Postfrontal klart es auf, was zum Teil niedrige einstellige Temperaturminima zur
Folge haben kann. Aufgrund des noch vorhandenen Gradienten bleibt es jedoch
frostfrei. Auch im Südwesten und Süden kann es zunächst aufklaren, bevor dort
mit Annäherung der Kaltfront hohe und mittelhohe Bewölkung aufzieht. Daher
sollte in diesen Gebieten die Nebelneigung gering bleiben.

Sonntag... stößt von Skandinavien her ein Kurzwellentrog in den über
Nordosteuropa liegenden Trog hinein, wodurch sich dieser nach Süden in Richtung
Ukraine ausweitet. Dieser Kurzwellentrog wird jedoch schwächer simuliert als
dies bei weiter zurückliegenden Modellläufen der Fall war. Hierdurch steilt die
nordwestliche Strömung weiter auf, so dass die frontsenkrechte Windkomponente
zulegt und die Kaltfront sich in ihrem östlichen Teil rascher nach Süden
verlagert. Kaltluftadvektion macht dieser Front jedoch weitgehend den Garaus, so
dass nach Passage der Mittelgebirgsschwelle niederschlagstechnisch an den Alpen
nicht mehr viel davon ankommt.
Der von der Iberischen Halbinsel ausgehende breite Rücken ändert seine Lage nur
wenig. Das durch diesen Rücken gestützte Bodenhoch verlagert sich mit seinem
Schwerpunkt von der Nordsee über die Mitte Deutschlands hinweg in den Osten.
Dieses Hoch lässt dann auch die Restbewölkung der Kaltfront, die sich etwa vom
Rheinland bis in den östlichen Mittelgebirgsraum hinein erstreckt, allmählich
auflockern. Der Westen und Süden Deutschlands verblieb die gesamte Zeit über in
der Warmluft. Bemerkenswert ist der ausgeprägte horizontale Temperaturgradient,
der vom Greifswalder Bodden zum Breisgau annähernd 20 K erreicht. Dieser hat
auch Auswirkungen auf die Temperaturentwicklung. In Ostseenähe und ganz im
Nordosten sind nur Maxima um 13 Grad zu erwarten. In den mittleren Gebieten
werden meist 14 bis 19 Grad erreicht, im Westen und Süden steigt die Temperatur
auf 19 bis 24 Grad.

In der Nacht zum Montag wird in der Frontalzone, die dann von Island bis in den
Schwarzmeerraum gerichtet ist, ein weiteres, aber sehr schwaches Tief, nicht
viel mehr als eine Welle, südostwärts gesteuert und gelangt bis Montagfrüh in
die südliche Nordsee. Hinsichtlich der Verlagerung und Intensität dieses Tiefs
ergeben sich noch Modellunterschiede. Als Konsens-Vorhersage lässt sich jedoch
herausarbeiten, dass dieses Tief gegenüber weiter zurückliegenden Modellläufen
schwächer gerechnet und rascher nach Südosten verlagert wird.
Dieses Tief lässt die weitgehend inaktive Front als Warmfront rückläufig werden,
wobei an dieser Front, gestützt durch Warmluftadvektion, im Nordwesten dann auch
wieder Niederschläge aufkommen, die von der Nordsee her rasch bis auf den
Erzgebirgsraum übergreifen. Dabei sind erneut um 10 mm innerhalb von 6 Stunden
möglich. Zudem frischt an der Nordsee der Wind aus Nordwest auf, dort kann es
dann an der Küste für Windböen Bft 7 reichen.
Aufziehende Bewölkung dürfte dann auch im Norden und Osten eine Abkühlung in den
Bereich leichten Frostes unterbinden.
Im Westen und Süden sowie in Teilen der Mitte kann es zwar vorübergehend
aufklaren, aber in diesen Gebieten sind die Luftdruckgegensätze gering, so dass
sich teils dichter Nebel binden kann. Nur bei längerem Aufklaren sind in diesen
Gebieten Temperaturminima deutlich unter 10 Grad zu erwarten.

Montag... erfolgt von Grönland her ein Vorstoß von Polarluft in Richtung Island.
Hierdurch kommt ein markanter Trog zustande. Durch diesen wird über der
Irminger-See eine Zyklogenese induziert. Das resultierende Tief liegt
entwicklungsgünstig und verlagert sich daher unter Intensivierung mit seinem
Kern nach Nordwestisland. Stromab wölbt sich nördlich von Schottland ein flacher
Rücken auf, der an seiner Nordflanke durch Warmluftadvektion gestützt wird.
Kompensierendes Absinken lässt daher das flache Tief, dessen Reste sich von der
Nordsee nach Norddeutschland verlagern, weitgehend verschwinden, so dass sich
eine wellende Warmfront ergibt, die sich etwa von der Deutschen Bucht bis in die
Lausitz erstreckt. Hinsichtlich der Lage der Schleifzone bestehen erneut
Modellunterschiede. Nach EZMW liegt diese weiter nördlich, nach GFS südlicher
als nach ICON und UK10. Die Niederschläge im Bereich der schleifenden Front
erfassen einen breiten Streifen von der Nordsee bis zur Neiße und bis in den
östlichen Mittelgebirgsraum und sind nach wie vor nicht warnrelevant. Lediglich
ICON zeigt 12-sdtd. Summen bis über 20 mm, die anderen Modelle simulieren
maximal halb so hohe Niederschlagsmengen.
An der Südflanke der wellenden Front frischt der Wind erneut auf (ähnlich, wie
es heute der Fall ist). In einem breiten Streifen von der Nordsee bis in den
östlichen Mittelgebirgsraum hinein kommen Windböen Bft 7, auf höheren
Berggipfeln der nördlichen, östlichen und zentralen Mittelgebirge sowie später
auch einiger Alpengipfel Sturmböen Bft 8/9 (Brockenplateau wahrscheinlich
darüber) auf.
Größere Auflockerungen (aber wahrscheinlich keine längeren sonnigen Abschnitte
mehr) sind auf den Westen und Süden Deutschlands sowie die Vorpommersche
Ostseeküste beschränkt. Nach wie vor ergibt sich eine von Nordosten nach
Südwesten gerichtete Temperaturstaffelung. Während in den nordöstlichen
Landesteilen nur 13 bis 16 Grad zu erwarten sind, werden in den mittleren
Regionen 17 bis 21 Grad erreicht. Im Westen und Süden erfolgt ein
Temperaturanstieg auf 22 bis 27 Grad.

In der Nacht zum Montag greift der Rücken unter Verkürzung seiner Wellenlänge
auf Norwegen über. Der nachfolgende Trog tropft aus und das Cut-Off-Tief gelangt
nach Island. An der Südostflanke dieses Tiefs entwickelt sich eine Welle,
wodurch die über Deutschland liegende Front als Warmfront vollends rückläufig
wird. Geringe Niederschläge bis etwa 5 mm innerhalb von 6 Stunden zeichnen sich
dann vor allem noch über dem Mittelgebirgsraum ab.
Im Bodendruckfeld kommt eine Hochbrücke zum Zuge, die von der Iberischen
Halbinsel über den Alpenraum hinweg bis ins Schwarzmeergebiet reicht. Da durch
den Rücken die Frontalzone wieder etwas nach Norden gedrückt wird, weitet sich,
durch diesen Rücken gestützt, die Hochbrücke ebenfalls etwas nordwärts aus.
Hierdurch weicht der Gradient auf, so dass der Wind im Binnenland rasch abflaut
und in der zweiten Nachthälfte dann wahrscheinlich auch keine warnrelevanten
Böen mehr an der Nordsee sowie auf höheren Berggipfeln auftreten.
Auflockerungen sind am ehesten im Westen und Südwesten zu erwarten. Aber im
Bereich der Warmluft sollte die Temperatur kaum auf einstellige Minima
zurückgehen. Da der Ursprung der einsickernden Warmluft der mittlere
Nordatlantik ist und daher hinreichend Feuchte vorhanden ist, muss wieder
vermehrt mit Nebel gerechnet werden.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle stützen weitgehend die oben beschriebene Entwicklung.
Auf Unterschiede zu vorherigen Modellläufen und zu externen Modellen, die sich
bereits ab Sonntag abzeichnen, ist bereits weiter oben eingegangen worden.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann