DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

05-10-2023 10:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 05.10.2023 um 10.30 UTC



Im Norden zeitweise wechselhaft, nach Süden zu freundlicher. Im Norden mild, im
Südwesten teils ungewöhnlich warm.
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Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 12.10.2023


Diese Mittelfrist steht auf recht stabilen Säulen. Zoomt man jedoch auf die
synoptisch-skalige Ebene hinein, so zeigen sich für unsere Mittelfrist doch noch
gröbere Unsicherheiten (Entwicklung eines Bodentiefs vor den Shetlandinseln),
die wohl erst in den Folgetagen gelöst werden.

NAO/AO dümpeln im negativen Bereich herum, doch etwas aufhorchen lässt einen der
markante Wechsel in deutlich positivere Gefilde der PNA (Pazifik-Nordamerika
Muster). Dies bedeutet "Aufsteilen" der Strömung und verstärktes "downstream
development". In der Tat baut sich über dem westlichen Kanada ein markanter Keil
auf, der in der Folge mit einem westwärts verschobenen Grönlandkeil auf
Tuchfühlung geht und eine nachhaltige, hoch im Norden ansetzende Blockierung
hervorruft. Dies wiederum regt zwei Rossby-Wellen zum Abtropfen an, die
einerseits über dem Nordosten der USA sowie über dem zentralen nördlichen
Atlantik liegen und ein klassisches Omega bilden.

Zum Beginn der Mittelfrist wird der westliche Part des Omega zudem noch vom aus
südlicher Richtung hereinlaufenden Tropensturm PHILIPPE gespeist und puscht sich
in der Folge zum dominanten System auf.

Auch der weiter an Kraft zulegende El Nino sowie eine positiv interferierende
Madden-Julian-Oszillation (Phase 7 zu 8) sorgen wohl für reichlich
Entwicklungspotenzial tropischer Stürme vor der Westküste Mexikos, deren
Outflow-gestützer PV-Input neben dem "Grundzustand" des EL Nino den Subtropenjet
weiter anfachen, dessen deutlich positive Anomaliewerte (bezüglich der
Zonalgeschwindigkeit) sich in der Folge ostwärts über den zentralen Nordatlantik
ausbreiten. Dies sollte die cut-offs der Omegablockierung (wenigstens für diese
Mittelfrist) recht stationär halten, bevor der östliche cut-off zunehmend
Energie in die Frontalzone transferiert und West-/Mitteleuropa eine stramme
Südwestströmung beschert.


Doch wie gestaltet sich nun das Wetter die Mittelfrist über in Deutschland
(Sonntag, d. 08. Oktober bis Donnerstag, der 12. Oktober)?
Zusammengefasst erfolgen wiederholt schwache Frontpassagen von Nord(west) nach
Süd(ost), deren Wetterwirksamkeit sich jedoch in einem sehr überschaubaren
Rahmen halten. Nach Süden zu bleibt es insgesamt stabil.

Die erste Passage einer (Kalt)Front erfolgte eingangs dieser Mittelfrist und
hinterlässt zum Sonntag eine Luftmassengrenze, die sich quer über Deutschland
von NRW bis Franken erstreckt. Sie trennt T850 hPa Temperaturwerte von -2 Grad
auf Rügen von +17 Grad am Hochrhein. Da Geopotenzial und Bodendruck bereits
wieder leicht steigen klingen letzte Regenfälle im Umfeld dieser Front im
Tagesverlauf ab und betreffen aus heutiger Sicht vor allem die zentralen
Mittelgebirge sowie die nördlich angrenzenden Bereiche. Bereits zum Nachmittag
sollte der Niederschlag endgültig nachlassen, sodass wir auf einen
deutschlandweit trockenen Abend zusteuern. Allerdings macht es noch wenig Sinn
sich zu sehr auf die genaue regionale Lage dieser Front zu fokussieren, da z.B.
im IFS-ENS die latitudinale Streuung der Member noch immens ist und sich von der
Mitte bis in den Nordosten erstreckt. Dies spiegelt auch die Unsicherheit in
anderen Modellen wider, die die Front teils weniger aggressiv nach Deutschland
bringen. Nördlich und südlich der Front überwiegt der Sonnenschein.

In der Nacht zum Montag und Montag tagsüber lässt der aktuelle Modelllauf ein
sich nur mäßig intensivierendes Tief von Südnorwegen zum Baltikum ziehen,
allerdings ohne substanziellen Support aus dem Ensemble heraus. Von daher sind
die hier gezeigten Warm- und (schleifenden) Kaltfrontniederschläge für den
Norden Deutschlands bezüglich des genauen Timings noch unsicher, regnen wird es
aber modellübergreifend für einige Stunden in einem Bereich von der Deutschen
Bucht bis zur Lausitz. Südlich der zentralen Mittelgebirge wechseln sich
ausgedehnte Wolkenfelder und teils längerer Sonnenschein ab, Niederschlag fällt
hier keiner.

Für den Dienstag lässt IFS 00Z viel Feuchte bis Süddeutschland vorankommen, was
besonders für den Norden und gesamten Osten einen wolkenverhangenen Tag mit
etwas Niederschlag zur Folge hätte, während der Tag im Westen und Süden trocken
und wechselnd bewölkt verläuft. Besonders im Südwesten und südlich der Donau
kann die Sonne auch längere Zeit scheinen. Aber auch hier gilt abzuwarten, wie
effektiv die Kaltfront durch das zum Baltikum wandernde Tief nach Süden gedrückt
wird.

Zum Mittwoch etabliert sich zunehmend eine stramme südwestliche Strömung mit
hohem Geopotenzial im Süden/Südosten sowie peripheren Frontpassagen im
Nordwesten/Norden. Von daher verläuft der Tag im Süden bis zur Mitte heiter bis
sonnig und trocken, sonst wolkenverhangen, aber auch hier meist trocken.

Im Verlauf des Donnerstags sollte eine kräftige Kaltfrontpassage für ein von
West nach Ost ziehendes Regenband sorgen, das in der Nacht zum Freitag die Alpen
erreicht und dort ins Schleifen gerät.

Der antizyklonal geprägte Süden und Südwesten verbleiben die Mittelfrist über in
ausgesprochen milden Luftmassen mit ungewöhnlich milden, teils auch warmen
Temperaturwerten von 20 bis teils 26 Grad. Lokal sind auch höhere Spitzenwerte
nicht ausgeschlossen, wenn alles passt, wie Einstrahlung, Durchmischung,
Luftmasse etc.. Im Norden und Osten bleibt es mit 15 bis 20 Grad zwar frischer
als im Süden, doch auch das sind noch (sehr) milde Werte für einen Oktober.
Die Tiefstwerte pendeln je nach Luftmasse im unteren zweistelligen oder oberen
einstelligen Bereich. Besonders in der Nacht zum Montag kühlt es in Richtung
Lausitz mit 3 oder 4 Grad etwas deutlicher ab (lokaler Frost in Bodennähe).

Der überwiegend west- bis südwestliche Wind weht im Bergland durchweg frisch,
exponiert mit Sturmböen. Dasselbe gilt auch für die Küstenabschnitte. Im
Tiefland weht er meist mäßig bis frisch aus genannten Richtungen. Eine Sturmlage
ist zwar keine zu erkennen, dennoch könnte die Tiefpassage in der Nacht zum
Montag/Montag tagsüber je nach Intensität und Zugbahn dem Norden/Osten markante
Böen bis ins Tiefland bescheren.

In der erweiterten Mittelfrist deutet sich zwar postfrontal einer
Kaltfrontpassage (Do zu Fr) besonders für den Norden eine etwas kräftigere
Abkühlung an, doch nachhaltig sieht auch das nicht aus. Der Süden bleibt
insgesamt auf der antizyklonal geprägten Seite.

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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Bis einschließlich Montag ergeben sich beim Blick auf das Geopotenzial der
jüngsten 4 Läufe nur unwesentliche Diskrepanzen mit hohem Geopotenzial im
Südwesten und einer nordwestlich gekippten Frontalzone über dem Nordosten
Deutschlands. Allerdings zeigen sich noch größeren Unsicherheiten bei der
Entwicklung eines Bodentiefs von Sonntag auf Montag, das von den Shetlandinseln
über Südnorwegen und Südschweden zum Baltikum ziehen soll. Lage und Intensität
dieses Tiefs entscheiden, wie weit nach Süden die Fronten über Deutschland
vorankommen können und wieviel Wind den Norden/Osten Deutschlands erreicht.

In der Folge zeigen sich zunehmende Phasenunterschiede beim Geopotenzial mit
gröberen Diskrepanzen bei der Lage von Trögen und Keilen (besonders über
Skandinavien). Insgesamt aber dominiert in allen Rechnungen eine vorübergehende
"Aufsteilung" der Strömung auf Südwest mit hohem Geopotenzial über
Süddeutschland. Es ergeben sich folgerichtig erhebliche Unsicherheiten mit Blick
auf mögliche Frontpassagen.

Zusammengefasst also von Norden wiederholt recht wetterinaktive Frontpassagen.
Besonders im Süden deutlich stabiler.

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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Die größten Unsicherheiten ergeben sich bei der möglichen Bodentiefentwicklung
in der Nacht zum Montag/Montag tagsüber, die von Südnorwegen/Deutsche Bucht in
Richtung Baltikum ziehen soll. GFS hat fast keine Signale in diesem Lauf, im
Ensemble wird jedoch ein deutlicher Spread gezeigt. Von Lauf zu Lauf
verschwindet/erscheint das Tief immer wieder. Bei EZ wird die aggressive
Variante im det. Lauf nicht vom ENS gestützt, wo ein großer Spread vorhanden
ist. Zudem schwankt auch hier die Lage dieses Tiefs mehrere hundert Kilometer
von Lauf zu Lauf. GEM/ICON fahren einen Mittelweg, wenngleich z.B. ICON hier
auch kräftig schwankt.

Der Grund für diese Diskrepanzen ist in der Entwicklungsumgebung dieses Tiefs
westlich der Shetlandinseln zu suchen, die unterhalb einer Keilachse beginnt und
maßgeblich von einem von West/Nordwest hereinschwenkenden Kurzwellentrog
beeinflusst wird. Da selbst bei dieser Kurzwelle noch erhebliche Unsicherheiten
zu erkennen sind, wirkt sich das entsprechend auch auf diese
Bodentiefentwicklung aus. Dahingehend müssen wohl noch einige Modellläufe
abgewartet werden.

In der Folge jedoch bleiben die Unterschiede im Geopotenzialfeld überraschend
gering und heben die zunehmend südwestlich ausgerichtete Höhenströmung gut
hervor.


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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Clusteranalyse sieht wie folgt aus:

T+72-96 h beginnt überschaubar mit 2 Clustern (Regime: atl. Rücken), wobei beide
Cluster Deutschland zweigeteilt sehen mit höherem Geopotenzial im Südwesten und
der Frontalzone über dem Nordosten. Die größte Diskrepanz ergibt sich beim Blick
auf die Bodentiefentwicklung vor Südnorwegen, da beide Cluster nahezu eine 50/50
Verteilung mit einer schwächeren/stärkeren Entwicklung zeigen. Ähnliches zeigt
sich auch bei der das Bodentief antreibenden Kurzwelle.

In der Folge bis t+168 h werden 5 Cluster angeboten mit einem allmählichen
Wechsel des klimat. Regimes vom atlantischen Rücken zur NAO +. Über Mitteleuropa
fallen die Unterschiede überschaubar aus, wird doch in allen Clustern eine
Stärkung des Rückens sowie eine zunehmend südwestlich geprägte Höhenströmung
hervorgehoben.

In weiterer Folge schaukeln sich die Unterschiede immer weiter auf, sodass nur
eine grobe Tendenz genannt werden kann mit einem etwas stabileren Süden sowie
einem wechselhafteren Norden (abgesehen vom 5. Cluster mit einer kräftigen
Blockierung, die interessanterweise zur Monatsmitte weiterhin in der
Clusteranalyse vertreten ist).

Die Meteogramme in Deutschland zeigen während der Mittelfrist einen
wechselhafteren Norden und teils auch Osten sowie einen trockeneren Süden. Auch
das Nord-Südgefälle bei der Temperatur wird hervorgehoben, wobei sich dieses
jedoch zum Ende der Mittelfrist aufweicht (dank südwestlicher Strömung
deutschlandweit). Die größeren Unsicherheitsbereiche bei der Temperatur heben
die noch recht variable Wolkenverteilung hervor, die wiederum an die Lage
möglicher Fronten gekoppelt ist.
Die Rauchfahnen laufen im Süden eng gebündelt auf hohem Niveau (z.B. Frankfurt
und München beinahe durchgehend um +15 Grad in 850 hPa) mit größeren
Unsicherheiten im Norden und Osten. Dies hebt erneut die Unsicherheit möglicher
Frontpassagen hervor (zeitlich wie räumlich).

Im GFS ENS ist der Ablauf ein ähnlicher, jedoch mit Diskrepanzen zum IFS-ENS.
Die Unterschiede sind auf die bereits angesprochene variable Handhabung der
Bodentiefentwicklung im Norden zurückzuführen.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Signifikante Wettererscheinungen beschränken sich auf den Wind aus Südwest bis
West, wobei im Küstenumfeld sowie im exponierten Bergland wiederholt markante
Böen auftreten können. Allerdings bleibt noch der Zeitraum "Nacht zum Montag und
Montag tagsüber" etwas im Fokus, denn abhängig von der Zugbahn und Intensität
der Bodentiefpassage im Norden kann es hier im Nordosten besonders am Montag
tagsüber häufiger und teils bis in tiefe Lagen markante Böen geben. Signale gibt
es im EFI diesbezüglich jedoch nur verschwommene (breiter SOT+ Bereich mit sehr
geringen EFI Werten).

Ansonsten hebt der EFI besonders die zu hohen Temperaturwerte im Süden und
Südwesten hervor.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-ENS, GEFS, MOSMIX
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Helge Tuschy