DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

16-09-2023 07:30
SXEU31 DWAV 160800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 16.09.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Saz
Heute und am Sonntag meist noch ruhiges Hoch-/Spätsommerwetter mit nur geringer
Gewitterneigung, am Montag von West nach Ost teils kräftige Gewitter mit
Unwetterpotenzial und Luftmassenwechsel.


Synoptische Entwicklung bis Montag 24 UTC
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Samstag... bildet noch einmal den Auftakt zu einem überwiegend ruhigen
Spätsommerwochenende mit teils hochsommerlichen Temperaturen. Die Umstellung hin
zu einer unbeständigen und windigen Witterungsphase mit herbstlichem Touch, aber
nach wie vor recht hohem Temperaturniveau wird aber bereits westlich von uns
eingeleitet und bekommen wir dann am Montag voll zu spüren.
Der heutige Tag steht aber noch ganz im Zeichen von Hoch "QUITERIA", das seinen
Schwerpunkt im Bodenfeld allerdings inzwischen weit nach Osten, nämlich in den
Westen Russlands, verlagert hat. Das korrespondierende Höhenhoch wandert bis zum
Abend in etwa nach Weißrussland bzw. zur Ukraine. Somit gerät das
Vorhersagegebiet mehr und mehr auf die Vorderseite eines unmittelbar
westnordwestlich der Iberischen Halbinsel abtropfenden Höhentroges. Das
nördliche Trogresiduum zieht bis zum Abend als markanter Kurzwellentrog nach
Südnorwegen, zwischen Trog und Cut-Off-Tief bleibt die südsüdwestliche
Höhenströmung über weiten Teilen Deutschlands noch überwiegend antizyklonal
konturiert.
Dennoch sind bei genauerem Hinschauen vor allem im hochaufgelösten Potenzialfeld
zwei flache Kurzwellentröge auszumachen: Ein erster, kaum wetterwirksamer
Troganteil überquert mit ein paar hohen und mittelhohen Wolkenfeldern heute
Vormittag/Mittag den Nordwesten des Landes, ein weiterer verlagert sich bis zum
Abend von Zentral- nach Nordfrankreich.
Dieser erweist sich im Tagesverlauf im Gegensatz zu seinem Vorgänger als
durchaus wetterwirksam und im Laufe des Nachmittags und Abends dürfte es im
benachbarten Frankreich zumindest für etwas Regen oder einzelne Schauer reichen,
SuperHD von 18 UTC hat in den Vogesen sogar auch einzelne Gewitter auf der
Agenda. Auch im Bodendruckfeld verstärkt sich der Druckfall im Tagesverlauf im
Vorhersagegebiet allmählich und von Frankreich bzw. Belgien weitet sich eine
flache Tiefdruckrinne nach West- und Süddeutschland aus. Damit gelangen
zunehmend potenziell instabile Luftmassen dorthin; die PPWs steigen auf etwa 25
bis 30 mm, dazu können gebietsweise über 500 J/kg, im Süden auch bis an die 1000
J/kg Cape generiert werden. Zur Auslöse hierzulande fehlt es tagsüber wohl noch
an dynamischen Hebungsinput, zumal die Luftmasse vor allem im Süden auch schwach
gedeckelt bleibt. Eventuell reicht es mit Unterstützung durch die Orographie am
Nachmittag bzw. Abend im Schwarzwald bzw. im Oberallgäu für ein Schauer oder
Gewitter, wobei aufgrund der geringen Zuggeschwindigkeit und der vorhandenen
CAPE dann neben einer stürmischen Böen Starkregen und kleinkörniger Hagel im
Fokus der Begleiterscheinungen stehen. Allerdings sind die Konvektion
erlaubenden Modelle äußerst defensiv aufgestellt, Gewitter im Vorhersagegebiet
hat tagsüber keines auf der Agenda.
Ansonsten steht ein wettertechnisch ruhiger Tag ins Haus. Vor allem im Osten und
Südosten scheint die Sonne oft von einem wolkenlosen Himmel, während schwache
trogvorderseitige mitteltroposphärische WLA über den Südwesten und Westen ein
paar hohe, später auch mittelhohe Wolkenfelder hinwegziehen lässt, aus denen zum
Abend hin vielleicht auch ein paar Tropfen fallen können. Niedertroposphärisch
verstärkt sich die Advektion sehr warmer Luftmassen aus Südwesteuropa vor allem
nach Süddeutschland noch etwas, die 850 hPa-Temperatur steigt auf Werte zwischen
9 Grad auf Rügen und 17 Grad im Alpenvorland. Mit der Durchmischung klappt es zu
dieser Jahreszeit vor allem mangels Wind (der lebt im Tagesverlauf aus Nordost
bis Südost auf) nicht mehr so gut wie im Hochsommer, dennoch erreichen die
Temperaturen Höchstwerte zwischen 20 Grad an den Küsten bei auflandigem Wind und
29, vielleicht sogar knapp 30 Grad im südlichen Oberrheingraben sowie im
Kraichgau.

In der Nacht zum Sonntag kommt der flache Kurzwellentrog bis zum Ostausgang des
Ärmelkanals bzw. bis in den Westen und die Mitte des Vorhersagegebietes voran,
verliert aber mehr und mehr an Kontur, da sich zwischen dem Cut-Off-Tief im
Südwesten und dem zur mittleren/nördlichen Ostsee ziehenden Trogresiduum durch
WLA ein Höhenrücken über Norddeutschland und der Nordsee aufwölbt.
Auch im Bodenfeld steigt der Druck wieder geringfügig an und die flache Rinne
zieht sich etwas nach Westen zurück. Mit Trogpassage und vor allem aufgrund von
PVA induziertem dynamischen Hebungsantrieb greifen von Frankreich und Belgien
her dennoch schauerartige Regenfälle mit allerdings meist nicht allzu hoher
Intensität auf den Westen Deutschlands über und breiten sich vom Saarland, der
Pfalz und Nordbaden bis nach NRW und auch nach Hessen bzw. in den Südwesten
Niedersachsens aus. Dabei steht oberhalb der sich stabilisierenden Grundschicht
noch einiges an MU-Cape (bis nahe 500 J/kg) zur Verfügung bei allmählich auf
über 30 mm steigenden PPWs. Somit steigt nun doch die Wahrscheinlichkeit für
einzelne Gewitter und ICON-D2 hat auch welche mit im Programm, SuperHD dagegen
nicht. Eventuelle Gewitter könnten kleinräumig auch Starkregen im Gepäck haben.
Unter den vorübergehend dichteren Wolkenfeldern bleibt die Nacht im Westen mit
Tiefstwerten zwischen 18 und 13 Grad recht mild, während es im Osten und
Südosten bei oft geringer Bewölkung auf 13 bis 8 Grad abkühlt. Dabei kann sich
vor allem im Süden gebietsweise Nebel bilden.

Sonntag... weitet sich, ausgehend von einem hochreichenden und kräftigen
zentralsteuernden Tief westsüdwestlich von Island im Tagesverlauf ein Höhentrog
ins Seegebiet westlich bzw. nordwestlich der Britischen Inseln aus. Dadurch wird
das Cut-Off-Tief vor Südwesteuropa wieder "eingefangen" und kommt als Randtrog
zur Biskaya voran. Die südsüdwestliche Höhenströmung über dem westlichen
Mitteleuropa steilt weiter auf und ist zunehmend zyklonal konturiert, der
Höhenrücken über der Nordsee und Norddeutschland wird nach Osten abgedrängt und
befindet sich mit seiner Achse abends bereits über der südlichen Ostsee bzw.
Südskandinavien.
Der in die südsüdwestliche Höhenströmung eingebettete, nur noch schwer
auszumachende kurzwellige Troganteil verlagert sich bis zum Abend allmählich
nach Norddeutschland, bietet aber so gut wie keinen dynamischen Hebungsinput
mehr. Dennoch kommen die gebietsweise auftretenden schauerartigen Regenfälle
nordnordostwärts voran und erfassen bis zum Abend neben dem Weser-Ems-Gebiet
noch das Nordseeumfeld, vielleicht auch Teile von Schleswig-Holstein. Gewitter
sollten dabei allerdings zunächst kaum auftreten. Nach Abzug der Regenfälle
lockern die Wolken von Südwesten her wieder auf und mit Einstrahlung können dann
innerhalb der angefeuchteten Luftmasse im Westen/Nordwesten bis in die mittleren
Landesteile gebietsweise mehr als 500 J/kg ML-Cape generiert werden bei PPWs von
über 30 mm. Allerdings ist nach Abzug des Troges kein dynamischer Hebungsinput
mehr vorhanden, so das Auslöse nicht sehr wahrscheinlich ist. ICON-D2 hat am
Abend einzelne Gewitter im Nordseeumfeld auf der Agenda, ansonsten sind aber
modellseitig entsprechend auch kaum konvektive Signale vorhanden. Komplett
ausschließen kann man einzelne Gewitter (inklusive Starkregen und kleinkörnigem
Hagel) im Westen/Nordwesten dennoch nicht.
Im übrigen Land bleibt es voraussichtlich ruhig. Zwar ist die Luftmasse auch im
Südwesten/Süden potenziell instabil, allerdings auch bei vor allem dort noch
deutlich antizyklonaler Kontur des Geopotenzialfeldes ziemlich gedeckelt, was
Konvektion auch im Schwarzwald und an den Alpen nur wenig wahrscheinlich macht.
Die 850 hPa-Temperatur steigt noch etwas an auf Werte zwischen 12 Grad an der
Ostsee und 18 bis 19 Grad in Südbaden. Vor allem im Osten und Süden scheint
dabei auch überwiegend die Sonne. Somit steht an Oberrhein und Neckar recht
verbreitet ein heißer Tag auf der Agenda, aber auch sonst werden mit 25 bis 29
Grad fast überall Sommertage erreicht. Lediglich ganz im Nordwesten sowie an
Küstenabschnitten mit auflandigem Wind werden die 25 Grad wohl nicht erreicht.

In der Nacht zum Montag greift der Höhentrog über Westeuropa auf die Britischen
Inseln und den Westen Frankreichs über. Dabei nimmt die südsüdwestliche
Höhenströmung nun auch hierzulande von Westen her eine deutlich zyklonale Kontur
an und erste kurzwellige Troganteile können sich im Laufe der Nacht vor allem im
Südwesten sowie ganz im Westen Deutschlands wettertechnisch bemerkbar machen.
So setzt auch im Bodenfeld erneut verstärkt Druckfall ein. Am Okklusionspunkt
des zum Tief südwestlich von Island gehörenden Frontensystems entwickelt sich
ein Teiltief und zieht bis Montagfrüh nach Schottland, die Kaltfront greift
bereits im Laufe der Nacht auf Benelux über und erreicht morgens eventuell schon
den äußersten Westen Deutschlands. Vorderseitig kann nun dynamischer
Hebungsantrieb aufgrund von PVA wirksam werden und somit ziehen im Laufe der
Nacht schauerartige Regenfälle in den Südwesten und Westen Deutschlands. Diese
können durchaus auch kräftigere Gewitter mit im Gepäck haben, eventuell sind sie
auch als MCs organisiert, zumal sich die Scherungsbedingungen im Laufe der Nacht
deutlich verbessern. Bereits am Vortag dürfte es in Teilen Frankreichs auch für
eine Schwergewitterlage reichen. MU-Cape steht jedenfalls einiges zur Verfügung
und auch die PPWs sind nach wie vor mit über 30 mm recht hoch. Somit steht auf
jeden Fall Starkregen auf der Agenda, Unwetter nicht ganz ausgeschlossen.
Sollten die Gewitter als MCS organisiert auf das Vorhersagegebiet übergreifen,
kann es auch Sturmböen geben.
Im Norden, Osten und Südosten verläuft die Nacht dagegen noch ruhig, wenngleich
schon erste hohe und mittelhohe Wolken aufziehen. Während im Westen und
Nordwesten mit Tiefstwerten zwischen 19 und 14 Grad eine fast schon unangenehm
milde Nacht ins Haus steht, kühlt es im Südosten oft noch auf unter 15 Grad, in
einigen Muldenlagen und Mittelgebirgs- bzw. Alpentälern auf nahe 10 Grad ab.
Örtlich bildet sich dort Nebel.
An den Alpen stellt sich leichter Föhn ein, eventuell reicht es auf exponierten
Gipfeln für Böen Bft 8 bis 9 aus Süd.

Montag... greift der Höhentrog mit seiner Achse auf das westliche Mitteleuropa
über, das Vorhersagegebiet bleibt noch knapp vorderseitig unterhalb einer
zyklonalen südsüdwestlichen Höhenströmung. Darin eingebettete kurzwellige
Troganteile nehmen nun auch zunehmend Einfluss auf die Wetterentwicklung im
Osten und Südosten des Landes.
Wie das Ganze im Detail vonstattengeht, ist so weit im Voraus allerdings noch
unklar. Im Bodenfeld verlagert sich das Teiltief über Schottland allmählich nach
Norden, die zunehmend höhenströmungsparallel eingebettete Kaltfront kommt nur
sehr zögerlich nach Osten voran und schwächt sich ab. Bis zum Abend dürfte sie
aber zumindest die Westhälfte und den Nordwesten überquert haben. Im Vorfeld
ziehen die schauerartigen, teilweise auch gewittrigen Regenfälle zunächst einmal
nordostwärts ab, weiter nach Südwesten deutet sich eine flache Welle entlang der
Front an, zumindest haben einige Modelle in BaWü und im Südwesten Bayerns im
Tagesverlauf erneut schauerartige, teils gewittrige Regenfälle auf der Agenda,
inklusive Starkregen. Ansonsten lockern die Wolken vorübergehend auf. Auch
postfrontal bleibt die Luftmasse noch potenziell instabil geschichtet, ein
richtiger Luftmassenwechsel findet noch nicht statt, erst mit einer zweiten
Kaltfront, die bis zum Abend erst die westliche Nordsee überquert hat.
Mit etwas Einstrahlung können gebietsweise mehr als 500 J/kg ML-Cape generiert
werden bei PPW-Werten von etwa 25 bis 30 mm. Trogvorderseitig kann einiges an
hochreichender Scherung generiert werden (20 bis 25 m/s) und, je nach Rückdrehen
des Windes vor eventuellen, durch kurzwellige Troganteile bzw. Outflow
Boundaries ehemaliger Gewitter ausgelösten flachen Tiefdruckrinnen auch etwas
bodennahe Richtungsscherung. Somit sind auch postfrontal am Nachmittag,
vielleicht auch eher gegen Abend im Westen kräftige Gewitter möglich mit
Begleiterscheinungen zumindest im markanten Bereich, Unwetter nicht
ausgeschlossen.
Präfrontal, also im Osten sowie im Südosten scheint dagegen noch einmal länger
die Sonne. Die Luftmasse ist dort auch nur mäßig labil bis indifferent
geschichtet und es kann wohl auch nicht allzu viel Cape generiert werden, am
ehesten noch im Südosten Bayerns, im Vorfeld der schauerartigen Regenfälle
weiter westlich. Somit ist es fraglich, ob es dort für kräftigere Gewitter
reicht. Entsprechend defensiv sind auch die Modelle dort bzgl. Konvektion
aufgestellt. SuperHD lässt die schauerartigen, teils gewittrigen Regenfälle im
Süden bis zum Abend auch auf den Osten Bayerns übergreifen und hat auf der
Vorderseite einzelne kräftigere Gewitter im Gepäck, ansonsten bleibt es vor
allem von Ostvorpommern bis nach Ostsachsen bis zum Abend weitgehend trocken.
Insgesamt beginnt sich der Gradient allmählich zu verschärfen und der Wind
frischt vor allem in den Höhenlagen aus Südsüdwest auf. Auf dem Brocken und auf
exponierten Alpengipfeln reicht es vielleicht schon für einzelne Böen Bft 8 bis
9.
Die Temperatur in 850 hPa geht mit Passage der ersten Kaltfront nur wenig
zurück, abends sind es im Westen immer noch knapp über 10 Grad, im äußersten
Südosten dagegen um 17 Grad. Allerdings macht sich die Sonne vor allem im
Nordwesten nun doch eher rar. Dort werden die 20 Grad nur wenig überschritten,
ähnliches gilt für die Regionen im Südwesten, wo es längere Zeit schauerartig
regnet. Ansonsten werden Höchstwerte zwischen 23 und 29 Grad erreicht, die
höchsten Werte wohl in der Lausitz und - je nach Sonne - vielleicht auch im
östlichen Alpenvorland.

In der Nacht zum Dienstag schwenkt der Höhentrog mit seiner Achse von Südwesten
her ins Vorhersagegebiet und die kräftige Höhenströmung dreht rückseitig auf
West. Somit kann die zweite Kaltfront an Fahrt aufnehmen und greift auf den
Westen Deutschlands über, morgens erreicht sie wohl bereits die Mitte. Im
Vorfeld kann es noch teils kräftige Gewitter geben - Details sind aber schwer
abzuschätzen, deshalb wird an dieser Stelle nicht weiter darauf eingegangen.
Der Front folgt ein Schwall erwärmter maritimer Subpolarluft, die 850
hPa-Temperatur sinkt im Westen nach Lesart des ICON-EU auf etwa 5 Grad, GFS
lässt es dagegen insgesamt bei mehr Südwestkomponente noch milder. Postfrontal
dürfte es vor allem im Nordwesten noch weitere Schauer und kurze Gewitter geben,
während ansonsten die Wolken auch mal auflockern.
Der Gradient verschärft sich weiter, in den Kamm- und Gipfellagen der
Mittelgebirge sowie der Alpen gibt es nun vermehrt stürmische Böen, exponiert
auch Sturmböen aus West, im Nordseeumfeld muss mit stürmischen Böen aus Südwest
bis West gerechnet werden.



Modellvergleich und -einschätzung
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Bis zum Montag steht der Fahrplan einigermaßen, die Modelle entscheiden sich im
synoptischen Scale kaum. Wie die Entwicklung bzgl. Konvektion am Montag und in
der Nacht zum Dienstag im Detail abläuft, muss natürlich noch abgewartet werden,
ebenso, ob Cape und durchaus vorhandene Scherung am Montag irgendwo so günstig
überlappen, dass es für eine etwas großräumigere Unwetterlage reicht.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff