DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

19-08-2023 17:30
SXEU31 DWAV 191800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 19.08.2023 um 18 UTC


SCHLAGZEILE:
Offensives Geballer zum Bundesligaauftakt, kontrollierte Defensive beim Wetter -
am Abend nur noch einzelne Gewitter an der Kaltfront. Auch am Sonntag nur
vereinzelte Überentwicklungen. Im Süden und Südosten teils unmenschlich (okay,
okay, subjektiv) heiß.

Synoptische Entwicklung bis Montag 06 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland im Übergangsbereich des umfangreichen und
hochreichenden Tiefs CHRISTOPH (int. Betty) mit Doppelkorn knapp über 990 hPa
west-südwestlich von Schottland und einem von Südwest- nach Osteuropa reichenden
Höhenrücken. Dieser überdeckt eine großräumige und breite Bodenhochdruckzone,
die sich vom Seegebiet westlich der Iberischen Halbinsel über weite Teile
Mitteleuropas bis nach Fennoskandien erstreckt. Entsprechend dieser
Konstellation ist die Höhenströmung bei uns größtenteils auf Südwest gestellt,
wobei im Norden ein kleiner Sekundärtrog eingebettet ist. Er begleitet bzw.
interagiert mit einer Kaltfront, die bis zum Frühstück den Norden und Westen des
Vorhersageraums weitgehend hinter sich gelassen hat, dann aber zunehmend ins
Schlingern gerät, sprich kaum noch nach Südosten vorankommt. Mit anderen Worten,
während postfrontal deutlich stabilere und trockenere Luft einsickert (die
heutige präfrontale Luftmasse war im Nordwesten trotz starker Bewölkung extrem
unappetitlich und drückend mit 28 oder 29°C über Taupunkten von 22/23°C),
verbleiben der Süden und Südosten in energetisch sehr hochwertiger und
potenziell instabiler Subtropikluft. T850 liegt dort um 06 UTC zwischen 17 und
20°C, wohingegen der Norden und Westen nur noch auf 11 bis 15°C kommen.

Wettertechnisch zieht schauerartiger Regen über Nord- und Mitteldeutschland
hinweg ostwärts, wobei anfangs auch noch das eine oder andere Gewitter am Start
sein kann. Je länger die Nacht andauert, desto schwächer die Regenfälle, weil
sich die Wege von Front und KW-Trog beginnen zu trennen und damit die leidlich
fruchtbare Zusammenarbeit endet. Von Westen her lockert die Wolkendecke auf, was
in feuchter Grundschicht ein paar Nebelfelder auf den Plan ruft. Dabei kann die
Sichtweite lokal durchaus mal die 150m-Marke unterschreiten. Im Süden sind die
ein, zwei Gewitterzellen vom Nachmittag von der Schwäbischen Alb
zusammengefallen. Auch dort können sich unter einem vielfach gering bewölkten
oder klaren Himmel ein paar (flache) Nebelfelder bilden. Ach ja, und noch was,
von Südwest nach Nordost geht die Temperatur teilweise nicht unter 20°C zurück,
was erstens unangenehm fürs Lüften ist und zweitens den Tatbestand einer
Tropennacht erfüllt.

Sonntag ... fängt der Höhenrücken an, sich von Südwesten her zu regenerieren,
was mit einer Erwärmung vor allem in der mittleren und höheren Troposphäre
einhergeht. So steigt z.B. T500 im Südwesten auf bis zu -5°C, was ´ne Menge Holz
für diese Höhe ist und nicht ohne Impact auf die Schichtung der Subtropikluft im
gesamten Süden sowie der östlichen Mitte bleibt. Schaut man sich nämlich die
Prognosesoundings an, fällt einem eine Sperrschicht (Isothermie) bei etwa 550
hPa ins Auge, die eine labile Schicht darunter deckelt und im Südwesten im
Tagesverlauf durch Absinken allmählich etwas nach unten gedrückt wird. Die
Cloud-Top-Temperatur liegt bei etwas unter -5°C, was nicht besonders kalt ist
und Zweifel aufwirft, ob die u.a. von ICON-D2 simulierten Gewitter aus der
Schwäbischen Alb heraus tatsächlich entstehen oder ob es nicht nur bei Schauern
bleibt. Die gleiche Frage stellt sich übrigens auch bei den Überentwicklungen,
die von einigen Modellen für die östliche Mitte, teilweise sogar hoch bis zum
Oderhaff simuliert werden. Fakt ist, je weiter wir nach Norden und somit auch in
die gemäßigte Luftmasse schauen, desto niedriger liegt die Inversion, was die
Bildung von Gewittern natürlich erschwert. Hinzu kommt das Problem der Auslöse:
Aus der Höhe ist eigentlich so gut wie nix zu erwarten, auch nicht von der etwas
unglücklich in die Divergenzachse des Bodenhochs gelegten Front (siehe T+36h),
so dass eigentlich nur noch das Bergland bleibt - schwierig zwischen Görlitz und
Stralsund.

Kurzum, am morgigen Sonntag scheint in weiten Landesteilen die Sonne, nachdem
sich die nächtliche Restbewölkung in Teilen des Ostens und der Mitte gelockert
hat. Zwar können sich mit dem Tagesgang einige Quellungen bilden, aus denen sich
aber nur einzelne Schauer oder Gewitter entwickeln (Favorit südwestdeutsche und
östliche Mittelgebirge). Bei wenig Zuggeschwindigkeit ist auf Starkregen zu
achten, auch wenn die Zelle ungewittrig ist.

Mehr als etwaige Gewitter steht einmal mehr die Temperatur im Blickpunkt, die im
Norden und Westen bei bis zu 5 oder 6 Grad niedrigeren Taupunkten als heute
unter 30°C, direkt an den Küsten häufig sogar unter 25°C verbleibt. Dafür geht
es in den übrigen Landesteilen wieder mächtig nach oben auf 30 bis 35°C, im
Süden lokal vielleicht sogar 36°C, gepaart mit z.T. unangenehmer Schwüle ergo
starker bis extremer Wärmebelastung - die einen sagen Sommer, die anderen sagen
"brauch´ ich nicht".

In der Nacht zum Montag ändert sich nicht viel an der GWL. Am Rande des von
Südwest nach Nordost gerichteten Höhenrückens stellt sich eine antizyklonal
konturierte west-südwestliche Höhenströmung ein, unter der Absinken dominiert.
Mit Hilfe des Tagesgangs lösen sich die Wolken auf bzw. bilden sich deutlich
zurück und auch anfänglich noch auftretende Schauer oder Gewitter bekommen
zunehmend Schwierigkeiten, sich zu behaupten. Während im Norden bei gebietsweise
unter 15°C gut gelüftet werden kann, steht im Süden zumindest örtlich einmal
mehr eine Tropennacht ins Haus.

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Synoptische Entwicklung bis Dienstag 06 UTC

Montag ... Es gelten die Aussagen der Frühübersicht, heißt wir starten sonnig
oder nur locker bewölkt und meist trocken in die neue Woche. Die Höchstwerte:
Süden/Mitte 29 bis 35°C, sonst 23 bis 29°C.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren die Wetterlage sehr ähnlich. Bei der Konvektion am
Sonntag allerdings ist man sich nicht ganz einig, was aber nichts Neues ist.
Ausführungen dazu wurden im Text gemacht.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann