DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

15-09-2023 10:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 15.09.2023 um 10.30 UTC



Am Montag starke, örtlich unwetterartige Gewitter. Am Dienstag verbreitet windig
bis stürmisch, nachfolgend v.a. im Nordwesten und im Bergland. Abwechselnd
sommerliche und herbstliche Temperaturen.
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Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 22.09.2023


Zu Beginn des mittelfristigen Zeitraums befindet sich ein Trog über dem Atlantik
und Westeuropa, dessen Achse am Morgen über Irland nach Westeuropa reicht. Das
steuernde hochreichende Tief befindet sich südsüdöstlich von Island. Deutschland
gelangt somit auf die Trogvorderseite, nachdem der Rücken über Osteuropa, der am
Wochenende für ruhiges Hochdruckwetter sorgte, an Einfluss verliert. Mit einer
südwestlichen Strömung wird zudem feuchtwarme Luft nach Deutschland geführt. Bei
dieser Konstellation ist es nicht verwunderlich, dass von Westen her Schauer und
teils kräftige Gewitter übergreifen, die sich ostwärts ausbreiten und auch teils
unwetterartig ausfallen können. Im Osten ist es voraussichtlich bis zum Abend
meist noch trocken. Die Temperaturen sind sommerlich, nur im Nordwesten wird die
25-Grad-Marke wohl nicht mehr überschritten.

Bis zum Dienstag findet über dem Atlantik eine zunehmende Zonalisierung statt
und es bildet sich eine Tiefdruckrinne, die etwa von Grönland bis zur Nordsee
reicht. Im Bodendruckfeld hat sich ein umfangreicher Tiefdruckkomplex mit
zahlreichen Drehzentren gebildet, wobei es sich beim südwestlichsten Drehzentrum
um Ex-LEE handelt. Über den Norden und die Mitte Deutschlands schwenkt ein
Randtrog durch, der in der Nacht zum Mittwoch bereits zur Ostsee abzieht.
Dadurch erwartet uns ein weiterer unbeständiger Tag mit gebietsweisen
schauerartigen Regenfällen und die stramme westliche Strömung beschert uns einen
windigen Tag mit starken bis stürmischen Böen. Die Temperaturen gehen deutlich
zurück und liegen nur noch im Osten und Süden über 20 Grad, während es in der
Nordwesthälfte bei unter 20 Grad herbstlich wird.

Am Mittwoch zieht der Kurzwellentrog endgültig ostwärts ab und es setzt sich bei
uns im Süden und der Mitte schwacher Zwischenhocheinfluss durch. Über dem
Atlantik entwickelt sich Ex-LEE zum steuernden Tief, das auch in der Höhe als
abgeschlossenes Tief gut ausgeprägt ist. Die Warmfront zieht über den Norden
hinweg und sorgt dort für Regen, während es im Süden bei Sonnenschein
freundlicher ist. Vor allem im Nordwesten kommt es weiter zu starken bis
stürmischen Böen, an der Nordsee auch Sturmböen.

Am Donnerstag befinden wir uns zunächst noch im Warmsektor von Ex-LEE, der
seinen warmen Kern verloren hat und als "normales" Tief nördlich von Island
liegt. Am Nachmittag und Abend greift von Westen her die Kaltfront mit
schauerartigen Regenfällen auf Deutschland über. Nach einer vorübergehenden
Windabschwächung (außer an der Nordsee), frischt der Wind mit der Kaltfront
wieder stark bis stürmisch auf. Zuvor wird es in der Südosthälfte mit
Sonnenschein und Temperaturen um 25 Grad oder knapp darüber wieder sommerlich.

In der Nacht zum Freitag kommt die Kaltfront mit Regen ostwärts voran und
rückseitig fließt wieder spürbar kühlere Meeresluft ein. Das steuernde Tief
(Ex-LEE) zieht derweil zu den Shetlands. Nach Abzug der frontalen Regenfälle
kommt es vorübergehend zu einer Wetterberuhigung, mit etwas Höhenkaltluftbilden
sich im Nordwesten aber bald wieder Schauer. Die Temperaturen sind der
Jahreszeit entsprechend.

In der erweiterten Mittelfrist setzt sich der beschriebene Wettercharakter fort.
Tiefs mit Frontensystemen und unbeständigem Wetter ziehen immer wieder über uns
hinweg, während dazwischen Zwischenhocheinfluss auch mal für freundliche und
warme Abschnitte sorgt.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Vorhersage wird von den vergangenen IFS-Läufen recht einheitlich simuliert.
Sogar die zeitliche Abfolge der Frontensysteme und der Zwischenhocheinfluss wird
recht ähnlich simuliert. Erst ab Donnerstag nehmen die Unsicherheiten etwas zu,
was vor allem an der noch unsicheren Entwicklung von Ex-LEE zusammenhängt. Im
12UTC- und heutigen 00UTC-Lauf wird dieses Sturmtief weiter südlich simuliert
als im gestrigen 00UTC-Lauf. Dadurch steilt bei uns die Strömung etwas mehr auf
als im gestrigen Lauf. Diese Tendenz setzt sich auch am Freitag fort. Während
wir laut gestrigen 00UTC-Lauf in eine westliche Strömung kommen sollten, greift
der Trog im 12UTC- und heutigem 00UTC-Lauf viel weiter südlich bis nach
Frankreich und dem westlichen Mittelmeer aus, sodass die Wellenamplitude
deutlich größer ist.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Von leichten Phasenunterschieden abgesehen, wird die synoptische Situation von
ICON und IFS bis Mittwoch recht ähnlich simuliert. Bei GFS ist der Trog
langwelliger, sodass auch am Dienstag kein Kurzwellentrog auf Deutschland
übergreifen kann. Der Zwischenhocheinfluss zwischen dem Randtrog und dem neuen
steuernden Tief (Ex-LEE) wird von GFS ebenfalls nicht gezeigt. Am Donnerstag
wird zwar das Sturmtief (Ex-LEE) von IFS und ICON noch leicht unterschiedlich
simuliert, insgesamt ähneln sich die Läufe aber stark und zeigen beide an der
Vorderseite eine südwestliche Strömung über Deutschland, während bei GFS eine
zonale Strömungskonfiguration vorliegt. Am Freitag wird bei ICON und IFS von
Westen her die spätsommerliche Warmluft durch kühle Meeresluft verdrängt,
während bei GFS erst jetzt die Strömung auf Südwest dreht und wärmere Luft in
den Süden und die Mitte Deutschlands geführt wird. GFS nimmt also im gesamten
mittelfristigen Zeitraum eher eine Außenseiterrolle ein.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahnen (Beispiel Offenbach) stützen die beschriebene Wetterentwicklung.
Von Sonntag bis Dienstag stürzt das Geopotential und die 850hPa-Temperatur
deutlich ab, da das sommerliche und ruhige Hochdruckwetter am Montag von Westen
her beendet wird. Nachfolgend steigen Temperatur und Geopotential wieder an
(Zwischenhocheinfluss), um am Donnerstag (Geopotential) bzw. Freitag
(Temperatur) wieder deutlich zurückzugehen. Die 850hPa-Temperaturen zeigen aber,
dass das Timing des Kaltfrontdurchgangs am Freitag noch unterschiedlich
simuliert wird (ca. 24h Unterschied zwischen frühestem und spätesten Durchgang).
V.a. am Montag / Nacht zu Dienstag (Gewitter), am Freitag (Kaltfrontdurchgang)
und danach (Rückseite) gibt es erhöhte Niederschlagssignale.

Bei den Clustern werden im Zeitraum t_120h-168h werden fünf Cluster angeboten,
wobei vier dem Regime einer positiven NAO zugeordnet werden. Nur Cluster 5 mit 6
Members wird einer negativen NAO zugeordnet. Bei der großräumigen
Strömungskonfiguration scheint sich also IFS recht sicher zu sein.

In der erweiterten Mittelfrist (t_192hh-240h) werden die einzelnen Member in
vier Cluster gruppiert, wobei weiterhin Situationen mit positiver NAO
überwiegen. Die Großwetterlage mit einem Wechsel aus freundlichen und warmen
Abschnitten und Frontendurchgängen mit nachfolgend kühleren und unbeständigen
Abschnitten setzt sich also wahrscheinlich fort.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


GEWITTER:
Am Montag kommen zunächst im Westen, im Tagesverlauf auch in der Mitte und dem
Süden starke Gewitter mit Starkregen, Hagel und Sturmböen (Bft 8-9) auf. Bei
CAPE-Werten örtlich über 1000 J/kg sind örtliche Unwetter bzgl. Starkregen und
Hagel wahrscheinlich. Da v.a. in der Westhälfte auch ausreichend (hochreichende)
Scherung vorhanden ist, sind auch organisierte Strukturen (Squall-Line, MCS)
denkbar, wobei dann auch orkanartige Böen (Bft 11) nicht ausgeschlossen werden
können. Gebietsweise ist bei Verclusterung auch mehrstündiger markanter
Starkregen möglich. In der Nacht zum Dienstag ziehen die Gewitter auch in den
Osten und später nach Posen ab.
Am Dienstag sind an der Nordsee kurze Kaltluftgewitter möglich.

WIND/STURM:
Der Dienstag gestaltet sich windig, recht verbreitet kommt es zu starken bis
stürmischen Böen (Bft 7-8) aus West bis Südwest, an der Nordsee sind Sturmböen
(Bft 9) möglich.
Am Mittwoch weht vor allem im Norden und Nordwesten weiterhin ein lebhafter Wind
mit starken bis stürmischen Böen (Bft 7-8), an der Nordsee zeitweise mit
Sturmböen (Bft 9) aus Südwest.
Auch am Donnerstag muss mit Durchzug der Kaltfront an der Nordsee sowie in
exponierten Lagen der Mittelgebirge mit stürmischen Böen (Bft 8) aus Südwest
gerechnet werden, in Kammlagen sind auch Sturmböen (Bft 9) wahrscheinlich.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, ICON, MOSMIX
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VBZ Offenbach / Dr. rer. nat. Markus Übel