DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

11-09-2023 08:30
SXEU31 DWAV 110800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 11.09.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Südwest antizyklonal (SWa), Übergang zu Trog Westeuropa (TrW). Aber nicht
ganz so eindeutig.

Ende der spätsommerlichen Hitzeperiode mit teils kräftigen Gewittern und
Starkregenfällen. Unwettergefahr.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC
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Am heutigen Montag... bestimmt noch der kräftige Höhenrücken, der uns jetzt eine
ganze Woche lang mit hochsommerlichem und stabilem Hochdruckwetter begleitet
hat, das Wetter. Allerdings wird zu Beginn der neuen Woche - und passend zum
Ende der Sommerferien in den Südstaaten - eine allmähliche Umstellung der
Wetterlage eingeleitet. Doch alles der Reihe nach:

Aktuell liegt die Achse des Höhenrückens knapp östlich unseres Landes.
Insbesondere der Süden und Osten des Landes liegen dabei noch in einem
antizyklonalen Umfeld. Im Nordwesten macht sich dagegen schon ein Langwellentrog
bemerkbar, der ins Nordmeer zieht - und der in abgeschwächter Form bis nach
Nordwestafrika reicht - und heute früh schon eine leichte zyklonale Delle im
Nordwesten Deutschlands verursacht, die nordostwärts schwenkt. Diese hat aber
noch keinen Einfluss auf unser Wettergeschehen, wenn man von einigen
Schleierwolken absieht. Bodennah liegt immer noch Hoch Patricia über dem Osten
Europas, während ein Tief (namens Hanjo) über dem Nordmeer liegt. Von diesem
ausgehend erstreckt sich eine äußerst flache Rinne südwärts bis nach Frankreich.
Diese schwenkt heute im Laufe des Tages in den Nordwesten herein. Dort dreht der
Wind von Südost auf West und weht teils mäßig. Der Rest des Landes ist von nur
minimalen Druckgegensätzen geprägt, so dass dort heute nur schwacher Wind aus
unterschiedlichen Richtungen weht.

Die bei uns liegende Luftmasse ist nach wie vor hochsommerlich warm. In 850 hPa
werden im Norden um 16°C, im Süden um 18°C erwartet. Dabei ist die Luftmasse
bodennah auch ziemlich feucht mit Taupunkten meist zwischen 15 und 17°C.
Letzteres zeigt sich auch darin, dass heute ordentlich hohe CAPE-Werte generiert
werden sollen, vor allem im Süden und im Nordwesten. Mit der Auslösung von
Gewittern ist es dennoch zunächst noch schwierig. Im Süden ist die Atmosphäre in
den mittleren Schichten aufgrund des ständigen Absinkens extrem trocken. Zwar
könnte es über den Alpen für eine Auslösung von größer wachsenden Quellwolken
reichen, allerdings dürften diese durch Entrainment vertrocknen. Nach aktuellem
Stand dürfte es höchstens im inneralpinen Raum mal für Gewitter reichen, die
kaum Deutschland erreichen. Wenn doch, dann ist bei kaum ziehenden Zellen
natürlich ein Starkregen inbegriffen. Sturm und Hagel sind mangels Scherung eher
unwahrscheinlich. Etwas mehr CAPE wird im Nordwesten aufgebaut, dort sind bis
weit über 1000 J/kg möglich und dort fließt in allen Schichten feuchtere Luft
ein. Doch auch dort ist die Luftmasse tagsüber noch gedeckelt, durch einen recht
warmen und recht trockenen Einschub um 800 hPa, so dass dort wohl auch nichts
ausgelöst wird. Zudem zieht die oben erwähnte zyklonale Delle ja am Nachmittag
ab und es stellt sich vorübergehend noch einmal ein antizyklonales Umfeld ein.
Alles in allem also zunächst noch keine günstigen Gewitterbedingungen, so dass
nach aktuellem Stand die Lage bis Sonnenuntergang noch ruhig bleibt.

Letztere dürfte sich heute noch einmal groß in Szene setzen und vor allem im
Süden und Osten oft den ganzen Tag über scheinen, oftmals von einem wolkenlosen
und nur gering bewölkten Himmel. Richtung Südwesten können auch mal etwas
dichtere hohe oder mittelhohe Wolkenfelder durchziehen, aber auch diese können
den Wettercharakter kaum trüben. Die Temperaturen steigen nochmal wie an den
Vortagen auf meist 28 bis 32°C, deutlich kühler bleibt es nur im Umfeld der
Küsten bzw. ganz im Norden.

In der Nacht zum Dienstag kommt die Achse des Höhenrückens nur ganz wenig nach
Osten voran. Wir verbleiben in einer recht glatten südwestlichen Höhenströmung.
In Bodennähe herrschen nach wie vor nur sehr geringe Druckunterschiede. Die oben
erwähnte Rinne liegt zwischen dem Nordosten und dem Südwesten Deutschlands.
Somit wehen die extrem schwachen Winde im Nordwesten tendenziell um West,
ansonsten eher aus Süd bis Ost.

Etwas Wettergeschehen ist aber in der Nacht dennoch zu erwarten. Denn das
Gewittercluster, das sich derzeit über Westfrankreich austobt, soll am Abend den
Niederrhein erreichen und in der Nacht über den Nordwesten des Landes
nordostwärts bis nach Mecklenburg ziehen. Dass es zu dieser Entwicklung kommt,
erscheint ziemlich unstrittig, dagegen sind das genaue Timing und die Stärke der
Gewitter noch unklar. Prinzipiell besteht aufgrund der oben erwähnten hohen
CAPE-Werte und zumindest etwas Scherung (um 15 m/s bis 6 km) durchaus auch die
Möglichkeit stärkerer Entwicklungen mit Hagel knapp über der Unwetterschwelle (2
bis 3 cm sind sicherlich vorstellbar) und sogar schweren Sturmböen (was Super HD
andeutet). Bezüglich des Regens sind bei niederschlagbarem Wasser um 40 l/qm
sowieso Starkregenmengen möglich. Auch örtlich unwetterartige Mengen können
keineswegs ausgeschlossen werden und werden von ICON-D2-EPS auch mit geringeren
Wahrscheinlichkeiten angedeutet.

In den übrigen Landesteilen verläuft die Nacht wieder ruhig. Bei den oben
erwähnten windschwachen Verhältnissen und der feuchten Luftmasse ist wieder
gebietsweise Nebel zu erwarten. Die Tiefstwerte liegen im Nordwesten überwiegend
bei 18 bis 16°C, sonst überwiegend bei 16 bis 11°C mit den tiefsten Werten in
den Tallagen des Südostens.

Am Dienstag... wandert die Achse des Höhenrückens langsam bis zum Osten Polens.
Der Langwellentrog erreicht dagegen im Tagesverlauf die Nordsee, wobei er sich
weiterhin weit nach Südwesteuropa erstreckt. Auf jeden Fall wird die Strömung
über der gesamten Nordwesthälfte Deutschlands zyklonaler. Das Bodentief Hanjo
zieht nach Nordskandinavien und seine Kaltfront nähert sich im Tagesverlauf über
die Nordsee unserem Land. Sie erreicht am Nachmittag Schleswig-Holstein und
Niedersachsen. Dort dreht der bodennahe Wind auf Nord. Ansonsten tut sich über
unserem Land beim Bodendruck nur wenig. Weiterhin ist die Druckverteilung sehr
flach. Die Bodenrinne kommt im Tagesverlauf etwas nach Südosten voran und
erreicht in etwa eine Linie von der Lausitz bis in die Pfalz. Weiter östlich
weht der Wind teils noch um Ost, sonst meist um West.

In einer weiter zunehmend feuchten Luftmasse kann sich am Dienstag über allen
Regionen höheres CAPE aufbauen, wobei die höchsten Werte grob in dem Bereich der
Rinne erwartet werden, wo sehr hohe auch bodennahe Feuchte (spezifische Feuchte
um 13 g/kg) auch mit ordentlichen Lapse Rates zusammenfallen. Dort werden bis zu
2000 J/kg erreicht. Auch über den Alpen werden ähnlich hohe Werte erwartet.
Insbesondere für einen breiten Streifen vom Westen bis in den Nordosten deuten
sich starke Gewitter an, bei weiterhin auch etwas Scherung besteht
Unwettergefahr, vor allem durch Starkregen, wie ICON-D2 andeutet. Auch
größerkörniger Hagel ist bei den entsprechenden CAPE-Werten vorstellbar. Auch
für Sturmböen sollte es reichen, ICON-D2 liefert auch Signale für schwere
Sturmböen.

Einzelne Gewitter dürften auch schon über den Alpen ausgelöst werden, dort
besteht vor allem Starkregengefahr, auch dort können einzelne unwetterartige
Entwicklungen nicht ausgeschlossen werden. Auch an der Nordsee kommt es mit
Aufzug der Kaltfront zu schauerartigen Regenfällen und Gewittern.

Ansonsten bleibt es über der Südhälfte und bis in die Lausitz rüber noch ruhig.
Bei weiterhin 16 bis 18°C in 850 hPa stellt sich noch einmal überwiegend
sonniger und heißer Tag mit Höchstwerten bis 32°C ein. Richtung Nordwesten macht
sich Abkühlung bemerkbar, über der Nordsee gehen in 850 hPa die Werte schon auf
10°C zurück. Dort dämpft auch die Gewittertätigkeit und reichlich Bewölkung das
Temperaturniveau, so dass es noch Nordwesten hin deutlich kühler bleibt mit
meist nur noch um 25°C, zur Nordsee hin nur um 22°C.

In der Nacht zum Mittwoch bleibt es weiter spannend. Die erste Achse des
Langwellentroges schwenkt nach Dänemark und sorgt über der Nordwesthälfte
weiterhin für Hebung. Entsprechend zeigen alle vorliegenden Modelle mehr oder
weniger starke Gewitter- und Starkregensignale in einem Bereich von etwa
Nordrhein-Westfalen ausgehend bis nach Mecklenburg-Vorpommern, aber auch in den
umgebenden Bereichen. Aufgrund der teils hohen simulierten Niederschläge der
Globalmodelle (GFS!) und der konvektionserlaubenden Modelle ist der Durchzug
eines MCS anzunehmen. In diesem Falle müsste auf jeden Fall mit Starkregen bis
in den Unwetterbereich gerechnet werden. Auch größerer Hagel und schwere
Sturmböen müssten zumindest bis in die erste Nachthälfte noch angenommen werden.


Die Kaltfront sollte bis in die Früh den Nordwesten Deutschlands überquert
haben. Dort dreht der auffrischende Wind auf Nord und die Wolken lockern auf.
Südlich der erwähnten Gewitterzone kann es in der feuchtwarmen Luftmasse zu
einzelnen Gewittern kommen, vielerorts sollte es aber dort recht ruhig bleiben.
Da aber Wolken über den Himmel ziehen und auch der dort meist westliche Wind
etwas auffrischt, ist mit Nebel nicht mehr zu rechnen.

Die Tiefstwerte liegen unter Wolken teils um 18°C, im Südosten wird es etwas
kühler, im Nordwesten kann es rückseitig der Front bei Aufklaren bis auf 11°C
abkühlen.

Am Mittwoch... schwenkt die Achse des Langwellentroges über den Norden
Deutschlands hinweg und auf seiner Rückseite stellt sich über dem Norden eine
recht geradlinige Westströmung ein. Im Süden hängt der Trog dagegen stark zurück
und mündet in ein Höhentief über Frankreich. Die Kaltfront des Tiefs Hanjo kommt
südwärts voran und erreicht bis zum Abend in etwa die Mainlinie. Sie wird
angetrieben durch zunehmend mäßigen Nordwind auf der Vorderseite eines
rückseitig nachrückenden Hochs im Bereich der Britischen Inseln und der Nordsee.


Rückseitig der Kaltfront gelangt eine deutlich kühlere Luftmasse zu uns, in 850
hPa geht die Temperatur im Bereich der Nordsee sogar bis auf 4°C zurück. Dabei
setzt sich von Nordwesten ruhiges, wenngleich etwas windiges Wetter mit etwas
Sonne und lockerer Quellbewölkung durch. Südlich der Front bleibt dagegen die
Luftmasse noch labil, aufgrund viel dichter Bewölkung, die zu erwarten ist,
sollen sich aber keine so hohen CAPE-Werte mehr aufbauen. Da zudem auch kaum
Scherung vorhanden ist, sollten sich deshalb keine allzu starken Gewitter
ausbilden. Die hochreichend sehr feuchte (ppws um 35 l/qm) und warme (noch um
12°C in 850 hPa) Luftmasse spricht vielmehr für zahlreiche und weniger starke
Gewitter, die aufgrund sehr geringer Zuggeschwindigkeiten stark zu Starkregen
neigen. Das geht dann auch schnell mal in den Unwetterbereich, zumal aufgrund
der sehr hohen Grenzschichtfeuchte die Tendenz zu besonders ergiebigem warmem
Regen besteht, der zudem im Radar reichlich Unterschätzungspotential bietet.

Das Temperaturniveau geht weiter zurück und die Sommertage verabschieden sich
erst mal aus Deutschland. Die Höchstwerte liegen dann zwischen 18°C an der
Nordsee und 24°C in der Lausitz und in Niederbayern.

In der Nacht zum Donnerstag rückt die Kaltfront langsam bis zu den Alpen vor, wo
sie am frühen Morgen ankommt. Das Hoch rückt von Norden her weiter nach und
bildet einen Schwerpunkt, der vom Norden zur Mitte Deutschlands zieht. Damit
kommt es in weiten Teilen des Landes zu recht ruhigem Wetter, die Nacht wird
vielfach klar. Bei schwachem Wind kann sich dabei später oft Nebel bilden. Über
dem Süden halten dagegen Schauer und Gewitter weiter an und ziehen sich nur
langsam zu den Alpen zurück. Die Gefahr von Starkregen bzw. Unwetter nimmt im
Laufe der Nacht ab.

Die Spanne der Tiefsttemperaturen ist recht groß zwischen nochmals milden 15°C
teils im Süden und mitunter unter 5°C bei Aufklaren in der Norddeutschen
Tiefebene.

Modellvergleich und -einschätzung
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Auf synoptischer Skala wird die Entwicklung sehr einheitlich simuliert.
Bezüglich der Stärke und Zugbahnen der Gewitter gibt es aber noch einige
Unsicherheit, wie oben auch beschrieben.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl.-Met. Peter Hartmann