DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

29-08-2023 10:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 29.08.2023 um 10.30 UTC



Teils wieder sommerlich warm, leicht unbeständig. Ab Dienstag eventuell wieder
ansteigendes Gewitterrisiko.
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Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 05.09.2023


Zum Beginn des mittelfristigen Vorhersagezeitraums am Freitag ruft der
meteorologische Herbst lauthals "Hallo, hier bin ich!". Aus einem anderen Mund -
nämlich dem des astronomischen Sommers - ertönt dagegen ein ganz entspanntes
"Hinten anstellen, bitte!". Nun ja, schlussendlich dürften beide auf ihre Kosten
kommen. Wir befinden uns nämlich unter einem flachen Höhenrücken, der sich
zwischen einem Höhentief südwestlich der Britischen Inseln und einem weiteren,
hochreichenden Tief über dem Baltikum aufwölbt. Mit der sich damit einstellenden
westlichen bis leicht südwestlichen Strömung gelangt langsam aber sicher wieder
etwas wärmere Luft ins Land. Während der äußerste Nordosten in 850 hPa abends
noch bei rund 6 Grad liegt, dürfte die Südhälfte bereits im knappen
zweistelligen Bereich liegen (im Breisgau vielleicht auch schon bei 13 Grad). Am
Boden greift im Tagesverlauf die Warmfront eines Tiefs bei den Britischen Inseln
mit dichtem Gewölk und zum Teil auch mal etwas kräftigerem Regen auf den Westen
über. In der Nacht zum Samstag dürfte der Regen unter deutlicher Abschwächung
auch den Osten und Nordosten erreichen. Dem Süden steht stattdessen ein
zunehmend sonniger und meist trockener Tag ins Haus.

Am Samstag kommt das westliche Höhentief bis nach Portugal voran, das Pendant
über dem Baltikum zieht nordwärts bis zum Finnischen Meerbusen. Letzteres wird
an seiner Westflanke von einem Randtrog umwandert, der bis in die Deutsche Bucht
vorankommt. Während damit im Norden eine westliche bis nordwestliche und leicht
zyklonale Strömung vorherrscht, nimmt ansonsten das Geopotenzial zu und die
Strömung dreht im Südwesten mehr und mehr auf Süd bis Südwest. In der Folge
findet man im äußersten Süden nun schon die 15-Grad-Isotherme in 850 hPa,
während man im Norden noch bei rund 8 Grad durch den Tag schreitet. Am Boden
macht sich das Tief über den Britischen Inseln ebenfalls nach Süden Richtung
Biskaya auf den Weg. Zwischen diesem und dem Baltikumtief entwickelt sich eine
Tiefdruckrinne quer über der nördlichen Mitte des Landes. Darin eingebettet
findet sich eine Luftmassengrenze (die ehemalige Warmfront), die dort für etwas
Regen sorgen dürfte. Weiter auf der Sonnenseite befindet sich der Süden dank des
sich stärkenden Rückens. Dabei dürften dort verbreitet Sommertage (Höchstwerte
von 25 Grad und mehr) verzeichnet werden.

Am Sonntag greift ein weiterer Randtrog des Höhentiefs über dem Süden Finnlands
von Norden auf Deutschland über und schwenkt bis Montagfrüh südostwärts durch.
Damit wird die Luftmassengrenze ebenfalls nach Südosten abgedrängt bzw. an die
Alpen gequetscht, wo es bis in den Montag hinein länger anhaltend regnen kann.
Warnschwellen werden nach aktuellem Stand aber wohl nicht erreicht.

Rückseitig des Troges gelangen wir in den Einflussbereich eines atlantischen
Rückens, der am Montag eine (Potenzial-)Brücke zum Rücken über dem westlichen
Mittelmeer schlägt. Damit würde der Wochenstart (inkl. Dienstag) unter
Hochdruckeinfluss recht ruhig und vor allem nach Süden hin teils sommerlich warm
(850 hPa meist über 10 Grad) mit viel Sonnenschein ablaufen. Der Norden würde
dagegen in der sich einstellenden nordwestlichen, leicht wellenden Strömung auch
immer wieder mal dichtere Wolkenfelder abbekommen, wobei dort mit (zum Teil nur
mittleren) einstelligen Temperaturwerten in 850 hPa niedertroposphärische
deutlich kühlere Luft vorherrscht.

Ein Blick auf die erweiterte Mittelfrist lohnt sich an dieser Stelle leider
kaum, nehmen doch die Unsicherheiten ab Sonntag deutlich zu.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Konsistenz des aktuellen IFS-Laufes kann zunächst als recht gut bezeichnet
werden. Für den Sonntag hatte der gestrige 12 Uhr Lauf noch einen Abtropfprozess
des nordosteuropäischen Troges über Deutschland im Programm. Dies ist bei den 00
UTC Läufen von gestern und heute nicht mehr der Fall, stattdessen schwenkt der
Trog mit deutlich höhenkälterer Luft südostwärts durch und damit auch die
vorderseitige Luftmassengrenze am Boden. In der neuen Woche unterscheidet sich
der heutige 00 UTC Läufe dann auch zunehmend von seinem gestrigen Pendant, nimmt
dafür aber wieder etwas mehr Tuchfühlung zum gestrigen 12 Uhr Lauf auf,
zumindest was den Bodenluftdruck angeht. Blicken wir beispielsweise auf Montag
12 UTC, zeigt der heutige 00 Uhr Lauf den abziehenden Trog über dem östlichen
Mitteleuropa und das Nachfolgende Übergreifen des Rückens. Der gestrige 12 Uhr
Lauf hat einen Kaltlufttropfen über der Schweiz im Programm, zeigt zumindest für
den Norden aber ebenfalls hohes Geopotenzial. Im gestrigen 00 Uhr Lauf ist
dagegen ein Höhentief über Nordostdeutschland zu sehen.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Zu Beginn herrscht weitgehend Einigkeit zwischen den Globalmodellen (IFS, ICON,
GFS), was die Basisfelder angeht. Das ändert sich aber ab Sonntag: ICON lässt
beispielsweise den Randtrog an der Westflanke des Höhentiefs über dem Finnischen
Meerbusen nicht nach Deutschland schwenken, sondern "bastelt" daraus ein
Höhentief mit festem Sitz über Südskandinavien. Das hätte statt der von IFS
prognostizierten nordwestlichen bis nördlichen Höhenströmung am Montag, eine
westliche zur Folge, was der Nordosthälfte 850er-Temperaturen um 10, statt um 5
Grad bescheren würde. GFS lässt stattdessen am Montag das Baltikum-Höhentief
nach Südschweden ziehen. Einig sind sich ICON und GFS stattdessen darin, dass
das Höhentief über der Iberischen Halbinsel zu Beginn der neuen Woche Boden nach
Nordosten, sprich Richtung Frankreich, gut macht. IFS lässt dieses dagegen sogar
noch weiter nach Westen auf den Atlantik ziehen. Demnach würden wir spätestens
ab Dienstag auf die Vorderseite des Höhentiefs gelangen, wodurch das
Gewitterrisiko in der zunehmend feuchtwarmen Luft von Südwesten her wieder
ansteigen würde.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Mit Blick auf die Rauchfahnen für verschiedene deutsche Städte muss man sagen,
dass der Potenzial- wie auch der Temperaturanstieg zum Wochenende hin deutlich
zunimmt. Ab Sonntag nimmt der Spread dann aber bei beiden deutlich zu.
Tendenziell bleibt das Temperaturniveau in 850 hPa aber auch in der neuen Woche
vor allem über der Mitte und im Süden im zweistelligen Bereich, nimmt in der
zweiten Wochenhälfte dann aber langsam etwas ab. Die Niederschlagssignale sind
bis Montag meist nur recht spärlich gesät. Ein kleiner Peak lässt sich am
Alpenrand am Sonntag/Montag erkennen (Ausquetschen der Luftmassengrenze). Ab
Dienstag nehmen die Signale dann allerdings deutlich zu, was für das Übergreifen
des südwesteuropäischen Höhentiefs spricht.

Von Sonntag bis Dienstag (+120 bis 168 h) zeigt die Clusteranalyse fünf
Gruppierungen (15, 13, 10, 8 und 5 Member), die allesamt dem Blocking-Regime
zugeordnet sind. Haupt- und Kontrolllauf sind in Cluster 4 zu finden, das - wie
auch Cluster 3 - keine Anstalten macht, das Höhentief über der Iberischen
Halbinsel nach Nordosten vorankommen zu lassen. Ganz im Gegensatz zu den anderen
drei Clustern, wonach wir ab Dienstag auf dessen Vorderseite liegen würden.

Von Mittwoch bis Freitag werden ebenfalls fünf Cluster gezeigt (16, 11, 11, 9
und 4 Member), wobei Haupt- und Kontrolllauf in Cluster 3 liegen. Auch hier
überwiegt das Blocking-Regime deutlich, Cluster 5 wird dagegen zumindest bis
Donnerstag dem NAO-positiv-Regime zugeordnet. Cluster 5 muss mit seiner
zyklonalen Westwetterlage aber als klarer Außenseiter deklariert werden. Die
anderen Gruppierungen zeigen fast allesamt hohes Geopotenzial von Mitteleuropa
bis ins Europäische Nordmeer, das mal mehr, mal weniger auf Deutschland
übergreift. Tendenziell verbleiben wir dabei aber eher trogvorderseitig in einer
schwachen, südwestlichen Strömung.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Am Samstag kommt es im Südwesten, am Sonntag ganz im Süden (jeweils auf der
warmen Seite der Luftmassengrenze) mit geringer Wahrscheinlichkeit zu einzelnen
starken Gewittern mit Starkregen. Nach einem voraussichtlichem ruhigen
Wochenstart, könnte ab Dienstag von Südwesten her das Gewitterrisiko wieder
ansteigen.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, MOS-MIX
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Tobias Reinartz