DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

27-09-2023 10:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 27.09.2023 um 10.30 UTC



Zunächst nur im Norden leicht unbeständig und weiterhin zu mild bzw. warm. Ab
Dienstag mit Durchzug einer Kaltfront allgemein kühler, danach aber wohl wieder
zunehmender Hochdruckeinfluss.
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Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 04.10.2023


Mehr oder weniger über den gesamten Mittelfristzeitraum hinweg dauert die
überwiegend antizyklonal konturierte Westlage an und weicht lediglich am
Dienstag/Mittwoch mit Durchzug eines Höhentroges und dem vorübergehenden
Übergreifen der Frontalzone auf Mitteleuropa einer Nordwestlage, ehe sich - und
das sei vorweggenommen: Nach Lesart mehr oder weniger aller vorliegenden Modelle
- in der zweiten Hälfte der kommenden Woche wieder eine ruhige und überwiegend
zu milde Witterungsphase ins Haus steht.

Am Samstag schwenkt ein Höhentrog über Skandinavien und das östliche
Mitteleuropa hinweg ostwärts, gefolgt von einem breiten Höhenrücken, der sich in
der Nacht zum Sonntag von Südwest- nach Mitteleuropa bzw. zur Nordsee und zur
Norwegischen See erstreckt.
Im Bodenfeld hat die Kaltfront eines bis Sonntagfrüh von Nordnorwegen zur
Barentssee ziehenden Tiefs bereits mittags die Alpen erreicht und löst sich dort
bei raschem Druckanstieg auf. Leichte Niederschläge sind wohl nur noch im Süden
und Südosten Deutschlands zu erwarten. Nach Frontpassage sinkt die 850
hPa-Temperatur im Einflussbereich erwärmter Subpolarluft auf 4 Grad im Norden
und 10 Grad an den Alpen. In der Nacht zum Sonntag verlagert sich der
Schwerpunkt des Bodenhochs nach Süddeutschland, während auf den Nordwesten und
Norden bereits wieder die Warmfront eines Teiltiefs nordwestlich von Schottland
mit dichteren Wolken und etwas Regen übergreift.

Am Sonntag und in der Nacht zum Montag verlagert sich der breite Rücken
allmählich Richtung östliches Mitteleuropa, so dass wir unterhalb einer
überwiegend antizyklonal konturierten flauen westsüdwestlichen Höhenströmung
gelangen. Die Frontalzone verläuft knapp nördlich von Mitteleuropa über GB, die
Nordsee und Skandinavien.
Im Bodenfeld kommt das Tief nördlich von Schottland zur Norwegischen See voran,
die Warmfront zieht über Norddeutschland hinweg ostwärts, während die Kaltfront
in der Nacht zum Montag auf die Norddeutsche Tiefebene übergreift. Da sich
weiter südlich aber eine Hochdruckbrücke hält, zeigt sie dort nur wenig
Wetterwirksamkeit. Somit bleibt es im Norden meist stark bewölkt mit
gelegentlichen leichten Regenfällen, während in der Mitte und vor allem im Süden
nach allerdings teils zögernder Nebelauflösung häufig die Sonne scheint. Dabei
gelangen im Warmsektor wieder deutlich wärmere Luftmassen ins Vorhersagegebiet,
di 850 hPa-Temperatur steigt bis Montagfrüh auf 8 Grad im Norden und bis 17 Grad
im Südwesten.

Am Montag schleift die Kaltfront innerhalb der recht glatten westsüdwestlichen
Höhenströmung weiterhin über Norddeutschland und kommt zunächst kaum nach Süden
voran. Mit Annäherung eines breiten Höhentrogs, der in der Nacht zum Dienstag
die Britischen Inseln überquert, bildet sich entlang des Frontenzuges eine
Welle, die in der Nacht zum Dienstag bis nach Norddeutschland vorankommt. Mit
Annäherung der Well intensivieren sich die Regenfälle ab Montagnachmittag bzw.
-abend über dem Norden des Landes und kommen bis Dienstagfrüh in etwa zum
Nordrand der Mittelgebirge voran. Nach Lesart des IFS kann es dabei vor allem
vom Norden NRWs bzw. Südwestniedersachsen bis nach Nordbrandenburg auch mal
kräftiger regnen.
In der Mitte und im Süden dauert die ruhige und außerhalb sich örtlich spät
auflösender Nebelfelder auch spätsommerlich warme Witterung weiter an, auch,
wenn sich die Hochdruckbrücke abschwächt bzw. etwas nach Süden zurückzieht.

Am Dienstag und in der Nacht zum Mittwoch schwenkt der Höhentrog über die
Nordsee und Mitteleuropa hinweg ostwärts, die Frontalzone kann nun vorübergehend
auch auf das Vorhersaggebiet übergreifen.
Somit nimmt die Kaltfront nach Abzug der Frontalwelle deutlich an Fahrt auf und
überquert Deutschland im Tagesverlauf mit schauerartigen Regenfällen
südostwärts, bereits in der Nacht zum Mittwoch hat sie die Alpen erreicht.
Vorher wird es am Dienstag tagsüber im Süden und Südosten nochmals
spätsommerlich warm. Der Front folgt dann aber maritime Polarluft, die 850
hPa-Temperatur sinkt bis Mittwochfrüh auf Werte zwischen 2 und 5 Grad. Vor allem
in der Nordhälfte gibt es postfrontal noch einzelne Schauer, in der Nacht zum
Mittwoch dann mit Durchschwenken eines weiteren Bodentroges bei an der Nordsee
in Böen eventuell stürmischen Nordwestwind auch einzelne Gewitter.

Am Mittwoch werden vor allem der Norden und Osten Deutschlands von einem in die
nordwestliche Höhenströmung eingebetteten Randtrog überquert, dem ein flacher
Bodentrog vorgeschaltet ist und es gibt dort bei lebhaftem Nordwestwind noch
einzelne Schauer. An den Alpen regnet es anfangs mit abziehender Kaltfront noch
(ab etwa 1500 bis 2000 m fällt etwas Schnee), im Westen und Südwesten setzt sich
aber mit Annäherung eines Höhenrückens, der bereits abends die Nordsee erreicht,
bei steigendem Bodendruck rasch wieder Hochdruckeinfluss durch. Die 850
hPa-Temperatur sinkt vorübergehend auf 0 Grad im Norden und 5 Grad an den Aloen,
so dass es nun auch im Süden deutlich kühler als an den Vortagen bleibt.
In der Nacht zum Donnerstag wandert das Bodenhoch ins Vorhersagegebiet und bei
teils klarem Himmel kann es in ungünstigen Lagen durchaus auch Luftfrost geben.

In der erweiterten Mittelfrist, bis Freitag, verlagert sich der breite
Höhenrücken von West- nach Mitteleuropa und das Bodenhoch nach Südosteuropa. An
dessen Südwestflanke gelangen wieder sehr milde Luftmassen ins Vorhersagegebiet,
wobei der Norden erneut von schwachen Tiefausläufern gestreift wird. Außerhalb
teils zu dieser Jahreszeit schon recht beständiger Nebelfelder wird es somit
wieder sehr mild bis warm.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Der aktuelle Lauf erweist sich bis Montag als konsistent zu den beiden
Vorläufen. Größere Diskrepanzen sind keine auszumachen. Auffällig ist zunächst,
dass der gestrige 12 UTC-Lauf die schwache, über Norddeutschland schleifende
Kaltfront in der Nacht zum Montag - allerdings ohne nennenswerte Niederschläge -
weiter nach Süden vorankommen lässt als der aktuelle, vor allem aber auch als
der gestrige 00 UTC-Lauf, der die nördlichste Variante auf der Agenda hatte.
Somit simuliert der gestrige 12 UTC-Lauf in der Nacht zum Dienstag auch keine
Frontalwelle entlang der dann über Süddeutschland schleifenden Front, was
natürlich Auswirkungen auf die Niederschlagsprognosen hat.
Der gestrige 00 UTC-Lauf hat die Frontalwelle dagegen progressiver auf der
Agenda und lässt an ihr ein Bodentief entwickeln, das bis Dienstag über die
südliche Ostsee ins Baltikum zieht. Somit wird auch die Kaltfront progressiver
simuliert und soll bereits am Dienstag tagsüber die Alpen erreichen. In der
erweiterten Mittelfrist sind dann die beiden gestrigen Läufe zyklonaler
aufgestellt als der aktuelle, der gestrige 12 UTC-Lauf zeigt eine zyklonale
Südwestlage, der gestrige 00 UTC-Lauf dagegen eher Nordwest bis Nord zyklonal.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Wenngleich der grobe Fahrplan bei allen Modellen sogar bis in die erweiterte
Mittelfrist recht einheitlich ist, so gibt es im Detail noch kleinere
Differenzen, die vor allem Auswirkungen auf die Niederschlagprognosen haben.
Die Warmfront die in der Nacht zum bzw. am Sonntag Norddeutschland überquert,
hat IFS etwas progressiver als alle anderen Modelle auf der Agenda, ebenso die
im Nachgang über Norddeutschland schleifende Kaltfront. Entsprechend simuliert
IFS etwas verbreiteter auftretende, wenngleich geringe und auch bis in die
Norddeutsche Tiefebene ausgreifende Niederschläge am Sonntag tagsüber und in der
Nacht zum Montag.
Unterschiede gibt es auch, die folgende Frontalwelle betreffend. ICON hat eine
ähnliche Entwicklung wie IFS auf der Agenda, wonach sich die Frontalwelle nur
wenig entwickelt und bis Dienstagabend ins Baltikum bzw. in den Norden
Weißrusslands zieht. Mit Durchzug der Frontalwelle kann es nach Lesart beider
Modelle in Norddeutschland vor allem in der Nacht zum Dienstag gebietsweise
kräftiger bzw. länger anhaltend regnen, wobei Warnschwellen für Dauerregen
voraussichtlich nicht erreicht werden.
GFS hingegen lässt aus der Frontalwelle ein kräftiges Tief entwickeln, das auf
deutlich nördlicherer Zugbahn, über das Skagerrak und Mittelschweden, bis zur
Nacht zum Mittwoch zur mittleren Ostsee zieht. Aufgrund der nördlichen Zugbahn
des Tiefs werden erst mit Übergreifen der Kaltfront am Dienstag tagsüber
nennenswerte, allerdings relativ geringe Niederschläge im Vorhersagegebiet
simuliert.
UK10 lässt das sich aus der Frontalwelle entwickelnde kräftige Tief dagegen
etwas südlicher ziehen als GFS, so dass es im äußersten Norden Deutschlands in
der Nacht zum Dienstag kräftig regnen könnte.
Die Kaltfrontpassage wird dann nur noch mit geringen Differenzen simuliert
(erneut IFS etwas progressiver als ICON und GFS), den nachfolgenden Höhen- bzw.
vorgeschalteten Bodentrog am Mittwoch haben die drei Modelle ähnlich auf der
Agenda, GEM dagegen etwas schwächer.
In der erweiterten Mittelfrist sind dann alle vorliegenden Modelle erneut
antizyklonal aufgestellt mit einer deutlichen Milderung, die nach IFS und GEM
rascher erfolgt als nach GFS.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Zu Beginn der Mittelfrist, im Zeitraum 72 bis 96 Stunden, verteilen sich die
ENS-Member, der Haupt- und der Kontrolllauf auf vier Cluster, die am Sonntag
allesamt einen kräftigen Höhenrücken über Südwest- und Mitteleuropa auf der
Agenda habe, wobei CL1 (16 Member, incl. Haupt- und Kontrolllauf) und CL4 (9
Member) die Frontalzone über Nordwesteuropa und Skandinavien etwas weiter nach
Süden ausgreifen lassen als CL 2 und 3 (jeweils 13 Member). Entsprechend wird im
Hauptlauf die Warmfront über Norddeutschland recht progressiv simuliert, auch im
Vergleich zu den Globalmodellen (siehe weiter oben).

Im Zeitraum 120 bis 168 Stunden steh dagegen nur ein Cluster auf der Agenda. Der
Höhenrücken schwenkt allmählich ostwärts, gefolgt von einem Höhentrog, der am
Mittwoch Mitteleuropa bzw. Skandinavien überquert. Der grobe Ablauf der
Trogpassage wird also von allem Membern einheitlich simuliert, während es im
Detail noch größere Differenzen, was die Entwicklung der Frontalwelle bzw. eines
eventuell kräftigen Skandinavientiefs angeht. Einige Member haben beides
markanter auf der Agenda als der Hauptlauf.

Während die Globalmodelle in der erweiterten Mittelfrist (192 bis 240 Stunden)
einen relativ einheitlichen Kurs fahren, bieten die Einzelmember des IFS ein
ganzes Potpourri von Lösungen an. Dabei verteilen sie sich auf 5 Cluster: CL 1
(17 Member, inklusiv Haupt- und Kontrolllauf) belässt es bei einem Höhenrücken,
der über Mitteleuropa und die Nordsee nordnordwestwärts reicht, ähnlich wie CL 2
(11 Member) der den Rücken breite aufgestellt und markanter auf der Agenda hat.
CL 3 (10), vor allem aber CL 4 (7 Member) schwenken nach Durchzug des
Höhenrückens auf eine deutlich zyklonalere Variante um (SWz bis NWz).
CL 5 (6 Member) zeigt dagegen einen markanten Höhenrücken über dem Ostatlantik,
der langsam Richtung Westeuropa schwenkt und markiert für uns den Übergang von
Nordwest zyklonal/antizyklonal zu Hoch Mitteleuropa.

Die Kurvenschar der 850 hPa-Temperatur in den Rauchfahnen einzelner im
Vorhersagegebiet verteilter Gitterpunkte verläuft erwartungsgemäß bis Mitte
kommender Woche in einem relativ engen Spread, wobei es für die norddeutschen
Gitterpunkte je nach Zugbahn der Frontalwelle bzw. des daraus resultierenden
Tiefs ein paar Ausreißer nach oben gibt. In der erweiterten Mittelfrist wird die
Streuung dann deutlich größer, wobei zum Ende der Woche der Hauptlauf eher im
oberen Bereich der Member angesiedelt ist.

FAZIT:
Bis Mittwoch steht der grobe Fahrplan, mal abgesehen von der Entwicklung und
Zugbahn der Frontalwelle ab Montagabend, was Einfluss auf die
Niederschlagsprognosen hat.
Danach werden die Unsicherheiten aber größer, nicht einmal, was die Simulationen
der deterministischen Modellläufe angeht, sondern eher, was so die ENS-Member
von IFS und auch GFS an Alternativlösungen anbieten.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Signifikante Wettererscheinungen sind nahezu während des gesamten
Mittelfristzeitraumes wohl kaum zu erwarten.
Zu Beginn kommender Woche springt EFI auf die Zufuhr außergewöhnlich warmer
Luftmassen nach Südwest- und Süddeutschland an, dort werden im Zeitraum Sonntag
bis Dienstag außerhalb teils zäher Nebelfelder wohl nochmals sommerliche Werte
über 25 Grad erreicht, am Montag im südlichen Oberrheingraben vielleicht sogar
nahe 30 Grad.
Abhängig von der genauen Zugbahn der Frontalwelle kann es in der Nacht zum
Dienstag in Norddeutschland und im Westen gebietsweise längere Zeit regnen.
Hinweise auf ein Überschreiten von Warnschwellen für Dauerregen gibt es aber so
gut wie keine.
Zudem frischt der Wind mit Kaltfrontpassage am Dienstag lebhaft aus West bis
Nordwest auf mit einer leicht erhöhten Wahrscheinlichkeit für stürmische Böen an
de Nordsee und auf einigen Mittelgebirgsgipfeln.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IPS, IPS-ENS, MOSMIX
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Winninghoff