DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

06-10-2023 07:01
SXEU31 DWAV 060800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 06.10.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
NW a

WIND/STURM:
Heute an den Küsten stürmische Böen Bft 8, exponiert Sturmböen Bft 9 (bis 80
km). Auf dem Brocken Sturmböen Bft 9 (um 80 km/h), später schwere Sturmböen Bft
10 (um 95 km/h), auf dem Fichtelberg zum Abend hin erste stürmische Böen Bft 8.

In der Nacht zum Samstag an den Küsten stürmische Böen oder Sturmböen Bft 8 bis
9 (60 bis 80 km/h), an der Vorpommerschen Ostseeküste einzelne schwere Sturmböen
nicht auszuschließen, an der Nordsee in der zweiten Nachthälfte nachlassender
Wind. Auf dem Fichtelberg Sturmböen Bft 9 (um 80 km/h), auf dem Brocken schwere
Sturmböen Bft 10 (um 95 km/h).
Am Samstag an der Ostsee und in höheren Berglagen der nördlichen und zentralen
Mittelgebirge weiterhin stürmische Böen Bft 8, zum Abend hin abflauend.


Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... liegt Deutschland an der Nordostflanke eines breiten Höhenrückens,
der von der Iberischen Halbinsel zu den Britischen Inseln reicht. Die
Frontalzone erstreckt sich vom mittleren Nordatlantik, knapp nördlich an
Schottland vorbei und über Südskandinavien hinweg nach Weißrussland. Ein darin
eingelagertes Bodentief gelangt in entwicklungsgünstige Position zu einem
nachfolgenden Kurzwellentrog und wird daher unter rascher Intensivierung über
Südnorwegen hinweg ostwärts gesteuert. Am Abend erreicht dieses Tief mit einem
Kerndruck von etwa 985 hPa die Region knapp nördlich von Stockholm. Die
Warmfront dieses Tiefs überquert mit geringen Niederschlägen den Norden und
Nordosten, die nachfolgende Kaltfront gelangt ins Schleifen und erreicht bis zum
Abend das nördliche Schleswig-Holstein hin zur Grenze zu Dänemark. Im Bereich
des Warmsektors dieses Tiefs legt der Gradient weiter zu, so dass an der Küste
Sturmböen Bft 8/exponiert Bft 9 aufkommen; Windböen Bft 7 können bis ins
küstennahe Binnenland sowie in den Leegebieten der nördlichen Mittelgebirge
einsetzen. Auf höheren Berggipfeln der nördlichen und östlichen Mittelgebirge
muss ebenfalls mit Sturmböen Bft 8/9 gerechnet werden, auf dem Brocken können
später schwere Sturmböen nicht ausgeschlossen werden.
Nach Süden zu macht sich der Einfluss einer Hochbrücke bemerkbar, die sich von
der Bretagne bis in den Karpatenraum erstreckt. Zwar erfolgt auch dort eine
leichte Gradientzunahme, aber diese bewirkt eine rasche Auflösung ggf.
vorhandener Nebel- oder Hochnebelfelder, so dass sich danach längere sonnige
Abschnitte ergeben. Einem Temperaturanstieg auf Werte um 20 Grad steht dann
nichts mehr im Wege. Im Norden sind dagegen meist 16 bis 19 Grad zu erwarten.

In der Nacht zum Samstag wird das Tief, weiterhin entwicklungsgünstig am linken
Ausgang des Jets liegend, zum Finnischen Meerbusen gesteuert, wobei der
Kerndruck bis etwa 975 hPa sinkt. Die Kaltfront dieses Tiefs erreicht schleifend
den Küstenbereich und den äußersten Nordosten Deutschlands, wird aber von
Kaltluftadvektion überlaufen und ist daher nur wenig wetterwirksam. Dennoch
können sich die frontalen Niederschläge etwas intensivieren, wobei sich ein
Niederschlagsband abzeichnet, das von der Nordsee bis zur unteren Oder reicht.
Bedingt durch die weitere Intensivierung des Tiefs erfolgt noch eine leichte
Gradientverschärfung, wodurch dann an der Ostsee vermehrt Sturmböen Bft 9
auftreten. Exponiert sind an der Vorpommerschen Küste vorübergehend einzelne
schwere Sturmböen nicht ganz auszuschließen. An der Nordsee reicht es dann nur
noch für Wind- und stürmische Böen aus Nordwest, aber mit deutlich abnehmender
Tendenz. Windböen Bft 7 sind auch im küstennahen und im nordöstlichen Binnenland
und in einigen Leelagen der nördlichen Mittelgebirge zu erwarten. Auf höheren
Berggipfeln der nördlichen und östlichen Mittelgebirge treten dann Sturm- und
(Brocken) auch schwere Sturmböen auf. In der zweiten Nachthälfte erfolgt mit dem
Abziehen des Tiefs nach Osten generell von Nordwesten her eine Windabnahme.
Windböen Bft 7 sind Samstagfrüh an der Nordsee auf die Nordfriesischen Inseln
beschränkt. An der Ostseeküste erfolgt das Abflauen des Windes mit Verzögerung,
was dort noch stürmische, an der Vorpommerschen Küste anfangs auch Sturmböen
auftreten lässt. Auch im nordöstlichen Binnenland können dann noch einzelne
Windböen auftreten. Auch auf höheren Berggipfeln der nördlichen und östlichen
Mittelgebirge sind noch Sturmböen Bft 8/9 zu erwarten.
Während in den mittleren Gebieten der dort vorhandene Gradient die Bildung von
Nebel- und Hochnebelfeldern unterbindet, dauert im Südwesten und ganz im Süden
antizyklonaler Einfluss an. Dort sind die Luftdruckgegensätze gering, so dass
nach zunächst klarem Himmel teils dichter Nebel entstehen kann.


Samstag... bildet sich das am östlichen Finnischen Meerbusen liegende Tief
allmählich auch in mittleren und höheren Troposphärenschichten ab ("bohrt sich
in die Höhe") und wird von dem Kurzwellentrog, der die Entwicklung dieses Tiefs
getriggert hatte, überlaufen. Das Schicksal dieses Tiefs ist somit besiegelt und
es beginnt sich aufzufüllen. Demzufolge weicht der Gradient im Norden
Deutschlands weiter auf. An der Nordsee reicht es dann für warnrelevante Böen
wahrscheinlich nicht mehr. An der Ostseeküste muss bis in die Mittagszeit noch
mit Wind- und an der Vorpommerschen Küste mit stürmischen Böen gerechnet werden,
bevor auch dort der Wind abflaut.
Die Kaltfront des o.g. Tiefs erstreckt sich dann, weiterhin schleifend, etwa von
der Elbmündung bis in den Berliner Raum hinein. In deren Bereich kommt es zu
länger andauernden, aber nicht allzu intensiven Niederschlägen, wobei bis etwa
10 mm innerhalb von 6 Stunden zu erwarten sind. Eine Überschreitung
warnrelevanter Schwellenwerte zeichnet sich nicht ab.
Präfrontal, d.h. in der Warmluft, frischt der Wind auf, wodurch etwa vom Ems bis
in den Erzgebirgsraum hinein verbreitet Windböen Bft 7 auftreten können. Bedingt
durch die stabile Schichtung und eine leichte Ageostrophie sowie durch die
Unterstützung, die durch den noch vorhandenen Tagesgang bedingt ist, ist das
Windmaximum am frühen Nachmittag zu erwarten, bevor zum Abend hin in tieferen
Lagen der Wind schwächer wird. Auf höheren Berggipfeln der nördlichen, östlichen
und zentralen Mittelgebirge muss dann mit Sturmböen Bft 8/9 gerechnet werden.
Eine Windabnahme zeichnet sich zum Abend hin nicht ab.
Längere sonnige Abschnitte sind, gestützt durch andauernden antizyklonalen
Einfluss, auf die westlichen und südlichen Landesteile beschränkt, was dort die
Temperatur auf 19 bis 23 Grad steigen lässt. Im Norden und Osten sind 16 bis 20,
in Küstennähe kaum mehr als 15 Grad zu erwarten.

In der Nacht zum Sonntag arbeitet sich die Kaltfront, weiterhin leicht
schleifend, bis in den Mittelgebirgsraum vor. Zwar wird die Front von
Kaltluftadvektion überlaufen, aber durch Stau bleibt die Wetterwirksamkeit der
Front einigermaßen erhalten, so dass vor allem im Erzgebirgsraum nochmals um 10
mm innerhalb von 6 Stunden zusammenkommen können. Präfrontal dauern die
Sturmböen Bft 8/9 auf höheren Berggipfeln der nördlichen und östlichen
Mittelgebirge noch an. Erst mit Passage der Front erfolgt dort ein Abflauen des
Windes.
Postfrontal klart es auf, was zum Teil niedrige einstellige Temperaturminima zur
Folge haben kann. Aufgrund des noch vorhandenen Gradienten bleibt es jedoch
frostfrei. Auch im Südwesten und Süden kann es zunächst aufklaren, bevor dort
mit Annäherung der Kaltfront hohe und mittelhohe Bewölkung aufzieht. Daher
sollte in diesen Gebieten die Nebelneigung gering bleiben.

Sonntag... stößt von Skandinavien her ein Kurzwellentrog in den über
Nordosteuropa liegenden Trog hinein, wodurch sich dieser nach Süden in Richtung
Ukraine ausweitet. Dies lässt die nordwestliche Strömung aufsteilen, wodurch die
frontsenkrechte Windkomponente zulegt und die Kaltfront sich in ihrem östlichen
Teil rascher nach Süden verlagert. Kaltluftadvektion macht dieser Front jedoch
weitgehend den Garaus, so dass nach Passage der Mittelgebirgsschwelle
niederschlagstechnisch an den Alpen nicht mehr viel davon ankommt.
Der bisher von der Iberischen Halbinsel ausgehende breite Rücken wölbt sich,
gestützt durch nördlich von Schottland ansetzende Warmluftadvektion, noch weiter
nach Norden auf. Das durch diesen Rücken gestützte Bodenhoch verlagert sich mit
seinem Schwerpunkt von der Nordsee in die Mitte Deutschlands. Dieses Hoch lässt
dann auch die Restbewölkung der Kaltfront, die sich etwa vom Rheinland bis in
den östlichen Mittelgebirgsraum hinein erstreckt, allmählich auflockern. Der
Westen und Süden Deutschlands verblieb die gesamte Zeit über in der Warmluft.
Bemerkenswert ist der ausgeprägte horizontale Temperaturgradient, der vom
Greifswalder Bodden zum Breisgau annähernd 20 K erreicht. Dieser hat auch
Auswirkungen auf die Temperaturentwicklung. In Ostseenähe und ganz im Nordosten
sind nur Maxima um 13 Grad zu erwarten. In den mittleren Gebieten werden meist
14 bis 19 Grad erreicht, im Westen und Süden steigt die Temperatur auf 19 bis 24
Grad.

In der Nacht zum Montag wird in der Frontalzone, die dann von Island bis in den
Schwarzmeerraum gerichtet ist, ein weiteres Tief südostwärts gesteuert und
gelangt bis Montagfrüh in die Nähe der Shetland-Inseln. Dieses Tief lässt die
weitgehend inaktive Front als Warmfront rückläufig werden, wobei an dieser
Front, gestützt durch schwache Warmluftadvektion, im Nordwesten dann auch wieder
geringe Niederschläge aufkommen können. Aufziehende Bewölkung dürfte dann auch
im Norden und Osten eine Abkühlung in den Bereich leichten Frostes unterbinden.
Im Westen und Süden sowie in Teilen der Mitte kann es zwar vorübergehend
aufklaren, aber in diesen Gebieten sind die Luftdruckgegensätze gering, so dass
sich teils dichter Nebel binden kann. Nur bei längerem Aufklaren sind in diesen
Gebieten Temperaturminima deutlich unter 10 Grad zu erwarten.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle stützen die oben beschriebene Entwicklung. Anhand der
synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten Unterschiede
ableiten.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann