DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

20-08-2023 17:01
SXEU31 DWAV 201800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 20.08.2023 um 18 UTC


SCHLAGZEILE:
Sehr warmer bis heißer und gewitterarmer Wochenstart.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 06 UTC
----------------------------------------------------------------
Aktuell ... liegt Deutschland inmitten einer schier unendlich scheinenden
Hochdruckzone, die sich vom Seegebiet westlich der Iberischen Halbinsel über
weite Teile Mitteleuropas bis nach Fennoskandien und von dort weiter über
Spitzbergen in Richtung Nordpol erstreckt. Bei so viel Strecke braucht´s gleich
zwei Namen, um alles abzudecken: NIVES für den mitteleuropäischen, MATHEA für
den nordeuropäischen Part. Gestützt werden die Hochs von einem Höhenrücken, der
von Südwesteuropa respektive Nordwestafrika bis zum östlichen Mitteleuropa
reicht, um von dort weit nach Norden "abzubiegen". Die Hauptdivergenzachse
verläuft aktuell ziemlich genau über den Alpen und Tschechien, was bei uns eine
west-südwestliche Höhenströmung bedingt. Diese stellt sich nach Abzug eines
flachen Randtrogs mittlerweile indifferent bis leicht antizyklonal dar, wodurch
Absinken überwiegt. Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass heute
abgesehen von gebietsweise auftretenden tiefen oder mittelhohen Wolken
vielerorts die Sonne schien und "aktives Wetter" so gut wie nicht beobachtet
wurde. Lediglich über einigen Mittelgebirgen im Südwesten und Osten konnte und
kann immer noch die Inversion bei 550 hPa überwunden werden, was zu einzelnen
Schauern und Gewittern führt(e).

Ansonsten standen einmal mehr die Temperaturen im Blickpunkt des Geschehens. Vor
allem im Osten, teils aber auch im Süden ging es am frühen Morgen schon saftig
los mit Startwerten von 20 bis 22, vereinzelt sogar 23°C. Im Tagesverlauf
schaukelte sich das Ganze hoch auf schwüle 29 bis rund 35°C (abgerechnet wird um
18 UTC) in der Süd- und 25 bis 31°C in der Nordhälfte. Ganz im Norden wurde die
25°C-Marke sogar häufig verfehlt, sprich, nicht mal ein Sommertag erreicht. Kein
Wunder, ist dort wie in der gesamten Nordhälfte doch gestern eine etwas weniger
warme und trockenere Meeresluft eingeströmt, während im Süden die dort lagernde
Subtropikluft weitgehend unangetastet blieb. Noch immer wird in der Bodenanalyse
eine Luftmassengrenze quer über Deutschland geführt, wo sie quasi als Trennlinie
der beiden genannten Luftmassen fungiert - nicht ganz unumstritten, weil die
Front mitten in der Divergenzzone des o.e. Hochs verläuft, was den Protagonisten
der Norwegischen Schule sehr wahrscheinlich die Haare zu Berge(n) hätte stehen
lassen. Gut möglich, dass die Luftmassengrenze alsbald getilgt wird, zumal der
thermische Gradient (egal ob fühlbare oder pseudopotenzielle Temperatur)
zwischen Nord und Süd eher graduell und weniger baroklin (also mit deutlicher
Isothermendrängung) ausfällt.

Fakt ist, dass die Nacht zum Montag nach Auflösung letzter Schauer oder Gewitter
deutschlandweit geschmeidig und unspektakulär verläuft. Meist ist der Himmel
gering bewölkt oder klar, hier und da bildet sich in der feuchten Grundschicht
Nebel. Dabei kann die Sichtweite an der einen oder anderen Stelle auf 150 m oder
darunter zurückgehen. Schließlich stolzieren wir mit großen Schritten auf den
meteorologischen Herbst zu, auch wenn man tagsüber davon noch rein gar nichts
merkt. Im Süden merkt man auch in der Nacht nichts davon, bleibt doch das
Thermometer an diversen Orten bei 20 oder 21°C stehen (=> Tropennacht), während
im Norden öfter die 15°C-Marke unterschritten wird.

Montag ... tut sich nichts Berauschendes an der Großwetterlage, zumindest nicht
in unserem Bereich. Davon, dass die Hochdruckzone über Nordeuropa unterbrochen
wird von einer Rinne nebst eingelagerter Okklusion (Absender ist das Doppeltief
CHRISTOPH (int. Betty) am Westrand der Norwegischen See) kriegen wir bei uns
nichts mit. Hier hält die gute NIVES mit etwas über 1020 hPa die Stellung,
überlagert von einer deutlich antizyklonal konturierten westlichen
Höhenströmung, die weiterhin Absinken garantiert. Da macht es auch nichts, dass
der Rücken geringfügig nach Süden kippt. An den Luftmasseneigenschaften ändert
sich ebenfalls nicht allzu viel: im Norden eine gemäßigte, relativ trockene und
stabile Meeresluft (T850 8 bis 11°C => Tmax 24 bis 28°C, direkt an der See etwas
darunter), im Süden eine heiße, eher feuchte und potenziell instabile
Subtropikluft (T850 16 bis 20°C => Tmax 30 bis 35°C). Der mehr oder weniger
große Zwischenraum in der Mitte wird von sehr warmer bis heißer Mischluft
ausgefüllt (T850 11 bis 16°C => Tmax 28 bis 33°C).

Damit wären die thermischen Gegebenheiten schon mal geklärt, bliebe noch die
Wettervorhersage. Die entpuppt sich als vergleichsweise überschaubar, scheint
doch nach Auflösung von Nebel oder Hochnebel verbreitet die Sonne. Im
Tagesverlauf bilden sich aus der labil geschichteten Grundschicht heraus
Quellwolken, die aber nicht über die inzwischen auf 700 bis 800 hPa abgesenkte
Inversion hinauskommen. Nur im Süden liegt die Inversion bei rund 650 hPa etwas
höher, was wahrscheinlich aber auch nicht ausreicht, um nennenswerte Konvektion
anzufachen. Zwar ist die Labilität unter der Sperrschicht gut ausgeprägt und mit
Hilfe der Einstrahlung wird sogar ein solides CAPE-Paket geschnürt
(ML-CAPE-Maximum 500 bis 1000 J/kg vom Schwarzwald/Schwäbischer Alb die Donau
entlang bis zum Bayerischen Wald). Für mehr als ein paar orografisch getriggerte
Schauer dürfte es aber nicht reichen, weil die Temperatur (laut Prognosetemp
leicht positiv oder nur um 0°C) an der Inversion (hier gleichgesetzt mit
Wolkenobergrenze) zu hoch ist und somit elektrische Entladungen zumindest nach
Lehrbuchmeinung unwahrscheinlich sind. Um die Inversion zu überwinden und damit
Gewitter auszulösen (was heute über einigen Mittelgebirgen tatsächlich gelungen
ist), bedarf es schon viel Power von unten, um die Hebungsarbeit zwischen
Hebungskondensationsniveau (HKN) und Niveau Freier Konvektion (NFK) zu leisten.


Die Nacht zum Dienstag verläuft wieder ruhig ohne besondere Vorkommnisse. Vor
allem im Süden bleibt es recht mollig mit Tiefstwerten um 20°C, während im
Norden punktuell 10°C Minimum angesteuert werden.

----------------------------------------------------------------

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 06 UTC

Dienstag ... gelten im Wesentlichen die Aussagen der Frühübersicht. Der
12-UTC-Lauf von ICON zeigt keine nennenswerten Abweichungen gegenüber den
Vorläufen. Es gibt also einen weiteren sehr warmen bis heißen und von wenigen
Hitzegewittern abgesehen trockenen Augusttag.


Modellvergleich und -einschätzung
----------------------------------------------------------------
Die Modelle simulieren die Lage sehr ähnlich.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann