DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

20-09-2023 17:01
SXEU31 DWAV 201800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 20.09.2023 um 18 UTC


SCHLAGZEILE:
Ab Donnerstagnachmittag von Westen einzelne Gewitter, teils mit Starkregen und
falls linienhaft mit stürmischen Böen. Nachfolgend im Schwarzwald und an den
Alpen Stark- oder Dauerregen möglich.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 06 UTC
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Aktuell ... dreht "ex Lee" als gewöhnliches, außertropisches Tief fast ortsfest
bei den Hebriden seine Kreise.
Wir liegen in seinem Warmsektor unter einer südwestlichen Strömung, da der Trog
vor den Toren des europäischen Festlandes sich nur langsam nähert und ein
Höhenrücken inzwischen nach Osteuropa abgezogen ist.
In den nächsten Stunden nähern sich der Trog und die Kaltfront von "ex Lee" von
Westen her, wobei die Strömung auf fast Süd rückdreht, weil der Trog sich weiter
nach Süden ausdehnt. Erste präfrontale, oft mittelhohe Wolkenfelder greifen auf
die Westhäfte über. Daraus kann es im Südwesten auch ein paar Tropfen Regen
geben, oder schwache Schauer, sofern nicht alles verdunstet in der unterhalb ca.
800 hPa trockenen Luft. Sonst hält sich der Einfluss des nach Osteuropa
abziehenden Bodenhochs mit teils klarem Himmel. Vor allem im Süden, wo der Wind
fast komplett einschläft, bildet sich gebietsweise Nebel.
Im Westen und Nordwesten lebt der auf Süd bis Südost drehende Wind im Laufe der
Nacht dagegen wieder auf, mit Böen Bft 7-8 an und über der Nordsee und einzelnen
Bft 7 exponiert im westlichen Bergland.
Unter den Wolken und mit etwas Luftbewegung bleibt es im Westen mild mit 17 bis
15°C, im zentralen und östlichen Mittelgebirgsraum kühlt es bis knapp unter 10°C
ab.


Donnerstag ... dehnt sich der über Westeuropa angelangte Langwellentrog bis zur
Iberischen Halbinseln nach Süden aus, was die Strömung davor über Deutschland
auf fast südliche Richtungen drehen lässt. Wieder gelangt ein Schwall
subtropischer Warmluft vor allem in die Osthälfte Deutschlands. In 850 hPa
steigen die Werte bis 18°C im Südosten, was verbreitet sommerliche Höchstwerte
zur Folge, im Osten bis nahe 30°C.

Auf die Westhälfte greift nachmittags und abends die in der südlichen Strömung
schleifende Kaltfront des Zentraltiefs (ex Lee) nördlich von Schottland über.
Schon präfrontal breitet sich dichtere Bewölkung bis in den Osten aus, bringt
zunächst aber nur wenig Regen.
Erst mit dem Tiefausläufer beginnt es kräftiger zu regnen, wobei abends in etwa
eine Linie von Schleswig-Holstein bis zum Oberrhein erreicht wird.

Gewitter sind vor allem zu Beginn des Regens möglich. Die Feuchte nimmt zu und
die aufkommende Hebung, im Wesentlichen wegen frontaler Querzirkulation und PVA,
labilisiert die Schichtung. Gegen allzu viel Konvektion spricht aber die
vorlaufende Bewölkung (freilich auch irgendwie die Jahreszeit) sowie die
einsetzende Kaltluftadvektion, die vor allem nach Südwesten hin mit Winddrehung
auf Südwest bis West die Kaltfront überholt. Uneinheitlich sind auch die
Modellvorgaben hinsichtlich der Gewitter, während ICON D2 offensiv agiert,
halten sich die Mehrzahl der Modelle was die Wetterinterpretation angeht zurück.

Bei kräftiger, vor allem hochreichender Scherung kann sich an der Kaltfront aber
eine Schauerlinie bilden, in die dann ein paar Gewitter eingelagert sein können.

Die Windentwicklung kommt insgesamt überschaubar daher. Im Tagesverlauf sind
einzelne steife Böen im Westen und im Bergland möglich, an der Nordsee
stürmische Böen nicht ausgeschlossen. Sollte sich aber eine Schauerlinie bilden,
kann es auch zu stürmischen Böen kommen, vereinzelt zu Sturmböen. Entsprechende
Hinweise liefert u.a. ICON D2 EPS.

In der Osthälfte bleibt es bei auflebendem Südostwind unterhalb der
Warnschwellen. In den Alpen setzt leichter Föhn ein mit stürmischen Böen
Sturmböen auf den Gipfeln und einer (sehr) geringen Wahrscheinlichkeit für
Windböen bis in Föhntäler.

In der Osthälfte scheint längere Zeit, ganz im Südosten und Osten bis zum Abend
die Sonne. Ob ein gewisses Maß an Saharastaub den Himmelsanblick trübt, ist
ungewiss, die Mengen, die zu uns gelangen sollen, sind gering. Bei
hochsommerlichen Temperaturen bilden sich ein paar Quellwolken, aber auch hier
sind Gewitter unwahrscheinlich, weil die Luft zwar instabiler bleibt, aber recht
trocken ist. Auch hier ist es ICON D2, das vorlaufend eine gewisse
Gewitterbereitschaft, vor allem über Bayern signalisiert.

In der Nacht zum Freitag kommt die Kaltfront nach Osten voran und überquert bis
zum Morgen Oder und Neiße sowie SE Bayern ostwärts. Der Höhentrog liegt mit
seiner Hauptachse westlich von uns, sodass die Höhenströmung auf Süd bleibt und
sich die Regenfälle auf die kalte Seite verlagern (Anafront).
Angetrieben durch einen Kurzwellentrog und eine Zyklogenese südlich der Alpen
verstärkt sich die Hebung vor allem über dem Süden, was vom Schwarzwald bis zum
Alpenrand warnrelevante Niederschlagsmengen (Stark- oder Dauerregen) möglich
macht.
Die ohnehin nicht große Gewitterbereitschaft nimmt ab, ganz im Osten sind aber
ausgangs der Nacht einige Gewitter mit Starkregen möglich. Auch im Nordwesten
deuten sich ausgelöst durch einen kleinräumigen Trog kräftigere Schauer, oder
wieder eine Schauerlinie mit Starkregenpotential an.

Die mickrige Föhnlage in den Alpen geht schnell wieder zu Ende, im Nordwesten
gibt es am Bodentrog eventuell steife Böen. Mit Durchzug der Kaltfront kann es
im Süden, vor allem im Bergland steife bis stürmische, exponiert Sturmböen
geben, sonst spielt der westliche Wind keine so große Rolle.


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Synoptische Entwicklung bis Samstag 06 UTC

Freitag ... können die Aussagen der Frühübersicht weitergelten. Postfrontal
steht eine Wetterberuhigung an, auf deutlich niedrigerem Temperaturniveau. Im
Osten und Südosten fast 10K weniger als am Donnerstag und dass im Südosten bei
Dauerregen statt Sonnenschein.
Die Niederschlagsmengen sind mit Unsicherheiten behaftet, am Alpenrand ist
Dauerregen möglich. Hier ist ICON Vorreiter und bringt bis in die Nacht zum
Sonntag im Allgäu fast 70 l/qm (48h, Unwetter), die anderen Modelle sind
zurückhaltender und auch die Ensembles lassen solche Mengen unwahrscheinlich
erscheinen.
Auch der Kurzwellentrog im Westen und Nordwesten wird noch etwas abweichend
simuliert.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren die Basisfelder ähnlich, die Entwicklung dürfte in groben
Zügen sicher sein. Die Konvektion birgt am Donnerstag ein gewisses
Überraschungspotential, obwohl der Verfasser glaubt, dass ICON D2 übertreibt.
Aber man weiß ja nie. Die Regenmengen im Schwarzwald und nachfolgend an den
Alpen sind auch noch ungewiss, siehe oben.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner