DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

18-09-2023 08:01
SXEU31 DWAV 180800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 18.09.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
SWz


Heute einzelne markante Gewitter, Unwetter vor allem im Westen und im Südosten
möglich. Im Süden und Südosten auch mehrstündiger Starkregen bis hin zu heftigem
Starkregen im Alpenraum und in Südostsachsen nicht ausgeschlossen.
Ab dem Abend an der Nordsee Sturmböen.
Am Dienstag an der Nordsee und im angrenzendem Binnenland stürmische Böen und
Sturmböen, nachmittags und abends an der Nordfriesischen Küste auch schwere
Sturmböen und Böen Bft 11. Auf dem Brocken schwere Sturmböen.
Am Mittwoch auf der freien Nordsee stürmische Böen, auf dem Brocken Böen Bft 10.



Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC
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Montag... Deutschland liegt zwischen einem Höhenrücken über Osteuropa, der nach
Norden bis nach Mittelskandinavien reicht und einem Höhentrog über Westeuropa,
wobei sich diese Konstellation langsam nach Osten verlagert. Dabei verlagert
sich ein erster kurzwelliger Troganteil von Benelux zum östlichen Deutschland
und die korrespondierende Kaltfront schwenkt vom westlichen Deutschland zur Oder
und nach Niederösterreich, wobei sie Anafrontcharakter annimmt.
Ein weiterer Troganteil schwenkt bis zum Abend zum westlichen Deutschland und
die Haupttrogachse bleibt vor allem in 300 hPa noch über Frankreich zurück.
Im Süden bildet sich ein Regengebiet an der schleifenden Front durch eine
Scherungssituation (Nordwestwinde in tiefen Schichten, während in der Höhe eine
Südwestströmung herrscht). Ansonsten entwickelt sich bei aufgelockerter
Bewölkung ML-Cape meist zwischen 300 und 800 J/Kg, örtlich bis 1100 J/Kg, das
Ganze bei PPWs um die 30 mm. Da der Trog erst gegen Abend eintrifft und dann für
Hebung sorgt, hält sich hinter der ersten Kaltfront die Schaueraktivität in
Grenzen. Im Bereich der Kaltfront kommt es heute von West nach zu einzelnen
Schauern und Gewittern, die bei einer Zuggeschwindigkeit von rund 20 kt nur
lokal mal Starkregen bringen. Bei mäßiger Scherung stehen dann am ehesten
stürmische Böen oder Sturmböen auf dem Programm. Im äußersten Süden und Südosten
ist auch mehrstündiger Starkregen möglich (Unwetter nicht ausgeschlossen).
Im Westen ist am Spätnachmittag die Gefahr von starken Gewittern größer, da hier
die Scherung zwischen 0 und 1 km teils über 15 m/s beträgt. So ist hier die
Bildung von organisierten Strukturen wahrscheinlich, wobei dann auch schwere
Sturmböen möglich sind, zumal in 850 hPa auch Mittelwinde bis 35 kt auftreten.
Auch Hagel um 2 cm kann es geben und Starkregen im markanten Bereich. Heftiger
Starkregen ist dagegen wegen der größeren Zuggeschwindigkeit nicht sehr
wahrscheinlich.
Die Höchstwerte liegen in der Westhälfte zwischen 23 und 25 Grad und im Osten
und Südosten zwischen 25 und 30 Grad mit den höchsten Werten in der Lausitz.


In der Nacht zum Dienstag ziehen die teils konvektiv durchsetzten Regenfälle im
Südosten nordostwärts ab und können nach Lesart des ICON-D2 eventuell auch noch
Südostsachsen erfassen. Das Modell hat dort sogar geringe Wahrscheinlichkeiten
für unwetterartigen Starkregen in der ersten Nachthälfte auf der Agenda.
Von Westen greift nun der Höhentrog auch auf das Vorhersagegebiet über und kommt
allmählich ostwärts voran, die Höhenströmung dreht damit auf Westsüdwest.
Während die östlichere Kaltfront bereits eingangs der Nacht Polen erreicht,
greift die westliche Kaltfront (die zu dem zu den Färöer-Inseln ziehenden Tief
"JAN" gehört) dann bereits auf den Westen über. Sie kommt nun rasch nach Osten
voran und erreicht morgens die Oder und den Südosten. Die der Front
vorgelagerten Gewitter ziehen ebenfalls rasch ostwärts und verlieren im Laufe
der Nacht an Intensität, da die Front bereits von KLA unterlaufen wird. Markante
bzw. gar unwetterartige Entwicklungen beschränken sich wohl weitgehend auf die
erste Nachthälfte.
Postfrontal folgt nun erwärmte maritime Subpolarluft mit 4 bis 7 Grad in 850
hPa. Diese ist deutlich trockener und auch recht stabil geschichtet, die
PPW-Werte gehen auf unter 20 mm zurück. Somit gibt es kaum mehr Schauer (am
ehesten im Nordseeumfeld) und die Wolken lockern rasch auf. Lediglich im
Südosten, wo der Höhentrog noch zurückhängt, kann es auch morgens noch markante
Gewitter geben.
Mit Frontpassage verschärft sich der Gradient vorübergehend und der Wind frischt
noch etwas auf, im Nordseeumfeld reicht es für stürmische Böen aus Südwest,
später West, ehe er postfrontal dort ausgangs der Nacht wieder etwas schwächer
wird. Auch in einigen Höhenlagen kann es stürmische Böen bzw. Sturmböen geben
(insbesondere Brocken).
Die Tiefstwerte liegen zwischen 17 Grad an der Oder und 10 Grad in den
westlichen Mittelgebirgen.

Dienstag... stellt sich an der Südflanke des inzwischen vom mittleren
Nordatlantik bis zur mittleren Ostsee reichenden und mit zwei bis drei
Höhentiefs ausgestatteten Höhentiefkomplexes eine zyklonale West- bis
Südwestlage über West- und Mitteleuropa ein, wobei der Jet nördlich von uns
verläuft über die Britischen Inseln und die Nordsee nach Südskandinavien.
Im Bodenfeld überquert die Kaltfront von "JAN" bereits am frühen Vormittag den
Südosten Deutschlands mit einzelnen Schauern, anfangs vielleicht auch noch einem
Gewittern. Ihr folgt ein flacher Bodenhochkeil, während ein weiteres, ehemaliges
Wellentief, unter weiterer Vertiefung sich bei fortschreitendem
Okklusionsprozess bei Schottland eindreht. Die Warmfront des Tiefs überquert in
der zweiten Tageshälfte bereits den Nordwesten und Norden Deutschlands und
bringt zwar dichtere Wolkenfelder, aber nur in Nordseenähe nennenswerten Regen.
Die Kaltfront gerät dann über der zentralen Nordsee ins Schleifen.
Im Fokus der Warntätigkeit steht der Wind. An der Südostflanke des Tiefs
verschärft sich der Gradient über dem Nordwesten Deutschlands deutlich, vor
allem unmittelbar präfrontal zur Kaltfront. ICON-EU simuliert im
Westen/Nordwesten Deutschlands und an der vorpommerschen Ostseeküste steife Böen
(Bft 7) aus Südwest, im Nordseeumfeld stürmische Böen bzw. Sturmböen, entlang
der nordfriesischen Küste vorübergehend sogar schwere Sturmböen, an der
Nordfriesischen Küste am Nachmittag und Abend gar orkanartige Böen (Bft 11). Die
externen Modelle sind da insgesamt doch etwas defensiver aufgestellt, für
Sturmböen über der Nordsee sollte es aber wohl dennoch reichen.
Weiter im Binnenland schwächt sich der Wind dann nach Südosten zu doch recht
rasch ab, lediglich in einigen Hochlagen (Brocken, Fichtelberg) reicht es wohl
noch für Sturmböen, auf dem Brocken abends eventuell auch schwere Sturmböen.
Vor allem im Osten und Süden setzt sich nach Abzug der Kaltfront die Sonne
durch, während es im Nordwesten und Westen eher bewölkt bleibt. Bei 850
hPa-Temperaturen zwischen 6 und 10 Grad erreichen die Höchsttemperaturen Werte
zwischen 18 Grad an der Nordsee und 23 Grad in der Lausitz sowie am Oberrhein.

In der Nacht zum Mittwoch wird der Norden des Landes von einem flachen
kurzwelligen Troganteil überquert, die Kaltfront schleift aber weiter nördlich
von uns und mündet nach Westen zu direkt in die Warmfront des Ex-Tropensturmes
"Lee", der morgens die Hebriden erreicht. Vorübergehend weiten sich durch den
Trog der leichte Regen nach ICON-EU bis nach Niedersachsen und sogar bis in den
Norden NRWs aus. Im Rest des Landes bleibt es trocken und nach Süden und
Südosten zu auch oft gering bewölkt, so dass sich dort Nebel bilden kann.
Der Wind bleibt warnrelevant. Vor allem im Nordseeumfeld gibt es weiterhin
stürmische Böen, eventuell Sturmböen aus Südwest, auch auf den Gipfeln zumindest
des Harzes und Erzgebirges. In den Niederungen bzw. im Binnenland weht er
dagegen nur schwach, lediglich küstennah in Böen stark bis steif, eventuell auch
im Lee einiger Mittelgebirge.
Im Nordwesten verläuft die Nacht mit Minima zwischen 18 und 13 Grad sehr mild,
sonst kühlt es auf 14 bis 8 Grad ab.

Mittwoch... Der ehemalige Tropensturm ´Lee` dreht sich dicht nördlich von
Schottland ein und seine Kaltfront kommt über England leicht schleifend nur
zögernd ostwärts voran und der Südteil der Kaltfront erreicht am Abend die
Nordwestspitzte Spaniens. Hinter dem schwachen Trog, der nordostwärts abzieht,
schwenkt ein Keil über uns hinweg nach Nordosten und rückseitig steilt die
Strömung aus Süd bis Südwest auf. Dabei gelangt deutlich wärmere Luft nach
Deutschland mit 850-hPa-Temperaturen zwischen 10 Grad im Norden und 15 Grad im
Süden (18 UTC). So stellt sich am Rande des Hochs über den Alpen und über
Südosteuropa ein heiterer Tag ein mit nur lockeren Wolken, die im Norden anfangs
noch dichter sind (relative Sonnenscheindauer zwischen 50 und 70 Prozent, ganz
im Norden teils nur 30 Prozent). Insgesamt bleibt es trocken. Damit werden
Höchsttemperaturen zwischen Werten um 21 Grad an der Nordsee und 26 Grad im
Süden erreicht, am Oberrhein 27 Grad.
Der Wind weht im Nordseeküstenbereich noch kräftig mit Böen Bft 7, auf der
freien See mit Bft 8. Eventuell kommt es auch im Lee von Eifel und
Rothaargebirge zu einzelnen steifen Böen. Auf dem Brocken sind 9er und 10er Böen
möglich aus Süd bis Südwest.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die externen Modelle simulieren recht ähnlich. Einige kleine Differenzen wurden
oben erwähnt.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Olaf Pels Leusden