DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

21-09-2023 07:01
SXEU31 DWAV 210800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 21.09.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Tr W

Heute im späteren Tagesverlauf von Westen her starke Gewitter, in der Nacht zum
Freitag über die Mitte hinweg auf Ostdeutschland übergreifend. Dabei Sturmböen
und zumindest anfangs Starkregen nicht auszuschließen. Außerdem im Tagesverlauf
an der Nordsee einzelne stürmische Böen.
Am Freitag mit Annäherung eines markanten Troges an der ostfriesischen Küste und
in der Nacht zum Samstag auch auf Nordfriesland übergreifend und ausgangs der
Nacht in Ostholstein ebenfalls Sturmböen. Zudem an und über der Nordsee sowie
später im Westen einzelne kurze Gewitter, Starkregen nur wenig wahrscheinlich.
Am Samstag abgesehen von einzelnen kurzen Gewittern an der Nordseeküste sehr
wahrscheinlich keine markanten Wettererscheinungen.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
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Donnerstag... liegt Deutschland an der Vorderseite eines Troges, der im
Tagesverlauf unter Ausweitung nach Süden vom nahen Ostatlantik auf die
Britischen Inseln übergreift. Dieser Trog wird von einem breiten Rücken
flankiert, der sich vom Kaukasus bis nach Lappland erstreckt. Somit ergibt sich
über Mitteleuropa eine südwestliche aufsteilende und an Stärke zunehmende
Strömung, mit welcher Subtropikluft herangeführt wird. Normalerweise wären dies
günstige Voraussetzungen für eine ausgewachsene Gewitterlage. Der Gehalt an
niederschlagbarem Wasser erreicht in weiten Teilen Deutschlands 30 bis knapp
über 40 mm; zudem beginnt die Strömung leicht zu flattern, so dass auch abseits
der Kaltfront, die ab dem Abend auf den Westen Deutschlands übergreift, etwas
Hebung generiert wird. Aber rasch von Südwesten und beizeiten auch von Westen
aufziehende mehrschichtige Bewölkung verhindert, dass hinreichend CAPE generiert
wird. Somit ist die Labilität im Osten, wo die Hebung am schwächsten und kaum
Scherung vorhanden ist, am größten. Dennoch kann es ab dem Abend im Westen für
einzelne starke Gewitter reichen. Die Scherung ist sowohl niedertroposphärisch
als auch bis in die mittlere Troposphäre hinein signifikant, so dass das
Potential für organisiertere Strukturen hochreichender Konvektion durchaus
gegeben wäre. Wie so oft gilt es hier, die Lage bei unseren Nachbarn zu
monitoren, ob sich dort verdächtige Strukturen ausprägen. Sollte dies der Fall
sein, können diese Gewitter durchaus mit Böen bis Sturmstärke einhergehen. Auch
einzelne Tornados wären nicht auszuschließen.
Darüber hinaus legt auch in Bodennähe der Wind zu, im westlichen Bergland und in
einigen freien Leelagen sowie an der Nordseeküste können Windböen aufkommen; an
der Nordfriesischen Küste sind exponiert stürmische Böen nicht auszuschließen.
Längere sonnige Abschnitte zeichnen sich am ehesten zwischen Ostsee und Alpen
(dort mit leicht föhnigem Einfluss und mit einer geringen Wahrscheinlichkeit für
Sturmböen auf höheren Alpengipfeln) ab, was in den östlichen Landesteilen auf 25
bis 29 Grad steigen lässt. Ansonsten sind Höchstwerte zwischen 19 und 24 Grad zu
erwarten; Maxima um oder etwas über 25 Grad sind auf tiefere Lagen
Südwestdeutschlands beschränkt.

In der Nacht zum Freitag überquert die zusehends von Kaltluftadvektion
überlaufene und sich daher in ihrer Wetterwirksamkeit abschwächende Kaltfront
rasch das Vorhersagegebiet, wobei sich an den Alpen ein leichtes Schleifen
abzeichnet. Mit dieser erfassen die Niederschläge, die anfangs noch von
Gewittern mit geringer werdender Wahrscheinlichkeit für Starkregen und Sturmböen
durchsetzt sein können, auch die östlichen Landesteile. Mit Passage der
Kaltfront sind auch abseits von Gewittern Wind- und stürmische Böen nicht
auszuschließen. Im Allgäu besteht dabei durchaus die Gefahr mehrstündigen
Starkregens. Postfrontal lockern von Nordwesten und Westen her die Wolken auf.
Aufgrund des nach wie vor bestehenden Gradienten sollte kaum Nebel zustande
kommen.

Freitag... greift der Trog von den Britischen Inseln kommend auf die Nordsee
über. Ein kurzwelliger Anteil nähert sich dabei der Deutschen Bucht.
Vorderseitig erfolgt eine Zyklogenese, die ein kleinräumiges Tief entstehen
lässt. An der Südflanke dieses Tiefs kommen im Tagesverlauf an der
Ostfriesischen Küste Wind- und stürmische Böen und über der offenen Nordsee Böen
bis Sturmstärke auf.
Ansonsten bleibt die süd-südwestliche trogvorderseitige und zyklonaler werdende
Strömung bestehen. Im Gegensatz wird es, bedingt durch die Annäherung des
Troges, im Nordwesten und Westen zusehends labiler, wogegen sich nach Osten hin
eher stabil geschichtete Luft hält. Trogvorderseitige Hebung lässt im Westen und
auch in Nordseenähe einzelne kurze Gewitter aufkommen, die dank weiterhin
signifikanter Scherung durchaus organisierter und daher mit stürmischen Böen
einhergehen können. Starkregen sollte aufgrund der raschen Verlagerung der
Konvektionszellen und eines Flüssigwassergehalts um 20 mm kein Thema mehr sein.

Eine ausgeprägte Durchmischung bringt verbreitet Auflockerungen mit sich.
Dennoch reicht es in der postfrontal eingeflossenen kühleren Luft nur für
Tageshöchstwerte zwischen 17 und 22 Grad, wobei es in Oder- und Neißenähe noch
am wärmsten wird.

In der Nacht zum Samstag wird das kleinräumige Tief über der Nordsee in Richtung
Jütland gesteuert. Folglich erfassen die Böen dann Nordfriesland, wobei Wind-
und stürmische Böen, exponiert auch Böen bis Sturmstärke, auftreten können. Mit
Wind- und einzelnen stürmischen Böen muss dann auch an der mecklenburgischen und
ostholsteinischen Küste gerechnet werden. Zudem bleibt an der Nordsee eine rege
Schauertätigkeit bis hin zu kurzen Gewittern bestehen, wobei diese von der
anomal hohen Wassertemperatur profitieren.
Ansonsten erfolgt bei abnehmendem Gradienten eine weitgehende Wetterberuhigung.
Gebietsweise klart es auf, im Süden sowie in windgeschützten Regionen in der
Mitte können sich Nebelfelder bilden.

Samstag... greift der Trog unter Ausweitung nach Süden auf Deutschland über,
wobei sich zum Abend hin Austropfen in Richtung Oberitalien abzeichnet.
Hierdurch wird südlich der Alpen eine schwache Zyklogenese induziert, was dort
und auch rund um die Adria erneut zu heftigen Starkregenfällen bis weit im
Unwetterbereich führt. Diese Niederschläge greifen nur in deutlich
abgeschwächter und sehr wahrscheinlich nicht warnrelevanter Intensität auf den
deutschen Alpenrand über.
Der Resttrog, der sich auch im Bodendruckfeld abzeichnet, lässt tagsüber im
Nordwesten die Schauertätigkeit aufleben; an der Nordseeküste muss auch mit
kurzen Kaltluftgewittern gerechnet werden, die mit Windböen einhergehen können.
Aber auch dort, wo es nicht für Schauer reicht, ist, bedingt durch diesen
Resttrog, d.h. im Nordwesten und Westen, rasch wechselnde Bewölkung zu erwarten.
Das o.g. kleinräumige Bodentief zieht nach Nordosten ab und füllt sich auf,
wobei bis Mittag an der mecklenburgischen Ostseeküste noch Windböen auftreten
können. Danach ist auch dort der Wind nicht mehr warnrelevant.
Gestützt durch Kaltluftadvektion, weitet sich von der Biskaya und von Frankreich
kommend ein Bodenhoch nach Süddeutschland aus. Dichtere Bewölkung hält sich
lediglich am Alpenrand und ganz im Südosten. Gegenüber Freitag erfolgt keine
wesentliche Temperaturänderung.

In der Nacht zum Sonntag erfolgt an der Ostflanke eines Zentraltiefs südwestlich
von Island, das aus dem Hurrican "Nigel" hervorging, kräftige Warmluftadvektion.
Der heraus resultierende Geopotentialgewinn lässt einen Rücken entstehen, der
sich in Richtung Nordmeer ausweitet. Durch diesen wird das Bodenhoch gestützt,
dessen Schwerpunkt sich bis Sonntagfrüh in den Südwesten Deutschlands verlagert.

Der Austropfprozess ergibt ein Höhentief, das sich nach Mittelitalien verlagert
und somit keinen Einfluss mehr auf unser Wettergeschehen hat. Der Resttrog
überquert bis Sonntagfrüh die Oder und Neiße, in dessen Bereich kann es an der
Ostseeküste noch für ein paar schwache Schauer reichen.
Ansonsten erfolgt Wetterberuhigung, größtenteils klart es auf; gegenüber den
bisherigen Nächten ist vermehrt mit Nebel zu rechnen. Nahezu deutschlandweit
sind einstellige Temperaturminima, im Süden zum Teil etwas unter 5 Grad, zu
erwarten. Nur unmittelbar an der See ist es deutlich milder.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle stützen die oben beschriebene Entwicklung.
Prognoserelevante Unterschiede lassen sich nicht ableiten.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann