DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

27-08-2023 17:01
SXEU31 DWAV 271800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 27.08.2023 um 18 UTC


SCHLAGZEILE:
Im Südosten bis Dienstag anhaltender, teils ergiebiger Dauerregen. In der
Nordwesthälfte nachlassende Schauer und Gewitter.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 06 UTC
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Aktuell ... hat ein von Grönland ausgehender Trog mit Drehzentren über der
Nordsee und Norwegen Deutschland erreicht. Er erstreckt sich bis zum westlichen
Mittelmeer, wobei in seinem Südteil nahe den Pyrenäen ein Abtropfvorgang
eingesetzt hat. Über Südostdeutschland herrscht dagegen noch eine
süd-südwestliche Höhenströmung vor, mit der dort anhaltend Feuchtefelder
herangeführt werden und bei Bodenwinden aus West bis Nordwest eine
Gegenstromlage herrscht. Mit kräftiger WLA und etwas PVA wird außerdem Hebung
generiert, sodass im Zusammenspiel mit tiefem Druck im Mittelmeerraum weiterhin
in einem Bereich zwischen dem Bodensee und der Lausitz sowie südöstlich davon
anhaltender Regen fällt. In der zweiten Nachthälfte ziehen sich die
Niederschläge vorübergehend ein wenig in den Südosten zurück, wodurch es
zwischen Erzgebirge und Lausitz abtrocknet. Grund ist ein flacher Rücken, der
sich zwischen dem von den Pyrenäen nach Nord-Italien ziehenden Cut-Off und von
der Nordsee nach Südschweden ziehenden Höhentief nach Norden pflanzt. Gegen
Morgen nimmt die Hebung an den Alpen dann schon wieder zu, zumal der Cut-Off
auch für eine Zyklogenese im Golf von Genua sorgt. Entsprechend betragen die
Niederschlagsmengen 12-stündig bis Montagmorgen zwischen Erzgebirge und Lausitz
1 bis 5, sonst im Südosten 2 bis 20, direkt an den Alpen bereits 25 bis 35 l/qm.
Die Modelle sind sich allerdings bei den Schwerpunkten etwas uneins. EZMW
bevorzugt das Allgäu, die deutschen Modelle eher den ganzen Alpenrand. AROME
setzt die Schwerpunkte eher vom mittleren bis zum östlichen Alpenrand, beim GFS
liegen die Niederschläge in Deutschland allgemein niedriger.
Weiter nach Nordwesten korrespondiert der Nordsee-Trog am Boden mit Tief DENIS,
dessen 2 Kerne (I und II) nahezu achsensenkrecht unter den zwei Höhendrehzentren
liegen. Tief DENIS I über der Nordsee zieht im Nachtverlauf mit dem Drehzentrum
nach Südschweden, womit sich auch das Trogresiduum über Norddeutschland hinweg
nach dorthin verlagert. So verliert dieses im Nachtverlauf den Einfluss auf
unser Wetter und Schauer und Gewitter der Abendstunden lassen größtenteils nach.
Einzig an den Küsten wird mithilfe des warmen Meers und eines weiteren flachen
Randtrogs über der Nordsee noch genügend Labilität erzeugt und bei etwas zur
Verfügung stehendem ML-CAPE treten noch weitere Schauer und Gewitter auf.
Außer im Südosten und an den Küsten kann sich stellenweise Nebel bilden.
Der Wind weht meist nur schwach aus West bis Südwest, an der See bei Schauern in
Böen teils stark.
Es kühlt sich auf 14 bis 7, in der Eifel bis 4 Grad ab.

Montag ... erstreckt sich die Trogkonfiguration bei nur schwacher progressiver
Bewegung von Grönland bis nach Skandinavien und bis zum zentralen Mittelmeer. In
seinem nordwestlichen Teil wird der Trog durch einen von Grönland kommenden
Randtrog regeneriert, während der Südteil noch durch den Cut-Off angeschlossen
ist. Der Cut-Off vollführt über Norditalien eine Pirouette und stützt damit
weiterhin das neue Tief im Golf von Genua, das sich sehr langsam Richtung
Nordosten in Bewegung setzt. Auf dem Balkan kommt es zu einer weiteren
Zyklogenese, die durch einen um den Cut-Off herumlaufenden Randtrog verursacht
wird. Beide Tiefs zusammen steuern Feuchtefelder und Hebung über die Alpen in
den Südosten Deutschlands, wobei sie sich im Tagesverlauf ein wenig nach
Nordwesten hin ausbreiten. Wie weit genau, ist nach den Modellen aber nicht ganz
klar. EZMW uns GFS sind eher zurückhaltend und machen auf einer Linie
Nord-Schwarzwald - westliches Sachsen - Lausitz Feierabend. Nach den deutschen
Modellen werden dagegen auch Bereiche zwischen der Pfalz und dem Thüringer Wald
erfasst. Jedenfalls verstärkt sich die Gegenstromlage durch Drehung des Windes
auf Nord wieder.
Die 12-stündigen Regenmengen liegen zwischen 1 und 10, Richtung Südosten bei 10
bis 20 und zu den Alpen hin zwischen 25 und 40 l/qm. Die Schwerpunkte der
höchsten Niederschläge liegen bei den Modellen wieder auseinander. So ist bei
den deutschen Modellen das Allgäu Favorit, bei den anderen aber eher der
östliche Alpenrand. Bei AROME sind beide Gebiete in der "Schusslinie".
Vielleicht können neuere Läufe mehr Aufschluss geben.
Im Rest des Landes ist durch den Keil des Azorenhochs Zwischenhocheinfluss
wirksam, wobei die Wolken meist dominieren (Aufgleitbewölkung). Mit dem flachen
Randtrog über der Nordsee, der Richtung Südschweden schwenkt, können im
Nordwesten vereinzelt schwache Schauer ausgelöst werden. Für Gewitter dürfte es
meist nicht reichen, weil die Konvektion bei einem Deckel bei rund 700 hPa wohl
nicht hochreichend genug ist.
In einem Streifen vom Saarland bis in den Nordosten bleibt es sowieso weitgehend
trocken.
Der Wind weht schwach, an der Küste mäßig aus West, im Südosten aus Nord.
Die Temperaturen steigen im Dauerregen nur auf 13 bis 17, sonst auf 17 bis 22
Grad.

In der Nacht zum Dienstag geht die Kreisbewegung des Cut-Offs fröhlich weiter,
ohne dass er sich wesentlich verlagert. Das zugehörige Bodentief bewegt sich
dadurch nur marginal. Das neue Tief über dem Balkan weitet seinen Einfluss
Richtung Polen aus. Mit der anhaltenden Gegenstromlage, weiterhin eingesteuerten
Feuchtefeldern und Hebung (vornehmlich WLA, etwas PVA) regnet es in der
Südosthälfte weiter, wobei die maximale Ausdehnung nach Nordwesten von den
Modellen weiterhin nicht eindeutig beantwortet wird. Im Worst-Case-Szenario wird
eine Linie Pfalz - Rhön - Oderbruch erreicht, im Best-Case-Szenario eine Linie
Nord-Schwarzwald - Thüringer Wald - Lausitz.
Die 12-stündigen Regenmengen liegen bei 1 bis 20, in einigen Staulagen bei bis
zu 40 l/qm. Letzteres gilt vor allem für die Staulagen des südöstlichen
Berglands und des Allgäus.
Im Rest des Landes ist das Bodendruckfeld antizyklonal geprägt und aus der
Dynamik nichts zu holen, weil der Randtrog abzieht und ein weiterer Randtrog
erst bei Schottland ankommt. So lassen letzte Schauer bald nach. Auflockerungen
gibt es am ehesten im Nordwesten, insbesondere dort aber auch stellenweise
Nebel.
Der Wind weht schwach aus Nord bis Nordwest, im höheren südöstlichen
Mittelgebirge mäßig und in Böen vereinzelt stark.
Die Temperaturen gehen auf 15 bis 7 Grad zurück.

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Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 06 UTC

Dienstag ... hat sich die großskalige synoptische Entwicklung im Vergleich zur
Frühübersicht kaum geändert. Im Detail fällt aber auf, dass das Tief über Polen
im 12 UTC-Lauf von ICON weiter östlich liegt als im 0 UTC-Lauf, was übrigens
auch im 6 UTC-Lauf schon so war. In Konsequenz wurden die Regenmengen vor allem
für den Osten zurückgerechnet, sodass nur noch strich- statt gebietsweise 10 bis
25 l/qm bis zum Abend in 12 Stunden fallen. Auch im östlichen Bayern gibt es
nicht mehr so verbreitet diese höheren Regenmengen. In der Nacht zum Mittwoch
hingegen werden die Regenmengen an den Alpen wieder etwas höher vorhergesagt,
dort können nochmals 5 bis 15 l/qm in 12 Stunden fallen.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren in den Details insbesondere bezüglich der räumlichen
Verteilung der Regenspitzen bis Dienstag unterschiedlich, was im Text aber
bereits besprochen wurde. Die Warnungen passen mit den neuesten Vorhersagen
mengenmäßig summa summarum allerdings ganz gut, eine Aufstockung scheint derzeit
nicht notwendig. Eventuell muss vom Erzgebirge bis zur Lausitz noch eine
markante Dauerregenwarnung ab morgen Abend erfolgen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Simon Trippler