DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

28-08-2023 17:01
SXEU31 DWAV 281800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 28.08.2023 um 18 UTC


SCHLAGZEILE:
Im Südosten bis Dienstagabend noch Dauerregen, an den Alpen und im südlichen
Vorland teils unwetterartig.
Am Mittwoch in der Nordwesthälfte neben Schauern auch einzelne, teils kräftige
Gewitter.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 06 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland im Einflussbereich eines umfangreichen,
von einem hochreichenden Zentraltiefkomplex über dem Nordmeer und Skandinavien
ausgehenden und nach Süden bis zum westlichen Mittelmeerraum bzw. Nordafrika
reichenden Höhentroges. Dabei hat sich im Zuge eines Cut-Off-Prozesses bereits
in der vergangenen Nacht in etwa über dem Golf von Genua ein kräftiges Bodentief
entwickelt, das sich inzwischen nahezu achsensenkrecht unterhalb des Höhentiefs
befindet und dessen Entwicklung damit weitgehend abgeschlossen ist. Es füllt
sich allerdings zunächst kaum auf und verlagert bis morgen Früh sein Drehzentrum
ein klein wenig nach Osten, wobei sich über der nördlichen Adria ein weiteres
Drehzentrum etabliert. Somit dauert die veritable Unwetterlage im westlichen
Mittelmeer- und im Alpenraum weiter an, wobei sich die Lage zumindest in der
Schweiz aber allmählich etwas entspannen dürfte.
Insgesamt arbeitet sich der Höhentrog allmählich Richtung Adria und Balkan vor,
so dass über Frankreich und dem westlichen Alpenraum der Druck leicht zu steigen
beginnt, während sich der Druckfall über dem östlichen Mitteleuropa weiter
fortsetzt und sich Dienstagfrüh eine flache Tiefdruckrinne von der nördlichen
Adria über Ungarn und der Slowakei bis nach Zentralpolen erstreckt.
Mit der Rinne arbeitet sich auch die sehr warme und energiereiche Luftmasse aus
dem Mittelmeerraum Richtung östliches Mitteleuropa vor, während sich hierzulande
niedertroposphärisch inzwischen nahezu landesweit von Nordwesten her erwärmte
maritime Polarluft (T850 hPa 5 bis 8 Grad) durchgesetzt hat. Lediglich im
äußersten Südosten gibt es oberhalb von etwa 900 bis 800 hPa aktuell noch
Einschübe der subtropischen Luftmasse, und zwar in Form mehrerer konvektiver
Systeme, die vom Friaul bzw. Slowenien über die Alpen nordwärts ziehen, sich
dabei allerdings etwas abschwächen. Immerhin hat es am Nachmittag in etwa vom
Berchtesgadener Land bis zum Bayerwald für in den Dauerregen eingelagerte
Gewitter gereicht.
Als Luftmasssengrenze fungiert eine vom Tiefdruckkomplex über Skandinavien
zunächst südostwärts, dann südwestwärts über Polen und dem Alpenraum bis zum
Genuatief reichende, mit dem Warmluftvorstoß über Polen stark verwellende und
aufsteilende Front. Während in der Höhe, oberhalb von etwa 700 hPa, schwache bis
mäßige südliche bis südöstliche Winde vorherrschen, verschärft sich zwischen dem
von Frankreich und Benelux bis nach West-, bzw. Nordwestdeutschland reichenden
Bodenhochkeil und der Rinne über Polen vorübergehend der Gradient im Bodenfeld
und niedertroposphärisch frischt der Wind dort aus Nordwest auf. Noch zusätzlich
verstärkt durch die weiter oben angesprochenen, auch im Laufe der Nacht über die
Ostalpen nordwärts ziehenden konvektiven Systeme intensivieren sich dadurch die
aus der Gegenstromlage resultierenden Niederschläge im Südosten und Süden
Deutschlands und weiten sich auch auf Teile der Osthälfte aus, während sie im
westlichen BaWü allmählich nachlassen. Bis Dienstagfrüh dürfte es in etwa
südöstlich einer Linie Uckermark-Thüringer Wald-Unterfranken-Hochrhein regnen.
Mit der zunehmend auf Nordnordwest drehenden Bodenströmung an den Alpen stellt
sich dort vor allem nach Westen zu eine Staulage ein. Dort sowie etwa vom
Erzgebirge bis nach Ostsachsen kommen bis Dienstagfrüh noch einmal 20 bis 40
l/qm zusammen, ansonsten sind es meist 5 bis 20 l/qm, gebietsweise auch weniger.
Unsicher sind nach wie vor die Mengen im östlichen Sachsen. ICON-EU hatte im 06
UTC-Lauf sogar unwetterartige Mengen auf der Agenda (wahrscheinlich im Zuge
einer MCS-Passage), während ICON-D2 diese hohen Mengen weiter östlich simuliert
und auch die externen Modelle nicht mitziehen.
Somit wird am Dauerregen-Warnkonzept erst einmal nichts weiter verändert.
Vor allem in den westlichen Alpenraum verstärkt sich im Laufe der Nacht die
niedertroposphärische Kaltluftadvektion und die Schneefallgrenze beginnt dort zu
sinken, westlich des Karwendels in windgeschützten inneralpinen Tälern teilweise
auf unter 2000 m.
In der Nordwesthälfte des Landes verläuft die Nacht dagegen im Einflussbereich
des flachen Bodenhochkeils, der durch einen von Polen bis nach Norddeutschland
reichenden, ebenso flachen Höhenrücken gestützt wird, wettertechnisch ruhig.
Tagsüber haben sich vor allem nahe der Grenze zu Benelux und in der
Norddeutschen Tiefebene einzelne unergiebige Schauer entwickelt, da die
Labilitätsfläche aber lediglich bis 700 hPa reicht, hat es für Gewitter nicht
gereicht. Diese lösen sich im Laufe der Nacht auf, lediglich über der Nordsee
gibt es eventuell noch vereinzelte Schauer. Ansonsten verläuft die Nacht im
Westen und Norden aufgelockert, teils gering bewölkt, so dass sich örtlich Nebel
bilden kann. Die Tiefstwerte liegen meist zwischen 13 und 7 Grad, lediglich an
den Küsten ist es etwas milder.

Dienstag ... wird der Höhentrog über Nordwesteuropa durch ein mit seinem
Drehzentrum bis zum Abend über das Seegebiet um die Färöer-Inseln schwenkendes
Höhentief regeneriert, während sich das ehemalige Cut-Off-Tief über Oberitalien
etwas auffüllt und sein Drehzentrum zögernd zur nördlichen Adria verlagert. Mit
Annäherung des Höhentiefs wird der flache Höhenrücken über Norddeutschland
abgebaut und weicht einer Potenzialrinne, die das Höhentief mit dem Cut-Off-Tief
verbindet.
Im Bodenfeld weitet sich die Rinne über dem östlichen Mitteleuropa weiter nach
Norden aus, wird aber gleichzeitig ein klein wenig nach Osten abgedrängt.
Gleichzeitig setzt über West- und Norddeutschland leichter Druckfall ein, so
dass der Gradient im Südosten des Landes aufweicht und die Gegenstromlage -
zumal auch in der Höhe der Gradient noch etwas weiter auffächert - mehr und mehr
in die Knie geht. Zwar kommen die Niederschläge über der Osthälfte noch ein
wenig nach Norden voran und erfassen zumindest noch Ostvorpommern, verlieren
aber insgesamt an Intensität. Bis zum Abend kommen lediglich in einigen
Alpenstaulagen nochmals 15 bis über 20 l/qm zusammen, sonst sind es meist
weniger als 10 l/qm, lediglich in einigen Mittelgebirgsstaulagen (am ehesten
Erzgebirge) auch mehr. Da sich die Niederschläge danach weiter abschwächen,
dürfte eine Verlängerung der meist bis in die frühen Abendstunden laufenden
Dauerregenwarnungen nicht erforderlich werden, für die Warnung in Sachsen könnte
sich vielleicht auch eine vorzeitige Aufhebung anbieten. An den Alpen schwankt
die Schneefallgrenze - je nach Intensität der Niederschläge - meist um 2000 m,
im Tagesverlauf liegt sie eher oberhalb davon.
Im Nordwesten des Landes dürfte der Tag wettertechnisch ähnlich ablaufen wie der
heutige Montag. Trotz Trogannäherung und schwachen Druckfalls ist die Luftmasse
nach wie vor lediglich bis etwa 700 hPa hinauf leicht labil bis indifferent
geschichtet, lediglich in den mittleren Landesteilen reicht die Labilitätsfläche
noch etwas höher. Dabei bilden sich nach anfänglich aufgelockerter bis geringer
Bewölkung rasch Quellwolken und es kann kurze Schauer geben, für Gewitter dürfte
es erneut kaum reichen. Am ehesten vielleicht noch in den mittleren
Landesteilen, wobei dort unsicher ist, ob sich überhaupt Schauer bilden, da die
recht kompakte mittelhohe Aufgleitbewölkung die Einstrahlung deutlich hemmt.
Dort sowie im Süden und Osten steht erneut ein überwiegend bedeckter und
teilweise auch trüber Tag ins Haus, während es im Westen und Nordwesten durchaus
für einige Sonnenstunden reicht.
An den Höchstwerten ändert sich gegenüber heute nur wenig. In den Alpentälern
werden die 10 Grad kaum überschritten, sonst werden Werte zwischen 13 und 18
Grad bei dichter Bewölkung und zwischen 18 und 21, vielleicht 22 Grad mit mehr
Sonne im Westen erreicht.

In der Nacht zum Mittwoch füllt sich das ehemalige Cut-Off-Tief über Norditalien
weiter auf, während das Höhentief über Nordwesteuropa mit seinem Drehzentrum
zögernd auf die nördliche Nordsee übergreift. Von dort ausgehend überdeckt der
Höhentrog weite Teile Mitteleuropas und des westlichen sowie zentralen
Mittelmeerraumes. In den Frühstunden gelangt der Nordwesten Deutschlands dabei
unter die leicht diffluent konturierte Vorderseite des Höhentiefs.
Im Bodenfeld etabliert sich aus der langgestreckten Tiefdruckrinne über dem
östlichen Mitteleuropa ein eigenständiges Bodentief, das bis Mittwochfrüh zur
mittleren Ostsee zieht. Somit kommt die Gegenstromlage komplett zum Erliegen und
die Regenfälle im Osten und Süden Deutschlands klingen weiter ab. Eventuell
reicht es im Berchtesgadener Land in exponierten Staulagen noch für mehr als 10
l/qm, ansonsten sind es meist weniger als 5 l/qm. Über Südwest- und
Süddeutschland kann sich ein flacher Bodenhochkeil etablieren, während sich im
Nordwesten mit Annäherung des mit dem Höhentief korrespondierenden Bodentiefs
der Druckfall etwas verstärkt. Der Wind dreht dort auf Südwest und frischt etwas
auf, ohne Warnschwellen zu erreichen. Die teilokkludierte Kaltfront des Tiefs
erreicht in den Frühstunden in etwa die mittlere und südwestliche Nordsee, so
dass die Wolken im Nordseeumfeld allmählich dichter werden, gebietsweise fällt
dort auch etwas Regen.
Vor allem im Westen/Südwesten bleibt es dagegen aufgelockert bis gering bewölkt,
auch in der Mitte lockern die Wolken auf, örtlich bildet sich Nebel. Die
Tiefstwerte ändern sich gegenüber der Vornacht nur wenig.


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Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 06 UTC

Mittwoch ... weitet sich der vom Zentraltief über der nordwestlichen Nordsee
ausgehende Höhentrog im aktuellen ICON-EU-Lauf gegenüber den beiden Vorläufen
von heute Früh/Vormittag etwas rascher südwärts Richtung Benelux aus und
verliert deutlich an Kontur, so dass die Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet
stärker aufsteilt. Die Trogspitze ist vor allem Richtung Tagesende schärfer
konturiert, was zu einem verstärkten dynamischen Hebungsantrieb aufgrund von PVA
führt.
Das Bodentief beginnt sich aufzufüllen und verlagert sich bis zum Abend ins
Seegebiet knapp westlich von Jütland, die teilokkludierte Kaltfront kommt
mangels Schubkomponente zunächst kaum nach Osten voran und erreicht bis zum
Abend grade so den Westen/Nordwesten des Landes. Im Vorfeld steigt die
Labilitätsfläche vor allem im Nordwesten und Westen etwas an, dabei können mit
Einstrahlung etwa 200 bis 500 J/kg ML-Cape generiert werden und innerhalb der
weitgehend ungedeckelten Luftmasse entwickeln sich vor allem mittags und
nachmittags einzelne Schauer und auch kurze Gewitter. Bei PPWs um oder knapp
über 20 mm und einer nicht allzu geringen Zuggeschwindigkeit dürfte Starkregen
nur selten auftreten, angesichts der Cape ist kleinkörniger Hagel denkbar, dazu
kann es steife, vereinzelt stürmische Böen als Begleiterscheinung der
kräftigeren Entwicklungen geben.
Ausgenommen von den Schauern bleiben wohl der äußerste Osten und Süden. Dort
hält sich einerseits noch länger die dichte Aufgleitbewölkung (inklusive letzte
leichter Regenfälle am Vormittag) andererseits ist dort auch die Luftmasse zu
stabil geschichtet.
Mit Annäherung der Front setzen am Nachmittag und Abend im Westen und Nordwesten
des Landes verstärkt schauerartige Regenfälle ein, kurze Gewitter nicht
ausgeschlossen.
Die 850 hPa-Temperaturen liegen meist zwischen 5 und 8 Grad und während es im
Osten und Süden noch eher stärker bewölkt bleibt, kann sich sonst zwischendurch
auch mal die Sonne zeigen. Somit liegen die Höchstwerte meist zwischen 17 und 22
Grad, am Alpenrand etwas darunter, am Oberrhein vielleicht etwas darüber.



Modellvergleich und -einschätzung
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Im Großen und Ganzen fahren die Modelle einen einheitlichen Fahrplan. Im Detail
lassen sich aber noch kleinere Baustellen ausmachen, so ist z.B. noch nicht ganz
die Möglichkeit unwetterartiger Regenmengen in der kommenden Nacht im
Osterzgebirge/Zittauer Gebirge vom Tisch, auch ICON-EU von 12 UTC hat vor allem
zwischen 18 und 00 UTC im Zittauer Gebirge kleinräumig entsprechende Mengen auf
der Agenda, ist aber gegenüber dem 06-UTC-Lauf etwas zurückgerudert.
Etwas gröber, aber noch nicht wirklich warnrelevant sind die Modelldifferenzen
dann am Mittwoch. ICON-EU hat die teilokkludierte Kaltfront weniger progressiv,
aber markanter auf der Agenda als in den Vorläufen und auch als in den aktuell
vorliegenden externen Globalmodellen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff