DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

26-09-2023 07:01
SXEU31 DWAV 260800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 26.09.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
B M, später Übergang zu SW a

Ruhiges und tagsüber sehr warmes Altweibersommerwetter. Nur im Nordwesten
schwache zyklonale Streifschüsse.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
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Dienstag... setzt sich das Altweibersommerwetter fort, lediglich der Nordwesten
"erlebt" im Verlauf schwache zyklonale Streifschüsse. Verantwortlich für das
ruhige und zunehmend spätsommerlich warme Wettergeschehen ist eine
Geopotenzialbrücke, die zwischen dem Höhenhoch mit Schwerpunkt über Belarus und
der Ukraine und dem Höhenkeil über Südwesteuropa quer über Südostdeutschland
verläuft. Flankiert wird die Brücke von einem hochreichenden, quasi-stationären
Cut-Off-Tief über dem Ionischen Meer, das erneut für Starkregenfälle in
Griechenland sorgt, und einem umfangreichen Langwellentrog über dem
Nordostatlantik. Dieser wird durch mehrere um ihn herum kreisende
Kurzwellentroge regeneriert, aber ohne, dass er substanziellen Raumgewinn nach
Osten vollzieht. Er beeinflusst folglich im Wesentlichen Teile von Nordwest- und
Nordeuropa und stützt mit beständiger WLA die vorgelagerte Potenzialbrücke.
Ein kurzwelliger Troganteil schwenkt heute zu den Britischen Inseln. Dieser
stützt einen Bodentrog, in den eine Kaltfront eingelagert ist und abends auf die
Nordsee übergreift. Ihr vorgelagert ist eine quasi-stationäre und in Auflösung
begriffene Front über der Deutschen Bucht und Nordwestdeutschland. Nennenswerter
Hebungsimpuls ist damit aber nicht verbunden, dennoch fällt der Luftdruck auch
bei uns etwas, sodass die Hochdruckbrücke zwischen dem Hoch über Russland und
dem Azorenhochkeil über uns von Westen her vorübergehend abgebaut wird. Übrig
bleibt ein Hochkeil mit Achse über dem Alpenraum. Daraus ergibt sich bodennah
eine recht schwache, südöstliche bis südliche Strömung, mit der sich die
Advektion warmer Luftmassen etwas verstärken kann. Auf 850 hPa steigen die
Temperaturen auf 11 bis 15 °C.

Im Umfeld der sich auflösenden Front im Nordwesten liegt bereits heute Vormittag
teils mehrschichtige Bewölkung, im Tagesverlauf löst sich diese auf bzw. wird
nach Norden herausgedrückt. Durch WLA und später auch schwache PVA im Vorfeld
des Troges bzw. der nahenden Kaltfront ziehen später allerdings hohe und
mittelhohe Wolkenfelder in den Nordwesten und äußersten Westen. Niederschlag
fällt aber nicht.
Im Rest des Landes hat sich - typisch für schwachgradientige Hochdrucklagen im
Herbst - gebietsweise Nebel gebildet, aufgrund der alternden Grenzschichtluft
aber bei weitem nicht mehr so verbreitet, wie in den Vornächten. Die Chancen
stehen ganz gut, dass sich das Meiste im Vormittagsverlauf auflöst. Vor allem in
einigen Flussniederungen im Süden kann sich das aber auch bis zum Mittag oder
frühen Nachmittag ziehen. Danach steht ein verbreitet sonniger Tag ins Haus, es
zeigen sich lediglich ein paar flache Quellwolken, insbesondere in der noch
etwas feuchteren Luft im Süden und Osten des Landes.
Die schwache Strömung hemmt die Durchmischung, sodass die Temperaturentwicklung
etwas gedämpft abläuft. Dennoch sind vor allem entlang des Rheins, in Teilen
Ostdeutschlands sowie generell in mittleren Lagen örtlich Sommertage um oder
knapp über 25 °C wahrscheinlich, auch sonst ist es mit Höchstwerten zwischen 19
und 24 °C angenehm warm.

In der Nacht zum Mittwoch schwenkt der Kurzwellentrog über die Nordsee nach
Skandinavien. Der Bodentrog flacht etwas ab und erfasst allenfalls noch den
äußersten Nordwesten und Norden Deutschlands. Infolgedessen dreht der Wind dort
vorübergehend auf Südwest und frischt über der Nordsee etwas auf, aber ohne,
dass warnrelevante Böen zu erwarten wären. Die Kaltfront erreicht den
Nordwesten, sodass dort auch etwas tiefe Bewölkung aufzieht. Mangels
substanziellen Hebungsantriebes ist - von wenigen Tropen abgesehen - aber kein
Niederschlag zu erwarten. Zwischen dem nach Skandinavien ziehenden Trog und dem
nächsten knapp westlich von Irland wölbt sich über der Nordsee und den
Britischen Inseln ein flacher Rücken auf. NVA und KLA lässt den Luftdruck dort
recht kräftig steigen, sodass sich der Hochkeil über dem Alpenraum nach
Nordwesten ausweiten kann.
Der Rest des Landes bekommt von all dem nichts mit, es geht zunächst gering
bewölkt bis klar in die Nacht, bevor sich dann erneut Nebel oder Hochnebel
bilden. ICON6 und ICON-D2 sind erneut sehr aggressiv was das betrifft, es ist
doch sehr fraglich, dass sich so viel Nebel bildet. Zumindest scheint es nicht
plausibel, warum es mehr Nebel geben sollte als in der Vornacht.
Bei klarem Himmel geht die Temperatur auf 8 bis 4 °C zurück, unter Hochnebel und
an der See liegen sie bei 15 bis 9°C.


Mittwoch... schwenkt der Rücken nordostwärts zum Nordmeer und nach Skandinavien,
der nächste Kurzwellentrog erreicht die Britischen Inseln. Dieser interagierte
bereits über dem mittleren Nordatlantik konstruktiv mit einer Frontalwelle.
Nicht nur die starke Höhendivergenz, sondern auch das Energiereservoir der
tropischen Luftmasse (hier verstecken sich auch Reste des ehemaligen Tropensturm
OPHELIA) begünstigen eine rapide Zyklogenese. Über Irland erreicht das
international auf AGNES getaufte Orkantief seinen Höhenpunkt mit einem minimalen
Luftdruck von 970 bis 975 hPa. Es beeinflusst unser Wetter zwar (noch) nicht
unmittelbar, allerdings setzt von Nordwesten im Tagesverlauf WLA und
Luftdruckfall ein, sodass der Hochkeil über uns wieder zu den Alpen
zurückgedrängt wird. Im Nordwesten frischt die Südostströmung bereits wieder auf
mit Böen Bft 6 über der offenen See.
Die Kaltfront im Nordwesten wird rasch rückläufig und mit ihrer tiefen Bewölkung
nach Norden herausgedrückt. Allerdings erfassen WLA-bedingte hohe, eventuell
mittelhohe Wolkenfelder im Tagesverlauf den Nordwesten und Westen.
Im großen Rest des Landes herrscht unter dem Einfluss der nur unwesentlich nach
Süden verlagernden Geopotenzialbrücke großräumiges Absinken und nach
Nebelauflösung bis zum Mittag viel Sonnenschein.
Die Luft kann sich noch etwas erwärmen, die Höchsttemperaturen erreicht Werte
zwischen 21 und 27 °C.

In der Nacht zum Donnerstag dreht der nunmehr hochreichende und mit senkrechter
Achse versehene Sturm AGNES nach Nordosten ab und zieht über Schottland zu den
Shetlands. Der damit verbundene kurzwellige Trog greift allerdings ausgangs der
Nacht auch auf den Westen Deutschlands über, die Geopotenzialbrücke wird zu den
Alpen gedrängt und abgeschwächt. Somit stellt sich bei uns eine leicht zyklonale
konturierte Südwestströmung ein. Der Luftdruckfall bei uns setzt sich somit
fort, ein Bodentrog mit der eingelagerten Kaltfront von AGNES erreicht den
Westen und Nordwesten im Verlauf. Die Front wird allerdings von schwacher KLA
überlaufen, sodass die ohnehin nicht sonderlich starken frontalen und
PVA-bedingten Hebungsimpulse nochmal abgeschwächt werden. Wahrscheinlich bleibt
es bei dichterer, mehrschichtiger Bewölkung, die vom Westen und Nordwesten bis
zur Mitte vorankommt und aus der es allenfalls vereinzelt ein paar Tropfen gibt.
Der Wind legt im Nordseeumfeld weiter zu, über der See sowie auf den Inseln
reicht es für die ein oder andere Böe 7 Bft.
Im Südosten und Osten verläuft die Nacht noch zumeist klar, erneut ist mit
örtlicher Nebelbildung zu rechnen.
Wolken und Wind dämpfen die Abkühlung, sodass die Tiefstwerte zwischen 16 und 10
°C liegen, nach Südosten zu bei 10 bis 6 °C.


Donnerstag... schwenkt der Kurzwellentrog im Tagesverlauf nordostwärts über
Deutschland. Die Kaltfront zieht vom Westen und Nordwesten noch ein Stück nach
Südosten, wird mangels Schubkomponente aber bereits über der nördlichen Mitte
stationär und geht bereits in die Warmfront der nächsten Randstörung westlich
der Bretagne über.
Die Wetteraktivität ist weiterhin stark limitiert, allerdings sorgt der leicht
zyklonale Einfluss zumindest in der Nordwesthälfte für einen sichtbar wolkigeren
Wettercharakter als an den Vortagen. Regen fällt indes aber kaum.
Nach Südost zu dominiert eher der Einfluss der nunmehr allerdings sehr schmal
gewordenen Geopotenzialbrücke über dem Alpenraum. Nach Nebelauflösung scheint
dort wieder verbreitet die Sonne, es ziehen nur ein paar mehr Schleierwolken
durch.
Durch den generell etwas auffrischenden, auf Südwest drehenden Wind (einzelne
Böen 7 Bft anfangs noch an der Nordsee) wird die Durchmischung etwas mehr
forciert wie an den Vortagen, sodass in der Südosthälfte noch etwas verbreiteter
über 25 °C, örtlich bis 27 oder 28 °C erreicht werden. Auch in der
Nordwesthälfte bleibt es damit trotz leicht zurückgehender 850-hPa-Temperaturen
mit Höchstwerten zwischen 19 und 25 °C quasi unverändert warm.

In der Nacht zum Freitag zieht die o. e. Randstörung in Form eines kurzwelligen
Troges und einer (wenig entwicklungsfähigen Frontalwelle) zum Ärmelkanal, nach
GFS-Lesart bereits zur Nordsee. Bei uns stellt sich eine recht glatte
südwestliche Höhenströmung ein. An der Warmfront der Welle setzt im Nordwesten
im Nachtverlauf eventuell leichter Regen ein (ICON, IFS), vielleicht bleibt es
aber auch trocken und es ziehen nur Wolkenfelder durch (GFS).
Nach Süden und Südosten zu bleibt alles beim Alten: Nach klarem/gering bewölkten
Start in die Nacht bildet sich zumindest örtlich wieder Nebel.
Die Tiefstwerte liegen zwischen 16 °C im Nordwesten und 7°C im Südosten.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren die Wetterlage sehr ähnlich und konsistent. Erst zum Ende
der Kurzfrist ergeben sich ein paar Phasenunterschiede (siehe Text), die aber
keine Warnrelevanz haben.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Adrian Leyser