DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

30-08-2023 08:01
SXEU31 DWAV 300800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 30.08.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Trog Mitteleuropa (TrM)
Gebietsweise Schauer und Gewitter, allmählich wieder wärmer.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
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Am heutigen Mittwoch... befindet sich Deutschland im Einflussbereich eines
Langwellentroges. Dieser greift weit nach Süden aus bis in den zentralen
Mittelmeerraum und nach Nordafrika und ist dort bereits recht weit nach Osten
vorangedrungen. Eine weitere Trogachse innerhalb dieses Systems schwenkt heute
von der Nordsee her nach Westdeutschland und weitet sich dabei nach Süden aus.
Die Achse erreicht dabei am Abend in etwa die Westgrenze Deutschlands. In dieses
System ist auch ein Höhentief eingelagert, welches im Bereich der Nordsee
langsam südostwärts zieht. Bodennah korrespondiert das Höhentief mit dem flachen
Bodentief Franz. Generell ist der Norden Europas von etwas tieferem Luftdruck
geprägt als der Süden, so dass die Winde überwiegend aus westlichen Richtungen
kommen, allerdings sind die Druckgegensätze über großen Teilen Europas ziemlich
schwach. Die bei uns befindliche Luftmasse ist eine Meeresluft polaren
Ursprungs, dementsprechend mit etwa 6 bis 8°C in 850 hPa für die Jahreszeit eher
kühl und ziemlich feucht. Auf der Vorderseite des Troges schwenkt die Kaltfront
des Tiefs Franz heute Nachmittag in den Westen und Nordwesten Deutschlands.
Diese bringt aber in der unteren Troposphäre keinen nennenswerten
Luftmassenwechsel, lediglich in der Höhe sorgt der Einfluss der dem Trog
innewohnenden Höhenkaltluft für eine Labilisierung der Schichtung.

Schauen wir aber zunächst in den Südosten des Landes, wo wir zuerst ein Kapitel
zu Ende bringen müssen, nämlich die Dauerregenlage im Südosten Bayerns, an und
in den Alpen. Dort gibt es keinen Hebungsantrieb mehr und die Niederschläge
haben so weit nachgelassen, dass die Dauerregenwarnungen heute früh auslaufen
konnten. Dort bleibt es aber in der extrem feuchten Luft heute stark bewölkt bis
bedeckt und auch tagsüber können noch einmal ein paar Tropfen rausfallen.

Ansonsten zieht auf der Vorderseite der Kaltfront bereits ab dem Vormittag ein
Band mit schauerartigem Regen in den Westen, das durch PVA auf der
Trogvorderseite induziert ist. Dieses soll bis zum Abend in etwa eine Linie von
Lübeck bis Freiburg erreichen, ist aber im Norden stärker ausgeprägt als im
Süden. Es soll in den Regionen, die es überquert in der Fläche meist 2 bis 5
l/qm Regen bringen. Während die Schichtung im Frontumfeld selbst relativ stabil
ist, kann auf der Vorderseite (recht "warme" Luft am Boden) und der Rückseite
(Kaltluft in der Höhe) etwas Labilität zur Verfügung stehen. Auf beiden Seiten
des Bandes kann es demnach nach Lesart des ICON-D2 einige Schauer und Gewitter
geben. Dabei ist durchaus auch etwas Scherung vorhanden, vor allem bodennahe
Richtungsscherung, aber auch durchaus um 15 m/s hochreichende Scherung.
Insgesamt scheint aber die Labilität etwas zu schwach auszufallen, um besser
organisierte Konvektion auszulösen. Dementsprechend reagiert auch ICON-D2
(analog zu SuperHD) sehr verhalten mit Böen, so dass an den Schauern und
Gewitter vielfach nur steife Böen erwartet werden müssen, vereinzelt sollten
stürmische Böen nicht ausgeschlossen werden. Auch kleinkörniger Hagel sollte die
Ausnahme bleiben. Bei ppws um 25 l/qm und Zuggeschwindigkeiten um 40 km/h sollte
auch Starkregen die Ausnahme bleiben, was auch ICON-D2-EPS entsprechend
signalisiert. Vielmehr sollten an Schauern meist eher 5 bis 10 l/qm fallen.
Somit können etwaige Gewitterwarnungen heute vielfach sogar gelb bleiben. Ein
kleines bisschen muss man vielleicht noch im Umfeld der Nordsee, vor allem in
Dithmarschen und Nordfriesland, bezüglich mehrstündigen Starkregens aufpassen,
wenn dort wiederholte Schauer auftreten.

Vom Südwesten bis in den Nordosten gibt es heute eine Zone, in der es weitgehend
trocken bleibt. Dort sind auch bei wolkigem bei stark bewölktem Himmel die
Sonnenanteile am größten. Der Wind weht schwach bis mäßig aus Südwest, dreht vor
der Front im Norden auf Süd bis Südost und dreht rückseitig auf West. Die
Temperatur steigt meist auf 18 bis 22°C an, im Südwesten vielleicht etwas
drüber, im Südosten bei sehr dichter Bewölkung etwas drunter.

In der Nacht zum Donnerstag verlagert sich das Höhentief in die Deutsche Bucht
und die Achse des Troges schwenkt über große Teile Deutschlands hinweg in etwa
bis zur Elbe. Die schauerartigen Regenfälle schwenken weiter über Deutschland
hinweg und erreichen morgens die Alpen und die Oder. Weiterhin fallen meist 2
bis 5 l/qm, und weiterhin kann es das Schauerband flankierend stellenweise zu
leichten Gewittern kommen, die in ähnlicher Stärke auftreten wie oben
beschrieben. Nach wie vor besteht von der Elbmündung bis nach Sylt durch
wiederholte Schauer und Gewitter ein leichtes Starkregenrisiko (mehrstündig).
Rückseitig der Trogachse fließt noch einmal etwas kühlere Meeresluft mit nur
noch um 4°C in 850 hPa ein. Trotz recht labiler Schichtung in dieser Region
sollte aber die Schauertätigkeit von Westen her weitgehend zum Erliegen kommen.
Teilweise setzen sich dann größere Auflockerungen durch, teils dominiert tiefe
Bewölkung, Nebel sollte aber aufgrund leichten Windes kaum eine Rolle spielen,
höchstens in den Mittelgebirgskammlagen. Der Wind dreht überwiegend auf Südwest
bis West und weht schwach bis mäßig. Die Luft kühlt allgemein auf 12 bis 7°C ab,
mit den tiefsten Werten im westlichen Bergland.

Am Donnerstag... zieht das Höhentief über Norddeutschland hinweg und erreicht am
Abend Vorpommern. Die Trogachse schwenkt dabei über den Nordosten Deutschlands
und zieht später nach Polen ab. Das Bodentief Franz wird dabei immer flacher,
spaltet sich dabei in mehrere Kerne auf, wobei einer Richtung Ostsee zieht, ein
weiterer über der Nordsee verbleibt. An der Südflanke des Tiefs weht der
bodennahe Wind weiter schwach bis mäßig aus Südwest.

Während das Schauerband an Franzens Front aus dem Nordosten abzieht und sich an
den Alpen auflöst, entwickeln sich in der Höhenkaltluft, die sich etwas südlich
des Höhentiefkerns befindet, im Tagesverlauf zahlreiche Schauer und Gewitter. So
schwenkt ein Gebiet mit Höhenkaltluft um -24°C und entsprechend labiler
Schichtung über die Nordhälfte Deutschlands hinweg. Dort können im Tagesverlauf
gebietsweise 300 bis 500 J/kg CAPE generiert werden, die den Schauern und
Gewittern, die die ganze Nordhälfte Deutschlands erfassen sollen, die
entsprechende Energie spenden. Während ganz im Norden kaum hochreichende
Scherung besteht, wird diese zur Mitte hin immer stärker, so dass Gewitter
durchaus organisierter auftreten können und sich im Vergleich zum Vortag die
Böigkeit erhöht. Dies hat dann an Gewitter gehäuft stürmische Böen zur Folge,
auch ohne Blitz und Donner können an einzelnen Schauern steife Böen auftreten,
so dass mitunter eine flächendeckende Windwarnung ("in Schauernähe") in Betracht
gezogen werden muss. Das Starkregenrisiko ist bei weiter sinkenden ppws,
allerdings im Vergleich zu heute auch verlangsamten Vorankommen der Gewitter,
wieder verhalten. Trotzdem sollte in Betracht gezogen werden, dass örtlich mal
um 15 l/qm in kurzer Zeit fallen können. Zudem sorgt der anhaltende Westwind mit
Küstenkonvergenz bei labiler Schichtung weiterhin zu verstärkter
Schaueraktivität im Bereich der Schleswig-Holsteinischen Nordseeküste, so dass
hier bezüglich mehrstündigen Starkregens ein wachsames Auge erforderlich ist.
ICON-D2-EPS bringt vor allem am Vormittag entsprechende Signale.

Südlich von Main und Mosel verläuft der Donnerstag hingegen ruhig, das heißt mit
nur mäßigem Südwestwind und weitgehend trocken. Aber auch dort fallen bei oft
stärker quellbewölkten die Sonnenanteile nicht allzu üppig aus. Die Temperatur
erreicht allgemein wieder 17 bis 22°C mit den höchsten Werten im Südwesten.

In der Nacht zum Freitag zieht das Höhentief nach Osten ab. Rückseitig desselben
wölbt sich aufgrund von Warmluftadvektion auf der Vorderseite des nächsten
heranziehenden Troges zunehmend ein Rücken auf. Der nächste Trog ist mit Tief
Günter verbunden, dessen Kern Freitagfrüh Irland erreicht. Seine Warmfront wird
mit westlicher Strömung nach Deutschland gesteuert und bringt dem Südwesten des
Landes schon ab dem Abend leichte, in stabiler Schichtung stratiforme
Regenfälle. In der Nacht weiten sich diese in sämtliche Gebiete südlich von Main
und Mosel aus. In den Südwesten gelangt dann zunehmend wieder sehr feuchte Luft,
in der sich morgens die Regenfälle verstärken, mit Stundensummen von teils
mehreren Millimetern.

Im Norden nimmt dagegen mit Abzug des Höhentiefs die Labilität rasch ab, so dass
auch die Schauertätigkeit alsbald zum Erliegen kommt. Nachfolgend kann es dort
auch zu größeren Auflockerungen kommen.

Im Druckfeld wandert ein Bodenkeil über Deutschland hinweg nordostwärts, auf
dessen Rückseite der (meist schwache) Wind auf Süd, teilweise sogar Südost
rückdreht. Im Bereich des Keils selbst ist es dagegen windschwach, so dass vor
allem dort bei Aufklaren ein paar Nebelfelder mit von der Partie sein könnten.
Die nächtlichen Tiefstwerte liegen überwiegend zwischen 13 und 8°C.

Am Freitag... weitet sich Günters Trog weiter nach Süden in die Biskaya aus,
während unser altes Höhentief über dem Baltikum kaum noch vorankommt. Damit
bleibt der Höhenrücken über unserem Land bestehen und verlagert sich kaum. Die
Warmluftadvektion lässt aber nach. Bodentief Günter selbst füllt sich dagegen im
Bereich Irlands allmählich auf. Die Warmfront, die nicht allzu stark ausgeprägt
ist, kommt noch leicht nordostwärts bis in die Mitte des Landes voran. Bei nicht
allzu starken Druckgradienten wehen die Winde vorwiegend um West, lediglich im
Nordwesten, wo sich Bodentief Günter etwas bemerkbar macht, teils aus Süd bis
Südost. Da Franz sich über Ostsee nochmal verstärken kann, frischt an der Küste
Vorpommerns der Westnordwestwind etwas auf, sollte aber keine warnwürdige Stärke
erreichen.

Mit der Warmfront ziehen zunächst stratiforme Regenfälle vom Südwesten bis zur
Mitte Deutschlands. Diese bringen nach ICON-EU nur noch kleinräumig mal 5 bis 10
l/qm. Nach IFS und GFS setzen diese dagegen etwas weiter nördlich an und bringen
im Bereich Nordrhein-Westfalens durchaus regional mal 10 bis 20 l/qm Regen. Hier
bestehen also noch Unsicherheiten. Rückseitig der Warmfront gelangt eine wieder
etwas wärmere (10 bis 12°C in 850 hPa, im Norden Anstieg auf etwa 8°C), vor
allem aber hochreichend sehr feuchte Luftmasse mit Grenzschichtfeuchten um 10
g/kg und ppws teils über 30 l/qm ins Land. Trotz recht stabiler Schichtung kann
deshalb im Südwesten des Landes etwas CAPE generiert werden und einige
konvektive Umlagerungen, zum Teil auch mit Blitz und Donner, liegen am Rahmen
des Möglichen. Dann wäre angesichts der sehr feuchten Luftmasse auch lokaler
Starkregen möglich.

Deutlich ruhiger und niederschlagsfrei verläuft der Freitag dagegen Richtung
Nordosten, wobei je nach Modell die ruhige Region unterschiedlich groß ausfällt.
Dort bleibt es trocken und sogar die Sonne kann dort öfter zum Vorschein kommen.
Ebenso höhere Sonnenanteile dürfen auch ganz im Süden und Südwesten in der
Warmluft erwarten werden.

Mit den Temperaturen geht es wieder hoch: Im Norden auf Höchstwerte um 20°C, im
Süden meist auf 21 bis 25°C.

In der Nacht zum Samstag tropft der Langwellentrog im Südwesten allmählich ab,
während das Höhentief über dem Baltikum seine Lage kaum ändert. Wir verbleiben
zwischen den Systemen in einer Region, die in der Höhe antiyzklonal geprägt ist.
Bodennah schwächen sich die Druckgradienten weiter ab, so dass der Wind vielfach
einschläft oder aus unterschiedlichen Richtungen weht. Die immer schwerer zu
identifizierende Warmfront bleibt irgendwo über der Mitte des Landes hängen. An
ihr und südlich davon kann es noch stellenweise schauerartiger Regen auftreten,
allerdings wohl nicht sehr ausgedehnt. Die größten Chancen auf
Wolkenauflockerungen bestehen im Norden und Süden abseits des Frontbereichs.
Aufgrund des schwachen Windes kann es gebietsweise Nebelfelder geben. Die
Tiefstwerte der Temperatur liegen zwischen 14°C im Westen und 8°C im Binnenland
Schleswig-Holsteins.

Modellvergleich und -einschätzung
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Für heute und morgen sind die vorliegenden Modelle auf synoptischer Skala in
Übereinstimmung. Am Freitag setzt die Warmfront - wie oben beschrieben - bei den
externen Modellen etwas weiter nördlich an als bei ICON. Dementsprechend sind
auch die Niederschlagsgebiete nicht in gleicher Position. Dies setzt sich auch
in der Nacht zum Samstag fort. Bereits morgen bestehen etwas Unsicherheiten
bezüglich der Windstärke. Die Entscheidung, ob eine größerflächige Windwarnung
in der Mitte Deutschlands ausgegeben wird (Böen in Schauernähe) muss auf die
morgige Frühkonferenz vertagt werden.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl.-Met. Peter Hartmann